Entscheidungsdatum
04.12.2018Norm
BFA-VG §22a Abs1Spruch
W154 2127152-1/7E
W154 2127153-1/7E
W154 2127151-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. KRACHER als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX alias XXXX , 2.) XXXX auch XXXX , geb. XXXX und 3.) XXXX , geb. XXXX , alle StA. Afghanistan, alle vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx, gegen die Festnahme am 31.05.2016 und Anhaltung vom 31.05.2016 bis 02.06.2016 sowie die Abschiebung am 02.06.2016 zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerden werden gemäß § 22a Abs. 1 in Verbindung mit § 34 Abs. 3 Z 3 und § 40 Abs 1 Z 1 BFA-VG (Anhaltung) sowie § 13 und § 46 Abs. 1 Z 2 FPG (Abschiebung) abgewiesen.
II. Den Anträgen der Beschwerdeführer auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 VwGVG nicht stattgegeben.
Die Anträge der Beschwerdeführer auf Erstattung der Eingabegebühr werden als unzulässig zurückgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter der minderjährigen Zweitbeschwerdeführerin und des minderjährigen Drittbeschwerdeführers. Sie alle sind Staatsangehörige Afghanistans und brachten gemeinsam mit dem Ehegatten der Erstbeschwerdeführerin - dem Vater der übrigen Beschwerdeführer- am 30.12.2015 Anträge auf internationalen Schutz ein.
2. Nachdem eine EURODAC-Abfrage ergeben hatte, dass die Familie am 27.10.2015 in Norwegen Anträge auf internationalen Schutz gestellt hatte, wurden die Anträge vom 30.12.2015 mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) vom 02.04.2016, Zl. 1100651801/152082995, Zl. 1100652210/152083045, Zl. 1100651910/152083015 - sowie für den Familienvater unter Zl. 1100651703/152082928 - gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Norwegen gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit Art. 25 Abs. 2 Dublin III-Verordnung zur Prüfung der Anträge zuständig sei (Spruchpunkt I). Die Außerlandesbringung wurde gemäß § 61 Abs. 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge die Abschiebung der Familie nach Norwegen gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II). Diese Bescheide legten in der Begründung insbesondere auch ausführlich dar, dass in dem zuständigen Staat die Praxis der asylrechtlichen und subsidiären Schutzgewährung sowie die Grund- und Gesundheitsversorgung unbedenklich seien und den Grundsätzen des Unionsrechts genügten.
Dagegen erhoben die Beschwerdeführer sowie der Familienvater fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
3. Am 19.05.2016 wurde gegen die Beschwerdeführer sowie den Familienvater ein Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 iVm § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG zum Zwecke der Abschiebung erlassen. Darin wurde angeordnet, die betreffenden Personen nach der Festnahme direkt in die Familienunterkunft zu überstellen und weiters ausgeführt, für die Erlassung des Festnahmeauftrags sei maßgebend gewesen, dass die Entscheidung im Rahmen des Asylverfahrens gemäß § 5 AsylG 2005 durchführbar und mit einer Ausweisung verbunden sei. Die Überstellung sei für den 02.06.2016 geplant, die Zustimmung Norwegens bezüglich der Aufnahme der Familie liege vor.
Am 31.05.2016 um 6:30 Uhr wurden die Beschwerdeführer festgenommen und zwischen 11:20 und 11:34 Uhr in die Familienunterkunft eingeliefert.
Der Familienvater konnte nicht festgenommen werden.
4. Am 02.06.2016 langte beim Bundesverwaltungsgericht die "Beschwerde gegen die Anhaltung im Abschiebequartier [...] und gegen die für 02.06.2016, ca. für 12:00 Uhr geplante Abschiebung nach Norwegen ohne den Ehemann bzw. Vater" ein. Gleichzeitig wurde die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt.
Dabei wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die Behörde von einer Dublin-Zuständigkeit Norwegens ausgehe, weshalb die Mutter und die beiden Kinder angehalten würden. Der Ehemann bzw. Vater sei nicht festgenommen worden. Die belangte Behörde plane, Mutter und Kinder ohne den Vater nach Norwegen abzuschieben. Vermittlungsbesuche seitens der Rechtsvertretung seien fehlgeschlagen. Ein Auseinanderreißen der Familie durch die Abschiebung würde einen unverhältnismäßigen Eingriff in die in Art. 8 EMRK genannten Rechte bedeuten. Zudem würde der Zeitraum zwischen der Festnahme und der geplanten Abschiebung den zulässigen Rahmen von 48 Stunden überschreiten. Auch lasse sich aus dem tatsächlichen Verhalten der Beschwerdeführer keine erhebliche Fluchtgefahr ableiten. Es gebe keine Hinweise darauf, dass die Beschwerdeführer gegenüber der Behörde etwas verheimlicht oder besonderes Interesse hätten, unterzutauchen bzw. ihren Aufenthalt im Verborgenen fortzusetzen. Das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sei noch nicht abgeschlossen und die Entscheidung des Bundesamtes somit nicht bestätigt worden. Es wäre unverhältnismäßig, während des noch offenen Beschwerdeverfahrens einen Familienteil ohne den Ehemann bzw. Vater abzuschieben.
