TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/15 W111 2206139-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.10.2018
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Entscheidungsdatum

15.10.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs3
FPG §55 Abs1a

Spruch

W111 2206139-1/4E

W111 2206142-1/4E

W111 2206140-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. DAJANI, LL.M., als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Ukraine, vertreten durch den XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.08.2018, Zl. 15-1093928505-151718000, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie §§ 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, 46, 53 Abs. 3, 55 Abs. 1a FPG 2005 idgF und § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Dajani, LL.M., als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Ukraine, vertreten durch den XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.08.2018, Zl. 15-1093928603-151718042, in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 08.08.2018, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG idgF, §§ 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, 46, 55 Abs. 1a FPG 2005 idgF und § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

3. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. DAJANI, LL.M., als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Ukraine, gesetzlich vertreten durch XXXX, geb. XXXX, diese vertreten durch den XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.08.2018, Zl. 15-1093928810-151718093, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG idgF, §§ 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, 46, 55 Abs. 1a FPG 2005 idgF und § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die beschwerdeführenden Parteien sind Staatsangehörige der Ukraine, der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind verheiratet und Eltern des minderjährigen Drittbeschwerdeführers. Die beschwerdeführenden Parteien reisten gemeinsam unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten am 06.11.2015 die verfahrensgegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz, zu welchen der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin am darauffolgenden Tag vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt wurden.

Der Erstbeschwerdeführer gab zusammengefasst zu Protokoll, er sei in Ägypten geboren worden, besitze die Staatsbürgerschaft jenes Staates, spreche russisch und arabisch und sei Moslem. Er habe Ägypten im Jahr 2006 verlassen und habe zuletzt in XXXX gelebt. Die Ukraine habe er im August 2015 auf dem Luftweg im Besitz eines Touristenvisums für Serbien verlassen und sei von dort aus schlepperunterstützt nach Österreich weitergereist. Die Kosten der Reise hätten sich auf USD 10.000,- für die gesamte Familie belaufen. Zu seinem Fluchtgrund führte der Erstbeschwerdeführer an, als Moslem von der Familie seiner Frau nicht akzeptiert worden zu sein; es sei jemand organisiert worden, welcher ihn zweimal zusammengeschlagen hätte, darüber hinaus hätte sein Schwiegervater gedroht, ihren Sohn wegzunehmen, sollten sie sich nicht scheiden lassen. Dann seien sie nach Ägypten geflogen, wo sich der Erstbeschwerdeführer politisch engagiert hätte und aus diesem Grund verhaftet worden wäre. Seine Frau sei zurück in die Ukraine geflogen. Ende 2014 sei der Erstbeschwerdeführer gegen eine Zahlung freigelassen worden und zu seiner Frau in die Ukraine zurückgekehrt. Dort hätten sie ihre Reise organsiert. Im Fall einer Rückkehr fürchte er um sein Leben sowie jenes seiner Familie.

Die Zweitbeschwerdeführerin führte im Wesentlichen aus, sie sei Staatsbürgerin der Ukraine und gehöre dem orthodoxen Glauben sowie der slawischen Volksgruppe an. In der Ukraine hätte sie die Grundschule sowie eine Universität besucht und habe den Entschluss zur Ausreise ungefähr im Jahr 2011 gefasst. Ihren Reiseweg schilderte sie in Übereinstimmung mit den Angaben des Erstbeschwerdeführers. Zu ihrem Fluchtgrund gab sie an, sie seien von ihrer Familie in der Ukraine nicht akzeptiert worden, da ihr Mann Moslem wäre; ihr Vater habe sie geschlagen und jemanden organsiert, der ihren Mann zweimal zusammengeschlagen hätte. Weiters hätte er gedroht, ihren Sohn wegzunehmen, sollten sie sich nicht scheiden lassen. Dann seien sie nach Ägypten geflogen, wo sich ihr Mann politisch engagiert hätte und verhaftet worden wäre. Die Zweitbeschwerdeführerin sei mit ihrem Sohn in die Ukraine zurückgeflogen, etwa ein Jahr später sei ihr Mann freigelassen worden, anschließend hätten sie ihre Ausreise aus der Ukraine organisiert. Für ihren minderjährigen Sohn würden die gleichen Fluchtgründe gelten.

Mit Eingabe vom 25.02.2016 übermittelten die beschwerdeführenden Parteien ärztliche Befundberichte.

Nach Zulassung seines Verfahrens wurde der Erstbeschwerdeführer am 10.04.2018 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein eines Dolmetschers für die arabische Sprache niederschriftlich zu den Gründen seiner Antragstellung einvernommen. Dabei brachte der Erstbeschwerdeführer zusammengefasst vor (im Detail vgl. die Seiten 61 bis 77 des seine Person betreffenden Verwaltungsaktes), er fühle sich psychisch und physisch zur Durchführung der Einvernahme in der Lage. Er habe psychische Probleme, weshalb er einen zu hohen Puls aufweise. Aufgrund psychischer Probleme und Herzproblemen in Form von Herzrasen nehme er Medikamente ein.

Auf die Frage, ob er bislang wahrheitsgemäße und korrekt zu Protokoll genommene Angaben erstattet hätte, erklärte der Erstbeschwerdeführer, die Erstbefragung sei auf Russisch durchgeführt worden, obwohl er diese Sprache nur sehr wenig spreche.

In der Ukraine habe er mit Ausnahme seiner Schwiegereltern keine Angehörigen, seine Geschwister und seine Mutter hielten sich in Ägypten bzw. in Jordanien auf. Der Erstbeschwerdeführer sei ägyptischer Staatsbürger, sunnitischer Moslem und gehöre der islamischen Bruderschaft an. In der Ukraine habe er für einen Zeitraum von 18 Monaten, von Mai 2011 respektive Oktober 2010 bis Juli 2012, gelebt, im Anschluss sei er mit seiner Frau und seinem Kind nach Ägypten zurückgekehrt, da die Eltern seiner Frau gegen die Beziehung gewesen wären. In der Ukraine habe er zunächst ein Jahresvisum als Tourist und im Anschluss an die Eheschließung im April 2011 einen "normalen" Aufenthaltstitel erhalten. Der Erstbeschwerdeführer habe zwölf Jahre die Schule besucht und im Anschluss eine zweijährige Ausbildung als Landwirtschaftsberater absolviert. In Ägypten sei er LKW-Fahrer gewesen, in der Ukraine hätte er gelegentlich Kleider verkauft, ansonsten hätte er nicht viel gemacht und durch eigene Ersparnisse sowie Unterstützung seiner Familie gelebt. Der ausschlaggebende Grund seiner im August 2015 erfolgten Flucht aus der Ukraine sei die anlässlich der Eheschließung erfolgte Konversion seiner Frau zum Islam gewesen, derentwegen der Erstbeschwerdeführer vom Schwiegervater und dessen Freunden geschlagen und bedroht worden wäre. Er sei erstmals zwei Monate nach der im geheimen erfolgten Hochzeit, bei der neben ihm und seiner Frau ein Ägypter und drei Freundinnen seiner Frau anwesend gewesen wären, bedroht und bis zu seiner Ausreise nach Ägypten mindestens zehn- bis zwölfmal geschlagen worden. Der Schwiegervater habe etwa 120 km von Kiev und 400 km von Lugansk entfernt gelebt.

