TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/10 W240 2210624-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.12.2018
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Entscheidungsdatum

10.12.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z2
AsylG 2005 §5
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.3
FPG §61 Abs1
FPG §61 Abs2
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W240 2210628-1/2E

W240 2210626-1/2E

W240 2210624-1/2E

W240 2210625-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. FEICHTER über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) XXXX , geb. XXXX

,

3.) mj. XXXX , geb. XXXX , und 4.) mj. XXXX , geb. XXXX , alle StA. Mongolei, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.11.2018 Zl 1.) 1209770310/180987713, vom 13.11.2018 Zlen.

2.) 1209771002/180987721, 3.) 1209774603/180987730 und vom 15.11.2018 Zl. 4.) 1209768900/180987748, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerden werden gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als

unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Erstbeschwerdeführer ist der Ehegatte der Zweitbeschwerdeführerin; der minderjährige Dritt- und Viertbeschwerdeführer sind deren gemeinsame Kinder. Am 16.10.2018 stellten die Beschwerdeführer die vorliegenden Anträge auf internationalen Schutz in Österreich.

Eine EURODAC-Abfrage ergab keinen Treffer.

Eine VIS-Abfrage ergab, dass der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin über ein von 30.09.2018 bis 11.11.2018 gültiges Schengenvisum, ausgestellt am 28.09.2018 durch die Botschaft der Republik Deutschland in XXXX / Mongolei, verfügten.

Am 16.10.2018 fanden die Erstbefragungen des Erstbeschwerdeführers, der Zweitbeschwerdeführerin und des Drittbeschwerdeführers durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt.

Der Erstbeschwerdeführer gab hierbei insbesondere an, der Einvernahme ohne Probleme folgen zu können und keine Medikamente zu nehmen. Außer seiner mitgereisten Ehefrau und den Kindern habe er keine Familienangehörigen in Österreich oder einem EU-Staat. Im Jahr 2016 sei der Entschluss festgestanden, dass er auswandern müsse. Er habe sein Heimatland mit dem Auto Richtung Russland verlassen, habe Russland, Polen und Tschechien durchreist, bevor er nach Österreich gelangt sei. Als Reiseziel habe er erst Österreich gehabt, als er sich bereits in Österreich befunden habe. Hier sei es für ihn am sichersten. Als Fluchtgrund führte er aus, dass das Leben als Polizeibeamter irgendwann einmal Folgen für die Familie hätte. Er habe als Dolmetscher und als Kriminalbeamter in der Abteilung für Internationale Kriminalität gearbeitet und sei bei vielen Vernehmungen und Gerichtsverhandlungen dabei gewesen. Ihm sei öfters von beiden Parteien gesagt worden, dass er falsch übersetzt hätte. Auch sein Vorgesetzter habe ihn unter Druck gesetzt. Er habe immer auf eine Gelegenheit gewartet zu fliehen. Mit der Zeit wären auch sicher seine Frau und seine Kinder bedroht worden. Er habe viele Drohungen per SMS bekommen, aber die könne er leider nicht nachweisen, da er immer wieder seine Nummer geändert habe.

Die Zweitbeschwerdeführerin gab ebenso wie der Drittbeschwerdeführer an, der Einvernahme ohne Probleme folgen zu können. Die Zweitbeschwerdeführerin erklärte ihr Heimatland wegen der Arbeit ihres Mannes verlassen zu haben, sie befürchte bei einer Rückkehr, dass irgendwas passiere und sie nicht mehr vollzählig als Familie weiterleben könnten. Der Drittbeschwerdeführer erklärte mit seinen Eltern mitgefahren zu sein.

In der Folge richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) am 19.10.2018 ein auf Art. 12 Abs. 2 oder 3 der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (in der Folge: Dublin III-VO), gestütztes - die Beschwerdeführer betreffendes - Aufnahmegesuch an Deutschland.

Mit Schreiben vom 30.10.2018, stimmte die deutsche Dublin-Behörde der Rückübernahme der Beschwerdeführer gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO ausdrücklich zu.

Bei der niederschriftlichen Einvernahme durch das BFA am 09.11.2018 gaben der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin im Beisein eines Rechtsberaters nach durchgeführter Rechtsberatung zu Protokoll, sich psychisch und physisch in der Lage zu fühlen, die Fragen zu beantworten und keine Verwandten in Österreich zu haben.

