Entscheidungsdatum
18.12.2018Norm
ASVG §410Spruch
W178 2017853-1/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Maria PARZER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, vertreten durch Mag. Wolfgang Dobritzhofer, gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der Bauern Hauptstelle und Regionalbüro Niederösterreich und Wien vom 10.11.2014, Zl. 4682-1304402B1, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 03.12.2018 zu Recht erkannt:
A) 1. Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt 1. des
angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG Folge gegeben und festgestellt, dass Herr XXXX vom 1.11.1985 bis 30.4.1986, vom 1.11.1986 bis 30.4.1987 und vom 1.11.1987 bis 30.4.1988 der Pflichtversicherung als hauptberuflich tätiges Kind gemäß § 2 Abs. 1 Z. 2 BSVG unterlag.
2. Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid diesbezüglich bestätigt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer stellte am 24.6.2014 den Antrag auf Nachentrichtung von Pensionsversicherungsbeiträgen für die Zeiträume 11/85 bis 4/86, 11/86 bis 4/87, 11/87 bis 4/88. Er habe im Betrieb seines Vaters in der Zeit hauptberuflich mitgearbeitet. Er hat angegeben, dass er trotz des Besuches der Winterschule hauptberuflich tätig gewesen sei.
2. Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 10.11.2014 festgestellt, dass der Beschwerdeführer in den gegenständlichen Zeiträumen nicht in der Pensionsversicherung der Bauern pflichtversichert sei und seinem Antrag auf Nachentrichtung verjährter Beiträge nicht entsprochen werde. Zur Begründung wurde angeführt, dass er während der Zeit des Schulbesuches, abgesehen von den Wochenenden, in einem Internat untergebracht gewesen sei. Der Verwaltungsgerichtshof habe im Erkenntnis 2011/08/09 64 unter Hinweis auf die Judikatur des OGH festgestellt, dass ein Schüler, der mit Ausnahme der Ferien die gesamte Zeit in einem Schulinternat verbringe, während dieser Zeit, nicht hauptberuflich im Betrieb der Eltern tätig sein könne. Damit liege auch die Voraussetzung für die Nachentrichtung der Beiträge nicht vor.
3. In der dagegen erhobenen Beschwerde hat Herr XXXX angeführt, dass der Hintergrund des Besuches der landwirtschaftlichen Fachschule (Winterschule) ein Lehrverhältnis vom 01.7.1985 bis 30. 06.1988 am elterlichen Betrieb gewesen sei (Heimlehre). Der Schulbesuch habe somit im Rahmen der Ausbildung stattgefunden. Die Tätigkeit am elterlichen Betrieb sei über die gesamte Zeit der Lehre sein Hauptberuf und seine einzige Quelle der Einnahmen gewesen. Er habe die gesamte Zeit intensiv am elterlichen Betrieb mitgearbeitet. Er sei jeden Freitag bereits zu Mittag an den elterlichen Betrieb zurückgekehrt und die Wochenenden seien regelmäßig durch eine relativ hohe Arbeitsbelastung geprägt gewesen. Es habe damals Tierhaltung am Betrieb gegeben und er habe Freitag, Samstag und Sonntag die diesem Zusammenhang erforderlichen Arbeiten geleistet; darüber hinaus seien sie regelmäßig in den Wald gefahren um dort die Winterarbeit zu erledigen. Schließlich habe er bei den erforderlichen Arbeiten in Zusammenhang mit der Kartoffelproduktion intensiv mitgeholfen. Die Auffassung der SVB, dass ein Schulbesuch mit Internatsunterbringung eine Pflichtversicherung als hauptberuflich mitarbeitendes Kind jedenfalls ausschließe, sei seines Erachtens unzutreffend. Es wurde beantragt, im Sinne seines Antrages die Nachentrichtung verjährte Beiträge zu genehmigen.