Zu den Gründen seines in Österreich gestellten Asylantrages gab der Erstbeschwerdeführer zu Protokoll, er sei in Ägypten im Gefängnis gewesen und auch dort bedroht worden. Er habe einer Tochterorganisation der "Moslem Bruderschaft" angehört und sei als Fahrer für einen dieser Partei angehörenden Verein tätig gewesen. Im Juli 2013 hätte die Armee die Macht übernommen und der Erstbeschwerdeführer hätte täglich Material für die in den folgenden Wochen stattgefundenen Demonstrationen geliefert. Am 14.08.2013 seien diese Demonstrationen durch das Militär gewaltsam aufgelöst worden, wobei es mehr als 2.500 Tote gegeben hätte. Der Erstbeschwerdeführer sei zu einem Militärcamp gebracht und beschuldigt worden, ein Rebell zu sein. Zwei Wochen später sei er in ein Gefängnis gebracht worden, wo er bis 27.03.2014 inhaftiert gewesen wäre; während seiner Anhaltung sei es zu Folter gekommen. Anschließend sei er eine Woche im Krankenhaus gelegen. Seine Frau sei im September 2013 in die Ukraine zurückgeflogen und hätte in diesem Zeitraum bei ihrer Großmutter in XXXX gelebt. Auf die Frage, weshalb er nicht mit seiner Frau in der Ukraine lebe, meinte der Erstbeschwerdeführer, es sei nicht sein Land und er werde dort bedroht. Nachgefragt glaube er, dass sein Schwiegervater ihn in er ganzen Ukraine suchen würde, da es sich um seine einzige Tochter handeln würde. Im Fall einer Rückkehr nach Ägypten würden ihm mindestens 25 Jahre Gefängnis oder die Todesstrafe drohen.

In Österreich lebe der Erstbeschwerdeführer von der Grundversorgung, er habe eine Deutschprüfung auf dem Niveau A1 abgelegt und besuche aktuell einen Deutschkurs auf dem Niveau A2.

Die Zweitbeschwerdeführerin gab im Rahmen ihrer ebenfalls am 10.04.2018 durchgeführten niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein einer Dolmetscherin für die russische Sprache zusammengefasst zu Protokoll (im Detail vgl. die Seiten 63 bis 77 des ihre Person betreffenden Verwaltungsaktes), sie fühle sich psychisch und physisch zur Durchführung der Befragung in der Lage. Sie habe sich nach ihrer Einreise in Psychotherapie befunden und habe bereits in der Ukraine Medikamente wegen psychischer Beschwerden eingenommen. Aktuell nehme sie lediglich bei Bedarf eine Schlaftablette. Außerdem habe sie Probleme mit dem Herz in Form eines unregelmäßigen Herzschlages und eines hohen Blutdrucks gehabt; Medikamente nehme sie diesbezüglich nicht ein. Ihr Sohn habe ebenfalls psychische Probleme gehabt, aktuell ginge es ihm besser, er befinde sich nicht in Behandlung. Die Zweitbeschwerdeführerin habe ihre Konversion zum Islam in der Erstbefragung aus Angst verschwiegen. In der Ukraine hielten sich noch ihre Eltern sowie ihre Großmutter auf. Die Zweitbeschwerdeführerin habe in XXXX an der XXXX Universität studiert und ansonsten im Gebiet XXXX gelebt. Zuletzt habe sie im Gebiet XXXX gelebt. Die Zweitbeschwerdeführerin habe in der Ukraine die Schule sowie ein Universitätsstudium absolviert. Sie hätten nicht in der Ukraine bleiben können, da ihr Mann von Bekannten ihres Vaters, von denen manche bei der Polizei gewesen wären, geschlagen worden wäre und ihre persönliche Situation sich als sehr schlecht erwiesen hätte. Ausschlaggebender Grund ihrer Ausreise aus der Ukraine im August 2015 sei der zu dieser Zeit herrschende Krieg in der Ostukraine gewesen. Die Ausreise hätten sie schon früher geplant. Es habe bis zum Schluss Probleme gegeben und sie seien immer wieder bedroht worden. Nach der Konversion sei es noch schlimmer geworden, ihr sei die Nase gebrochen worden, ihr Vater habe sie geschlagen und bedroht. Eine Anzeige bei der Polizei hätte nicht geholfen. Bei der Hochzeit seien nur sie und ihr Mann anwesend gewesen. Auf die Frage, weshalb ihr Mann angeführt hätte, dass sein Freund bei der Hochzeit anwesend gewesen wäre, meinte die Zweitbeschwerdeführerin, sie habe dies nicht sagen wollen. Nachgefragt, sei sonst niemand bei der Hochzeit anwesend gewesen. Auf die Frage, weshalb ihr Mann davon gesprochen hätte, dass desweiteren drei Freundinnen der Zweitbeschwerdeführerin zugegen gewesen wären, meinte sie, ihr Mann hätte sicher etwas verwechselt. Sie hätten im April 2011 standesamtlich in der Ukraine geheiratet. Ihre Konversion zum Islam sei ein langsamer Prozess gewesen, bei der Ausreise aus Ägypten hätte sie schon ein Kopftuch gehabt. Ihr Mann sei nachgefragt "sehr oft" geschlagen worden.

