Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin L*****, vertreten durch Mag. Helmut Kunz, Rechtsanwalt in Linz, gegen den Antragsgegner G*****, vertreten durch Dr. Walter Müller und andere, Rechtsanwälte in Linz,
wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz als Rekursgericht vom 4. Juli 2018, GZ 15 R 205/18z-320, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Freistadt vom 3. April 2018, GZ 1 Fam 13/09k-316, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die
Revisionsrekursbeantwortung wird zurückgewiesen.
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen, die im Umfang der Abweisung des Antrags der Antragstellerin auf Aufteilung der in Punkt 1 des erstgerichtlichen Beschlusses genannten Vermögensgegenstände sowie des Antrags des Antragsgegners auf Löschung eines Belastungs- und Veräußerungsverbots (Punkt 2 des erstgerichtlichen Beschlusses) in Rechtskraft erwachsen sind, werden im Übrigen aufgehoben. Dem Erstgericht wird die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.
Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Die am 24. 1. 1987 geschlossene Ehe der Parteien wurde mit Urteil vom 9. 1. 2009 aus beiderseitigem Verschulden geschieden. Der Ehe entstammt ein volljähriger Sohn. Die eheliche Lebensgemeinschaft ist seit 2. 10. 2007 aufgelöst.
Der Mann war bei Eheschließung vermögender Unternehmer (Import und Export von Wildfleisch). Er verfügte über ein Privatvermögen von rund 3 Mio EUR. Das (zuletzt offenbar in der Rechtsform einer GmbH betriebene) Unternehmen des Mannes lief bis rund neun Monate nach Eheschließung gut, dann verschlechterte sich die Situation. Innerhalb von zwei bis drei Jahren waren stille Reserven verbraucht und ab 1995 kam es zu hohen Verlusten. Dennoch erfolgten private Entnahmen aus dem Unternehmen, wodurch sich das negative Eigenkapital weiter erhöhte. Insgesamt verringerte sich das Unternehmensvermögen während der Ehe konstant „bzw wurde es verbraucht“. Ab 2000 wurden Bankverbindlichkeiten des Unternehmens in Höhe von ca 15 Mio ATS abgebaut. 2004 wurde das Unternehmen zur Hälfte von einem Dritten übernommen, an den 2005 auch die verbleibenden Geschäftsanteile übertragen wurden. Der Mann erhielt im Zuge dieser Unternehmensveräußerung 101.000 EUR als Abgeltung für – im Rahmen seiner Geschäftsführertätigkeit erworbene – nicht übernommene Pensionsansprüche, 11.000 EUR „für eine Abfertigung“ und weitere 33.000 EUR „für verschiedene Themen“ (offenbar handelt es sich dabei jeweils um Nettobeträge; eindeutig lässt sich dies den Feststellungen aber nicht entnehmen). Er hatte in den Jahren 2002 und 2003 (zu seinem Einkommen vor 2003 traf das Erstgericht keine Feststellungen) ein jährliches Geschäftsführergehalt von rund 46.000 EUR brutto bezogen und bezieht seither jährlich rund 35.000 EUR brutto („primär“ an Pension). Die Frau bezieht eine „Mindestpension“. Sie hatte zuvor im Unternehmen des Mannes mitgearbeitet und dabei monatlich 450 EUR verdient.
Zum Vermögen der Parteien traf das Erstgericht (soweit in dritter Instanz noch relevant) folgende Feststellungen: Ein vom Mann während der Ehe bei der *****bank angelegtes Sparbuch wies bei Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft ein Guthaben von rund 196.000 EUR auf. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Betrag aus dem Unternehmen des Mannes stammte oder (sonst) in die Ehe eingebracht wurde. Auf das Sparbuch hatte er seine aus Anlass der Unternehmensveräußerung ausbezahlte Pensionsabfertigung von rund 101.000 EUR sowie weitere (insgesamt) 100.000 EUR aus zwei während der Ehe abgeschlossenen Lebensversicherungen einbezahlt. Dass diese Versicherungen aus vorehelichen Ersparnissen angespart wurden, konnte nicht festgestellt werden. Das Sparbuch wurde im März 2007 (also nach Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft) realisiert und es wurden jeweils rund 100.000 EUR auf zwei anderen Sparbüchern wiederveranlagt. Dass die rund 200.000 EUR von diesen Sparbüchern aus dem Unternehmen des Mannes stammten oder in die Ehe eingebracht wurden, konnte nicht festgestellt werden.