4. Am 03.12.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt. Es wurden der Beschwerdeführer auch der ehemalige Betriebsführer, der Vater des Beschwerdeführers, Herr XXXX einvernommen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer Stand vom 01.7.1985 bis 30. 06.1988 in einem Lehrverhältnis am elterlichen Betrieb. Im Rahmen dieses Lehrverhältnisses besuchte er die landwirtschaftliche Berufsschule (Winterschule). Der Beschwerdeführer hat zwei jüngere Geschwister, die zum damaligen Zeitpunkt ebenfalls am Hof lebten. Der Betrieb umfasste ca. 40 bis 50 ha und es wurden Kartoffeln und Getreide produziert. Am elterlichen Betrieb wurden ca. 20 Rinder und 50 Schweine gehalten. Ebenso wurde der Wald bewirtschaftet und Brennholz gemacht
Dieser Schulbesuch fand in den streitgegenständlichen Wintermonaten statt. Der Beschwerdeführer war unter der Woche in einem Internat untergebracht. Die Wochenenden (ab Freitagmittag) verbrachte am elterlichen Hof und arbeitete in dieser Zeit am Hof mit, wobei alle anfallenden Arbeiten in Zusammenhang mit der Kartoffelproduktion- und Verkauf, den Waldarbeiten und den Fütterungen der Tiere am Hof verrichtete.
Der Vater des Beschwerdeführers war in diesem Zeitraum in einem entsprechend der langjährigen Tätigkeit in der Landwirtschaft guten gesundheitlichen Zustand, die Mutter des Beschwerdeführers war gesundheitlich beeinträchtigt, aber nicht pflegebedürftig. Diese arbeitete etwas mit und kümmerte sich um den Haushalt. Der Vater des Beschwerdeführers war hauptberuflich - ohne Nebenerwerb und ohne sonstige Verpflichtungen - am Hof tätig. Sonstige exzeptionellen Umstände bei der Bewirtschaftung des Hofes und den Familien Umständen sind nicht hervorgekommen.
2. Beweiswürdigung:
Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der SVA der Bauern, dem Fragebogen vom 21.06.2014, und den Befragungen in der mündlichen Verhandlung vom 3.12.2018. Der Sachverhalt ist in allen wesentlichen Punkten nicht strittig.
Bezüglich der Betriebsgröße und der Anzahl der Tiere wird auf die Angaben des Zeugen XXXX XXXX abgestellt, der als langjähriger Betriebsführer dafür kompetent erscheint; bezüglich der Anzahl der geleisteten Arbeitsstunden am Hof wird auf die Aussagen des Bf und des Zeugen in der mündlichen Verhandlung abgestellt, weil diese plausibler sind als die Angaben im Fragebogen vom 21.06.2014.
Strittig ist die rechtliche Würdigung im Hinblick auf die Erfüllung der Voraussetzungen für den Nachkauf von Pensionsversicherungszeiten.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Zu Spruchpunkt 1.: Frage der Pflichtversicherung:
3.1 Gesetzliche Grundlagen:
Für die Beurteilung der Pflichtversicherung ist jedenfalls die im jeweils zur Beurteilung stehenden Zeitraum geltende Rechtslage anzuwenden.
Gemäß § 2 Abs. 1 Z 2 BSVG in der Fassung, die in den Jahren 1985 bis 1988 gegolten hat, sind aufgrund dieses Bundesgesetzes, soweit es sich um natürliche Personen handelt, die Kinder, Enkel, Wahl- und Stiefkinder sowie die Schwiegerkinder einer in Z. 1 genannten Person, alle diese, wenn sie hauptberuflich in diesem Betrieb beschäftigt sind; in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung pflichtversichert.
Nach dieser Bestimmung in der Fassung vor der 43. Novelle, BGBl. I Nr. 2/2015, ist unter hauptberuflich entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Erk vom 07.09.2015, Zl. 2001/08/0123) ist nichts Anderes zu verstehen ist, als "hauptberuflich keiner anderen Beschäftigung nachgehen. Ein "Kind", das keiner anderen Beschäftigung nachgeht, wird in aller Regel in einem solchen Ausmaß zur Arbeit herangezogen, dass von hauptberuflicher Beschäftigung gesprochen werden kann, sodass eine nähere Prüfung des Beschäftigungsausmaßes bei Fehlen einer anderen Beschäftigung nicht erforderlich ist. Für dieses Ergebnis sprechen nicht zuletzt auch Gesichtspunkte einer einfacheren Handhabbarkeit des Gesetzes, zumal konkrete Beschäftigungsausmaße von im elterlichen landwirtschaftlichen Betrieb mitarbeitenden Familienangehörigen, die auch im Ablauf der Jahreszeiten durchaus schwanken können, ohne den Vergleichsmaßstab einer anderweitigen Beschäftigung in Ermangelung schriftlicher Aufzeichnungen in aller Regel nur mittels umfangreicher Personalbeweise, d.h. mit unverhältnismäßigem Aufwand und kaum je objektivierbar feststellbar wären.