Der Erstbeschwerdeführer erklärte, an keinen schwerwiegenden Erkrankungen zu leiden. Die Zweitbeschwerdeführerin gab an ebenso wie ihre Kinder gesund zu sein.

Dem Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin wurde sodann mitgeteilt, dass aufgrund der vorliegenden Zustimmung Deutschlands geplant sei, ihre Außerlandesbringung nach Deutschland zu veranlassen.

Dazu erklärte der Erstbeschwerdeführer in der Mongolei als Kriminalpolizist und Dolmetscher tätig gewesen zu sein. Aufgrund dieser Tätigkeit habe er als Person immer mehr Angst bekommen. Persönlich sei er nie von jemanden bedroht worden, allerdings habe sich seine Angst mit der Zeit auch auf seine Familie übertragen. Nach Deutschland wolle er nicht, da er im Jahr 2005 Kontakt mit zwei deutschen Polizeibeamten gehabt habe. Diese hätte in der Mongolei wegen Geldwäsche ermittelt, das Geld sei nie gefunden worden. Die Ermittlungen seien bis 2013 fortgeführt worden und der Geldbetrag sei auf die Höhe von 37 Mio. Euro gewachsen. Einer der deutschen Polizisten sei im Jahr 2015 verstorben und seine mongolische Lebensgefährtin sei wegen Mordverdachts eingesperrt worden. Sein zweiter Grund sei, dass ein junger Mann eine ältere Dame grausam getötet habe. Dies geschah in der Mongolei, der junge Mann sei in Deutschland geboren und deswegen habe dieser nicht die mongolische Sprache können. Er sei als Dolmetscher berufen worden und habe bei der Übersetzung geholfen. Die Familie des Mannes würde ihn hassen. Die Eltern des Manens würden beide in der mongolischen Botschaft in Deutschland arbeiten, ihn daher finden und ihm und seiner Familie schaden. Auch die Tochter der getöteten älteren Frau wohne jetzt in Deutschland und könne ihm genauso schaden. Er werde von beiden Seiten gehasst. Der dritte Grund sei, dass er im Rahmen von Ermittlungen gegen eine Kupfermine und eine Bank aus Afrika E-Mails übersetzt habe. Diese hätten 150 Mio. Dollar veruntreut. Er habe dann SMS von unbekannten Personen bekommen, damit er seine Arbeit niederlege. Er habe diese Nachrichten nicht beantwortet und die SIM-Karte entsorgt. Im Zuge der Ermittlungen sei festgestellt worden, dass 2016 zwei Mitarbeiter jeweils ein deutsches Visum bekommen hätten und nach Deutschland ausgereist seien. Beweise dafür habe er nicht.

Nachgefragt, ob er jemals bedroht wurde, dass ihm und seiner Familie im Falle einer Einreise nach Deutschland Gefahr drohen würde, verneinte dies der Beschwerdeführer, er vermute aber, dass ihm Gefahr drohe. Befragt, warum er ein deutsches Visum angesucht habe, wenn ihm dort doch Gefahr drohe, erklärte der Erstbeschwerdeführer, dass sie kein österreichisches Visum bekommen konnten, da sie nicht nach China reisen hätten können. In einem anderen EU Land habe er nicht um ein Visum angesucht, weil er die Sprache nicht spreche und das Land nicht kenne. Außerdem habe er sich schon seit 2016 mit einer eventuellen Flucht auseinandergesetzt und habe gewusst, dass er entweder nach Deutschland oder Österreich wolle. In Deutschland sei er schon einmal von 1987 bis 1990 in der DDR und zuletzt 1998 gewesen.

Seitens des Rechtsberaters wurden keine Fragen gestellt, jedoch folgendes Vorbringen erstattet.

"Beantragt wird die deutschen Behörden zu kontaktieren, ob dem genannten AW hinsichtlich des geschilderten Sachverhaltes in Deutschland Schutz gewährleistet werden kann. In eventu wird die Zulassung zum Verfahren durch Selbsteintritt beantragt."

Die Zweitbeschwerdeführerin erklärte, nicht nach Deutschland zu wollen, da es dort für ihre Familie gefährlich sei. Sie würden in Österreich bleiben wollen. Eigene Gründe hätte sie keine, sie berufe sich auf die Gründe ihres Mannes. Nachgefragt, ob sie jemals konkret aus Deutschland bedroht worden sei, verneinte dies die Zweitbeschwerdeführerin, sie habe nichts erhalten.

