TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/6 W154 2205792-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.12.2018
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Entscheidungsdatum

06.12.2018

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W154 2205792-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. KRACHER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, Staatsangehörigkeit Marokko, vertreten durch RA Dr. Wolfgang BLASCHITZ, gegen die weitere Anhaltung in Schubhaft auf Grund des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.08.2018, Zl. 1131179608/180742235, zu Recht erkannt:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (in Folge: BF) reiste erstmals am 10.12.2015 illegal in das Bundesgebiet ein und hielt sich für wenige Tage an einem Migrantenstützpunkt in Salzburg auf. Danach war er für die Behörden nicht mehr greifbar. Gegen den BF wurde am 12.02.2016 ein EU- Haftbefehl wegen des Verdachtes des Verstoßes gemäß § 278b StGB erlassen. Der BF wurde in Folge am 07.07.2016 von Beamten der belgischen Justizpolizei in Brüssel festgenommen und nach Durchführung des entsprechenden Verfahrens in Vollstreckung des EU-Haftbefehls am 24.08.2016 nach Österreich überstellt. Am 19.10.2016 brachte der BF in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz ein. Dieses Verfahren wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA) vom 29.11.2016, Zl. 1131179608/161474868, mangels eingebrachten Rechtsmittels rechtskräftig abgeschlossen. Mit der Entscheidung des BFA war eine Abweisung des Asylantrages gemäß § 3 und § 8 AsylG, sowie eine Rückkehrentscheidung nach Marokko, sowie der Ausspruch, dass die Abschiebung des BF nach Marokko zulässig sei, verbunden.

In Folge wurde über den BF in Österreich wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung gemäß § 278b Abs. 2 StGB vor dem LG Salzburg ein strafgerichtliches Verfahren (zu 38 Hv 62/18d) geführt. Mit Urteil des LG Salzburg vom 06.08.2018, zu 38 Hv 62/18d, wurde der BF von dem gegen ihn erhobenen Vorwurf der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung mangels Beweisen im Zweifel freigesprochen. Das Urteil erwuchs am 04.10.2018 in Rechtskraft.

Mit Bescheid des BFA vom 07.08.2018, Zl. 1131179608/180742235, wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm. § 57 Abs. 1 AVG Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Die Schubhaft wurde zum Anordnungszeitpunkt im Anhaltezentrum Vordernberg vollzogen.

Gegen diesen Bescheid erhob der BF Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Mit mündlich verkündetem Erkenntnis vom 21.09.2018 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzung vorlägen.

Die Entscheidung wurde damit begründet, dass gegen den BF eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Marokko bestehe. Es bestehe beim BF in Anbetracht des völligen Fehlens von Barmitteln, die ihm einen Unterhalt im Bundesgebiet sichern würden, des völligen Fehlens einer Unterkunft sowie sozialer Anknüpfungspunkte, die ihm eine Unterkunft im Bundesgebiet sicherstellen könnten, und wegen des noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahrens und wegen seiner bereits unter Beweis gestellten Tendenz, sich bei Gelegenheit nach Belgien oder in die Niederlande zu seinen Verwandten zu begeben, Fluchtgefahr und eine vom BF ausgehende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit, die selbst einer gelinderen Maßnahme, wie etwa der Unterbringung in der Bundesanstalt für Rückkehrberatung in Fieberbrunn, entgegenstünden. Darüber hinaus stehe die Abschiebung des BF nach Marokko in zeitlicher Nähe. Es bestünden daher keine Bedenken, dass die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid vom 07.08.2018 die Schubhaft über den BF angeordnet habe.