§ 2 Abs. 7 BSVG lautet: Ob eine Beschäftigung hauptberuflich ausgeübt wird, hängt von ihrem wirtschaftlichen und zeitlichen Umfang ab; sie wird als hauptberuflich ausgeübt vermutet, wenn sie
1. der Bestreitung des Lebensunterhaltes dient oder
2. länger als 20 Stunden pro Woche erfolgt oder
3. mehr Zeitaufwand erfordert als eine weitere gleichzeitig ausgeübte Beschäftigung.
Für die Dauer einer Schul- oder Berufsausbildung - mit Ausnahme einer land(forst)wirtschaftlichen Heimpraxis und Heimlehre - ist die Hauptberuflichkeit jedenfalls ausgeschlossen.
§ 2 Abs. 7 BSVG wurde allerdings erst mit der Novelle BGBl. I Nr. I.2/2015 mit 01.01.2015 in Kraft gesetzt und ist hier - im Rahmen der Beurteilung der Pflichtversicherung - nicht anzuwenden. Im Übrigen ist dort die Heimpraxis und Heimlehre nicht ausgeschlossen.
Die im Bescheid der belangten Behörde zitierte Judikatur des OGH ist nach Auffassung des Gerichtes nicht überzeugend, es wird auf die Judikatur des Höchstgerichtes in Verwaltungssachen der Sozialversicherung abgestellt. Nach dieser war die hauptberufliche Tätigkeit trotz Schulbesuches nicht ausgeschlossen.
Es ist daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Heimlehre am elterlichen Betrieb durchgehend in der Pensionsversicherung der Bauern pflichtversichert war.
4. Zu Spruchpunkt 2.: Frage der Nachentrichtung der Beiträge
4. 1 Gesetzliche Bestimmungen:
§ 39a idF des BGBl. I Nr. 2/2015:
(1) Beiträge zur Pensionsversicherung, die nach § 39 bereits verjährt sind, können nach Maßgabe des Abs. 2 auf Antrag der versicherten Person von dieser nachentrichtet werden, von Pflichtversicherten nach § 2 Abs. 1 Z 1 jedoch nur soweit nicht Beiträge im Sinne des § 33 rückständig sind. Der Antrag ist bis längstens zum Stichtag (§ 104 Abs. 2) beim Versicherungsträger zu stellen, der das Vorliegen der Zeiten der Pflichtversicherung festzustellen und die nachzuentrichtenden Beiträge vorzuschreiben hat. BeitragsschuldnerIn ist die versicherte Person.
(2) Die Nachentrichtung für Zeiten einer Pflichtversicherung als hauptberuflich beschäftigtes Kind, Enkel-, Wahl-, Stief- oder Schwiegerkind in einem land- oder forstwirtschaftlichen oder gleichgestellten Betrieb (§ 27 Abs. 2 ASVG) ist ausgeschlossen, wenn sich diese Zeiten mit Zeiten einer Schul- oder Berufsausbildung decken, die ab dem 1. Jänner 1971 oder später als Ersatzzeiten gegolten haben. Dies gilt nicht, wenn die versicherte Person nachweist, dass ihre persönliche Mitarbeit wegen außergewöhnlicher Umstände zur Aufrechterhaltung des Betriebes während der laufenden Betriebsführung durch die gesetzlich meldepflichtige Person unerlässlich war.
(3) Die nach Abs. 1 vorzuschreibenden Beiträge sind für den Zeitraum ab der ursprünglichen Fälligkeit bis zur Vorschreibung zu vervielfachen, und zwar mit dem Produkt der Aufwertungszahlen nach Anlage 2 zum APG; ab dem Jahr 2006 ist die Reihe dieser Aufwertungszahlen um die Aufwertungszahlen nach § 45 zu ergänzen.
(4) Alle für die Entrichtung von Beiträgen geltenden Bestimmungen gelten auch für die Nachentrichtung verjährter Beiträge, soweit in den Abs. 1 und 2 nichts anderes bestimmt ist; Einbringungsmaßnahmen bei Nichtzahlung der verjährten Beiträge sind ausgeschlossen.
Schlagworte
4.2 Zur Frage, welche Rechtslag anzuwenden ist:
Hinsichtlich der Frage, ob die Nachentrichtung dieser Beiträge möglich ist, damit sie pensionswirksam werden, ist auf § 39a BSVG in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung abzustimmen abzustellen, dies aus folgenden Gründen:
Ob das Recht auf Nachentrichtung nach der Rechtslage vor dem SVAG, BGBl. I Nr. 2/2015, oder in der Fassung dieser Novelle zu prüfen ist, hängt davon ab, ob der Gesetzgeber diesbezüglich eine Übergangsbestimmung geschaffen hat; das ist in diesem Fall zu verneinen.
