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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
BAO §207 Abs2 idF 1998/I/009 ;Beachte
Besprechung in: AnwBl 9/1999, S 573 - S 580;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa, über die Beschwerde der R in N, vertreten durch Dr. Karl-Heinz Götz, Rechtsanwalt in Neusiedl am See, Untere Hauptstraße 72, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 9. Februar 1999, Zl. GA 9 - 313/98, betreffend Rückerstattung von Bundesstempelmarken, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und dem mit dem Verfahrenshilfeantrag vorgelegten Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:
Von der Beschwerdeführerin wurde am 31. Dezember 1997 beim Verfassungsgerichtshof eine ordnungemäß gestempelte Beschwerdeschrift eingebracht, welche dort zur Zl. B 3176/97 protokolliert worden war. Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung dieser Beschwerde mit Beschluss vom 23. Februar 1998 ab. Daraufhin beantragte die Beschwerdeführerin am 9. April 1998, die Rechtssache an den Verwaltungsgerichtshof abzutreten. Der Antrag war mit S 180,-- Bundesstempelmarken gestempelt. In Stattgebung dieses Antrages trat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde mit Beschluss vom 14. April 1998 dem Verwaltungsgerichtshof zur weiteren Behandlung ab.
Mit Schreiben vom 13. Mai 1998 wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, binnen Wochenfrist ein festgestelltes Stempelgebrechen durch Nachreichung von S 2.320,-- in Bundesstempelmarken zu beheben. Dieser Aufforderung kam die Beschwerdeführerin nach und stellte am 14. Mai 1998 beim Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien den Antrag auf Rückerstattung der S 2.320,--, weil für den Abtretungsantrag lediglich S 180,-- Bundesstempel zu entrichten gewesen wären. Das Finanzamt erledigte diesen Antrag nicht, weshalb die Beschwerdeführerin gemäß § 311 Abs. 2 BAO einen Devolutionsantrag an die belangte Behörde richtete.
Mit dem hier angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde das Ansuchen der Beschwerdeführerin um Rückerstattung von S 2.320,-- Bundesstempelmarken ab. Die Beschwerdeführerin habe übersehen, dass im Zeitpunkt des Einlangens des Antrages auf Entscheidung über die Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof die Gebühr gemäß § 24 Abs. 3 VwGG zu entrichten gewesen sei. Das Ersuchen an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtssache zu entscheiden, sei als eigene Beschwerde gebührenpflichtig.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin hat zunächst anlässlich der Verfassungsgerichtshofbeschwerde eine Gebühr gemäß § 17a Abs. 1 VfGG (in der Fassung BGBl. I Nr. 88/1997) entrichtet. Diese Bestimmung lautet:
"§ 17a. (1) Für Anträge einzelner, mit Ausnahme von Gebietskörperschaften, nach § 15 Abs. 1 - einschließlich der Beilagen - ist spätestens im Zeitpunkt ihrer Überreichung eine Gebühr von 2 500 S zu entrichten. Die Gebühr ist durch Aufkleben von Stempelmarken auf einer Ausfertigung des Antrages oder durch Einzahlung mit Erlagschein auf das Konto des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien unter Angabe des Verwendungszwecks zu entrichten. Die Stempelmarken sind durch amtliche Überstempelung mit einer Amtsstampiglie des Gerichtshofes so zu entwerten, dass der Stempelaufdruck zum Teil auf dem farbigen Feld der Stempelmarke und zum Teil auf dem die Marke tragenden Papier ersichtlich wird. Bei Entrichtung durch Erlagscheineinzahlung ist der postamtlich bestätigte Nachweis der Beschwerdeschrift anzuschließen; eine Rückgabe des Zahlungsnachweises an den Beschwerdeführer ist nur nach Anbringen eines deutlichen Sichtvermerkes durch die Einlaufstelle des Gerichtshofes möglich; auf der beim Gerichtshof verbleibenden Beschwerdeausfertigung ist von einem Organ der Einlaufstelle zu bescheinigen, dass die durch Erlagscheineinzahlung erfolgte Gebührenentrichtung nachgewiesen wurde. Im Übrigen gelten - mit Ausnahme des § 14 des Gebührengesetzes 1957, BGBl. Nr. 267 in der jeweils geltenden Fassung - die auch für Eingaben maßgeblichen sonstigen Bestimmungen des Gebührengesetzes sinngemäß. Die Erhebung der Gebühr, die eine in Wertzeichen zu entrichtende Abgabe im Sinne der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 in der jeweils geltenden Fassung, ist, obliegt in erster Instanz dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien. Die Gebühr ist eine ausschließliche Bundesabgabe. "