Am 05.11.2018 stellte der BF im Stande der Schubhaft einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Die Behörde verfasste am selben Tag einen Aktenvermerk gemäß § 76 Abs. 6 FPG, wonach Gründe zur Annahme bestünden, dass die Antragstellung offenbar nur deshalb erfolgt sei, um die Vollstreckung einer Abschiebung in den Herkunftsstaat durch Entlassung aus der Schubhaft und der Entziehung aus dem behördlichen Zugriff zu verhindern, zumal im Vorfeld trotz Befragung ausdrücklich kein solcher Antrag gestellt worden sei und aufgrund der Aktenlage ein Untertauchen sehr wahrscheinlich sei. Marokko gelte als ein sicherer Herkunftsstaat. Aus diesem Grund werde ein beschleunigtes Verfahren geführt werden und sei weiterhin eine zeitnahe Abschiebungsmöglichkeit in den Herkunftsstaat möglich. Nur im Fall der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das Bundesverwaltungsgericht sei ein geänderter Sachverhalt gegeben und sei die weitere Anhaltung in Schubhaft zumindest bis zum Abschluss des Verfahrens nicht mehr zulässig. Die weitere Anhaltung in Schubhaft trotz Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz als einzige Möglichkeit zur Sicherung des Verfahrenszweckes sei aufgrund der Tatsachenumstände notwendig. Für die Höchstdauer gelte § 80 Abs. 5 FPG.

Mit Bescheid des BFA vom 21.11.2018, Zahl: 1131179608 - 181054205/BMI-EAST_WEST, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 05.11.2018 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Der Bescheid wurde dem BF zu Handen seines rechtsfreundlichen Vertreters am 23.11.2018 zugestellt. Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt wurde keine Beschwerde gegen den genannten Bescheid eingebracht.

Am 16.11.2018 wurde seitens des Psychiaters des Anhaltezentrums Vordernberg beim BF Suizidalität festgestellt und die Einlieferung des BF in das LKH Graz Süd verfügt. Dort wurde der BF jedoch nicht stationär aufgenommen. Es wurde eine durchgehende Videoobservanz und medikamentöse Behandlung beauftragt.

Am 19.10.2018 und 16.11.2018 wurden Verhältnismäßigkeitsprüfungen gemäß § 80 Abs. 6 FPG seitens der belangten Behörde durchgeführt und dokumentiert.

Am 20.11.2018 wurde der BF vom Anhaltezentrum Vordernberg in das Polizeianhaltezentrum Wien, Hernalser Gürtel, verlegt, wo die Schubhaft bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt vollzogen wird.

Am 22.11.2018 legte das Bundesamt den Verwaltungsakt zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG vor.

Anlässlich der Aktenvorlage gab das Bundesamt eine Stellungnahme ab, in der es nach Darlegung des Sachverhaltes ausführte, dass sich die weitere Anhaltung des BF im Stande der Schubhaft - in Anbetracht der Gesamtheit der individuellen Kriterien im vorliegenden Einzelfall - zum gegenwärtigen Zeitpunkt unverändert als verhältnismäßig und als ultima-ratio-Situation darstelle, da die bereits bei der Anordnung der Schubhaft festgestellten Fakten betreffend akuter Fluchtgefahr auch weiterhin vorlägen. Die Ausstellung eines Ersatzreisedokumentes werde bei der marokkanischen Botschaft nachhaltig und prioritär urgiert. Der BF könne gegenwärtig noch nicht abgeschoben werden, weil die Tatbestandsvoraussetzungen des § 80 Abs. 4 Z 1 FPG vorlägen (die Identität des BF habe bislang noch nicht endgültig geklärt werden können, weshalb die Erlangung eines Ersatzreisedokumentes noch nicht möglich gewesen sei).

In Beantwortung einer Anfrage seitens des erkennenden Gerichts an die zuständige Abteilung im BFA betreffend den Antrag auf Ausstellung eines Heimreisezertifikates (HRZ) für den BF wurde seitens der angefragten Abteilung am 30.11.2018 mitgeteilt, dass der Antrag auf Ausstellung eines Heimreisezertifikates (HRZ) für den BF am 01.06.2018 an die Botschaft des Königreichs Marokko übermittelt worden sei. Der Fall sei seitens der zuständige Abteilung im BFA sowohl am 30.07., 12.09.,11.10. und 13.11.2018 bei der Botschaft urgiert worden.

Sobald ein Ergebnis der Überprüfung der Identität des BF von Seiten der marokkanischen Behörden bei der Botschaft eingehe, werde dieses in Form einer Verbalnote übermittelt. Nach einer solchen offiziellen Zustimmung könne sofort ein Flug für die Rückführung gebucht werden. Die Flugdaten müssen der Botschaft lediglich drei Wochen im Voraus mitgeteilt werden. Die Ausstellung des HRZ erfolge dann grundsätzlich erst einige Tage vor Abflug.