Im Allgemeinen haben die Verwaltungsgerichte das im Zeitpunkt der Erlassung ihrer Entscheidung geltende Recht anzuwenden (vgl. VwGH vom 24.03.2015, Zl. Ro 2014/09/0066 mwN. Nach dem Erk vom 28.11.1983, Zl. 82/11/0270, ist die anzuwendende Vorschrift in der Hinsicht auszulegen, was der Gesetzgeber intendierte und darauf abzustellen. Nur dann, wenn die Auslegung der Verwaltungsvorschriften ergibt, dass eine vor der Erlassung des Berufungsbescheides bestandene Rechtslage von Bedeutung ist, kommt es nicht auf die Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides an (vgl. VwGH vom 06.05.2004, Zl. 2001/20/0622).
Wie oben angeführt ist nur über die Pflichtversicherung zeitraumbezogen abzusprechen. Bei Auslegung der Novelle ist festzustellen, dass Ziel der Gesetzänderung war, den - günstigen - Erwerb von Pensionsversicherungszeiten nach § 39a ASVG alte Fassung mit sofortiger Wirkung abzustellen. Es ist daher auch im gegenständlichen Fall, in dem der Antrag vor dem 01.01.2015 gestellt wurde, auf die Rechtslage nach dem SVAG abzustellen.
4.3 Im konkreten Fall:
Nach dieser Bestimmung, (§ 39a BSVG) insbesondere nach Abs. 2, ist generell eine Nachentrichtung von Beiträgen für Zeiten einer Schul- und Berufsausbildung, die nach der Rechtslage ab dem 1. Jänner 1971 oder später als Ersatzzeiten gegolten haben, ausgeschlossen.
Dies trifft auf den gegenständlichen Fall zu:
Gemäß § 107 Abs.7 BSVG in der Stammfassung (01.01.1979) und auch in der Fassung im streitgegenständlichen Zeitraum lautete:
Als Ersatzzeiten gelten ferner die Zeiten, in den en nach Vollendung des 15. Lebensjahres eine inländische öffentliche oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestattete mittlere Schule mit mindestens zweijährigem Bildungsgang, eine höhere Schule.
4.4 Zum Vorliegen außergewöhnlicher Umstände bzw. der Unerlässlichkeit der Arbeit zur Aufrechterhaltung des Betriebes
Für das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände sind in der Tätigkeit des Bf keine Hinweise hervorgekommen, auch wenn der schlechte Gesundheitszustand der Mutter eine Erschwerung darstellt; da diese aber nach den Aussagen in der Verhandlung nicht pflegebedürftig war und im Bereich Haushalt ihrer Tätigkeit nachgehen konnte, reicht es für die nach den Erläuterungen eng auszulegende Ausnahmebestimmung nicht aus, um diese zu bejahen. Auch die für die Unerlässlichkeit geforderte strenge Maßstab kann nicht erfüllt werden, als die Tätigkeit des Bf zwar nützlich und hilfreich für den Vater war, aber in den Wintermonaten gelegen waren und damit in den arbeitsärmeren Monaten in der Landwirtschaft.
Für die in § 39 Abs. 2 letzter Satz normierte Ausnahme vom Ausschluss der Nachentrichtung konnten im erhobenen Sachverhalt nicht hinreichende Hinweise festgestellt worden
4.5 Es ist daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer in den streitgegenständlichen Zeitraum zwar der Pflichtversicherung unterlag, dass allerdings ein Recht auf Nachentrichtung der verjährten Beiträge nicht festgestellt werden kann und in dieser Beziehung der Bescheid der SVA der Bauern zu bestätigen ist.
Für die in § 39 Abs. 2 letzter Satz normierte Ausnahme vom Ausschluss der Nachentrichtung konnten im erhobenen Sachverhalt nicht hinreichende Hinweise festgestellt worden
Mit dem Sozialversicherungs-Anpassungsgesetz - SVAG, BGBl. I Nr.2/2015, wurde § 39a BSVG dahingehend geändert, dass eine Nachentrichtung verjährter Beiträge wegen der hauptberuflichen Beschäftigung als Kind (Enkel etc.) dann ausgeschlossen ist, wenn sich diese Zeiten mit Zeiten einer Schul- oder Berufsausbildung decken, die ab dem 01.01.1971 oder später als Ersatzzeiten gegolten haben. Dies gilt nicht, wenn die versicherte Person nachweist, dass ihre persönliche Mitarbeit wegen außergewöhnlicher Umstände zur Aufrechterhaltung des Betriebes während der laufenden Betriebsführung durch die gesetzlich meldepflichtige Person unerlässlich war.
