TE OGH 2019/1/17 6Ra72/18g

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Veröffentlicht am 17.01.2019
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Das Oberlandesgericht Graz als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen hat durch den Senatspräsidenten Dr.Bott (Vorsitz) sowie die Richterinnen Dr.Kraschowetz-Kandolf und Maga.Gassner als weitere Senatsmitglieder in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei *****, im Rekursverfahren nicht vertreten, gegen die beklagte Partei *****, vertreten durch *****, *****, wegen Kosten (Rekursinteresse EUR 61,38), über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom 21.November 2018, 33 Cga 102/17v-26, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs, dessen Kosten die Rekurswerberin selbst zu tragen hat, wird nicht Folge gegeben.

Ein Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

begründung:

Mit Urteil vom 23.August 2018 (ON 23) wies das Erstgericht das auf Bezahlung eines Betrages von EUR 10.200,00 sA gerichtete Klagebegehren ab und verpflichtete den Kläger unter anderem zum Ersatz der mit EUR 5.881,68 inklusive USt bestimmten Verfahrenskosten der Beklagten. Dieses Urteil wurde den Parteien am 17.Oktober 2018 zugestellt.

Mit ihrem beim Erstgericht am 20.November 2018 eingelangten Antrag begehrt die Beklagte die Übermittlung einer mit Rechtskraft und Vollstreckbarkeitsbestätigung versehenen Urteilsausfertigung und gleichzeitig die Verpflichtung des Klägers zum Ersatz der mit EUR 61,38 nach TP 1 RATG verzeichneten Antragskosten.

Sie begründet dies damit, sie habe an der Ausstellung der begehrten Bestätigung ein rechtliches Interesse, zumal sie nur mit dieser das Exekutionsverfahren gegen den Kläger einleiten könne. Dieser sei im gegenständlichen Rechtsstreit zum Kostenersatz verpflichtet worden und habe keine Zahlung geleistet, womit sich der Antrag als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich erweise.

Vom Erstgericht wurde am 20.November 2018 die Bestätigung der Rechtskraft und Vollstreckbarkeit erteilt (Seite 1 der ON 23/AS 143 oben).

Mit dem angefochtenen Beschluss weist das Erstgericht den gestellten Antrag auf Kostenersatz ab.

In der Judikatur werde einhellig die Auffassung vertreten, dass das Verfahren über die Bestätigung der Vollstreckbarkeit wie auch über die Aufhebung derselben ein vom Ausgang des Titelverfahrens unabhängiges selbständiges Verfahren sei, in dem jede Partei ihre Kosten selbst zu tragen habe und eine Kostenersatzpflicht erst dann entstehe, wenn über die Erteilung oder Aufhebung der Vollstreckbarkeit ein Zwischenstreit eintrete. Damit komme dem Begehren der Beklagten auf Kostenersatz keine Berechtigung zu.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs der Beklagten aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung in Zuspruch der begehrten Antragskosten.

Der Kläger hat sich am Rekursverfahren nicht beteiligt.

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Beklagte hält in ihrem Rechtsmittel an ihrer Rechtsauffassung fest, der gestellte Antrag auf Übermittlung einer mit Rechtskraft und Vollstreckbarkeitsbestätigung versehenen Urteilsausfertigung sei für die exekutive Durchsetzung ihrer Kostenforderung aus der genannten Entscheidung unabdingbare Voraussetzung, erweise sich damit als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig und löse demzufolge eine Kostenersatzpflicht ihres Verfahrensgegners aus.

Diesem Argument kann nicht gefolgt werden.

Der in der Exekutionsordnung vorausgesetzten Bestätigung der Rechtskraft und Vollstreckbarkeit einer gerichtlichen Entscheidung kommt nach ständiger höchstgerichtlicher Judikatur Beschlusseigenschaft zu. Bei der Rechtskraftbestätigung handelt es sich um einen nicht der Rechtskraft fähigen (§ 7 Abs 3 EO), mit Rekurs nicht anfechtbaren Beschluss, der in der Regel in der Form der „Vollstreckbarkeitsklausel“ ausgefertigt wird. Nach § 150 Abs 3 iVm Abs 1 Geo kann die Bestätigung der Rechtskraft nur erteilt werden, wenn das Entscheidungsorgan ihre Voraussetzungen geprüft hat. So ist etwa bei der Bestätigung der Rechtskraft der Zustellvorgang zu überprüfen, insbesondere, ob eine gesetzmäßige Zustellung der Entscheidung an die Verfahrensparteien erfolgt ist (RIS-Justiz RS0001583; 1 Ob 199/15v mzwN). Gegenstand der Vollstreckbarkeitsbestätigung ist der rein verfahrensrechtliche Umstand der formellen Vollstreckbarkeit, die dann gegeben ist, wenn der Exekutionstitel einerseits prozessual wirksam geworden ist und andererseits gegen ihn kein die Vollstreckbarkeit hemmender Rechtszug mehr offen steht; damit bedeutet diese Bestätigung auch, dass die Leistungsfrist, deren Beginn sich aus dem Titel allein nicht ergibt, verstrichen ist (RIS-Justiz RS0119666, RS0000188; 4 Ob 16/10x uva).