Nach den konkreten Gründen ihrer Antragstellung auf internationalen Schutz gefragt, meinte die Zweitbeschwerdeführerin, es hätte auch persönliche Gründe gegeben. Nach Ägypten könnten sie nicht fahren, da ihr Mann dort gleich verhaftet werden würde. Wegen ihrer Konversion und auch wegen der Probleme ihres Mannes mit ihrem Vater. Der minderjährige Drittbeschwerdeführer habe keine eigenen Fluchtgründe. Sie sei im Oktober 2013 (im Zuge der Rückübersetzung wurde diese Angabe auf "Oktober 2014" korrigiert) in die Ukraine zurückgekehrt, nachdem ihr Mann in Ägypten verhaftet worden wäre, da es dort als Frau alleine zu gefährlich gewesen wäre. Sie habe folglich bei ihrer Großmutter gelebt, ihr Vater hätte davon erfahren und sie im Zuge eines Besuchs geschlagen, da sie ein Kopftuch getragen hätte. Nach diesem Vorfall hätte er sie nur noch telefonisch damit bedroht, ihr das Kind wegzunehmen. Ihr Mann sei im April 2014 wieder in der Ukraine gewesen, welche sie Ende August 2015 verlassen hätten. Auf die Frage, weshalb sie sich angesichts der Bedrohungen noch so lange in der Ukraine aufgehalten hätten, korrigierte die Zweitbeschwerdeführerin, ihr Mann sei erst im April 2015 in die Ukraine zurückgekehrt. Auf Vorhalt, dass ihr Mann selbst seine Rückkehr mit April 2014 angegeben hätte, meinte die Zweitbeschwerdeführerin, dass dieser wahrscheinlich das Jahr verwechselt hätte. Auf die Frage, weshalb sie nicht versucht hätte, gemeinsam mit ihrem Ehemann in einem anderen Teil der Ukraine zu leben, meinte die Zweitbeschwerdeführerin, sie hätte mit dem Kopftuch auch in einem anderen Landesteil Probleme gehabt. Sie hätten auch keine ordentliche Arbeit und keine Aussicht auf einen Job oder eine ordentliche Wohnung gehabt. Seit ihrer Konversion sei sie ständig belächelt und beschimpft worden. Persönliche Schwierigkeiten mit den Behörden ihres Heimatlandes habe sie nie gehabt. Zu ihrer Rückkehrsituation führte die Zweitbeschwerdeführerin aus, zu ihren Eltern könne sie nicht, da ihr Vater sie und ihren Mann wahrscheinlich umbringen würde. Zu ihrer Großmutter könnten sie ebensowenig, da dort Krieg herrsche. Ihr Kind habe im Flüchtlingslager aufgrund der psychischen Störung Probleme gehabt und habe mit der Rettung weggeführt werden müssen, in Österreich ginge es ihm jetzt aber besser.

In Österreich lebe die Zweitbeschwerdeführerin von der Grundversorgung und habe mit Ausnahme der Nachbarn und Betreuerinnen vom Kindergarten, die sie hier kennengelernt hätten, keine persönlichen Beziehungen. Sie besuche regelmäßig einen Deutschkurs und habe eine Prüfung auf dem Niveau A1 abgelegt.

In Replik auf ein Ansuchen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über den Aufenthaltsstatus des Erstbeschwerdeführers in der Ukraine, teilte der staatliche Migrationsdienst der Ukraine mit dem Bundesamt am 19.06.2018 übermittelten Schreiben mit, dass dem Erstbeschwerdeführer die Staatsbürgerschaft der Ukraine verliehen worden wäre.

Im Rahmen einer ergänzenden Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 23.07.2018 brachte der Erstbeschwerdeführer zunächst vor, sein Gesundheitszustand sei seit der letzten Einvernahme unverändert. Auf Vorhalt der zwischenzeitlich vorliegenden Informationen, denen zufolge er die ukrainische Staatsbürgerschaft besitze, erklärte der Erstbeschwerdeführer, keine ukrainische Staatsbürgerschaft zu haben. Der in Vorlage gebrachte ägyptische Führerschein bezeuge, dass er ägyptischer Staatsbürger wäre. Auch die vorgelegten Unterlagen bezüglich seiner Ehe würden bezeugen, dass der Erstbeschwerdeführer und sein Sohn Ägypter wären. Er habe die Ukraine bereits im August 2015 verlassen, weshalb es nicht sein könne, dass er am 07.11.2015 aufgrund eines Erlasses die ukrainische Staatsbürgerschaft erlangt hätte. Nachgefragt, habe er die ukrainische Staatsbürgerschaft beantragt. Ergänzend wolle der Erstbeschwerdeführer hinzufügen, dass es dem bei der letzten Einvernahme anwesend gewesenen minderjährigen Drittbeschwerdeführer psychisch sehr schlecht ginge, da man die Zweitbeschwerdeführerin im Rahmen der Einvernahme danach gefragt hätte, ob der Erstbeschwerdeführer der Vater des Kindes wäre. Seitdem habe das Kind psychische Probleme und frage ständig, ob sie überhaupt seine Eltern wären. Sollte sein Sohn psychischen Schaden erlitten haben, würde der Erstbeschwerdeführer die Behörde deshalb verklagen.

Die beschwerdeführenden Parteien brachten die folgenden Unterlagen in Vorlage:

* Ägyptischer Führerschein des Erstbeschwerdeführers im Original

* Schreiben der ägyptischen Ärztegewerkschaft in Kopie, demzufolge der Erstbeschwerdeführer in Gefangenschaft gefoltert worden wäre und an psychischen Problemen leide; sowie diverse Fotos über Vorfälle in Ägypten

* Heiratsurkunde des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin in Kopie

* Deutschkursteilnahmebestätigungen, sowie Kurszeugnisse und ÖSD-Zertifikate A1 betreffend den Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin

* Urkunden über die Absolvierung eines "Integrationspasses" betreffend den Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin

* Schreiben über die Aufnahme des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin an einer Schule für Sozialbetreuungsberufe vom 14.06.2018

* Bestätigung über die Mithilfe des Erstbeschwerdeführers in einem gemeinnützigen Verein

* Einstellungszusage durch einen Internet-Callshop betreffend den Erstbeschwerdeführer

* Lohn- und Gehaltsabrechnung für Juni 2018 betreffend den Erstbeschwerdeführer sowie Schreiben einer Gebietskrankenkasse vom 26.06.2018, demgemäß der Erstbeschwerdeführer als geringfügig beschäftigt angemeldet worden wäre

* Auflistung einer Allgemeinmedizinerin über die beim Erstbeschwerdeführer bestehenden Krankheiten

* Bestätigungen/Rezepte durch eine Ärztin für Allgemeinmedizin betreffend den Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin

* Handschriftliche Befundberichte eines Facharztes für Psychiatrie und Neurologie betreffend alle beschwerdeführenden Parteien

* Ambulanter Erstbefund vom 08.02.2016 betreffend den minderjährigen Drittbeschwerdeführer (Diagnose: Verdacht auf Posttraumatische Belastungsstörung)

* Bestätigung über den Kindergartenbesuch sowie Bericht der Kindergartenpädagogin betreffend den minderjährigen Drittbeschwerdeführer

* Ukrainische und ägyptische Geburtsurkunden des minderjährigen Drittbeschwerdeführers in Kopie

2. Mit den im Spruch angeführten, im Familienverfahren ergangenen, Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.08.2018 wurden die Anträge der beschwerdeführenden Parteien sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkte I.) als auch hinsichtlich der Gewährung subsidiären Schutzes bezogen auf den Herkunftsstaat Ukraine (Spruchpunkte II.) nach den Bestimmungen des Asylgesetzes abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde den beschwerdeführenden Parteien nicht erteilt (Spruchpunkte III.) und wurde gegen diese gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkte IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der beschwerdeführenden Parteien in die Ukraine zulässig sei (Spruchpunkte V.). Weiters wurde ausgesprochen, dass gemäß § 55 Absatz 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestünde (Spruchpunkte VI.). Einer Beschwerde wurde in den Spruchpunkten VII. die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG aberkannt. Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Abs. 3 Z 6 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wurde gegen den Erstbeschwerdeführer ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VIII. des den Erstbeschwerdeführer betreffenden Bescheides).