Aufgrund einer Aufforderung durch den Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerdeführerin die Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG (in der Fassung BGBl. I Nr. 88/1997) entrichtet, deren Rückerstattung (abgesehen von S 180,--) sie nunmehr begehrt. Diese Bestimmung lautet:
"(3) Für Beschwerden, Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens einzelner, mit Ausnahme von Gebietskörperschaften - einschließlich der Beilagen -, ist spätestens im Zeitpunkt ihrer Überreichung eine Gebühr von 2 500 S zu entrichten. Die Gebühr ist durch Aufkleben von Stempelmarken auf einer Ausfertigung der Schriftsätze oder durch Einzahlung mit Erlagschein auf das Konto des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien unter Angabe des Verwendungszwecks zu entrichten. Die Stempelmarken sind durch amtliche Überstempelung mit einer Amtsstampiglie des Gerichtshofes so zu entwerten, dass der Stempelaufdruck zum Teil auf dem farbigen Feld der Stempelmarke und zum Teil auf dem die Marke tragenden Papier ersichtlich wird. Bei Entrichtung durch Erlagscheineinzahlung ist der postamtlich bestätigte Nachweis der Beschwerdeschrift anzuschließen; eine Rückgabe des Zahlungsnachweises an den Beschwerdeführer ist nur nach Anbringen eines deutlichen Sichtvermerkes durch die Einlaufstelle des Gerichtshofes möglich; auf der beim Gerichtshof verbleibenden Beschwerdeausfertigung ist von einem Organ der Einlaufstelle zu bescheinigen, dass die durch Erlagscheineinzahlung erfolgte Gebührenentrichtung nachgewiesen wurde. Im Übrigen gelten - mit Ausnahme des § 14 des Gebührengesetzes 1957, BGBl. Nr. 267 in der jeweils geltenden Fassung - die auch für Eingaben maßgeblichen sonstigen Bestimmungen des Gebührengesetzes sinngemäß. Die Erhebung der Gebühr, die eine in Wertzeichen zu entrichtende Abgabe im Sinne der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 in der jeweils geltenden Fassung, ist, obliegt in erster Instanz dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien. Die Gebühr ist eine ausschließliche Bundesabgabe."
Strittig ist im vorliegenden Fall, ob neben der gemäß § 17a VfGG bereits entrichteten Gebühr im Falle der Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof aufgrund eines gemäß Art. 144 Abs. 3 gestellten Antrages auch die Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG anfällt. Die Beschwerdeführerin meint dazu, dass der Abgabentatbestand des § 24 Abs. 3 VwGG durch eine Sukzessivbeschwerde gar nicht verwirklicht werde, weil weder eine neue Beschwerde eingebracht werde, noch eine der in jener Gesetzesbestimmung taxativ aufgezählten Eingaben vorliege, sodass für einen Abtretungsantrag ebenso wie einen allfälligen ergänzenden Schriftsatz alleine die Gebührenpflicht nach § 14 TP 5 und 6 GebG zum Tragen komme. Abtretungsanträge wie auch ergänzende Schriftsätze gemäß § 34 Abs. 2 VwGG seien im § 24 Abs. 3 VwGG nicht genannt, ebenso wenig wie ein Gebührentatbestand "Sukzessivbeschwerde". Der Umstand, dass ein und dieselbe Beschwerde, allenfalls nach Ergänzung, einer Prüfung nach unterschiedlichen Gesichtspunkten unterzogen werde, führe nicht zum Entstehen eines im Gesetz nicht vorgesehenen Abgabentatbestandes.
Die Frage der Vergebührung der Sukzessivbeschwerde wurde in der Literatur schon mehrfach behandelt; verwiesen sei hier auf die aktuellsten Ausführungen von Müller, Neuerungen bei Gebühren und Kosten im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof, in Thienel, Verwaltungsgerichtsbarkeit im Wandel (1999), 135 ff., sowie Arnold, Gebühren bei Einbringung der Beschwerde und Aufwandersatz in Holoubek/Lang, Das verwaltungsgerichtliche Verfahren in Steuersachen (1999), 197 ff.).
ARNOLD verweist darauf, dass der Abtretungsantrag wie die Urbeschwerde selbst an den Verfassungsgerichtshof zu richten waren, sodass dafür der abgabenrechtliche Tatbestand des VwGG nicht erfüllt werde. Bei der Sukzessivbeschwerde gebe es keine "zweite" Beschwerde, es komme auch zu keiner "Überreichung" der Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof. Der Autor kommt zum Ergebnis, dass für Sukzessivbeschwerden keine neuerliche Gebühr anfalle.