Das Argument der Rekurswerberin, wonach sich ihr Kostenersatzanspruch schon allein daraus ableiten ließe, dass sie die begehrte Bestätigung für das Vollstreckungsverfahren benötige und sich damit ihr Antrag als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erweise, muss erfolglos bleiben. Es trifft zwar zu, dass nach den Regeln der Zivilprozessordnung die Kostenersatzpflicht des unterliegenden Prozessgegners ganz entscheidend daran anknüpft, dass sich Verfahrenshandlungen als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig erweisen, jedoch ist für die Rekurswerberin damit nichts gewonnen, da einerseits im Titelverfahren nicht jede Verfahrenshandlung, mag sie auch zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sein, jedenfalls einen Kostenersatzanspruch gegenüber dem Prozessgegner auslöst, und andererseits ein Kostenersatzanspruch an den Besonderheiten des gegenständlichen Verfahrens scheitert.

Es entspricht ganz herrschender Auffassung, dass sowohl die Erteilung der Vollstreckbarkeitsbestätigung als auch deren Aufhebung nicht Akte des Exekutionsverfahrens, sondern Akte der Fortsetzung des titelgerichtlichen Verfahrens sind, weshalb sich das Verfahren nach den Bestimmungen über das titelgerichtliche Verfahren richtet. Ein Kostenzuspruch kommt demnach nur dann in Betracht, wenn es die Regeln des Titelverfahrens gestatten (OLG Graz zu 7 Ra 52/06f = RIS-Justiz RG0000045 mzwN). Schon das Erstgericht hat zutreffend darauf verwiesen, dass das Verfahren über die Bestätigung der Vollstreckbarkeit wie auch über die Aufhebung derselben nach ganz einhelliger Judikatur ein vom Ausgang des Titelverfahrens unabhängiges selbständiges Verfahren ist, in welchem jede Partei ihre Kosten selbst zu tragen hat und eine Kostenersatzpflicht erst dann entsteht, wenn über die Erteilung oder Aufhebung der Vollstreckbarkeit ein Zwischenstreit eintritt (OLG Wien zu 7 Ra 58/11t; RIS-Justiz RG0000045 je mwN; OLG Wien zu 1 R 208/16i; LGZ Wien zu 39 R 161/05y = MietSlg. 57.610; ua).

Entscheidend ist somit für die Kostenersatzpflicht, ob eine kontradiktorische Situation vorliegt, ob also eine Verfolgung „entgegengesetzter Interessen“ durch die Parteien stattfindet oder nicht, was grundsätzlich auch für an sich einseitige Antragsverfahren gilt (vgl zum Grundbuchs- und Firmenbuchsverfahren 1 Ob 56/10g; LG Klagenfurt zu 1 R 27/12h ua).

Auch das Verfahren über den Antrag auf Aufhebung der Bestätigung der Rechtskraft und der Vollstreckbarkeit ist zwar in § 7 Abs 3 EO geregelt, wird jedoch im Titelverfahren geführt, womit der Kostenersatz – wie ausgeführt – den dortigen Regeln und nicht jenen der EO folgt. Unter der Voraussetzung eines aktiven Entgegentretens des Prozessgegners liegt ein (sukzessiver) Zwischenstreit vor, ansonsten jedoch ein einseitiges Antragsverfahren ohne Kostenersatzpflicht (vgl dazu Obermaier, Kostenhandbuch4, Rz 1.536 mzwN aus der Judikatur). Solange nur ein Antrag einer Partei auf Aufhebung der dem erstinstanzlichen Urteil erteilten Vollstreckbarkeitsbestätigung, der abweisende Beschluss des Erstgerichts und der Rekurs der antragstellenden Partei vorliegt, ist nur diese eine Partei am Verfahren beteiligt; dann liegt auch kein Zwischenstreit vor. Diese Partei hat in diesem Fall die Antragskosten und auch die Kosten ihres erfolgreichen Rekurses selbst zu tragen (Obermaier, Kostenhandbuch2, Seite 160 mwN; OLG Linz zu 1 R 182/06z).

Ein solcher Zwischenstreit liegt im vorliegenden Fall jedenfalls nicht vor, da der Kläger einerseits zum Antrag der Beklagten gar nicht gehört wurde, diesem auch nicht entgegentreten ist und sich auch am Rekursverfahren nicht widerstreitend beteiligt hat. Wenn nach der dargestellten Judikatur und Lehre ein Kostenersatz zufolge Einseitigkeit selbst bei einem erfolgreichen Rekurs nicht in Betracht kommt, muss dies umso mehr für den Fall gelten, dass sich das diesbezügliche Verfahren in einem bloßen Antrag auf Erteilung der Bestätigung durch die siegreiche Prozesspartei erschöpft.

Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg auf die von ihr zitierte Entscheidung 16 R 43/17m des OLG Wien berufen, lag dieser doch ein Antrag eines Beklagten auf Übermittlung einer (lediglich) rechtskräftigen Urteilsausfertigung zugrunde, den das Erstgericht honorierte, und sich der Kläger gar nicht gegen die Entlohnung des Antrags selbst aussprach, sondern nur ausführte, dieser Antrag sei zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung wegen noch nicht abgelaufener Leistungsfrist nicht notwendig gewesen, was zweifellos – wie ausgeführt – die Frage der Vollstreckbarkeit, nicht aber jene der Rechtskraft betrifft, wovon auch das OLG Wien ausgegangen ist.

Das Erstgericht hat demnach der Beklagten zutreffend einen Kostenersatzanspruch versagt, weshalb dem Rekurs ein Erfolg zu versagen ist.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 40, 50 Abs 1 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG.

Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Rekurses beruht auf § 528 Abs 2 Z 3 ZPO.

Oberlandesgericht Graz, Abteilung 6

Textnummer

EG00156

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OLG0639:2019:0060RA00072.18G.0117.000

Im RIS seit

07.02.2019

Zuletzt aktualisiert am

07.02.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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