Abschließend wurde noch angemerkt, dass die Marokkanische Botschaft ausdrücklich darauf hinweise, dass HRZ von Seiten der Botschaft nicht automatisch ausgestellt werden könnten, da vor allem Personen ohne offizielle Dokumente, welche ihre nationale Identität untermauern würden, nicht rasch identifiziert werden können. Personen mit vermuteter marokkanischer Staatsangehörigkeit müssten daher verpflichtend einem Identifizierungsprozess unterzogen werden. Da es sich dabei um einen sehr komplexen Prozess handele, der im Bestreben nach maximaler Fehlervermeidung bei der Identifizierung auch beträchtlichen administrativen Aufwand verursache, sei eine entsprechend lange Bearbeitungsdauer leider unvermeidlich.

Seitens der angefragten Abteilung wurde insbesondere darauf hingewiesen, dass bei konstruktiver Mitwirkung des BF bei der Personenfeststellung (Vorlage von Dokumenten) die Identifizierung grundsätzlich sehr rasch erfolgen könne.

In Anbetracht der Tatsache, dass eine intensive Zusammenarbeit mit der marokkanischen Botschaft gepflegt werde und regelmäßig Identifizierungsergebnisse (zuletzt am 9.11.2018) übermittelt und Heimreisezertifikate ausgestellt würden, gehe das BFA davon aus, dass auch im verfahrensgegenständlichen Fall eine Beantwortung erfolgen werde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1. Zum Verfahrensgang

Der unter Punkt I. geschilderte Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.

2. Zur Person des Beschwerdeführers und zu den Voraussetzungen der Schubhaft

2.1. Der Beschwerdeführer hat keine Dokumente vorgelegt, die seine Identität belegen. Er gibt an, marokkanischer Staatsangehöriger zu sein, die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Seine Identität steht nicht fest. Es bestehen keine Zweifel darüber, dass der Beschwerdeführer volljährig ist. Er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

2.2. Der Beschwerdeführer wird seit 07.08.2018 in Schubhaft angehalten.

2.4. Der Beschwerdeführer ist haftfähig.

3. Zum Sicherungsbedarf und zur Fluchtgefahr

3.1. Am 19.10.2016 brachte der BF in Österreich einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz ein. Dieses Verfahren wurde mit Bescheid des BFA vom 29.11.2016, Zl. 1131179608/161474868, mangels eingebrachten Rechtsmittels rechtskräftig abgeschlossen. Mit der Entscheidung des BFA war eine Abweisung des Asylantrages gemäß § 3 und § 8 AsylG, sowie eine Rückkehrentscheidung nach Marokko, sowie der Ausspruch, dass die Abschiebung des BF nach Marokko zulässig sei, verbunden.

Mit Bescheid des BFA vom 21.11.2018, Zahl: 1131179608 - 181054205/BMI-EAST_WEST, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 05.11.2018 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Der Bescheid wurde dem BF zu Handen seines rechtsfreundlichen Vertreters am 23.11.2018 zugestellt. Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt wurde keine Beschwerde gegen den genannten Bescheid eingebracht.

3.2. Der BF reiste erstmals am 10.12.2015 illegal in das Bundesgebiet ein und hielt sich für wenige Tage an einem Migrantenstützpunkt in Salzburg auf. In Folge war er für die Behörden nicht mehr greifbar. Gegen den BF wurde am 12.02.2016 ein EU- Haftbefehl wegen des Verdachtes des Verstoßes gemäß § 278b StGB erlassen. Der BF wurde in Folge am 07.07.2016 in Brüssel festgenommen und nach Durchführung des entsprechenden Verfahrens in Vollstreckung des EU-Haftbefehls am 24.08.2016 nach Österreich überstellt. In Folge wurde über den BF in Österreich wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung gemäß § 278b Abs. 2 StGB vor dem LG Salzburg ein strafgerichtliches Verfahren (zu 38 Hv 62/18d) geführt, der BF befand sich während des Verfahrens von 25.08.2016 bis 01.06.2018 und von 18.07.2018 bis 06.08.2018 in Untersuchungshaft, zwischen 01.06.2018 und 18.07.2018 erfolgte eine Unterbringung des BF in einem Polizeianhaltezentrum. Mit Urteil des LG Salzburg vom 06.08.2018, zu 38 Hv 62/18d, wurde der BF von dem gegen ihn erhobenen Vorwurf der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung mangels Beweisen im Zweifel freigesprochen. Das Urteil erwuchs am 04.10.2018 in Rechtskraft. Der BF weist keine strafgerichtlichen Verurteilungen in Österreich auf.