Beantragt wurde, nach mündlicher Verhandlung die Festnahme und weitere Anhaltung für rechtswidrig zu erklären; die für den 02.06.2016 geplante Abschiebung für rechtswidrig zu erklären sowie der belangten Behörde aufzutragen, die Verfahrenskosten (Schriftsatzaufwand von € 737,60 sowie die Gebühren von € 30) zu ersetzen. Weiters wurde die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt.
5. Am 02.06.2016 um 10:41 Uhr wurden die Beschwerdeführer ohne Vorfälle erfolgreich auf dem Luftweg nach Oslo überstellt. Der Familienvater konnte bis zu jenem Zeitpunkt nicht festgenommen werden.
6. Am 12.06.2016 langte nochmals eine Beschwerde gegen die Abschiebung nach Norwegen ohne den Ehemann bzw. Vater am 02.06.2016 ein. Darin wurde im Wesentlichen das Vorbringen des Beschwerdeschriftsatzes vom 02.06.2016 wiederholt und nochmals beantragt, nach Durchführung der mündlichen Verhandlung die am 02.06.2016 durchgeführte Abschiebung für rechtswidrig zu erklären sowie der belangten Behörde aufzutragen, den Schriftsatzaufwand von € 737,60 sowie die Gebühren von € 30 zu ersetzen.
7. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.07.2016, GZ W184 2125963-1/6E, GZ W184 2125965-1/6E und GZ W184 2125967-1/6E - sowie bezüglich des Familienvaters unter GZ W184 2125969-1/5E - wurden die Beschwerden gegen die Bescheide des Bundesamtes vom 02.04.2016 gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter der minderjährigen Zweitbeschwerdeführerin und des minderjährigen Drittbeschwerdeführers. Sie alle sind Staatsangehörige Afghanistans.
Mit Bescheiden des Bundesamtes vom 02.04.2016, Zl. 1100651801/152082995, Zl. 1100652210/152083045 und Zl. 1100651910/152083015, wurden die Anträge auf internationalen Schutz der Beschwerdeführer - sowie unter Zl. 1100651703/152082928 derjenige des Familienvaters - gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Norwegen gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit Art. 25 Abs. 2 Dublin III-Verordnung zur Prüfung der Anträge zuständig sei (Spruchpunkt I). Die Außerlandesbringung wurde gemäß § 61 Abs. 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge die Abschiebung nach Norwegen gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II).
Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.07.2016, GZ W184 2125963-1/6E, GZ W184 2125965-1/6E und GZ W184 2125967-1/6E wurden die dagegen erhobenen Beschwerden gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen. Ebenso wurde die Beschwerde des Familienvaters unter GZ W184 2125969-1/5E als unbegründet abgewiesen.
Am 19.05.2016 wurde gegen die Beschwerdeführer sowie den Familienvater ein Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 iVm § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG zum Zwecke der Abschiebung erlassen. Am 31.05.2016 wurden die Beschwerdeführer um 6:30 Uhr in Verwaltungsverwahrungshaft genommen, in weiterer Folge in der Familienunterkunft angehalten und am 02.06.2016 um 10:41 Uhr ohne Probleme auf dem Luftweg nach Norwegen abgeschoben.
Der Familienvater konnte bis zum Zeitpunkt der Abschiebung nicht festgenommen werden.
2. Beweiswürdigung:
Der oben angeführte Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes sowie der Einsicht in die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung, das Grundversorgungs-Informationssystem und das zentrale Melderegister.
Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit
Gemäß Artikel 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) idgF erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden
1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;
2. gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;
3. wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde;
4. gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 4.
Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
§ 7 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), lautet:
(1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über
1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes,
2. Beschwerden gegen Bescheide der Vertretungsbehörden gemäß dem 11. Hauptstück des FPG,
3. Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG,
4. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes und
5. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesministers für Inneres in Verfahren gemäß §§ 3 Abs. 2 Z 1 bis 6 und 4 Abs. 1 Z 1 und 2
Gemäß § 7 Abs. 2 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision oder der Verfassungsgerichtshof einer Beschwerde gegen ein Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes gemäß Abs. 1 stattgegeben hat.
§ 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG) lautet auszugsweise wie folgt:
"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn
1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,
2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder
3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.
(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.
[...]"
Für das gegenständliche Verfahren ist sohin das Bundesverwaltungsgericht zuständig.