5. Zur behaupteten Verfassungswidrigkeit
5.1 Der Bf hat in der mündlichen Verhandlung vorgebracht, dass der Ausschluss des Bf vom nachträglichen Erwerb von Pensionsversicherungszeiten gleichheitswidrig sei, insbesondere im Hinblick auf die pensionsversicherungsrechtliche Stellung von sonstigen, nicht landwirtschaftlichen Lehrlingen, die nach § Abs. 1 Z 2 ASVG durchgehend Pensionsversicherungszeiten erwerben. Bei Nichtmeldung wäre ein eine Nachentrichtung nach § 68a ASVG möglich.
Es ist dem Bf zuzustimmen, dass dieser Unterschied bestand bzw. besteht.
5.2 Zur Begründung der Gesetzänderung: vgl. Erläuterungen zur Novelle 321 BlgNr XXV.GP, 12:
Laut Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) liegt eine hauptberufliche Beschäftigung in der Land- und Forstwirtschaft auch dann vor, wenn ansonsten keiner weiteren Beschäftigung nachgegangen wird, mit der die Erstgenannte zu vergleichen wäre, da der historische Gesetzgeber von der Annahme ausgehe, auf einem Bauernhof falle immer ausreichend Arbeit an, sodass das zeitliche Kriterium der Hauptberuflichkeit jedenfalls erfüllt sei. Selbst der Besuch einer Schule oder einer Universität ändere nichts an dieser Einschätzung, da ein solcher keine Erwerbstätigkeit im herkömmlichen Sinn darstelle (vgl. u.a. VwGH 7. September 2005, 2001/08/0123 bzw. VwGH 17. Oktober 2012, 2011/08/0064). Da einerseits eine Schul- bzw. Berufsausbildung sowohl bezüglich der Anspruchsberechtigung als Angehörige in der Krankenversicherung (ab 18, vgl. § 107 Abs. 4 BSVG) als auch bezüglich der pensionsrechtlichen Qualifikation als Ersatzzeiten (vgl. § 107 Abs. 7 BSVG, "normaler Ausbildungs(Studien)gang") zur Voraussetzung hat, dass diese Schul- bzw. Berufsausbildung den überwiegenden Teil der Arbeitskraft beansprucht, andererseits auch die Ausübung einer Beschäftigung als "hauptberuflich" ein entsprechendes Überwiegen dieser Beschäftigung indiziert, wird durch diese Judikatur ein grundsätzliches Problem aufgeworfen, das durch die vorgeschlagene gesetzliche Regelung in § 39a BSVG gelöst werden soll. Während sich für den ‚Einkauf' von Schul-, Studien- und Ausbildungszeiten, durch den diese Ersatzzeiten erst für Wartezeit und die Leistungsbemessung wirksam werden (für Zeiten ab 2005: wurde die Ersatzzeitenregelung durch eine nachträgliche Selbstversicherung ersetzt), der pro Monat zu entrichtende Beitrag durch das Budgetbegleitgesetz 2011 erheblich verteuert hat, eröffnet § 39a BSVG die nachträgliche Entrichtung bereits verjährter Beiträge (wenn auch aufgewertet, so doch wesentlich günstiger) auf Basis der seinerzeitigen Beitragshöhe. Voraussetzung dafür ist die behauptete hauptberufliche Beschäftigung im land- bzw. forstwirtschaftlichen Betrieb zumeist des Vaters. Die eingangs erwähnte Judikatur des VwGH verhilft derartigen Behauptungen nahezu lückenlos zum Durchbruch. Da die nachzuentrichtenden Beiträge im direkten Vergleich zu den Kosten eines Schul- bzw. Studienmonats-Einkaufes im Verhältnis 1:10 und mehr stehen, führt dies zu höchst unbilligen Ergebnissen, die auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten bedenklich erscheinen. Dieser überschießenden Entwicklung gilt es gegenzusteuern, ohne die grundsätzliche Intention des § 39a BSVG im Sinne des SVÄG 2005 in Frage zu stellen. Ausgehend von der Überlegung, dass die Anrechnung von Schul- bzw. Studienzeiten als Ersatzzeiten, die erst durch Beitragsentrichtung anspruchs- und leistungsunwirksam werden (ab 2005: im Zuge einer nachträglichen Selbstversicherung) generell die Annahme indiziert, dass während dieser Zeiten die Schule