Entscheidungsdatum
18.12.2018Norm
AlVG §10Spruch
I407 2155722-1/6Z
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Stefan MUMELTER als Einzelrichter über den Antrag von XXXX, vom 13.04.2017, auf Bewilligung der Verfahrenshilfe im Rahmen der Beschwerde gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice regionale Geschäftsstelle Bregenz vom 17.03.2017, beschlossen:
A)
Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird gemäß § 8a VwGVG abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. XXXX (in der Folge: Antragstellerin) erhob mit Schreiben vom 13.04.2017 Beschwerde gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice regionale Geschäftsstelle Bregenz (in der Folge: belangte Behörde oder AMS), mit welchem ausgesprochen wurde, dass die Antragstellerin den Anspruch auf Notstandshilfe für den Zeitraum 01.02.2017 bis 28.03.2017 verloren hat. Die Antragstellerin bergründete ihre Beschwerde ausführlich, stellte unter anderem einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und auf Verfahrenshilfe.
2. Die Antragstellerin begründete ihren Verfahrenshilfeantrag damit, dass aufgrund zahlreicher Verfahrensmängel und inhaltlicher Widersprüche Erfolgsaussicht bestehen würde. Aufgrund der zahlreichen Beteiligten und widersprüchlichen Aussagen bzw. fehlenden Informationen und der in diesem Fall persönlichen Befangenheit/Voreingenommenheit des Ermittlungsbeamten komme diesem Fall auch ausreichende Komplexität zu, die einer anwaltlichen Unterstützung bedürfe. Wegen ihres geringen AMS-Bezuges sei sie auch nicht in der Lage sich eine anwaltliche Vertretung zu leisten und komme das AMS aufgrund eines internen Machtungleichgewischtes auch nicht seiner Pflicht zur Neutralität zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern nach, weswegen sie bei der Durchsetzung ihrer Rechte schwer im Nachteil sei.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der dargestellte Verfahrensgang wird zum festgestellten Sachverhalt erhoben.
2. Beweiswürdigung:
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde sowie des nunmehr dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Gerichtsaktes.
Zu A) Abweisung des Antrags auf Verfahrenshilfe:
§ 8a VwGVG bestimmt:
"Verfahrenshilfe
§ 8a. (1) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ist einer Partei Verfahrenshilfe zu bewilligen, soweit dies auf Grund des Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, geboten ist, die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Juristischen Personen ist Verfahrenshilfe sinngemäß mit der Maßgabe zu bewilligen, dass an die Stelle des Bestreitens der Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts das Aufbringen der zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel durch die Partei oder die an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten tritt.
(2) Soweit in diesem Paragraphen nicht anderes bestimmt ist, sind die Voraussetzungen und die Wirkungen der Bewilligung der Verfahrenshilfe nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung - ZPO, RGBl. Nr. 113/1895, zu beurteilen. Die Bewilligung der Verfahrenshilfe schließt das Recht ein, dass der Partei ohne weiteres Begehren zur Abfassung und Einbringung der Beschwerde, des Vorlageantrags, des Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder zur Vertretung bei der Verhandlung ein Rechtsanwalt beigegeben wird.
(3) Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ist schriftlich zu stellen. Er ist bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht einzubringen. Für Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG ist der Antrag unmittelbar beim Verwaltungsgericht einzubringen.
(4) Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe kann ab Erlassung des Bescheides bzw. ab dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erlangt hat, gestellt werden. Wird die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer Säumnisbeschwerde beantragt, kann dieser Antrag erst nach Ablauf der Entscheidungsfrist gestellt werden. Sobald eine Partei Säumnisbeschwerde erhoben hat, kann der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe auch von den anderen Parteien gestellt werden.
(5) In dem Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ist die Rechtssache bestimmt zu bezeichnen, für die die Bewilligung der Verfahrenshilfe begehrt wird.
(6) Die Behörde hat dem Verwaltungsgericht den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe und die Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Hat das Verwaltungsgericht die Bewilligung der Verfahrenshilfe beschlossen, so hat es den Ausschuss der zuständigen Rechtsanwaltskammer zu benachrichtigen, damit der Ausschuss einen Rechtsanwalt zum Vertreter bestelle. Dabei hat der Ausschuss Wünschen der Partei zur Auswahl der Person des Vertreters im Einvernehmen mit dem namhaft gemachten Rechtsanwalt nach Möglichkeit zu entsprechen.