Auch MÜLLER geht davon aus, dass der Abtretungsantrag nicht den Gebührentatbestand des § 24 Abs. 3 VwGG erfüllen kann. Nach kritischer Auseinandersetzung mit der hg. Judikatur, wonach es sich bei der abgetretenen Beschwerde um eine Beschwerde handle, welche sukzessive erst vom Verfassungsgerichtshof und dann vom Verwaltungsgerichtshof zu behandeln sei (VwSlg. Nr. 11.815/A), gelangt er zum Ergebnis, dass es, wenn es zwei Verfahren gebe, prozessual gesehen es auch zwei prozesseinleitende Anträge, also zwei Beschwerden geben müsse. Die Erlaubnis, die zweite Beschwerde auch noch nach Ablauf der Beschwerdefrist beim Verwaltungsgerichtshof einbringen zu dürfen (mittels rechtzeitig gestellten Abtretungsantrages), sei der eigentliche Kern des Rechtsinstitutes der Sukzessivbeschwerde und setze daher konsequenterweise eine zulässige und rechtzeitige Verfassungsgerichtshofbeschwerde voraus. Es sei daher nicht schon der Abtretungsantrag, wohl aber die Verwaltungsgerichtshofbeschwerde im Sinne des § 24 Abs. 3 VwGG gebührenpflichtig und werde die Beschwerdegebühr nach dieser Bestimmung mit dem Einlangen des Aktes beim Verwaltungsgerichtshofes fällig.
Aus nachstehenden Erwägungen, die auch schon in der Kostenentscheidung im hg. Erkenntnis vom 30. April 1999, Zl. 99/16/0130, ausgesprochen wurden, nimmt der Verwaltungsgerichtshof das Vorliegen des Gebührentatbestandes des § 24 Abs. 3 VwGG auch bei der Sukzessivbeschwerde an:
Die Gebührenschuld nach § 24 Abs. 3 VwGG entsteht mit der Überreichung der Beschwerde; unter Überreichung ist aber, wie zuletzt im hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1999, Zl. 99/16/0118, dargetan wurde, das "Einlangen" beim Verwaltungsgerichtshof zu verstehen. Wenn ARNOLD (a.a.O., 227 f) damit argumentiert, dass es zu keiner "Überreichung" beim Verwaltungsgerichtshof komme, wenn der Verfassungsgerichtshof den Akt mit Abtretungsbeschluss an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtritt, ist dem zu entgegnen, dass auch bei der Postaufgabe keine "Überreichung" im Wortsinn erfolgt. Es kann aber nicht bezweifelt werden, dass eine unmittelbar an den Verwaltungsgerichtshof gerichtete, im Postweg übermittelte Beschwerde den Gebührentatbestand des § 24 Abs. 3 VwGG erfüllt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Beschwerde unabhängig davon "überreicht" wird, ob sie in der Einlaufstelle abgegeben, per Post übersendet oder vom Verfassungsgerichtshof über die Einlaufstelle übermittelt wird. Bei § 17a VfGG einerseits und § 24 Abs. 3 VwGG andererseits handelt es sich um jeweils verschiedene Abgabentatbestände, die aufeinander in keiner Weise Bezug nehmen. Der Gesetzgeber differenziert auch im § 207 Abs. 2 BAO in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 1998/9, zwischen Gebühren nach § 17a VfGG und Gebühren nach § 24 Abs. 3 VwGG. Mit dem Einlangen der abgetretenen Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof ist der gebührenpflichtige Tatbestand im Sinne des § 24 Abs. 3 VwGG somit (selbstständig) erfüllt.
Die Frage, ob es sich bei der Sukzessivbeschwerde um eine Beschwerde handelt oder ob in Wahrheit zwei Beschwerden vorliegen, muss nicht gelöst werden, weil es dem Gesetzgeber nicht verwehrt ist, ein und denselben Sachverhalt zwei oder mehreren Abgaben zu unterwerfen. Im Hinblick auf die Höhe der jeweiligen Gebühr von je S 2.500,-- kann auch von einer exzessiven Besteuerung der Überreichung von Beschwerden an beide Höchstgerichte keine Rede sein.
Da somit im vorliegenden Fall die Entrichtung der vollen Gebühr des § 24 Abs. 3 VwGG im Gesetz Deckung fand, hat die belangte Behörde das Rückzahlungsbegehren zu Recht abgewiesen.
Da schon der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorlag, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Wien, am 5. Juli 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1999160182.X00Im RIS seit
21.02.2002