Die Behörde stellte die ukrainische Staatsbürgerschaft, Volksgruppenzugehörigkeit sowie Religion der beschwerdeführenden Parteien fest und legte ihren Entscheidungen ausführliche Feststellungen zur aktuellen Situation in der Ukraine zu Grunde. Im Falle des Erstbeschwerdeführers wurde dessen Identität auf Basis des in Vorlage gebrachten ägyptischen Führerscheins festgestellt und desweiteren festgehalten, dass dieser laut Auskunft des ukrainischen Migrationsdienstes in Zusammenschau mit der vorliegenden Anfragebeantwortung, derzufolge eine Doppelstaatsbürgerschaft nicht möglich wäre, ukrainischer, nicht jedoch ägyptischer, Staatsbürger wäre, und der Islamischen Bruderschaft angehören würde. Im Falle der Zweitbeschwerdeführerin habe nicht festgestellt werden können, dass diese zum Islam konvertiert wäre. Begründend wurde desweiteren im Wesentlichen erwogen, dass nicht festgestellt werden habe können, dass die beschwerdeführenden Parteien einer aktuell drohenden individuellen Gefahr einer Verfolgung in der Ukraine ausgesetzt wären und sich im Verfahren keine begründeten Hinweise auf eine Flüchtlingseigenschaft ergeben hätten. Die beschwerdeführenden Parteien seien in der Ukraine weder von staatlicher, noch von privater Seite bedroht oder verfolgt worden. Beweiswürdigend wurde insbesondere ausgeführt, dass die seitens des Erstbeschwerdeführers in Bezug auf Ägypten vorgebrachte Bedrohungssituation im Sinne einer Inhaftierung und Misshandlung seiner Person aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Moslembruderschaft für die Behörde zwar glaubhaft, jedoch für das gegenständliche Verfahren - welches sich auf die in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Ukraine vorgebrachte Bedrohung beschränke - nicht von Relevanz gewesen wäre. In Bezug auf die in der Ukraine angeblich vom Schwiegervater des Erstbeschwerdeführers ausgegangene Bedrohung sei es einerseits zu Widersprüchen dahingehend gekommen, ob der Erstbeschwerdeführer, wie in der Erstbefragung angeführt, zweimal, oder, wie vor der belangten Behörde zu Protokoll gegeben, zehn- bis zwölfmal, geschlagen worden wäre, bevor er die Ukraine im Jahr 2012 mit seiner Frau Richtung Ägypten verlassen hätte. Die Zweitbeschwerdeführerin wäre bereits im September 2013 und der Erstbeschwerdeführer im April 2014 in die Ukraine zurückgekehrt, wo sie fortan bis zu ihrer Ausreise im August 2015 gelebt hätten. Wäre die Situation tatsächlich so gefährlich gewesen und hätte der Schwiegervater tatsächlich mit einer Wegnahme ihres Sohnes gedroht, so hätte die Zweitbeschwerdeführerin sofort nach ihrem Zusammentreffen mit ihrem Vater im Winter 2013 eine neue Zuflucht gesucht und sich in einem anderen Ort der Ukraine niedergelassen, ohne ihren Vater von ihrem neuen Aufenthaltsort in Kenntnis zu setzen. Würde die vom Schwiegervater ausgehende Bedrohungssituation der Wahrheit entsprechen, so wären die beschwerdeführenden Parteien nach April 2014 mit Sicherheit nicht noch mehr als sechzehn Monate in der Ukraine verblieben, bevor sie das Land verlassen hätten. In diesem Zusammenhang sei es auch nicht plausibel, weshalb die Schwiegereltern angesichts der geschilderten Probleme im Besitz der Originaldokumente betreffend den Drittbeschwerdeführer sein sollten. Aufgrund der nachträglich in Vorlage gebrachten Kopien der erwähnten Dokumente ginge die Behörde davon aus, dass der Erstbeschwerdeführer mit seinen Schwiegereltern in Kontakt stünde und die Bedrohung nicht der Wahrheit entspreche.

Die Ukraine zähle laut Verordnung der Bundesregierung seit Februar 2018 zu den sicheren Herkunftsstaaten. Die Konversion der Zweitbeschwerdeführerin zum Islam erweise sich einerseits deshalb als nicht glaubhaft, da die Zweitbeschwerdeführerin diesbezüglich keinen genauen Zeitpunkt habe angeben können, während der Erstbeschwerdeführer erklärt hätte, seine Frau wäre Ende 2011 zum Islam konvertiert. Die Zweitbeschwerdeführerin habe überdies anlässlich der Erstbefragung zu Protokoll gegeben, orthodox zu sein und nach Ansicht der Behörde auch aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes überhaupt nicht den Anschein einer Zugehörigkeit zur islamischen Glaubensgemeinschaft erweckt. Eine Bestätigung über eine allfällige Konversion sei der Behörde nicht vorgelegt worden. In den Verfahren der Zweitbeschwerdeführerin und des minderjährigen Drittbeschwerdeführers seien keine darüberhinausgehenden individuellen Fluchtgründe geltend gemacht worden.

Es lägen bei den beschwerdeführenden Parteien jeweils keine schwerwiegenden Erkrankungen vor, welche ein auf die Ukraine bezogenes Rückkehrhindernis darstellen würden. Die beschwerdeführenden Parteien würden aktuell jeweils keine Psychotherapie in Anspruch nehmen, der Erstbeschwerdeführer nehme Medikamente im Hinblick auf die vorgebrachten psychischen Probleme sowie einen Betablocker ein, die Zweitbeschwerdeführerin nehme lediglich bei Bedarf Schlaftabletten ein. Eine Behandlung der angeführten Beschwerden sei laut Anfragebeantwortung auch in der Ukraine möglich und den beschwerdeführenden Parteien zugänglich, zumal die medizinische Grundversorgung für ukrainische Staatsangehörige kostenlos gewährleistet wäre. Die beschwerdeführenden Parteien würden über Verwandte in der Ukraine verfügen, der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin seien als selbsterhaltungsfähig zu erachten und würden beide über eine fundierte Ausbildung verfügen.