3.3. Der BF verfügt in Österreich über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz.

3.4. Der BF geht in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und verfügt über keine eigenen finanziellen Mittel zur Existenzsicherung.

3.5. In Österreich leben keine Familienangehörigen und keine engen Freunde des BF.

4. Zur Verhältnismäßigkeit der Schubhaft

4.1. Der BF ist unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet eingereist. Er verfügt weder über familiäre noch soziale Anknüpfungspunkte in Österreich.

4.2. Am 01.06.2018 wurde das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates (Marokko) für den BF eingeleitet.

Das BFA steht mit den Vertretungsbehörden von Marokko in Kontakt und hat am 30.07., 12.09.,11.10. und 13.11.2018 die Veranlassung einer Ausstellung eines Heimreisezertifikats urgiert.

4.3. Der Beschwerdeführer hat bisher keinen Reisepass vorgelegt und behindert und verzögert das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates.

4.4. Nach Erlangung eines Heimreisezertifikates scheint eine zeitnahe Außerlandesbringung des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung möglich.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Bundesamtes, in den Akt des Bundesamtes das Asylverfahren des Beschwerdeführers betreffend, in das Strafregister, in das Zentrale Fremdenregister, in das Zentrale Melderegister sowie in die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres sowie in den Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.

1. Zum Verfahrensgang, zur Person des Beschwerdeführers und den Voraussetzungen der Schubhaft

1.1. Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes, und den Akt des Bundesamtes das Asylverfahren des Beschwerdeführers betreffend sowie dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.

1.2. Die Feststellungen zur Identität des BF beruhen auf dem Inhalt des Verwaltungsaktes. Daraus ergibt sich, dass der BF keine Dokumente vorgelegt hat, die seine Identität bescheinigen. Anhaltspunkte dafür, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt sind im Verfahren nicht hervorgekommen, ebenso wenig besteht ein Zweifel an der Volljährigkeit des BF. Der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 19.10.2016 wurde vollinhaltlich abgewiesen, dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen. Mit Bescheid des BFA vom 21.11.2018, Zahl: 1131179608 - 181054205/BMI-EAST_WEST, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 05.11.2018 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Der Bescheid wurde dem BF zu Handen seines rechtsfreundlichen Vertreters am 23.11.2018 zugestellt. Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt wurde keine Beschwerde gegen den genannten Bescheid eingebracht.

Der BF ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

1.3. Die Feststellungen zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit des BF beruhen auf der im Akt des Bundesamtes einliegenden Urteilsausfertigung des Landesgerichtes Salzburg vom 06.08.2018 sowie auf der Einsichtnahme in das Strafregister.

1.4. Dass der BF seit 07.08.2018 in Schubhaft angehalten wird, ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes sowie aus der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres.

1.5. Die Feststellungen zur Haftfähigkeit des Beschwerdeführers sind darauf zurückzuführen, dass sich aus dem Verwaltungsakt keine gegenteiligen Anhaltspunkte ergeben.

2. Zum Sicherungsbedarf und zur Fluchtgefahr

2.1. Die Feststellungen zur rechtskräftigen Abweisung des Antrags des BF auf internationalen Schutz vom 19.10.2016 sowie der in Rechtskraft erwachsenen Rückkehrentscheidung und die Feststellungen zum Verfahrensstand betreffend den zweiten Antrag auf internationalen Schutz vom 05.11.2018 ergeben sich aus den vorliegenden Verwaltungsakten sowie aus dem vorliegenden Gerichtsakt.

2.2. Die Angaben über den Aufenthalt des BF in Österreich ergeben sich aus den Angaben im Zentralen Melderegister sowie dem Verwaltungsakt.