Zum Wertpapierdepot bei der S***** konnte zwar nicht festgestellt werden, dass es bei Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft vorhanden war; allerdings wurde es aus dem Erlös eines anderen (aufgelösten) Wertpapierdepots dotiert, das zu diesem Zeitpunkt ein Guthaben von rund 139.000 EUR aufgewiesen hatte. Dass dieser Betrag aus vorehelichem Vermögen des Mannes stammte, konnte nicht festgestellt werden, weshalb das Erstgericht von einer Vermögensbildung während aufrechter Ehe ausging.
1990 kauften der Mann drei Viertel und die Frau ein Viertel einer Liegenschaft in ***** samt in Bau befindlichem Wohnhaus (Rohbau), das den Ehegatten nach Fertigstellung als Ehewohnung diente. 1991 wurden sämtliche Anteile an dieser Liegenschaft – durch vom Erstgericht näher festgestellte Transaktionen und um einen Zugriff der Gläubiger darauf zu verhindern – an die Frau übertragen, die seitdem Alleineigentümerin ist. Zu Gunsten des Mannes wurde auf der Liegenschaft ein Belastungs- und Veräußerungsverbot einverleibt. Die Kosten für den Ankauf der Liegenschaft betrugen 2 Mio ATS, die Gesamtkosten einschließlich der Fertigstellung des Rohbaus rund 4 Mio ATS. Die Finanzierung erfolgte in Höhe von 600.000 ATS mit Eigenmitteln der Parteien, deren Herkunft nicht festgestellt werden konnte, im Übrigen (also hinsichtlich der verbleibenden 3,4 Mio ATS) mit zwei Krediten. Dass der Liegenschaftskaufpreis alleine oder überwiegend aus vorehelichen Mitteln bezahlt wurde, konnte nicht festgestellt werden. Die Tilgung der Kredite erfolgte „insbesondere“ durch Entnahmen aus dem Unternehmen des Mannes, zum Teil auch durch während der Ehe angesparte Bausparverträge und Mieteinnahmen aus einer Wohnung in W*****. Die Kredite für das Haus wurden „letztlich“ durch Entnahmen aus der Firma getilgt (was ab 1995 zu hohen Verlusten durch Entnahmen führte). Dass die Frau wesentlich mit eigenem Vermögen an der Rückzahlung der für die Liegenschaft aufgenommenen Kredite mitwirkte, konnte nicht festgestellt werden. Der Wert der Liegenschaft betrug bei Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz rund 318.000 EUR. Mit Beschluss vom 10. 2. 2010 wurde der Mann von der Ehewohnung weggewiesen. Er wohnt seitdem in einer Mietwohnung. Das Inventar soll nach dem Parteiwillen derjenige bekommen, der das Haus (die Ehewohnung) erhält.
1995 erwarben die Parteien eine Wohnung in W***** (einschließlich der Einrichtung) um 800.000 ATS, wobei dieser Betrag zur Hälfte von der Antragstellerin stammte. Woher die Parteien das Geld nahmen, konnte ebensowenig festgestellt werden, wie dass das Geld aus vorehelichem Vermögen der Parteien stammte oder die Frau es von Dritten geschenkt bekam. Aufgrund einer vom Mann
– allerdings zur Übertragung an den gemeinsamen Sohn –erteilten Vollmacht übertrug sich die Frau die Wohnung 2004 zur Gänze und räumte ihrer Mutter ein lebenslanges Nießbrauchsrecht ein. Dass der Mann dem zustimmte, konnte nicht festgestellt werden. Nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft tauschte die Frau die Wohnung gegen eine Wohnung ihrer Mutter (offenbar in derselben Wohnhausanlage). Eine Zustimmung des Mannes konnte wiederum nicht festgestellt werden.