In einer Gesamtschau lägen daher keine Anhaltspunkte vor, dass die beschwerdeführenden Parteien bei einer Rückkehr in ihrem Leben oder ihrer körperlichen Unversehrtheit bedroht wären oder in eine Notlage entsprechend Artikel 2, 3 EMRK geraten würden. Die beschwerdeführenden Parteien würden hier außerhalb ihrer Kernfamilie keine engen sozialen Bezugspunkte aufweisen, ebensowenig läge eine tiefgreifende Integration vor. Da die beschwerdeführenden Parteien aus einem sicheren Herkunftsstaat stammen, sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 1 BFA-VG abzuerkennen gewesen.

Das im Falle des Erstbeschwerdeführers erlassene Einreiseverbot wurde im Wesentlichen damit begründet, dass dieser der Muslimbruderschaft angehöre, welche in Ägypten verboten und als Terrororganisation eingestuft wäre. Ziel der Muslimbruderschaft weltweit sei es, die islamische Vorherrschaft und in diesem Zusammenhang die Einsetzung der Scharia als Ersatz der weltlichen Gesetzgebung voranzutreiben. Die Muslimbruderschaft gelte als sunnitisch islamistische Dachorganisation, quasi die geistigen Eliten und Vordenker für ihren militärisch-terroristischen Arm (z.B. Al Qaida, Hamas, Daesh....). In Europa sei die Muslimbruderschaft bemüht, staatliche Strukturen und auch Parteien zu infiltrieren, um an Einfluss zu gewinnen. In Ägypten sei die Muslimbruderschaft offensichtlich nicht nur propagandistisch tätig, sondern auch massiv für Anschläge und deren Vorbereitung verantwortlich.

Da der Erstbeschwerdeführer laut seinen Angaben in der sogenannten "MURSI-Zeit" aktiv für die Muslimbruderschaft tätig gewesen wäre und sich auch heute noch dazu bekenne, der Gruppe anzugehören, stelle ein weiterer Aufenthalt seiner Person in Österreich eine Gefahr für die öffentliche Ordnung, Ruhe und Sicherheit im Bundesgebiet dar.

Mit Bescheid vom 08.08.2018 berichtigte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den im Bescheid der Zweitbeschwerdeführerin nicht zur Gänze ausgeschriebenen Spruchpunkt VII. gemäß § 62 Abs. 4

AVG.

Am 30.08.2018 legte die Zweitbeschwerdeführerin einen Mutter-Kind-Pass, aus dem sich eine aktuelle Schwangerschaft mit einem errechneten Geburtstermin im Februar 2019 ergibt, sowie ein Informationsblatt bezüglich der Einschulung des Drittbeschwerdeführers in die Volksschule im September 2018 vor.

3. Mit für alle Familienmitglieder gleichlautendem Schriftsatz vom 04.09.2018 wurde unter gleichzeitiger Bekanntgabe des im Spruch bezeichneten Vollmachtsverhältnisses die verfahrensgegenständliche Beschwerde im vollen Umfang erhoben. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Meinung der Behörde, wonach sich die vom Erstbeschwerdeführer in Bezug auf Ägypten geschilderten Gründe als irrelevant erwiesen, nicht überzeugen würde; zwar habe der Erstbeschwerdeführer vor seiner Flucht aus der Ukraine einen Antrag auf Erteilung der Staatsbürgerschaft gestellt, doch habe er sich zum Zeitpunkt der angeblichen Verleihung nachweislich nicht mehr in der Ukraine befunden, weshalb er die ukrainische Staatsbürgerschaft offensichtlich faktisch nicht besitzen würde, zumal das Bundesamt selbst ausführe, dass Doppelstaatsbürgerschaften in der Ukraine nicht möglich wären und der Erstbeschwerdeführer weder die ukrainische Staatsbürgerschaft angenommen, noch die ägyptische abgelegt hätte. Ob die Verleihungsentscheidung unter diesen Umständen und angesichts seines bereits dreijährigen Aufenthalts in Österreich überhaupt noch aufrecht wäre, erweise sich als fragwürdig. Rechtswirksam könne diese angebliche Verleihung der Staatsbürgerschaft jedoch nie geworden sein, weshalb die Behörde zur Prüfung der Befürchtungen der durch den Erstbeschwerdeführer in Bezug auf Ägypten geäußerten Rückkehrbefürchtungen verpflichtet gewesen wäre. Da die Behörde diese Befürchtungen als glaubwürdig erachtet habe, hätte diesem die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt werden müssen und davon abgeleitet auch seiner Frau und seinem Kind. Zur Situation in Ägypten werde auf aktuelle mediale Berichterstattung sowie einen Bericht von Human Rights Watch aus Juni 2015 verwiesen. In Bezug auf die Befürchtungen der beschwerdeführenden Parteien hinsichtlich der Ukraine sei, soweit die Behörde mit Widersprüchen zwischen Erstbefragung und Einvernahme vor dem Bundesamt argumentiere, darauf zu verweisen, dass die Erstbefragung gesetzlich nicht zu einer erschöpfenden Darstellung der Fluchtgründe eines Asylwerbers gedacht wäre. Die Behauptungen der Behörde zu abweichenden Angaben des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin würden nicht überzeugen, vielmehr hätten die Genannten konkrete und umfangreiche Ausführungen zu den fluchtauslösenden Vorfällen erstattet. Auch der Umstand, dass die beschwerdeführenden Parteien noch kurz im Land verblieben wären, bevor sie die Mittel zur Flucht hätten zusammentragen können, sei in keiner Weise geeignet, deren Glaubwürdigkeit in Frage zu stellen. Die Länderberichte zur Ukraine würden bestätigen, dass rassistisch motivierte Angriffe Alltag wären und insbesondere muslimische Personen bedroht wären, Opfer von Schlägerbanden zu werden, wobei die ukrainischen Behörden weder gewillt, noch in der Lage, wären, diesen Banden Einhalt zu gebieten, zumal die Ukraine gerade auf deren Unterstützung im Kampf gegen die Separatisten angewiesen wäre. Auch einer von Privatpersonen oder einer privaten Gruppierung ausgehenden Verfolgung könne Asylrelevanz beigemessen werden, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage wäre, diese Verfolgungshandlungen zu unterbinden. Dies treffe im Falle der beschwerdeführenden Parteien zu, da die ukrainischen Sicherheitsbehörden nunmehr schon seit Jahren daran scheitern würden, Kerngebiete des ukrainischen Staatsgebiets zurückzuerobern. Den beschwerdeführenden Parteien wäre schon deshalb subsidiärer Schutz zuzuerkennen gewesen, da sie andernfalls vermutlich als Familie zerrissen werden würden, da der Erstbeschwerdeführer kein Aufenthaltsrecht in der Ukraine mehr besitze. Die beschwerdeführenden Parteien hätten sich bereits in beachtlicher Weise in Österreich eingefunden und angepasst, das gemeinsame Kind sei in Österreich sozialisiert und hätte die prägende Phase seines Lebens hier verbracht. Der bloße Verweis auf die Aufenthaltsdauer könne alleine kein überzeugender Grund für die Verneinung eines schutzwürdigen Familien- und Privatlebens der beschwerdeführenden Parteien darstellen, zumal diese Beweismittel für ihre erfolgte Integration hätten vorweisen können. Die Notwendigkeit der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung sei ebensowenig zu erkennen, wie eine in diesem Zusammenhang stattgefundene individuelle Prüfung. Beantragt wurde unter anderem, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, einen landeskundlichen Sachverständigen zu beauftragen, welcher sich mit der aktuellen Situation in Ägypten sowie in der Ukraine befasse, sowie eine Untersuchung bezüglich der Staatsbürgerschaft des Erstbeschwerdeführers und eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchzuführen.