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Zu A)
3.2. Zu Spruchpunkt I.:
3.2.1. Zur Frage der Rechtmäßigkeit der Festnahme und Anhaltung:
Gemäß dem mit Festnahmeauftrag betitelten § 34 BFA-VG aF kann ein Festnahmeauftrag gegen einen Fremden auch dann erlassen werden, wenn gegen ihn ein Auftrag zur Abschiebung (§ 46 FPG) erlassen werden soll (Abs. 3 Z 3 leg cit.). Gemäß Abs. 5 leg cit. ergeht der Festnahmeauftrag in Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehlsgewalt; er ist aktenkundig zu machen. Die Anhaltung aufgrund eines Festnahmeauftrags darf 72 Stunden nicht übersteigen und ist nach Durchführung der erforderlichen Verfahrenshandlungen zu beenden.
Gemäß § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG aF sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, einen Fremden zum Zweck der Vorführung für das Bundesamt festzunehmen, wenn gegen ihn ein Festnahmeauftrag nach § 34 BFA-VG besteht.
Mit Bescheiden des Bundesamtes vom 02.04.2016, Zl. 1100651801/152082995, Zl. 1100652210/152083045, Zl. 1100651910/152083015, wurden die Anträge auf internationalen Schutz der Beschwerdeführer - sowie unter Zl. 1100651703/152082928 derjenige des Familienvaters - gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Norwegen gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit Art. 25 Abs. 2 Dublin III-Verordnung zur Prüfung der Anträge zuständig sei (Spruchpunkt I). Weiters wurde die Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge die Abschiebung nach Norwegen gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II).
Das Bundesverwaltungsgericht erkannte den dagegen erhobenen Beschwerden in weiterer Folge die aufschiebende Wirkung gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 BFA-VG nicht zu, weshalb die aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar war.
Am 19.05.2016 wurde gegen die Beschwerdeführer sowie den Familienvater ein Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 iVm § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG zum Zwecke der Abschiebung erlassen. Die Beschwerdeführer wurden am 31.05.2016 um 6:30 Uhr aufgrund dieses Festnahmeauftrags festgenommen und am 02.06.2016 um 10:41 Uhr abgeschoben. Die Anhaltung aufgrund des erlassenen Festnahmeauftrages unterschritt damit deutlich die in § 34 Abs. 5 2. Satz BFA-VG vorgesehene 72-Stunden-Frist.
Der Familienvater konnte nicht festgenommen und in weiterer Folge deshalb auch nicht gemeinsam mit der Familie abgeschoben werden.
Im gesamten Verfahren ergaben sich keine Hinweise auf eine Haftunfähigkeit der Beschwerdeführer bzw. wurde eine solche in der Beschwerde auch nicht vorgebracht.
Insgesamt erfolgten somit sowohl die Festnahme als auch die Anhaltung der Beschwerdeführer zu Recht.
3.2.2. Zur Frage der Rechtmäßigkeit der Abschiebung:
§ 61 FPG lautet auszugsweise:
"Anordnung zur Außerlandesbringung
§ 61. (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder
2. er in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und dieser Mitgliedstaat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung dieses Antrages zuständig ist. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
[...]"
Gemäß § 46 Abs. 1 Z 2 FPG sind Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind.
Gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und diese Zurückweisung mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist sowie der Beschwerde gegen eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z 2 FPG jeweils binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen durch Beschluss die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebungen oder Abschiebung des Fremden in den Staat, in den die aufenthaltsbeendenden Maßnahme lautet, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß § 13 Abs. 1 FPG dürfen die Landespolizeidirektionen und die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zur Erfüllung der ihnen nach dem 3. bis 6. und 12. bis 15. Hauptstück übertragenen Aufgaben alle rechtlich zulässigen Mittel einsetzen, die nicht in Rechte einer Person eingreifen.
Gemäß Abs. 2 leg cit. dürfen sie in die Rechte einer Person bei der Erfüllung dieser Aufgaben nur dann eingreifen, wenn eine solche Befugnis in diesem Bundesgesetz vorgesehen ist und wenn entweder andere gelindere Mittel zur Erfüllung dieser Aufgaben nicht ausreichen oder wenn der Einsatz anderer Mittel außer Verhältnis zum sonst gebotenen Eingriff steht. Erweist sich ein Eingriff in die Rechte von Personen als erforderlich, so darf er dennoch nur geschehen, soweit er die Verhältnismäßigkeit zum Anlass und zum angestrebten Erfolg wahrt. Die Art. 2, 3 und 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958 sind in jedem Stadium einer fremdenpolizeilichen Amtshandlung besonders zu beachten.