bzw. das Studium den überwiegenden Anteil der Arbeitskraft in Anspruch genommen hat, soll die Nachentrichtung verjährter Beiträge wegen der hauptberuflichen Beschäftigung als Kind (Enkel etc.) dann ausgeschlossen werden, wenn sich diese Zeiten mit Zeiten einer Schul- oder Berufsausbildung decken, die ab dem 1. Jänner 1971 oder später als Ersatzzeiten gegolten haben. Das Abstellen auf den 1. Jänner 1971 hat seine Ursache darin, dass zu diesem Zeitpunkt erstmals auch im bäuerlichen Leistungsrecht derartige Ersatzzeiten eingeführt worden sind. Dem Versicherten soll in diesem Zusammenhang jedoch die Möglichkeit eingeräumt werden, das Gegenteil nachzuweisen, und zwar dass die persönliche Mitarbeit zur Aufrechterhaltung des Betriebes wegen außergewöhnlicher Umstände unerlässlich war. Angesichts des Umstandes, dass ab dem 1. Jänner 2014 im Verwaltungsverfahren vor den Sozialversicherungsträgern das AVG zur Gänze anzuwenden ist und die ausdrückliche Normierung einer einfachgesetzlichen Beweislastregel zu Lasten einer Partei zulässig ist (vgl. Thienel Verwaltungsverfahrensrecht, 5. Auflage, 185), soll damit der versicherten Person die einschlägige Beweisinitiative zufallen. Wenn beispielsweise der Betriebsführer vorzeitig verstorben ist und die ihm in der Betriebsführung nachfolgende Mutter infolge der Ausnahmesituation sowohl arbeitsmäßig überlastet war als auch irrtümlich auf die Anmeldung des Kindes als hauptberuflich beschäftigt vergessen hat, so kann dies bei Hinzutreten zusätzlicher Aspekte wohl derartige "außergewöhnliche Umstände" begründen, die das Gesetz künftig fordert. Dabei ist jedenfalls ein strenger Maßstab anzulegen, bei dem die Größe des Betriebes, ein etwa vorhandener Viehstand, die a priori gegebene betriebswirtschaftliche Unrentabilität infolge fehlender Arbeitskräfte (von Beginn an) oder unternehmerisches Fehlverhalten für sich allein niemals das entscheidende Kriterium bilden können. Gleiches gilt für Umstände, die durch Extremwetterlagen verursacht werden (wie Hochwasser oder Windbruch), da derartige Ereignisse (trotz ihrer Intensität) nur zeitlich begrenzt einwirken."
5.3
Das BVwG geht davon aus, dass der Ausschluss der Nachrichtung für Zeiten, die für den landwirtschaftlichen Schulbesuch, für die erst nachträglich - außerhalb des Verjährungszeitraumes - die Pflichtversicherung festgestellt wird, im Rahmen des rechtspolitischen Spielraumes des Gesetzgebers erfolgte und in den Erläuterungen hinreichend begründet wurde. Wie die belangte Behörde in der mündlichen Verhandlung mitteilte, war es am Betriebsführer gelegen, ob für die Zeit des Schulbesuches in den Wintermonaten eine durchgehende Meldung mit durchgehender Beitragspflicht gemacht wurde oder ob diese unterbrochen wurde. Diese Zeiten stellen Ersatzzeiten dar, die allerdings im geltenden Leistungsrecht der Pensionsversicherung nach § 107 nur für die Wartezeit bei Hinterbliebenenleistungen wirksam sind. Auch wenn man berücksichtigt, dass Wert der Ersatzzeiten durch die Änderungen im Leistungsrecht (vgl. § 107 Abs. 7 und Abs. 8 BSVG in der derzeit geltenden Fassung) abgenommen hat, ist der Ausschluss der Nachentrichtung noch im Rahmen des rechtspolitischen Spielraums des Gesetzgebers.
Wenn eine gesetzliche Regelung eine Härte für einen Einzelfall darstellt, ist damit noch nicht ihre Gleichheitswidrigkeit gegeben.
Zu B) Zur Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Pensionsversicherung, Pflichtversicherung, Rechtslage, Schulbesuch,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W178.2017853.1.00Zuletzt aktualisiert am
07.02.2019