Die Beschwerdeführer legten folgende Dokumente vor:

Den Erstbeschwerdeführer betreffend:

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Reisepass

-

Fotos

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Geburtsurkunde eines Sohnes, der nicht mit nach Österreich gereist sei und nicht die Zweitbeschwerdeführerin als Mutter hat

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Geburtsurkunde vom Cousin

-

Die Übersetzung der Anklageschrift des Mordes an der älteren Frau (Anm. BFA: Der Erstbeschwerdeführer wird darin nicht namentlich genannt)

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Visitenkarte des 2015 verstorbenen deutschen Polizisten

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Visitenkarten

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Dienstrichtlinien

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Geburtsurkunde

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Schulzeugnis

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Bachelordiplom

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Arbeitszeugnisse und ein Zertifikat

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Zulassungspapier

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Gesundheitsuntersuchung

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Organisationsausweis

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Führerschien und ungültiger Ausweis des Vaters

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Bankomatkarte des Cousins

Die Zweitbeschwerdeführerin betreffend:

-

Bankomatkarte der Schwester

-

Ausweisnachweis

-

Reisepass

Den Dritt- und Viertbeschwerdeführer betreffend:

-

Reisepass

2. Mit den angefochtenen Bescheiden wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Deutschland für die Prüfung der Anträge der Zweitbeschwerdeführerin, bzw. der Dritt- und Vierbeschwerdeführer gemäß

Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen die Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Deutschland gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Die Feststellungen zur Lage in Deutschland wurden im Wesentlichen folgendermaßen zusammengefasst (nunmehr gekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):

Allgemeines zum Asylverfahren

In Deutschland existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten (AIDA 3.2018; vgl. BAMF o.D.a, BAMF o.D.b, BR o.D., UNHCR o.D.a, für ausführliche Informationen siehe dieselben Quellen). Im Jahr 2017 hat das deutsche Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) 603.428 Asylanträge entschieden. Das ist ein Rückgang gegenüber 2016 (695.733 Entscheidungen). 2017 wurden 222.683 Asylanträge entgegengenommen,

522.862 weniger als im Vorjahr. Insgesamt 123.909 Personen erhielten 2017 internationalen Schutz (20,5% der Antragsteller), 98.074 Personen (16,3%) erhielten subsidiären Schutz und 39.659 Personen (6,6%) Abschiebeschutz (BAMF 4.2018).

Verschiedene Berichte äußerten sich besorgt über die Qualität des Asylverfahrens. Ein Ein hoher Prozentsatz der Asylentscheidungen war einer internen Untersuchung zufolge "unplausibel". Berichten zufolge waren viele Entscheidungsträger, die 2015 und 2016 beim BAMF eingestellt wurden, seit mehr als einem Jahr im Einsatz, ohne das interne Ausbildungsprogramm zu absolvieren. Bei den Dolmetschern wurden die unprofessionelle Haltung und fehlende Objektivität bemängelt. Weiters hat eine große Zahl von Asylwerbern eine Beschwerde gegen ihren Asylbescheid eingelegt, was zu einem Verfahrensstau bei den Gerichten geführt hat (AIDA 3.2018; vgl. USDOS 20.4.2018).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (3.2018): Country Report:

Germany,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2017update.pdf, Zugriff 12.6.2018

-

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.a): Ablauf des Asylverfahrens,

https://www.bamf.de/DE/Fluechtlingsschutz/AblaufAsylv/ablauf-des-asylverfahrens-node.html, Zugriff 12.6.2018

-

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.b): Ablauf des deutschen Asylverfahrens - Broschüre, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Broschueren/das-deutsche-asylverfahren.html?nn=6077414, Zugriff 12.6.2018

-

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (4.2018): Aktuelle Zahlen zu Asyl,

https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Downloads/Infothek/Statistik/Asyl/aktuelle-zahlen-zu-asyl-april-2018.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff 12.6.2018

-

BR - Bundesregierung (o.D.): Flucht und Asyl: Fakten und Hintergründe,

https://www.bundesregierung.de/Webs/Breg/DE/Themen/Fluechtlings-Asylpolitik/4-FAQ/_function/glossar_catalog.html?nn=1419512&lv2=1659082&id=GlossarEntry1659098, Zugriff 12.6.2018

-

UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (o.D.a): Asyl und anderer Schutz,

http://www.unhcr.org/dach/de/was-wir-tun/asyl-in-deutschland/asyl-und-anderer-schutz, Zugriff 12.6.2018

-

USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Germany, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430259.html, Zugriff 12.6.2018

Dublin-Rückkehrer

Es gibt keine Berichte, dass Dublin-Rückkehrer in Deutschland Schwierigkeiten beim Zugang zum Asylverfahren hätten (AIDA 3.2018).