Das Erstgericht wies den Antrag der Frau auf Aufteilung bestimmter, in dritter Instanz nicht mehr relevanter Vermögenswerte ab; ebenso den Antrag des Mannes auf Löschung von auf zwei nicht der Aufteilung unterliegenden Liegenschaften zugunsten der Frau einverleibten Belastungs- und Veräußerungsverboten. Dies wurde nicht bekämpft. Die Liegenschaft mit der Ehewohnung wies das Erstgericht ebenso wie das Inventar der Frau zu und sprach aus, dass das zugunsten des Mannes an dieser Liegenschaft eingetragene Belastungs- und Veräußerungsverbot gelöscht wird. Die verbliebenen Vermögensgegenstände sprach das Erstgericht demjenigen zu, auf den diese „lauten“ würden, sodass insbesondere die Wohnung in W***** der Frau und auf den Mann lautende Bankguthaben diesem verbleiben. Der Frau wurde – Zug um Zug gegen Löschung des zugunsten des Mannes einverleibten Belastungs- und Veräußerungsverbots an der Ehewohnung –eine Ausgleichszahlung in Höhe von 39.800 EUR auferlegt.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Mannes teilweise Folge und änderte den angefochtenen Beschluss dahin ab, dass die Ausgleichszahlung mit 100.000 EUR festgesetzt und die grundbücherliche Durchführung der Löschung des an der Liegenschaft samt Ehewohnung bestehenden Belastungs- und Veräußerungsverbots (erst) nach Zahlung des Ausgleichsbetrags angeordnet wurde. Im Übrigen gab es dem Rekurs nicht Folge. Rechtlich ging das Rekursgericht – soweit in dritter Instanz noch relevant – davon aus, dass der Tilgung der für die Ehewohnung aufgenommenen Kredite durch Entnahmen aus dem bereits vor der Ehe bestehenden Unternehmen des Mannes eine schlüssige Umwidmung in eheliche Ersparnisse zugrunde gelegen sei und diese (Tilgungs-)Beträge daher in die Aufteilungsmasse fielen. Die Liegenschaft mit der Ehewohnung sei der Frau zuzuteilen, die bereits Eigentümerin und auf diese eher angewiesen sei, als der 2010 weggewiesene und (anderweitig) „wohnversorgte“ Mann, der außerdem über eine höhere Pension verfüge. Den in der zuletzt alleinigen Nutzung der Ehewohnung bestehenden Vorteil (ersparte Mietzinsaufwendungen) müsse sich die Frau nicht anrechnen lassen. Die Wohnung in W***** falle zur Gänze in die Aufteilungsmasse. Das ob dieser Wohnung ohne Zustimmung des Mannes zugunsten der Mutter der Frau eingetragene Nießbrauchsrecht sei wertmäßig nicht zu berücksichtigen. Dass zum Wert der Wohnung kein aktuelles Gutachten eingeholt wurde, begründe keinen Verfahrensmangel, zumal eine Internetrecherche gleichbleibende oder sinkende Immobilienpreise in Polen seit 2010 ergeben hätten. Das Sparbuch bei der *****bank falle zur Gänze – auch hinsichtlich der Pensionsabfertigung – in die Aufteilungsmasse; ebenso das Wertpapierdepot bei der S*****. Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs aufgrund der Einzelfallbezogenheit der Entscheidung nicht zulässig sei.
Die der Frau freigestellte Revisionsrekurs-
beantwortung ist als
verspätet zurückzuweisen. Gemäß § 23 Abs 1
AußStrG ist § 222 ZPO im Außerstreitverfahren nicht anzuwenden, weshalb in diesem Verfahren keine Hemmung des Fristenlaufs nach dieser Bestimmung stattfindet (vgl auch RIS-Justiz RS0108631). Da dem Rechtsvertreter der Frau die Mitteilung des Obersten Gerichtshofs nach § 68 Abs 3 Z 3 AußStrG am 24. 12. 2018 zugestellt wurde, war die mit diesem Zeitpunkt zu laufen beginnende 14-tägige Frist des § 68 Abs 1 Satz 2 AußStrG für die Beantwortung des Revisionsrekurses bei ihrer Einbringung am 16. 1. 2019 bereits abgelaufen.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen die Entscheidung des Rekursgerichts erhobene Revisionsrekurs des Mannes ist zulässig und im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags auch berechtigt.
