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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §177 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 97/16/0161Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa, über die Beschwerden des Dr. F und der G in W, letztere vertreten durch den Erstbeschwerdeführer, Rechtsanwalt in Wien I, Schwarzenbergstraße 1-3, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 27. Februar 1997, GZ GA 9-1107/95 und GZ GA 9-1107/1/95 betreffend Erbschaftssteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 8.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer wurden als Erben nach dem am 28. Dezember 1993 verstorbenen Dr. Franz S. (der Erstbeschwerdeführer als Sohn zu 2/3, die Zweitbeschwerdeführerin als Witwe zu 1/3 des Nachlasses) eingeantwortet. In der Verlassenschaftsabhandlung erstatteten die Beschwerdeführer ein eidesstättiges Vermögensbekenntnis, in welchem als Aktiva unter Punkt 2a auch "Hausrat (Antiquitäten, Bilder, Porzellan etc.) im Wert von S 2,7 Mio." genannt wird.
Am 27. April 1995 hielt das Finanzamt eine Nachschau in der Wohnung des Erblassers, bei der ein Teil der als "Hausrat" bezeichneten Gegenstände vorgefunden wurde. Die Beschwerdeführer präzisierten den übrigen Teil des "Hausrats" durch Übergabe eines notariell beglaubigten Kaufvertrages vom 7. Jänner 1994, der die Übereignung mehrerer Gegenstände an die Antiquitätenhandlung der Ehefrau des Erstbeschwerdeführers zum Gegenstand hat. Dort werden folgende Kaufgegenstände genannt, die von den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens einvernehmlich wie folgt bewertet wurden:
DREI PORZELLAN TASSEN mit Untertasse S
Periode Sorgenthal, Wien, um 1800
mit Pompejischen Szenen 40.000,--
Ansicht von Schönbrunn 45.000,--
Ansicht des Stock im Eisenplatzes 60.000,--
PORZELLANFIGUREN:
Fröhlich, Figur auf Sockel, Meissen, 18. Jhd. 230.000,--
Gruppe Harlekin und Columbine, Wien um 1760 90.000,--
ein Paar Hunde in Bronze montiert, Wien um 1760 350.000,--
Gruppe mit Vogelkäfig, Meissen 18. Jhd. 140.000,--
Holzhacker, Wien, 18. Jhd. 30.000,--
PORZELLANGESCHIRR:
Becher mit Untertasse, Meissen 18. Jhd. 50.000,--
Teller, Meissen 18. Jhd. 65.000,--
Tasse mit Untertasse, Sorgenthal um 1800 45.000,--
Zuckerdose, in Wien bemalt, Hausmaler um 1720 50.000,--
großer Teller mit Chinoiserien, Du Paquier 170.000,--
Schüssel mit Untersatz, Meissen 18. Jhd. 120.000,--
Teekanne, Meissen 18. Jhd. 60.000,--
Oberstopf, Du Paquier 60.000,--
Pokal mit Chinoiserien, Du Paquier 70.000,--
Paar Köppchen mit Untertassen, Meissen 18. Jhd.
Chinesen-Bemalung 120.000,--
Paar Tassen mit Untertassen,
Meissen 18. Jhd. Hausmaler-Bemalung 45.000,--
Zuckerdose, Meissen 18. Jhd. 120.000,--
Tasse mit Untertasse, Meissen 18. Jhd. 20.000,--
Paar Köppchen mit Untertassen, Meissen 18. Jhd. 80.000,--
KUNSTGEGENSTÄNDE AUS PERLMUTT:
1 Gouache in einer Perlmuttdose montiert,
mit Ansicht der Weilburg, Wien um 1830 (gestohlen) 40.000,--
Notizbuch aus Perlmutt mit einer Miniatur,
Wien um 1830 30.000,--
MINIATUR:
Mädchen, von Camille Cornelie Isbert,
Frankreich um 1850 80.000,--
DIVERSES:
1 Deckelgefäß mit Blumenbemalung, Email 18. Jhd. 40.000,--
MÖBEL und BILDER:
(insgesamt) 470.000,--
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2.720.000,--
Die Beschwerdeführer gaben zu Protokoll, dass "die angeführten Gegenstände, sofern sie verwendbar sind, wie die Tassen etc., immer wieder zu besonderen Anlässen verwendet worden sind". Alle Gegenstände seien sowohl auf der "Anrichte", den beiden "Etageren" sowie im Kasten "als Zierde" aufgestellt gewesen.
Mit Bescheiden vom 25. Juli 1995 anerkannte das Finanzamt nur einen Teil der bezeichneten Gegenstände, nämlich Möbel und Bilder im Wert von S 470.000,--, als "Hausrat" i.S.d. § 15 Abs. 1 Z. 1 lit. a ErbStG. Die übrigen, im Kaufvertrag genannten Vermögensgegenstände im Wert von S 2.250.000,--, wurden als "Geld- bzw. Wertanlage" qualifiziert und gemäß § 8 Abs. 1 ErbStG mit 7% besteuert.
Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführer fristgerecht Berufung. In der Begründung verwiesen sie auf die hg. Rechtsprechung, derzufolge eine "wertbezogene" Betrachtung bei Hausrat nicht anzustellen sei.
In den nunmehr angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde die Berufungen als unbegründet ab. In ihrer Begründung stellte die belangte Behörde fest, dass diese Gegenstände vom Erblasser in den Fünfziger- und Sechzigerjahren im Dorotheum erworben wurden und sich im Esszimmer auf der Anrichte im Kasten und auf den Etageren befunden hätten. Die Gegenstände seien nach den Angaben der Beschwerdeführer, sofern sie verwendbar waren, immer wieder zu besonderen Anlässen verwendet worden.
Die belangte Behörde verneinte die Hausratseigenschaft, weil die Zusammenstellung dieser Gegenstände nicht darauf hingewiesen hätte, dass das Geschirr primär Speisezwecken diente bzw. die Figuren als Einrichtungsgegenstände Verwendung finden sollten, sondern weil es sich vielmehr um eine geplante Sammlung gehandelt hätte. Die Mehrzahl der Gegenstände sei durch ein bestimmtes System zusammengehalten worden; der Erblasser habe Porzellan und kleine kostbare Gegenstände gesammelt, wobei diese kleinen kostbaren Gegenstände kaum zum Gebrauch bestimmt seien. Dem "Sammlungscharakter" widerspreche es nicht, wenn einzelne Gegenstände bei festlichen Anlässen verwendet würden. Auch Bibliotheken oder Schallplattensammlungen seien nicht schon allein deshalb "Hausrat", weil Bücher gelesen und Platten gespielt werden können.
In ihren dagegen erhobenen Beschwerden erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf Nichterhebung von Erbschaftssteuer, insbesondere auf Berücksichtigung der Befreiung für Hausrat verletzt und machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten und die Gegenschriften der belangten Behörde vor. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges verbundenen Rechtssachen erwogen:
Strittig ist, ob das vererbte Porzellangeschirr, die Porzellanfiguren und sonstigen Kunstgegenstände aus Perlmutt als "Hausrat" i.S.d. § 15 Abs. 1 Z. 1 lit. a ErbStG zu bezeichnen und demnach von der Erbschaftsteuer befreit sind.
Gemäß § 15 Abs. 1 Z. 1 lit. a ErbStG bleibt "Hausrat" (einschließlich Wäsche und Kleidungsstücke) beim Erwerb durch Personen der Steuerklasse I ohne Rücksicht auf den Wert steuerfrei. Zum "Hausrat" zählen i.S.d. § 15 Abs. 1 Z. 1 lit. a ErbStG bewegliche körperliche Gegenstände, die zur gewöhnlichen Ausstattung einer Wohnung gehören oder zum alltäglichen persönlichen Gebrauch von Menschen dienen und in deren Häusern bzw. Wohnungen üblicherweise auch aufbewahrt werden, soweit diesen Gegenständen keine besondere steuerliche Behandlung zuteil wird (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 21. Mai 1970, 1183/69; 22. März 1984, 83/15/0065). Im zuletzt genannten Erkenntnis, in dem es insbesondere um besonders wertvolle Barockschränke ging, hat sich der Verwaltungsgerichtshof mit dem Begriff "Hausrat" ausführlich auseinander gesetzt. Die wesentlichen Begründungsteile lauten wie folgt:
"Darnach gehören zum Hausrat im Sinne des § 15 Abs. 1 Z 1 lit. a ErbStG bewegliche körperliche Gegenstände, die zur gewöhnlichen Ausstattung einer Wohnung gehören oder zum alltäglichen persönlichen Gebrauch von Menschen dienen und in deren Häusern bzw. Wohnungen üblicherweise auch aufbewahrt werden, soweit diesen Gegenständen keine besondere steuerliche Behandlung zuteil wird. Nach dieser Begriffsumschreibung entscheidet aber nicht der Wert eines Gegenstandes über seine Zugehörigkeit zum Hausrat, sondern aus der Sicht des Beschwerdefalles vor allem der räumliche und funktionelle Zusammenhang mit einer Wohnung. Wenn in der Begriffsbestimmung von der "gewöhnlichen" Ausstattung einer Wohnung die Rede ist, so ist das nicht etwa im Sinne einer preismäßig durchschnittlichen, sondern im Sinne einer Ausstattung mit Gegenständen zu verstehen, wie sie gewöhnlich zu einer Wohnung gehören (Tische, Sessel, Kästen, Teppiche, Beleuchtungskörper u. dgl.). Erfüllen also Einrichtungsgegenstände entsprechend der Begriffsumschreibung des Verwaltungsgerichtshofes die Funktion einer Wohnungsausstattung (Wohnungseinrichtung), so sind sie gemäß § 15 Abs. 1 Z 1 lit. a ErbStG Hausrat, auch wenn es sich um wertvolle Gegenstände handelt. Küchen- oder Badezimmereinrichtungen sind nicht etwa deshalb kein Hausrat, weil sie teuer oder luxuriös sind. Gleiches gilt von wertvollen Möbelstücken, Teppichen und auch von Gemälden, stets aber unter der Voraussetzung, dass noch von einer Wohnungsausstattung oder Wohnungseinrichtung gesprochen werden kann. Diese Voraussetzung wäre insbesondere dann nicht erfüllt, wenn Räume nicht oder nur in geringem Maße Wohnzwecken, sondern vielmehr ganz oder überwiegend nur der Aufbewahrung oder Präsentation der Gegenstände dienen.