Gemäß Abs. 3 sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, die ihnen nach dem 3. bis 6. und 12. bis 15. Hauptstück eingeräumten Befugnisse und Aufträge der Landespolizeidirektionen sowie die ihnen nach dem 7., 8. und 11. Hauptstück eingeräumten Befugnisse und Aufträge des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl mit unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt durchzusetzen. Die Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt ist dem Betroffenen anzudrohen und anzukündigen. Sie haben deren Ausübung zu beenden, sobald der angestrebte Erfolg erreicht wurde, sich zeigt, dass er auf diesem Wege nicht erreicht werden kann oder der angestrebte Erfolg außer Verhältnis zu dem für die Durchsetzung erforderlichen Eingriff steht. Eine Gefährdung des Lebens oder eine nachhaltige Gefährdung der Gesundheit ist jedenfalls unzulässig.
Auch die Abschiebung selbst stößt nicht einmal ansatzweise auf irgendwelche Bedenken:
Mit Bescheiden vom 02.04.2016 hatte das Bundesamt die Außerlandesbringung der Beschwerdeführer sowie des Familienvaters gemäß § 61 Abs. 1 aF FPG angeordnet und das Bundesverwaltungsgericht in weiterer Folge die aufschiebende Wirkung gemäß § 17 Abs. 1 BFA-VG nicht zuerkannt. Die Frist von einer Woche ab Vorlage der Beschwerde war zum Zeitpunkt der Festnahme und Abschiebung bereits abgelaufen und die Beschwerdeführer ihrer Verpflichtung zur Ausreise trotzdem nicht nachgekommen.
Am 02.06.2016 wurden die Beschwerdeführer schließlich ohne Probleme auf dem Luftweg nach Norwegen abgeschoben.
Die Verwaltungsbehörde hatte daher die Abschiebung zu Recht vorgenommen.
Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.07.2016, GZ W184 2125963-1/6E, GZ W184 2125965-1/6E und GZ W184 2125967-1/6E - sowie bezüglich des Familienvaters unter GZ W184 2125969-1/5E - die Beschwerden gegen die Bescheide des Bundesamtes vom 02.04.2016 gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen wurden.
Insoweit in den beiden Beschwerden vorgebracht wurde, dass durch die Festnahme und Anhaltung bzw. Abschiebung der Familie ohne den Familienvater Art. 8 EMRK verletzt worden wäre, ist anzumerken, dass sämtliche Entscheidungen der Behörde sich auch gegen diesen gerichtet hatten und er auch gemeinsam mit der Familie festgenommen in weiterer Folge abgeschoben hätte werden sollen. Es kann der belangten Behörde nicht vorgeworfen werden, dass sich der Familienvater der Festnahme und Abschiebung entgegen der behördlichen Anordnung entzogen hat.
3.3. Zu Spruchpunkt II. (Kostenbegehren):
Die Beschwerdeführer begehrten zweimal den Ersatz ihrer Aufwendungen gemäß der VwG-Aufwandsersatzverordnung. Da die Verwaltungsbehörde vollständig obsiegte, steht den Beschwerdeführern gemäß § 35 VwGVG dem Grunde nach kein Aufwandsersatz zu. Die belangte Behörde hatte keinen Kostenzuspruch beantragt.
Die Beschwerdeführer stellten zudem zweimal den Antrag auf Ersatz der Eingabegebühr.
Ein solcher Antrag ist jedoch gesetzlich nicht vorgesehen - es gibt dementsprechend keine rechtliche Grundlage für eine solche Befreiung bzw. einen solchen Zuspruch. Die Eingabegebühr ist zudem in § 35 Abs. 4 VwGVG nicht als Aufwendung definiert und insofern auch nicht ersatzfähig. Im Übrigen kann eine finanzielle Belastung iHv 30 Euro auch nicht als unüberwindliche oder unverhältnismäßige Hürde zur Wahrnehmung eines Rechtsmittels angesehen werden.
Die Anträge auf Ersatz der Eingabegebühr waren daher zurückzuweisen.
3.4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen. In der Beschwerde finden sich auch keine substanziellen Hinweise auf einen sonstigen möglicherweise unvollständig ermittelten entscheidungsrelevanten Sachverhalt. Aus der Aktenlage haben sich zudem keine Zweifel an der Haftfähigkeit ergeben.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
Wie der oben dargelegten rechtlichen Beurteilung zu Spruchpunkt I. zu entnehmen ist, warf die Tatsachenlastigkeit des gegenständlichen Falles keine Auslegungsprobleme der anzuwendenden Normen auf, schon gar nicht waren - vor dem Hintergrund der bereits bestehenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher nicht zuzulassen.
Schlagworte
Abschiebung, Anhaltung, Befehls- und Zwangsgewalt, Eingabengebühr,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W154.2127151.1.00Zuletzt aktualisiert am
07.02.2019