1. Vorauszuschicken ist, dass der von den Vorinstanzen zugrunde gelegte „Aufteilungsschlüssel“ von
1 : 1 in dritter Instanz nicht bekämpft wird.
2.1. Der Revisionsrekurswerber argumentiert, dass das Sparbuch bei der *****bank aus seinen vorehelichen (unternehmerischen) Mitteln gespeist worden sei und daher nicht der Aufteilung unterliege. Dabei übersieht er, dass zu den aus zwei Lebensversicherungen stammenden Einzahlungen auf dieses Sparbuch in Höhe von (insgesamt) rund 100.000 EUR gerade nicht festgestellt werden konnte, dass diese Versicherungen aus seinen vorehelichen Ersparnissen angespart wurden. Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass der nach Realisierung des genannten Sparbuchs im März 2013 auf zwei anderen Sparbüchern (wieder-)veranlagte Betrag von rund 200.000 EUR (in dem nach wie vor die Auszahlungen aus den beiden Lebensversicherungen enthalten waren) aus seinem Unternehmen stammte. Auch mit der Behauptung, ein Teil des angesparten Betrags (nämlich 11.000 EUR und 33.000 EUR) stamme aus dem Verkauf seines Unternehmens, setzt sich der Revisionsrekurswerber über die erstinstanzlichen Feststellungen hinweg, aus denen sich nur ergibt, dass 100.000 EUR aus zwei Lebensversicherungen und weitere rund 100.000 EUR aus einer Pensionsabfindung auf das Sparbuch einbezahlt wurden. Dass der Mann weitere (insgesamt) 44.000 EUR aus dem Unternehmensverkauf lukrierte, lässt keinen Schluss darauf zu, dass er diesen Betrag – was nicht feststeht – auf das genannte Sparbuch einbezahlte.
2.2. Die auf das Sparbuch einbezahlte Abgeltung seiner Pensionsansprüche unterliegt entgegen der Ansicht des Rekursgerichts nicht der Aufteilung. In der Entscheidung wertete der Oberste Gerichtshof ein während der Ehe vorzeitig ausbezahltes Pensionskapital zwar als Bestandteil der Aufteilungsmasse, weil die Auszahlung (dort) deshalb erfolgt sei, um für beide Ehegatten der Vermögensveranlagung dienende Vermögenswerte anzuschaffen (und nicht, um die Versorgung des pensionsberechtigten Ehegatten zu gewährleisten). Zu wurden hingegen unter Berufung auf Vorjudikatur (6 Ob 22/98y; 6 Ob 85/02a) Pensions-
abfindungen wie Gehaltsvorschüsse behandelt, die schon deshalb nicht als eheliche Ersparnisse anzusehen seien, weil ihnen die Rückzahlungsverpflichtung gegenüberstehe, sodass nichts in die Aufteilungsmasse fallen könne; der Rückzahlungsverpflichtung beim Gehaltsvorschuss entspreche die Pensionsreduktion bei der Pensionsvorauszahlung. Wollte man diese in die Aufteilungsmasse einbeziehen, würde der Empfänger der Vorauszahlung um beträchtliche Teile des Äquivalents für seinen späteren Konsumverzicht gebracht und der Ehepartner im Umweg über die Abfindung an künftigen Pensionseinkünften in größerem Umfang partizipieren, als dies allfälligen Unterhaltsansprüchen entspräche. Eine solche Teilhabe an während der Ehe erworbenen und realisierten Pensionsanwartschaften sei der österreichischen Rechtsordnung fremd. Eine andere Betrachtungsweise könnte nur angebracht sein, wenn die Pensionsabfindung beträchtliche Zeit vor Aufhebung der Ehegemeinschaft erlangt worden wäre. Hätte der durch die auf die Abfindung folgende Pensionsreduktion bewirkte Konsumverzicht beider Ehegatten nämlich einen nicht unerheblichen Zeitraum betroffen, könne es der Billigkeit entsprechen, den anderen angemessen am Abfindungsbetrag teilhaben zu lassen. In diesem Sinn sei auch das Erkenntnis 2 Ob 18/00m zu sehen, in dem die Auszahlung eines Teils des Pensionskapitals rund 13 Jahre vor der Scheidung erfolgte, um damit der gemeinsamen Vorsorge dienende Vermögenswerte anzuschaffen.