In "take charge"-Fällen kann der Rückkehrer einen Erstantrag stellen. Im Falle eines "take back"-Verfahrens können Dublin-Rückkehrer, die bereits eine negative Entscheidung erhalten haben, einen Folgeantrag stellen. Bei Dublin-Rückkehrern, die bereits einen Asylantrag in Deutschland gestellt haben, der noch nicht entschieden wurde, wird das Verfahren fortgesetzt. Für Dublin-Rückkehrer gelten die gleichen Aufnahmebedingungen wie für andere Asylwerber (EASO 24.10.2017).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (3.2018): Country Report:

Germany,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2017update.pdf, Zugriff 12.6.2018

-

EASO - European Asylum Support Office (24.10.2017): EASO Query.

Subject: Access to Procedures and Reception Conditions for persons transferred back from another Member State of the Dublin regulation, per E-Mail

Unbegleitete minderjährige Asylwerber / Vulnerable

Treffen ausländische Kinder und Jugendliche unbegleitet in Deutschland ein und kommen mit staatlichen Stellen in Kontakt, so informieren diese das örtlich zuständige Jugendamt. UMA werden im Rahmen des allgemeinen Kinderschutzsystems untergebracht, versorgt und betreut, wie dies auch bei anderen gefährdeten Kindern und Jugendlichen der Fall ist. Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, UMA in Obhut zu nehmen und über deren bundesweite Verteilung zu entscheiden. Seit 2015 ist die Inobhutnahme für UMA mehrstufig (vorläufige und reguläre Inobhutnahme) geregelt (BAMF 3.2018). Im Zuge der vorläufigen Inobhutnahme prüft das Jugendamt durch das sogenannten Erstscreening, ob das Wohl des Kindes - auch in physischer und psychischer Hinsicht - durch das Verteilungsverfahren gefährdet werden würde, ob die kurzfristige Möglichkeit zur Familienzusammenführung besteht und ob diese dem Kindeswohl entspricht, ob eine gemeinsame Inobhutnahme mit anderen Kindern angezeigt ist und ob der Gesundheitszustand des Kindes anhand einer ärztlichen Stellungsnahme die Durchführung des Verteilungsverfahrens innerhalb der nächsten 14 Tage zulässt (MFKJKS 5.2017). Die ärztliche Stellungnahme erfolgt durch eine Gesundheitsuntersuchung (Kurzscreening), dessen Umfang gesetzlich nicht vorgegeben ist. In welchem Umfang also Screenings durchgeführt werden, ist je nach Bundesland unterschiedlich geregelt und es gelten unterschiedliche Standards (BAMF 3.2018). Während der vorläufigen Inobhutnahme werden UMA bei einer geeigneten Person (Verwandte oder Pflegefamilien), in einer geeigneten Einrichtung (sogenannte Clearingshäuser) oder in einer sonstigen Wohnform untergebracht. Neben der Unterbringung werden der notwendige Unterhalt, die Krankenhilfe und die rechtliche Vertretung des Kindes sichergestellt. Im Rahmen der vorläufigen Inobhutnahme findet auch die Altersfeststellung statt. Die dafür verwendeten Methoden reichen von einer reinen Altersschätzung über körperliche Untersuchungen bis hin zu radiologischen Untersuchungen der Handwurzel, des Gebisses oder des Schlüsselbeins (BAMF 3.2018; vgl. BAMF 1.8.2016a).