...
Gerade der Beschwerdefall zeigt im übrigen, zu welch unbefriedigendem Ergebnis eine wertbezogene Betrachtung des Hausratsbegriffes führen würde. Als bekannt darf dabei vorausgesetzt werden, dass echte Stilmöbel mit zunehmendem Alter im Allgemeinen an Wert gewinnen und dass sich weiters das Interesse an solchen Möbeln in den letzten Jahrzehnten verstärkte. Befanden sich nun - wie der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren andeutete - Möbelstücke bereits seit Generationen in der Funktion einer Wohnungseinrichtung im Besitz einer Familie, so wären sie auf dem Boden einer wertbezogenen Betrachtung solange Hausrat gewesen, als noch keine nennenswerte Wertsteigerung eingetreten war. Mit der Wertsteigerung aber hätten sie die Eigenschaft als Hausrat verloren, auch wenn sich an ihrer Verwendung als Wohnungseinrichtung nichts geändert hätte."
Nicht der Wert eines Gegenstandes entscheidet somit über die Zugehörigkeit zum Hausrat, sondern, ob derartige Gegenstände gewöhnlichlicherweise zu einer Wohnung gehören (siehe Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Bd III, Erbschaft- und Schenkungssteuer, § 15 Abs. 1 Z. 1 lit. a ErbStG). Die Porzellangegenstände sind daher nicht schon allein deshalb kein "Hausrat", weil sie besonders wertvoll sind, dies allerdings unter der Voraussetzung, dass überhaupt noch von einer Wohnungsausstattung oder Wohnungseinrichtung gesprochen werden kann. Zu prüfen ist also, ob die im Kaufvertrag genannten Gegenstände die Funktion einer Wohnungsausstattung im Haus des Erblassers erfüllten.
Die belangte Behörde ist zwar zu Recht davon ausgegangen, dass Sammlungen nicht unter den Begriff "Hausrat" fallen. Sammlungen stellen eine Mehrzahl von Gegenständen dar, die ein bestimmtes System zusammenhält, die nicht zum Gebrauch bestimmt sind und die durch ihre Vereinigung erst ihren Wert erhalten, z.B. (u.a.) Porzellansammlungen (Dorazil, Kommentar zum Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz3, 345). Ob hier allerdings eine derartige "Sammlung" vorliegt oder, wie die Beschwerdeführer meinen, eine "bunt zusammengewürfelte" Menge, lässt sich wohl nur durch ein Sachverständigengutachten klären.
Trotzdem vermag der Verwaltungsgerichtshof die Nichtzuordnung zum Begriff "Hausrat" nicht als rechtswidrig zu erkennen:
Im genannten Vorerkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof eine wertbezogene Betrachtung mit dem Argument abgelehnt, dass seit Generationen im Familienbesitz befindliche Möbel wegen der Wertsteigerung ihren Hausratscharakter nicht verlieren können. Daher können auch Luxusgegenstände zum Hausrat gehören, es muss nur immer ein räumlicher und funktioneller Zusammenhang mit einer Wohnung bestehen.
Hier handelt es sich aber nicht um Einrichtungsgegenstände, die sich seit Generationen im Familienbesitz befinden und eine besondere Wertsteigerung erfahren haben. Die tatsächliche Verwendungsmöglichkeit des Geschirrs kann mit der von wertvollen Stilmöbeln nicht verglichen werden, weil etwa eine Zuckerdose um S 120.000,-- wegen der Bruchgefahr vernünftigerweise nur höchst selten zum Einsatz gelangen wird. Wenn in den Fünfziger- und Sechzigerjahren Porzellanwaren aus dem 18. Jahrhundert und aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts angeschafft wurden, die heute einen Wert von über S 2,000.000,-- repräsentieren, dann stand - objektiv betrachtet - die Schaffung einer Wertanlage im Vordergrund. Wertgegenstand und Luxusgegenstand ist aber nicht gleichzusetzen (Dorazil, a.a.O., 344); ob die Wertanlage auch eine Funktion als Dekorationsgegenstand für die Wohnung erfüllen kann, ist zu vernachlässigen, wenn der Wertanlagencharakter dominiert. Auch Pretiosen können nicht dadurch zum Hausrat werden, dass sie im Vitrinenschrank präsentiert werden. Steht die Funktion als Wertanlage im Vordergrund, dann kann von einem funktionellen Zusammenhang mit einer Wohnungseinrichtung keine Rede mehr sein.
Da somit die belangte Behörde im Ergebnis zu Recht den geltend gemachten Befreiungstatbestand nicht herangezogen hat, erwiesen sich die Beschwerden als unbegründet. Sie waren somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG sowie der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 5. Juli 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997160160.X00Im RIS seit
21.02.2002