Im vorliegenden Fall wurden mit der Pensionsabfertigung des Mannes keine der gemeinsamen Vorsorge dienende Werte angeschafft, sondern diese wurde bloß auf ein Sparbuch „gelegt“. Die Frau war aufgrund der nur rund zwei Jahre vor Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft erfolgten Auszahlung der Pensionsabfindung auch zu keinem längeren Konsumverzicht veranlasst. Eine Einbeziehung des Abfertigungsbetrags in die Aufteilungsmasse aus Billigkeitserwägungen wäre daher nicht gerechtfertigt.
3.1. Das Wertpapierdepot bei der S*****, zu dem nicht feststeht, ob es bei Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft bereits vorhanden war, wurde aus einem anderen (aufgelösten) Wertpapierdepot gespeist. Das Erstgericht konnte nicht feststellen, woher die darauf befindlichen Beträge und dass diese aus vorehelichem Vermögen des Mannes stammten. Es ging daher von einer Vermögensbildung während aufrechter Ehe aus.
3.2. Der Revisionsrekurswerber hält dem entgegen, dass diese Feststellung denkunmöglich sei, weil er vor Eheschließung über beträchtliches Vermögen verfügt und während der Ehe keine Ersparnisse bilden habe können. Es widerspreche jeder Logik, dass „nebenbei“ (also nicht aus seinem Unternehmen und vorehelichem Privatvermögen) eheliches Vermögen geschaffen worden sei. Ein – mit Rechtsrüge geltend zu machender – Verstoß gegen Denkgesetze liegt aber nur vor, wenn ein logisch unmöglicher Schluss gezogen wurde (RIS-Justiz RS0043356&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False"> [T3]). Eine derartige „Denkunmöglichkeit“ zeigt der Revisionsrekurs-
werber nicht auf. Ihm ist vielmehr zu entgegnen, dass jedes Vermögen Veränderungen unterliegt und durch einen entsprechenden Lebensstil oder durch wirtschaftlichen Misserfolg vermindert werden kann, sodass es nicht zwangsläufig – worauf der Revisionsrekurs offenbar abzielt –in anderen Vermögenswerten aufgehen muss. Dass das Rekursgericht implizit festgestellt habe, dass das Wertpapierdepot aus vorehelichem Vermögen des Mannes stamme, ist unrichtig. Soweit der Revisionsrekurswerber in Wahrheit – wie etwa seine Bezugnahme auf das eingeholte Sachverständigengutachten zeigt – die erstinstanzliche Beweiswürdigung bekämpft, ist dies in dritter Instanz ausgeschlossen, weil der Oberste Gerichtshof auch im Außerstreitverfahren nur Rechts- und nicht Tatsacheninstanz ist (RIS-Justiz RS0006379 [T1; T4]). Der behauptete, aus angeblichen Widersprüchen des angefochtenen Beschlusses abgeleitete, zweitinstanzliche Verfahrensfehler liegt nicht vor.
4.1. Der Revisionsrekurswerber geht ebenso wie die Vorinstanzen davon aus, dass die während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft angeschaffte Liegenschaft samt dem als Ehewohnung genutzten Haus der Aufteilung unterliegt. Er wendet sich aber gegen eine Zuweisung an die Frau, weil die für den Ankauf der Liegenschaft und die Fertigstellung des Hauses aufgenommenen Kredite zu rund 95 % mit seinem bereits vor Eheschließung bestehenden (unternehmerischen) Vermögen getilgt wurden. Diese vorehelichen Beiträge hätten zumindest wertverfolgend berücksichtigt werden müssen.