4. Die Beschwerdevorlage des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl langte am 21.09.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Auf Grundlage der Verwaltungsakte der belangten Behörde und der in diesem Verfahren herangezogenen Hintergrundberichte zur aktuellen relevanten Lage in der Ukraine wird seitens des Bundesverwaltungsgerichtes Folgendes festgestellt:

1.1. Die beschwerdeführenden Parteien sind Staatsangehörige der Ukraine, welche gemeinsam in das Bundesgebiet einreisten und am 06.11.2015 die verfahrensgegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz gestellt haben. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind verheiratet und Eltern des minderjährigen Drittbeschwerdeführers. Der Erstbeschwerdeführer ist ägyptischer Abstammung, bekennt sich zum islamischen Glauben sunnitischer Ausrichtung und gehört der islamischen Bruderschaft/Muslimbruderschaft an. Die Zweitbeschwerdeführerin gehört der slawischen Volksgruppe an; eigenen Angaben zufolge ist sie infolge der Eheschließung mit dem Erstbeschwerdeführer vom orthodoxen zum islamischen Glauben konvertiert.

1.2. Nicht festgestellt werden kann, dass die beschwerdeführenden Parteien in der Ukraine aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Ansichten bedroht wären. Im Entscheidungszeitpunkt konnte keine aktuelle Gefährdung der beschwerdeführenden Parteien in der Ukraine festgestellt werden.

Ebenfalls nicht festgestellt werden kann, dass die beschwerdeführenden Parteien im Fall ihrer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Ukraine in ihrem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht wären.

Die beschwerdeführenden Parteien leiden an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten, welche einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat entgegenstehen würden. In der Ukraine besteht eine ausreichende medizinische Grundversorgung. Die Zweitbeschwerdeführerin ist derzeit schwanger, der errechnete Geburtstermin liegt im Februar 2019, wobei keine Hinweise auf das Vorliegen einer Risikoschwangerschaft bestehen.

1.3. Die unbescholtenen beschwerdeführenden Parteien verfügen in Österreich über kein schützenswertes Privat- oder Familienleben. Die beschwerdeführenden Parteien führen ein Familienleben lediglich untereinander und weisen keine darüberhinausgehenden engen sozialen Bindungen im Bundesgebiet auf. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin haben Deutschkurse besucht und jeweils eine Deutschprüfung auf dem Niveau A1 absolviert, darüber hinaus haben sie einen "Integrationspass" in ihrem Wohnort erlangt. Der Erstbeschwerdeführer hat Ende Juni 2018 eine Beschäftigung auf geringfügiger Basis aufgenommen, er hat eine Einstellungszusage eines Internet-Callshops vorgelegt und ist, ebenso wie die Zweitbeschwerdeführerin, an einer Caritas-Schule für Sozialbetreuung mit Ausbildungsbeginn im September 2018 aufgenommen worden. Der minderjährige Drittbeschwerdeführer hat in Österreich den Kindergarten besucht, in diesem Rahmen deutsche Sprachkenntnisse erworben und wurde im September 2018 eingeschult. Eine tiefgreifende Verwurzelung der beschwerdeführenden Parteien im Bundesgebiet konnte nicht erkannt werden.

Eine die beschwerdeführenden Parteien betreffende aufenthaltsbeendende Maßnahme würde keinen ungerechtfertigten Eingriff in deren gemäß Art. 8 EMRK geschützte Rechte auf Privat- und Familienleben darstellen.

1.4. Der Erstbeschwerdeführer war eigenen Angeben zufolge in der sogenannten "Mursi-Zeit" aktiv für die Muslimbruderschaft in Ägypten tätig. Ein weiterer Aufenthalt seiner Person im Bundesgebiet dürfte nach Einschätzung XXXX offensichtlich eine Gefahr für die öffentliche Ordnung, Ruhe und Sicherheit darstellen.

1.5. Insbesondere zur allgemeinen Situation und Sicherheitslage, zur allgemeinen Menschenrechtslage, zur medizinischen Versorgungssituation und zur Lage von Rückkehrern wird unter Heranziehung der erstinstanzlichen Länderfeststellungen Folgendes festgestellt:

KI vom 19.12.2017, Antikorruption (relevant für Abschnitt 2/Politische Lage, Abschnitt 4/Rechtsschutz/Justizwesen und Abschnitt 7/Korruption)

Die Ukraine hat seit 2014 durchaus Maßnahmen gesetzt, um die Korruption zu bekämpfen, wie die Offenlegung der Beamtenvermögen und die Gründung des Nationalen Antikorruptionsbüros (NABU). Gemeinsam mit dem ebenfalls neu geschaffenen Antikorruptionsstaatsanwalt kann das NABU viele Fälle untersuchen und hat einige aufsehenerregende Anklagen vorbereitet, u.a. wurde der Sohn des ukrainischen Innenministers festgenommen. Doch ohne ein spezialisiertes Antikorruptionsgericht läuft die Arbeit der Ermittler ins Leere, so die Annahme der Kritiker, da an normalen Gerichten die Prozesse erfahrungsgemäß eher verschleppt werden können. Das Antikorruptionsgericht sollte eigentlich bis Ende 2017 seine Arbeit aufnehmen, wurde aber noch immer nicht formell geschaffen. Präsident Poroschenko äußerte unlängst die Idee, eine auf Korruption spezialisierte Kammer am Obersten Gerichtshof sei ausreichend und schneller einzurichten. Diesen Vorschlag lehnte jedoch der Internationale Währungsfonds (IWF) ab. Daher bot Poroschenko eine Doppellösung an: Zuerst solle die Kammer eingerichtet werden, später das unabhängige Gericht. Der Zeitplan dafür ist jedoch offen (NZZ 9.11.2017).