Das Jugendamt entscheidet auf der Grundlage des Ergebnisses des Erstscreenings, ob das bundesweite Verteilungsverfahren durchgeführt wird oder ob eine Verteilung ausgeschlossen ist. Die bundesweite Verteilung erfolgt durch das Bundesverwaltungsamt. Trotz der bundesweiten Aufnahmepflicht und Verteilung, die dazu dienen, die vorhandenen Unterbringungskapazitäten besser zu nutzen, aber auch die Belastung der Kommunen besser zu verteilen, wird das Verteilungsverfahren verschiedentlich kritisiert. Zum einen wurde hervorgehoben, dass die gesetzlichen Vorgaben zu Problemen in der Praxis führen können und zum anderen wurde bemängelt, dass die Versorgung und Betreuung im Umverteilungsverfahren allzu oft nicht im Rahmen der Standards der Jugendhilfe (z.B. nicht geeignete Unterkünfte, ungenügende Gesundheitsversorgung, Mangel an spezifischen Fachwissen und Erfahrung seitens der Fachkräfte) stattfände (BAMF 3.2018).

Nach der Verteilung ist das Jugendamt, dem die Minderjährigen zugewiesen wurden, für die reguläre Inobhutnahme zuständig. Die Unterbringung erfolgt wieder bei einer geeigneten Person oder in einer geeigneten Einrichtung (siehe oben) (BAMF 1.8.2016a). Der weitere Ausbau von speziell auf die Bedürfnisse von UMA ausgerichteten Angeboten und eine bessere Qualifizierung des betreuenden Personals, vor allem im Hinblick auf traumatisierte UMA, werden allerdings als Herausforderung gesehen (BAMF 3.2018).

Im Anschluss an die Unterbringung werden die Beantragung einer Vormundschaft, weitere medizinische Untersuchungen, die Ermittlung des Erziehungsbedarfs sowie eine Klärung des Aufenthaltsstatus veranlasst. Für UMA muss vom Familiengericht ein Vormund oder Pfleger bestellt werden. Eine Vormundschaft besteht in der Regel bis zur Volljährigkeit. Dabei orientiert sich die Volljährigkeit an dem Recht im Herkunftsland des Minderjährigen und nicht am deutschen Recht. Tritt also nach diesem Recht die Volljährigkeit erst nach Vollendung des 18. Lebensjahrs ein, endet die Vormundschaft auch erst zu diesem Zeitpunkt. Im anschließenden Clearingsverfahren werden weitere Schritte im Bereich des Jugendhilferechts oder des Aufenthaltsrechts eingeleitet. Es umfasst unter anderem die Klärung des Aufenthaltsstatus. Auf dessen Basis wird entschieden, ob ein Asylantrag gestellt wird. Ist ein Asylverfahren nicht erfolgversprechend, kann die zuständige Ausländerbehörde auch eine Duldung ausstellen. Kommt auch dies nicht in Frage, berät die Ausländerbehörde über andere aufenthaltsrechtliche Möglichkeiten. Falls ein Asylantrag gestellt werden soll, ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig (BAMF 1.8.2016a).

Innerhalb des Asylverfahrens gelten für die Bestimmung der Volljährigkeit die nationalen Vorschriften. Das heißt: Asylwerber müssen mit Vollendung des 18. Lebensjahrs ihren Asylantrag selbst stellen. Ein etwaiger Vormund kann in diesem Fall aber weiterhin das Asylverfahren begleiten (BAMF 1.8.2016a). Die Asylantragsstellung vom UMA muss über den Vormund oder das Jugendamt schriftlich erfolgen. Das Mindestalter zur Begründung der Handlungsfähigkeit im Asylverfahren wurde auf 18 Jahren hinaufgesetzt. Es gibt für UMA kein gesondertes Asylverfahren, dennoch wird, um das Kindeswohl zu wahren, das Verfahren von besonders geschulten Entscheidern (Sonderbeauftragten) kindgerecht durchgeführt (BAMF 3.2018). Anhörungen finden grundsätzlich in Anwesenheit des Vormunds statt. Zusätzlich kann auch ein Beistand, z. B. eine Betreuerin oder ein Betreuer bei den Anhörungen anwesend sein. Unterbringung, Versorgung - hierzu gehört auch die sozialpädagogische Begleitung und Betreuung, Gesundheitsversorgung sowie Rechtsberatung - sind gesetzlich sichergestellt (BAMF 1.8.2016a).

Im Jahr 2016 gab es in Deutschland 44.935 Inobhutnahmen von UMA,

35.939 davon stellten Asylanträge. 2017 gab es 9.084 Asylanträge von UMA (BAMF 30.4.2018).