4.2. Der Fachsenat sprach in seiner Entscheidung zu 1 Ob 262/15h aus, dass auch eingebrachtes unternehmerisches Vermögen gemäß § 82 Abs 1 Z 1 EheG von der Aufteilung auszunehmen ist, wenn es – etwa wegen seines geringen Wachstums während aufrechter ehelicher Gemeinschaft – noch als eingebracht gelten kann. Es sei kein Grund ersichtlich, aus dem ein Ehepartner schlechter gestellt sein sollte, nur weil das von ihm eingebrachte Vermögen ein Unternehmen ist (zustimmend Gitschthaler, Aufteilungsrecht² Rz 372 Rn 6). In der genannten Entscheidung war ein Fall zu beurteilen, in dem eine Liegenschaft während der Ehe aus dem Verkaufserlös eines in die Ehe eingebrachten Unternehmens finanziert worden war. Da ein Auf- oder Ausbau des Unternehmens mit ehelichen Mitteln nicht ersichtlich gewesen sei und dessen Wert weder durch Arbeitsleistungen noch durch Investitionen während der Ehe gesteigert wurde, falle der Erlös aus dem Unternehmen (der kein „Gewinn“ sei, sondern sich aus dem Verkauf ergebe)
– bzw dessen Surrogat – nicht per se in die Aufteilungsmasse. Vielmehr komme – mangels klarer Umwidmung in eheliche Ersparnisse – das Surrogationsprinzip zur Anwendung. Dem liegt – wie der Fachsenat zu 1 Ob 188/16b aussprach – der Gedanke zu Grunde, dass nur ein auf eheliche Beitragsleistungen (Arbeitsleistungen oder finanzielle Investitionen) oder einer während der Ehe erfolgten Tilgung des vorehelich aufgenommenen Kredits mit während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft erwirtschafteten Mitteln beruhender Wert(-zuwachs) in die Aufteilung einzubeziehen ist.
4.3. Der vorliegende Sachverhalt ist mit dem der Entscheidung 1 Ob 262/15h zugrunde liegenden Fall grundsätzlich vergleichbar, weil auch hier während der ehelichen Lebensgemeinschaft Mittel (zur Kredittilgung) aufgewandt wurden, die aus einem bereits vor Eheschließung bestehenden Unternehmen eines Ehegatten stammten, dessen Substanz sich in diesem Zeitraum nicht nur nicht erhöht, sondern konstant verringert hat. Die Tilgung der für den Erwerb der Liegenschaft und die Fertigstellung des als Ehewohnung dienenden Hauses aufgenommenen Kredite erfolgte daher – soweit sie durch Entnahmen aus dem Unternehmen des Mannes finanziert wurden – aus vorehelichen Mitteln iSd § 82 Abs 1 Z 1 EheG. Soweit ein dieser Bestimmung unterliegendes Vermögen zur Anschaffung ehelichen Gebrauchsvermögens (etwa durch entsprechende tatsächliche Verwendung) gewidmet wird, verliert es zwar seine besondere aufteilungsrechtliche Eigenschaft iSd § 82 EheG (RIS-Justiz RS0057298&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False">). Allerdings ist es bei der Aufteilung zugunsten des Einbringenden „wertverfolgend“ zu berücksichtigen (RIS-Justiz RS0057490&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False">). Der Vermögensteil ist demnach vor Ermittlung der Ausgleichszahlung mit seinem noch vorhandenen Wert von der Aufteilungsmasse abzuziehen und dem Begünstigten vorweg zuzuweisen (vgl jüngst etwa 1 Ob 64/18w; 1 Ob 89/18x). Es würde dem Grundgedanken der gerechten Verteilung des während der ehelichen Lebensgemeinschaft geschaffenen Vermögens widersprechen, einen Ehegatten (zumindest wertmäßig) auch an solchen Vermögensbestandteilen partizipieren zu lassen, die der andere iSd § 82 Abs 1 Z 1 EheG in die Ehe eingebracht hat (1 Ob 10/18d).
4.4. Für den vorliegenden Fall folgt daraus, dass dem Mann die mit seinen vorehelichen (unternehmerischen) Mitteln vorgenommene Wertschöpfung durch Kredittilgungen im Sinne dieser Rechtsprechung rechnerisch vorab zuzuweisen ist. Auf welchen Teil der Rückzahlungen in Höhe von insgesamt 3,4 Mio ATS dies zutrifft, kann den Feststellungen allerdings nicht klar entnommen werden. Die Sachverhaltsgrundlage ist daher ergänzungsbedürftig und eine Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen und die Zurückverweisung der Rechtssache an die erste Instanz zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung erforderlich. Ausgenommen von der Aufhebung bleibt der unbekämpft gebliebene Teil der erstinstanzlichen Entscheidung (Abweisung des Aufteilungsbegehrens der Frau hinsichtlich einzelner Vermögenswerte und des Antrags des Mannes auf Löschung eines Belastungs- und Veräußerungsverbots ob nicht der Aufteilung unterliegenden Liegenschaften).