2.3. Die Feststellungen zur familiären, sozialen und beruflichen Verankerung des BF in Österreich beruhen auf den Angaben des BF in den im Verwaltungsakt einliegenden Einvernahmeprotokollen und auf das Verhandlungsprotokoll des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.09.2018. Darin gibt er jeweils übereinstimmend an, dass er in Österreich über keine Familienangehörigen verfügt, er keinen Beruf ausübt und über kein Geld verfügt. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines nennenswerten sozialen Netzes finden sich im Akt nicht und wurden auch vom BF keinerlei Angaben gemacht, die auf eine soziale Verankerung schließen lassen.

3. Zur Verhältnismäßigkeit der Schubhaft

3.1. Dass der BF unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet eingereist ist, ergibt sich aus seinen Angaben im Verfahren, wonach er ohne Reisedokument in Österreich eingereist ist.

3.2. Die Feststellungen zum Verfahren über die Ausstellung eines Heimreisezertifikates beruhen auf der Stellungnahme des Bundesamtes vom 30.11.2018.

3.3. Im Akt finden sich keine Hinderungsgründe, dass nach Erlangung eines Heimreisezertifikates eine zeitnahe Außerlandesbringung des BF möglich ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchteil A. - Fortsetzungsausspruch

3.1.1. Gesetzliche Grundlagen

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

"(1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebiets-beschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

§ 77 Gelinderes Mittel

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1

FPG.

Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

Kommt der Fremde gemäß § 77 Abs. 4 FPG seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

Gemäß § 77 Abs. 5 FPG steht die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

Gemäß § 77 Abs. 6 FPG hat sich zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

Gemäß § 77 Abs. 7 FPG können die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

Gemäß § 77 Abs. 8 FPG ist das gelindere Mittel mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Gemäß § 77 Abs. 9 FPG können die Landespolizeidirektionen betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

Zur Dauer der Schubhaft:

Gemäß § 80 Abs. 4 FPG kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden, wenn ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden kann, weil

----------

1.-die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck

der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2.-eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht

vorliegt,

3.-der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13)

widersetzt, oder

4.-die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen

oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint.

§ 22a Abs. 4 BFA-VG lautet:

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

3.1.2. Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

"Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde" (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

"Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird" (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

3.1.3. Der Beschwerdeführer besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z. 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Anordnung der Schubhaft grundsätzlich - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - möglich ist. Voraussetzung für die Verhängung der Schubhaft sind das Vorliegen eines Sicherungsbedarfes hinsichtlich der Durchführung bestimmter Verfahren oder der Abschiebung, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kommt darüber hinaus nur dann in Betracht, wenn die Abschiebung auch tatsächlich im Raum steht.

3.1.4. Im vorliegenden Fall wurde Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Mit einer Abschiebung des Beschwerdeführers ist insofern zu rechnen, als das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates bereits im Juni 2018 nach Erlassung der Rückkehrentscheidung eingeleitet wurde und von der marokkanischen Vertretungsbehörde bisher nicht mitgeteilt wurde, dass für den Beschwerdeführer kein Heimreisezertifikat ausgestellt werde. Die Dauer des Verfahrens zur Erlangung eines Heimreisezertifikates ist durch Umstände begründet, die aus dem Verhalten des Beschwerdeführers selbst resultieren, da er bisher keine Dokumente vorgelegt hat, die seine Identität bescheinigen. Mit der Abschiebung des Beschwerdeführers ist zeitnahe nach Vorliegen des Heimreisezertifikates zu rechnen, weshalb die Anordnung von Schubhaft bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen im Fall des Beschwerdeführers grundsätzlich möglich ist.

3.1.5. Im vorliegenden Fall geht das Gericht auch weiterhin von Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG aus.

Gemäß § 76 Abs. 3 Z. 3 FPG ist bei der Beurteilung, ob Fluchtgefahr vorliegt, auch zu berücksichtigen, ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat. Durch das Vorliegen einer durchsetzbaren Rückkehrentscheidung wird die Gefahr des Untertauchens auf Grund des fortgeschrittenen Verfahrensstadiums noch erhöht.

Bei der Beurteilung der Fluchtgefahr ist gemäß § 76 Abs. 3 Z. 9 FPG auch der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine Familienangehörigen und kein nennenswertes soziales Netz. Er geht keiner legalen Erwerbstätigkeit nach, bezieht kein Einkommen, besitzt kein Vermögen und verfügt über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz. Es ist daher von keinen Umständen im Sinne der genannten Bestimmung auszugehen, die gegen das Vorliegen von Fluchtgefahr sprechen.