Es gibt keine gesetzliche Vorschrift zur Identifizierung Vulnerabler, mit Ausnahme von unbegleiteten Minderjährigen. Mit der Änderung des Asylgesetzes im Jahr 2015 wurde zwar ein Wortlaut betreffend der Identifizierung schutzbedürftiger Asylwerber eingeführt, aber die neue Richtlinie wird nicht ordnungsgemäß umgesetzt (AIDA 3.2018). In der Praxis werden Beeinträchtigungen und die damit verbundenen spezifischen Bedarfe von Asylwerbern nur zufallsbasiert und bestenfalls vereinzelt erkannt. Soweit in der Flüchtlingsaufnahme Beeinträchtigungen erkannt werden, geschieht dies entweder während der verpflichtenden medizinischen Erstuntersuchung durch die Gesundheitsämter, die jedoch lediglich der Diagnose übertragbarer Krankheiten zum Schutz der örtlichen Gesundheit dienen, oder durch Sozialarbeiter im laufenden Betrieb der Einrichtungen. Beide Wege haben jedoch nicht das Ziel der systematischen Erfassung von Beeinträchtigungen und individuellen Bedarfsfeststellung; sie erreichen nur einen Bruchteil der Betroffenen und in der Regel werden nur sichtbare Beeinträchtigungen erkannt (DIM 3.2018; vgl. AIDA 3.2018).

Einige Bundesländer haben Pilotprojekte für die Identifizierung vulnerabler Asylwerber eingeführt. Vom BAMF erlassene Richtlinien sehen vor, dass insbesondere UM, Opfer geschlechtsspezifischer Verfolgung sowie Opfer von Folter und traumatisierte Asylwerber besonders sensibel und bei Bedarf von speziell ausgebildeten Referenten behandelt werden sollen. Die Einführung dieser Spezialisten (376 für UMA, 74 für Traumatisierte und Folteropfer, 125 für Opfer geschlechtsspezifischer Verfolgung, 79 für Opfer des Menschenhandels) hat die Handhabung derartiger Verfahren etwas verbessert, wobei es aber auch Beispiele gibt, wonach Hinweise auf Traumata bzw. sogar Folter nicht zur Konsultierung solcher Spezialisten geführt haben (AIDA 3.2018).

Medizinische Spezialbehandlung für Traumatisierte und Folteropfer kann durch einige Spezialisten und Therapeuten in verschiedenen Behandlungszentren für Folteropfer gewährleistet werden. Da die Plätze in diesen Zentren begrenzt sind, ist der Zugang nicht immer garantiert. Da die Behandlungskosten von den Behörden nur teilweise übernommen werden (Übersetzerkosten werden etwa nicht gedeckt), sind die Zentren zu einem gewissen Grad auf Spenden angewiesen. Große geographische Distanzen zwischen Unterbringung und Behandlungszentrum sind in der Praxis auch oft ein Problem (AIDA 3.2018).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (3.2018): Country Report:

Germany,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2017update.pdf, Zugriff 12.6.2018

-

BAMF - Bundest für Migration und Flüchtlinge (30.4.2018):

Zugangszahlen zu unbegleiteten Minderjährigen, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Downloads/Infothek/Asyl/um-zahlen-entwicklung.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff 12.6.2018

-

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (3.2018):

Unbegleitete Minderjährige in Deutschland, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/EMN/Studien/wp80-unbegleitete-minderjaehrige.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff 12.6.2018

-

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (1.8.2016a):

Unbegleitete Minderjährige,

http://www.bamf.de/DE/Fluechtlingsschutz/UnbegleiteteMinderjaehrige/unbegleitete-minderjaehrige-node.html, Zugriff 12.6.2018

-

DIM - Das Deutsche Institut für Menschenrechte (3.2018):

Geflüchtete Menschen mit Behinderung, https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/user_upload/Publikationen/POSITION/Position_16_Gefluechtete_mit_Behinderungen.pdf, Zugriff 12.6.2018

-

MFKJKS - Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen (5.2017): Jugend - Handreichung zum Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen in Nordrhein-Westfalen 2017,

https://www.mkffi.nrw/sites/default/files/asset/document/handreichung_2017.pdf, Zugriff 12.6.2018

Non-Refoulement

Wenn die drei Schutzformen - Asylberechtigung, Flüchtlingsschutz, subsidiärer Schutz - nicht greifen, kann bei Vorliegen bestimmter Gründe ein Abschiebungsverbot erteilt werden (BAMF 1.8.2016b). Wenn ein Abschiebungsverbot festgestellt wird, erhält die betroffene Person eine Aufenthaltserlaubnis von mindestens einem Jahr; eine Verlängerung ist möglich (UNHCR o.D.a).