4.5. Im fortgesetzten Verfahren wird auch die Frage der Zuweisung der (unstrittig der Aufteilung unterliegenden) Ehewohnung neu zu beurteilen sein. Auf Basis der von den Vorinstanzen angenommenen, unbekämpft gebliebenen Aufteilungsquote von 1 : 1 und sohin grundsätzlich gleich gewichteter ehelicher Beiträge entspricht es – wovon die Vorinstanzen zutreffend ausgingen – zwar grundsätzlich der Billigkeit, die Ehewohnung demjenigen zu überlassen, der darauf mehr angewiesen ist (RIS-Justiz
RS0057733), wobei die jedem Ehegatten zur Befriedigung seines Wohnbedürfnisses sonst zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu berücksichtigen sind (RIS-Justiz RS0057952). Sollte sich im fortgesetzten Verfahren ergeben, dass die Liegenschaft mit der Ehewohnung überwiegend aus vorehelichen Mitteln des Mannes finanziert wurde, wäre aber auch dies im Rahmen der Billigkeit zu berücksichtigen, weil dann – hinsichtlich der derart finanzierten Liegenschaft –nicht mehr von gleichen Beiträgen beider Ehegatten gesprochen werden könnte. Weiters wird zu berücksichtigen sein, welcher Ehegatte in der Lage wäre, eine bei Zuweisung der Liegenschaft mit der Ehewohnung allenfalls zu leistende Ausgleichszahlung unter Anspannung seiner Kräfte (vgl RIS-Justiz RS0057706 [T3]) aufzubringen (vgl RIS-Justiz RS0057610). Dem in § 90 Abs 1 EheG normierten Bewahrungsgrundsatz kommt hier keine maßgebliche Bedeutung zu, weil die Frau ersichtlich bloß deshalb (Allein-)Eigentümerin der Liegenschaft wurde, um diese dem Zugriff von Gläubigern des Mannes zu entziehen.
Soweit die Vorinstanzen die vor dem 1. 1. 2010 geschlossene und daher gemäß § 97 Abs 1 EheG idF vor der Novellierung durch das FamRÄG 2009 (BGBl I 75/2009) unwirksame (vgl auch RIS-Justiz RS0057629) Vereinbarung vom 20. 4. 1999 (über die Ehewohnung als Teil des ehelichen Gebrauchsvermögens) berücksichtigt haben, ist zunächst auf die (zur alten Rechtslage ergangene) Entscheidung des 7. Senats zu 7 Ob 119/98w hinzuweisen, wonach auf unwirksame Vorwegvereinbarungen (dort sein Verzicht auf eine Abgeltung für die Mitarbeit beim Hausbau) im Aufteilungsverfahren nicht Bedacht zu nehmen ist. Der 10. Senat ging zu 10 Ob 12/09a (ebenfalls noch zur alten Rechtslage) hingegen davon aus, dass bei der Beurteilung der Frage, auf welche Weise das Vermögen billig zu teilen ist, auch der Inhalt einer von den Ehegatten geschlossenen unwirksamen Vereinbarung und die Gründe, warum die Ehegatten zu einer solchen Vereinbarung gelangt sind, zu beachten und zu werten seien, was aber nicht bedeute, dass die Aufteilungsentscheidung der inhaltlich unwirksamen Vereinbarung entsprechen muss. Dieser Rechtsansicht ist jedenfalls auf Grundlage der Novellierung des § 97 Abs 1 EheG durch das FamRÄG 2009 zuzustimmen, brachte der Gesetzgeber damit doch zum Ausdruck, dass auch nicht im Zusammenhang mit einem (unter anderem) Scheidungs- oder Aufteilungsverfahren abgeschlossene Vorwegvereinbarungen über eheliches Gebrauchsvermögen bei dessen Aufteilung Berücksichtigung finden sollen. Im vorliegenden Fall kann der Vereinbarung – angesichts des keineswegs klaren Wortlauts und ihres Zusammenhangs mit der Einräumung eines Wohnrechts zugunsten der Mutter der Frau – aber nur dann Bedeutung beigemessen werden, wenn der ihr zugrundeliegende (übereinstimmende) Parteiwille geklärt wird. Auch dazu werden im fortgesetzten Verfahren – nach Erörterung mit den Parteien – noch Feststellungen zu treffen sein.