3.1.6. Bei der Beurteilung des Sicherungsbedarfes ist das gesamte Verhalten des BF vor Verhängung der Schubhaft sowie seine familiäre, soziale und berufliche Verankerung im Inland in einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen. Der BF hält sich unrechtmäßig in Österreich auf. Es liegt eine den BF betreffende durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor. Beweismittel, die seine Identität bescheinigen und die Ausstellung eines Ersatzreisedokumentes erleichtern, hat der BF bisher nicht vorgelegt. Der BF ist in Österreich weder sozial noch beruflich verankert.

Es ist daher auch von Sicherungsbedarf auszugehen, da das Verfahren nicht ergeben hat, dass der BF nach seiner Freilassung nicht untertauchen werde, um sich seiner Abschiebung zu entziehen.

3.1.7. Da bereits eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vorliegt, reichen in diesem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist (VwGH vom 20.02.2014, 2013/21/0178). Es liegt daher auf Grund der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z. 3 und 9 FPG weiterhin Fluchtgefahr vor und ist auch Sicherungsbedarf gegeben.

3.1.8. Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Der Beschwerdeführer hat keine familiären und keine sozialen Bindungen in Österreich. Einer legalen Erwerbstätigkeit geht der Beschwerdeführer in Österreich nicht nach. Am Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates wirkt der Beschwerdeführer insofern nicht mit, als er keine Dokumente zur Belegung seiner Identität vorgelegt hat.

Die Dauer der Schubhaft ist durch das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer bedingt. Dass sich die Erlangung dieses Dokumentes verzögert, ist dem Verhalten des Beschwerdeführers zuzurechnen, da er bisher keine Dokumente vorgelegt hat, die seine Identität bescheinigen.

Das Bundesamt kommt seiner Verpflichtung, die Schubhaft so kurz als möglich aufrecht zu halten insofern nach, als regelmäßig die Ausstellung eines Heimreisezertifikates bei den in Frage kommenden Vertretungsbehörden urgiert wird. Weil vor Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF noch Erhebungen durch die Behörden des angefragten Landes vor Ort erforderlich sind und diese einige Zeit dauern, ist derzeit davon auszugehen, dass die Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer möglich ist. Gegenteiliges wurde von den Vertretungsbehörden bisher nicht mitgeteilt.

Anhaltspunkte dafür, dass die Schubhaft auf Grund des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers unverhältnismäßig wäre, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft auch weiterhin das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt.

3.1.9. Die Prüfung, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt, führt zu dem Ergebnis, dass ein gelinderes Mittel nicht zur Anwendung kommen kann. Eine Sicherheitsleistung kann auf Grund der fehlenden finanziellen Mittel des BF nicht zur Anwendung kommen. Aber auch die konkrete Zuweisung einer Unterkunft und/oder einer Meldeverpflichtung kann auf Grund des vom BF in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens - insbesondere der Tatsache, dass er versucht, seine Identität durch Vorenthalten eines Reisedokumentes zu verschleiern, um so einer Außerlandesbringung zu entgehen - nicht zum Ziel der Sicherung der Abschiebung führen. Dies umso mehr, als bereits eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Entscheidung vorliegt und von den Vertretungsbehörden des infrage kommenden Landes eine Überprüfung der Identitätsdaten des Beschwerdeführers durchgeführt wird.

Die Verhängung eines gelinderen Mittels kommt daher nicht in Betracht.

3.1.10. Die hier zu prüfende Schubhaft stellt daher nach wie vor eine "ultima ratio" dar, da sowohl Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des Beschwerdeführers zu gewährleisten.

Es war daher gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festzustellen, dass die angeordnete Schubhaft nach wie vor notwendig und verhältnismäßig ist und dass die maßgeblichen Voraussetzungen für ihre Fortsetzung im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

3.2. Zu Spruchteil B. - Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Im vorliegenden Akt findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Fluchtgefahr, Fortsetzung der Schubhaft, Identität, Mittellosigkeit,
öffentliches Interesse, Schubhaft, Überprüfung, Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W154.2205792.2.00

Zuletzt aktualisiert am

06.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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