Kritiker sehen darin ein Indiz für eine Einflussnahme auf die Justiz durch den ukrainischen Präsident Poroschenko. Mit Juri Luzenko ist außerdem Poroschenkos Trauzeuge Chef der Generalstaatsanwaltschaft, welche von Transparency International als Behörde für politische Einflussnahme bezeichnet wird. Tatsächlich berichtet die ukrainische Korruptionsstaatsanwaltschaft von Druck und Einflussnahme auf ihre Ermittler (DS 30.10.2017).

Ende November 2017 brachten Abgeordnete der Regierungskoalition zudem einen Gesetzentwurf ein, der eine "parlamentarische Kontrolle" über das NABU vorsah und heftige Kritik der westlichen Partner und der ukrainischen Zivilgesellschaft auslöste (UA 13.12.2017). Daraufhin wurde der Gesetzesentwurf wieder von der Tagesordnung genommen (DS 7.12.2017), dafür aber der Vorsitzende des Komitees der Werchowna Rada zur Korruptionsbekämpfung entlassen, welcher die Ernennung des von der Regierung bevorzugten Kandidaten für das Amt des Auditors im NABU blockiert hatte (UA 13.12.2017).

Im Zentrum der ukrainischen Hauptstadt Kiew haben zuletzt mehrere Tausend Menschen für eine Amtsenthebung von Präsident Petro Poroschenko demonstriert. Die Kundgebung wurde von Micheil Saakaschwili angeführt - Ex-Staatschef Georgiens und Ex-Gouverneur des ukrainischen Odessa, der ursprünglich von Präsident Poroschenko geholt worden war, um gegen die Korruption vorzugehen. Saakaschwili wirft Poroschenko mangelndes Engagement im Kampf gegen die Korruption vor und steht seit einigen Wochen an der Spitze einer Protestbewegung gegen den ukrainischen Präsidenten. Mit seinen Protesten will er vorgezogene Neuwahlen erzwingen. Saakaschwili war Anfang Dezember, nach einer vorläufigen Festnahme, von einem Gericht freigelassen worden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn wegen Organisation eines Staatsstreiches (DS 17.12.2017).

Die EU hat jüngst die Auszahlung eines Hilfskredits über 600 Mio. €

an die Ukraine gestoppt, und der Internationale Währungsfonds (IWF) ist ebenfalls nicht zur Gewährung von weiteren Hilfskrediten bereit, solange der Kampf gegen die grassierende Korruption nicht vorankommt (NZZ 18.12.2017). Der IWF hat die Ukraine aufgefordert, die Unabhängigkeit von NABU und Korruptionsstaatsanwaltschaft zu gewährleisten und rasch einen gesetzeskonformen Antikorruptionsgerichtshof im Einklang mit den Empfehlungen der Venediger Kommission des Europarats zu schaffen (UA 13.12.2017).

Quellen:

-

DS - Der Standard (17.12.2017): Tausende fordern in Kiew Amtsenthebung von Poroschenko,

http://derstandard.at/2000070553927/Tausende-fordern-in-Kiew-Amtsenthebung-von-Poroschenko?ref=rec, Zugriff 19.12.2017

-

DS - Der Standard (7.12.2017): Interventionen verhindern Gesetz gegen ukrainisches Antikorruptionsbüro, http://derstandard.at/2000069775196/Ukrainischer-Antikorruptionsbehoerde-droht-Verlust-an-Unabhaengigkeit, Zugriff 19.12.2017

-

DS - Der Standard (30.10.2017): Die ukrainische Justizfassade bröckelt noch immer,

http://derstandard.at/2000066853489/Die-ukrainische-Justizfassade-broeckelt-noch-immer?ref=rec, Zugriff 19.12.2017

-

NZZ - Neue Zürcher Zeitung (18.12.2017): Das politische Risiko in der Ukraine ist zurück,

https://www.nzz.ch/finanzen/das-politische-risiko-in-der-ukraine-ist-zurueck-ld.1340458, Zugriff 19.12.2017

-

NZZ - Neue Zürcher Zeitung (9.11.2017): Der ukrainische Präsident verschleppt längst überfällige Reformen, https://www.nzz.ch/meinung/ukraine-revolution-im-rueckwaertsgang-ld.1327374, Zugriff 19.12.2017

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UA - Ukraine Analysen (13.12.2017): Ukraine Analysen Nr. 193, http://www.laender-analysen.de/ukraine/pdf/UkraineAnalysen193.pdf?utm_source=newsletter&utm_medium=email&utm_campaign=Ukraine-Analysen+193&newsletter=Ukraine-Analysen+193, Zugriff 19.12.2017

Politische Lage

Die Ukraine ist eine parlamentarisch-präsidiale Republik. Ihr Staatsoberhaupt ist seit 7.6.2014 Präsident Petro Poroschenko. Regierungschef ist seit 14.4.2016 Ministerpräsident Wolodymyr Hroisman. Das Parlament (Verkhovna Rada) der Ukraine besteht aus einer Kammer; 225 Sitze werden über ein Verhältniswahlsystem mit Listen vergeben, 225 weitere Sitze werden in Mehrheitswahl an Direktkandidaten in den Wahlkreisen vergeben. 27 Mandate bleiben aufgrund der Krim-Besetzung und des Konflikts in der Ost-Ukraine derzeit unbesetzt. Im Parlament sind folgende Fraktionen und Gruppen vertreten (mit Angabe der Zahl der Sitze):

Block von Petro Poroschenko (Blok Petra Poroschenka)

142

Volksfront (Narodny Front)

81

Oppositionsblock (Oposyzijny Blok)

43

Selbsthilfe (Samopomitsch)

26

Radikale Partei von Oleh Ljaschko (Radykalna Partija Oleha Ljaschka)

20

Vaterlandspartei (Batkiwschtschyna)

20

Gruppe Wolja Narodu

19

Gruppe Widrodshennja

24

Fraktionslose Abgeordnete

48

(AA 2.2017a)

Der nach der "Revolution der Würde" auf dem Kiewer Maidan im Winter 2013/2014 und der Flucht von Wiktor Janukowytsch mit großer Mehrheit bereits im ersten Wahldurchgang zum Präsidenten gewählte Petro Poroschenko verfolgt seither mit unterschiedlichen Koalitionen eine europafreundliche Reformpolitik. Zu den Schwerpunkten des Regierungsprogramms gehören die Bekämpfung der Korruption sowie eine Verfassung- und Justizreform. Die Parteienlandschaft ist pluralistisch und reflektiert alle denkbaren Strömungen von national-konservativ bis links-sozialistisch. Die kommunistische Partei ist verboten. Die Regierung Hrojsman, die seit April 2016 im Amt ist, setzt den euroatlantischen Integrationskurs der Vorgängerregierung unter Arseni Jazenjuk fort und hat trotz zahlreicher koalitionsinterner Querelen und zum Teil großer Widerstände wichtige Reformen erfolgreich durchführen können. Gleichwohl sind die Erwartungen der Öffentlichkeit zu Umfang und Tempo der Reformen bei weitem nicht befriedigt (AA 7.2.2017).