4.6. Dem Argument, die Frau müsse sich den in der – seit Wegweisung des Mannes – alleinigen Nutzung der Ehewohnung bestehenden Vorteil anrechnen lassen, schließt sich der Fachsenat nicht an. Er wies erst kürzlich zu 1 Ob 200/17v darauf hin, dass die Rechtsprechung die – auch hier angestrebte – generelle Zurechnung eines Vermögensvorteils (in Höhe des fiktiven Mietzinses) für eine Liegenschaft ablehnt (1 Ob 68/00g; 7 Ob 105/09f). Auch wenn der Oberste Gerichtshof darauf hinwies, dass im Rahmen der nachehelichen Aufteilung auch jener Gebrauchsvorteil auszugleichen sei, den ein Ehegatte dadurch erlangt hat, dass er während des Aufteilungsverfahrens die Ehewohnung benutzt und sich die Kosten einer anderen Wohnmöglichkeit erspart (idS etwa 1 Ob 158/12k), wurde doch betont, dass ein solcher Gebrauchsvorteil (nur) im Rahmen der Billigkeit bei der Aufteilungsentscheidung berücksichtigt werden kann (6 Ob 149/08t; 1 Ob 200/17v). Im vorliegenden Fall sprechen die Billigkeitserwägungen aber nicht für eine Berücksichtigung des fiktiven „Wohnvorteils“ der Frau. Es erschiene vielmehr unbillig, sie wirtschaftlich zu belasten, obwohl die Alleinbenützung der Ehewohnung ihre Ursache in der Wegweisung des Mannes hatte (so bereits 7 Ob 105/09f).
5.1. Zur Wohnung in W***** kritisiert der Revisionsrekurswerber, dass die Vorinstanzen von dem für Ende 2014 ermittelten Verkehrswert und nicht vom Wert zum Zeitpunkt der Aufteilungsentscheidung ausgegangen seien. Die Vorinstanzen haben aber keineswegs verkannt, dass der Bewertungsstichtag für das zur Zeit der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft vorhandene, der Aufteilung unterliegende Vermögen der Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz ist (RIS-Justiz RS0057644), nahmen doch sowohl das Berufungsurteil als auch das Ersturteil auf diesen Zeitpunkt als relevanten Bewertungsstichtag Bezug. Die auf den richtigen Bewertungszeitpunkt bezogene Festlegung der Höhe des Verkehrswerts stellt aber eine Tatfrage dar, die in dritter Instanz nicht mehr bekämpft werden kann (RIS-Justiz RS0043536 [T3; T7]).
5.2. Dass das Rekursgericht seine Erwägung, wonach eine Internetrecherche seit 2010 sinkende Immobilienpreise in Polen ergeben habe, nicht mit den Parteien erörtert hat, woraus der Revisionsrekurswerber eine Verletzung seines rechtlichen Gehörs ableitet, begründet bereits deshalb keinen relevanten Verfahrensmangel, weil es sich bei dieser Erwägung um eine bloße Hilfsbegründung bei der Behandlung der im Rekurs erhobenen Verfahrensrüge handelte, die das Rekursgericht auch aus anderen Gründen verwarf. Dem hält der Revisionsrekurs keine (zulässigen) Argumente entgegen. Soweit der bereits verneinte erstinstanzliche Verfahrensmangel neuerlich aufgegriffen wird, bildet dies keinen zulässigen Revisionsrekursgrund (vgl RIS-Justiz RS0050037).
6. Der Kostenvorbehalt beruht darauf, dass kein die Sache erledigender Beschluss im Sinn des § 78 Abs 1 Satz 1 AußStrG vorliegt.
Textnummer
E123929European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2019:0010OB00147.18A.0123.000Im RIS seit
07.02.2019Zuletzt aktualisiert am
12.07.2019