Amnesty International sieht Asylwerber aus Serbien, Mazedonien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Albanien und Montenegro von einem erhöhten Refoulement-Risiko bedroht, da diese Länder als sichere Herkunftsstaaten eingestuft wurden (AI 31.12.2017). AI kritisiert auch die fortgesetzten Abschiebungen nach Afghanistan, trotz der sich verschlechternden Sicherheitslage vor Ort. Bis Ende des Jahres wurden 121 afghanische Staatsangehörige abgeschoben (AI 22.2.2018).

Quellen:

-

AI - Amensty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Germany, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425035.html, Zugriff 12.6.2018

-

AI - Amnesty International (31.12.2017): Germany: Human rights guarantees undermined: Amnesty International submission for the UN Universal Periodic Review - 30th session of the UPR Working Group, May 2018 [EUR 23/7375/2017],

https://www.ecoi.net/en/file/local/1422247/1226_1516189882_eur2373752017english.pdf, Zugriff 12.6.2018

-

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (1.8.2016b): Nationales Abschiebungsverbot,

https://www.bamf.de/DE/Fluechtlingsschutz/AblaufAsylv/Schutzformen/AbschiebungsV/abschiebungsverbot-node.html, Zugriff 12.6.2018

-

UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (o.D.a): Asyl und anderer Schutz,

http://www.unhcr.org/dach/de/was-wir-tun/asyl-in-deutschland/asyl-und-anderer-schutz, Zugriff 12.6.2018

Versorgung

Das Asylbewerberleistungsgesetz regelt die Leistungen, die Asylwerbern zustehen. Die Leistungen umfassen die Grundleistungen des notwendigen Bedarfs (Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege, Gebrauchs- und Verbrauchsgüter im Haushalt), Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse im Alltag (Bargeld bzw. Taschengeld), Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt. Bei besonderen Umständen können auch weitere Leistungen beantragt werden, die vom Einzelfall abhängen (AIDA 3.2018; vgl. BAMF 1.8.2016b). Die empfangenen Leistungen liegen dabei unterhalb der finanziellen Unterstützung, die deutsche Staatsangehörige beziehen. Bei einer Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen werden die Grundleistungen als Sachleistungen bereit gestellt. Hiervon kann - soweit nötig - abgewichen werden, wenn Asylwerber nicht in Aufnahmeeinrichtungen, sondern in Anschlusseinrichtungen (z.B. Gemeinschaftsunterkunft oder dezentrale Unterbringung, wie Wohnung oder Wohngruppen) untergebracht sind. So können Asylwerber statt Sachleistungen Leistungen in Form von unbaren Abrechnungen, Wertgutscheinen oder in Geldleistungen erhalten. Werden alle notwendigen persönlichen Bedarfe durch Geldleistungen gedeckt, werden die folgenden Beträge monatlich ausbezahlt:

(...)

Nach 15 Monaten im Asylverfahren wird die Leistungshöhe auf das gleiche Niveau wie für bedürftige Deutsche umgestellt (UNHCR o.D.b; vgl. BAMF 1.8.2016b, AIDA 3.2018, AsylbLG 17.7.2017).

Asylsuchende werden schon während der Bearbeitung ihres Antrags über die Teilnahme an Integrationskursen des Bundesamtes am jeweiligen Wohnort informiert. Sie erhalten ebenfalls eine Beratung zum möglichen Arbeitsmarktzugang durch die örtliche Bundesagentur für Arbeit (BAMF 24.10.2017). Während der ersten drei Monate des Asylverfahrens gilt jedoch ein Beschäftigungsverbot für Asylwerber. Dieses Beschäftigungsverbot besteht fort, solange die betroffene Person verpflichtet ist, in einer Erstaufnahmeeinrichtung zu wohnen. Für die Aufnahme einer konkreten Tätigkeit wird eine Beschäftigungserlaubnis benötigt, die bei der Ausländerbehörde beantragt werden kann. Die Ausländerbehörde muss hierfür zusätzlich die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit einholen. Die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit ist während des gesamten Asylverfahrens untersagt (UNHCR o.D.b).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (3.2018): Country Report:

Germany,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2017update.pdf, Zugriff 12.6.2018

-

AsylbLG - Asylbewerberleistungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. August 1997 (BGBl. I S. 2022), das durch

Artikel 4 des Gesetzes vom 17. Juli 2017 (BGBl. I S. 2541) geändert worden ist (17.7.2017): § 3 Grundleistungen, https://www.gesetze-im-internet.de/asylblg/BJNR107410993.html, Zugriff 12.6.2018

-

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (1.8.2016b):

Zuständige Aufnahmeeinrichtungen, https://www.bamf.de/DE/Fluechtlingsschutz/AblaufAsylv/MeldungAE/meldung-aufnahmeeinrichtung-node.html, Zugriff 12.6.2018

-

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (24.10.2017):

Ankunftszentren,

https://www.bamf.de/DE/Fluechtlingsschutz/Ankunftszentren/ankunftszentren-node.html, Zugriff 12.6.2018

-

UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (o.D.b):

Aufnahmesituation,

http://www.unhcr.org/dach/de/was-wir-tun/asyl-in-deutschland/aufnahmesituation, Zugriff 12.6.2018

Unterbringung

In Deutschland gibt es grundsätzlich drei verschiedene Arten der Unterbringung: Erstaufnahmezentren, Gemeinschaftsunterkünfte und dezentralisierte Unterbringung in Wohnungen. Der Betrieb dieser Einrichtungen ist Ländersache. 2015 und 2016 waren Notunterkünfte im Betrieb, die bis auf wenige Ausnahmen weitgehend geschlossen wurden. Darüber hinaus wurden besondere Aufnahmeeinrichtungen (in denen Personen untergebracht werden können, deren Asylverfahren beschleunigt bearbeitet werden) und Transitzentren (in denen Asylwerber mit geringer Bleibeperspektive untergebracht werden) eingerichtet (AIDA 3.2018; vgl. BSASFI 29.6.2017).

Asylwerber werden in der Regel zunächst in einer Erstaufnahmeunterkunft untergebracht. Nach einer Gesetzesreform vom Juli 2017 wurde die maximale Aufenthaltsdauer in der Erstaufnahmeeinrichtung von sechs auf 24 Monate erhöht. Diese Regelung wurde jedoch bis Ende 2017 nur in Bayern umgesetzt. Wenn die Pflicht zum Aufenthalt im Erstaufnahmezentrum endet, kommen Asylwerber normalerweise in Gemeinschaftsunterkünften unter, wobei es sich um Unterbringungszentren im selben Bundesland handelt. Asylwerber müssen während des gesamten Asylverfahrens in der Gemeinde aufhältig sein, die von der Behörde festgelegt wurde. Die Verantwortung für diese Art der Unterbringung wurde von den Bundesländern oftmals den Gemeinden und von diesen wiederum auf NGOs oder Privatunternehmen übertragen. Manche Gemeinden bevorzugen dezentralisierte Unterbringung in Wohnungen (AIDA 3.2018; vgl. BAMF 10.2016). Von Flüchtlingsorganisationen und NGOs werden die Lebensbedingungen in den Gemeinschaftsunterkünften häufig kritisiert (AIDA 3.2018).

Deutschland verfügt mittlerweile bundesweit über 24 Ankunftszentren. Dort werden viele, bis dahin auf mehrere Stationen verteilte Schritte im Asylverfahren gebündelt. Nach Möglichkeit findet das gesamte Asylverfahren unter dem Dach des Ankunftszentrums statt - von der ärztlichen Untersuchung, über die Aufnahme der persönlichen Daten und der Identitätsprüfung, der Antragsstellung und Anhörung bis hin zur Entscheidung über den Asylantrag. Bei Menschen mit sehr guter Bleibeperspektive sowie Antragsstellenden aus sicheren Herkunftsländern mit eher geringen Bleibeaussichten kann in der Regel vor Ort innerhalb von 48 Stunden angehört und über den Asylantrag entschieden werden (BAMF o.D.c).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (3.2018): Country Report:

Germany,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2017update.pdf, Zugriff 12.6.2018

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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