Die Präsidentenwahlen des Jahres 2014 werden von internationalen und nationalen Beobachtern als frei und fair eingestuft (USDOS 3.3.2017a).

Ukrainische Bürger können seit 11. Juni 2017 ohne Visum bis zu 90 Tage in die Europäische Union reisen, wenn sie einen biometrischen Pass mit gespeichertem Fingerabdruck besitzen. Eine Arbeitserlaubnis ist damit nicht verbunden. Die Visabefreiung gilt für alle EU-Staaten mit Ausnahme Großbritanniens und Irlands (DS 11.6.2017).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (7.2.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine, https://www.ecoi.net/file_upload/4598_1488455088_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-ukraine-stand-januar-2017-07-02-2017.pdf, Zugriff 31.5.2017

-

AA - Auswärtiges Amt (2.2017a): Ukraine, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/01-Nodes_Uebersichtsseiten/Ukraine_node.html, Zugriff 31.5.2017

-

DS - Der Standard (11.6.2017): Ukrainer feierten Aufhebung der Visapflicht für die EU,

http://derstandard.at/2000059097595/Ukrainer-feierten-Aufhebung-der-Visapflicht-fuer-die-EU, Zugriff 19.6.2017

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017a): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Ukraine, https://www.ecoi.net/local_link/337222/480033_de.html, Zugriff 31.5.2017

1. Sicherheitslage

Der nach der "Revolution der Würde" auf dem Kiewer Maidan im Winter 2013/2014 und der Flucht von Wiktor Janukowytsch vom mit großer Mehrheit bereits im ersten Wahlgang am 07.06.2014 direkt zum Präsidenten gewählte Petro Poroschenko verfolgt eine europafreundliche Reformpolitik, die von der internationalen Gemeinschaft maßgeblich unterstützt wird. Diese Politik hat zu einer Stabilisierung der Verhältnisse im Inneren geführt, obwohl Russland im März 2014 die Krim annektierte und seit Frühjahr 2014 separatistische "Volksrepubliken" im Osten der Ukraine unterstützt (AA 7.2.2017).

Die ukrainische Regierung steht für einen klaren Europa-Kurs der Ukraine und ein enges Verhältnis zu den USA. Das 2014 von der Ukraine unterzeichnete und ratifizierte Assoziierungsabkommen mit der EU ist zum Jahresbeginn 2016 in Kraft getreten und bildet die Grundlage der Beziehungen der Ukraine zur EU. Es sieht neben der gegenseitigen Marktöffnung die Übernahme rechtlicher und wirtschaftlicher EU-Standards durch die Ukraine vor. Das Verhältnis zu Russland ist für die Ukraine von zentraler Bedeutung. Im Vorfeld der ursprünglich für November 2013 geplanten Unterzeichnung des EU-Assoziierungsabkommens übte Russland erheblichen Druck auf die damalige ukrainische Regierung aus, um sie von der EU-Assoziierung abzubringen und stattdessen einen Beitritt der Ukraine zur Zollunion/Eurasischen Wirtschaftsgemeinschaft herbeizuführen. Nach dem Scheitern dieses Versuchs und dem Sturz von Präsident Janukowytsch verschlechterte sich das russisch-ukrainische Verhältnis dramatisch. In Verletzung völkerrechtlicher Verpflichtungen und bilateraler Verträge annektierte Russland im März 2014 die Krim und unterstützt bis heute die bewaffneten Separatisten im Osten der Ukraine (AA 2.2017c).

Die sogenannten "Freiwilligen-Bataillone" nehmen offiziell an der "Anti-Terror-Operation" der ukrainischen Streitkräfte teil. Sie sind nunmehr alle in die Nationalgarde eingegliedert und damit dem ukrainischen Innenministerium unterstellt. Offiziell werden sie nicht mehr an der Kontaktlinie eingesetzt, sondern ausschließlich zur Sicherung rückwärtiger Gebiete. Die nicht immer klare hierarchische Einbindung dieser Einheiten hatte zur Folge, dass es auch in den von ihnen kontrollierten Gebieten zu Menschenrechtsverletzungen gekommen ist, namentlich zu Freiheitsberaubung, Erpressung, Diebstahl und Raub, eventuell auch zu extralegalen Tötungen. Diese Menschenrechtsverletzungen sind Gegenstand von allerdings teilweise schleppend verlaufenden Strafverfahren. Der ukrainische Sicherheitsdienst SBU bestreitet, trotz anderslautender Erkenntnisse von UNHCHR, Personen in der Konfliktregion unbekannten Orts festzuhalten und verweist auf seine gesetzlichen Ermittlungszuständigkeiten. In mindestens einem Fall haben die Strafverfolgungsbehörden bisher Ermittlung wegen illegaler Haft gegen Mitarbeiter der Sicherheitsbehörden aufgenommen (AA 7.2.2017).

Seit Ausbruch des Konflikts im Osten der Ukraine in den Regionen Lugansk und Donezk im April 2014 zählte das Büro des Hochkommissars für Menschenrechte der UN (OHCHR) 33.146 Opfer des Konflikts, davon

9.900 getötete und 23.246 verwundete Personen (inkl. Militär, Zivilbevölkerung und bewaffnete Gruppen). Der Konflikt wird von ausländischen Kämpfern und Waffen, die nach verschiedenen Angaben aus der Russischen Föderation in die nicht von der ukrainischen Regierung kontrollierten Gebiete (NGCA) gebracht werden, angeheizt. Zudem gibt es eine massive Zerstörung von zivilem Eigentum und Infrastruktur in den Konfliktgebieten. Auch Schulen und medizinische Einrichtungen sind betroffen. Zuweilen ist vielerorts die Strom- und Wasserversorgung unterbrochen, ohne die im Winter auch nicht geheizt werden kann. Der bewaffnete Konflikt stellt einen Bruch des Internationalen Humanitären Rec

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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