(7) Hat die Partei innerhalb der Beschwerdefrist die Bewilligung der Verfahrenshilfe beantragt, so beginnt für sie die Beschwerdefrist mit dem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Beschluss über die Bestellung des Rechtsanwalts zum Vertreter und der anzufechtende Bescheid diesem zugestellt sind. Wird der rechtzeitig gestellte Antrag abgewiesen, so beginnt die Beschwerdefrist mit der Zustellung des abweisenden Beschlusses an die Partei zu laufen. Entsprechendes gilt für die Fristen, die sich auf die sonstigen in Abs. 2 genannten Anträge beziehen.
(8) Die Bestellung des Rechtsanwalts zum Vertreter erlischt mit dem Einschreiten eines Bevollmächtigten.
(9) In Verfahrenshilfesachen ist die Wiederaufnahme des Verfahrens nicht zulässig.
(10) Der Aufwand ist von jenem Rechtsträger zu tragen, in dessen Namen das Verwaltungsgericht in der Angelegenheit handelt."
Gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG ist Verfahrenshilfe einer Partei zu gewähren, soweit dies auf Grund des Art. 6 Abs. 1 EMRK oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, geboten ist.
Durch den Verweis auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC ist sichergestellt, dass die Verfahrenshilfe im verwaltungsgerichtlichen Verfahren den Anforderungen des Europäischen Menschenrechtsschutzes entspricht (siehe auch VwGH v. 03.09.2015, Zl. Ro 2015/21/0032).
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ist es nicht erforderlich, dass Verfahrenshilfe in allen erdenklichen Verfahren zu gewähren ist. Vielmehr bedarf es einer Prüfung im Einzelfall. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Prüfungsbeschluss, der zur Aufhebung des § 40 VwGVG führte, die Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte dahingehend zusammengefasst, dass der "Zugang zu einem Gericht nicht bloß theoretisch und illusorisch, sondern effektiv gewährleistet sein müsse"; in jenen Fällen, in denen es "unentbehrlich sei, dass der Partei eines Verfahrens ein unentgeltlicher Verfahrenshelfer beigestellt werde," müsse ein solcher beigestellt werden. Für diese Beurteilung sind verschiedene Kriterien maßgeblich. Das sind zum einen Kriterien, die sich auf die Person der Parteien beziehen, nämlich ihre Vermögensverhältnisse oder ihre Fähigkeiten im Verkehr mit Behörden; zum anderen auch Kriterien, die in Zusammenhang mit der Rechtssache stehen, nämlich die Erfolgsaussichten, die Komplexität des Falles oder die Bedeutung der Angelegenheit für die Parteien (siehe 1255 der Beilagen XXV. GP - Regierungsvorlage - Erläuterungen zu § 8a VwGVG).
Den gegenständlichen Fall betreffend ist zunächst auszuführen, dass die Antragstellerin, die auch mehrere Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht führt(e), wie aus ihren diversen Eingaben hervorgeht, über entsprechende Fähigkeiten im Verkehr mit Behörden verfügt und durchaus in der Lage ist, ihre Rechte selbst wahrzunehmen. Sie verfasste eigenständig ein den Formvorschriften entsprechende Beschwerde, die eine individuelle Begründung enthielt. Besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten, die eine rechtsanwaltliche Vertretung erforderlich machen würden, sind nicht zu erwarten und nicht zu erkennen. Zudem besteht in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten keine Anwaltspflicht und ist der entscheidungsrelevante Sachverhalt grundsätzlich von Amts wegen zu ermitteln.
Eine Komplexität des Falles in der Weise, dass die Antragstellerin in einer etwaigen mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht anwaltlich vertreten sein müsste, ist nicht gegeben, da es vorliegend nicht um die Lösung einer schwierigen Rechtsfrage, sondern vielmehr um die Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts, insbesondere der Umstände rund um das Nichtzustandekommen der in Rede stehenden Beschäftigung geht, welche unter Mitwirkung der Antragstellerin zu erfolgen hat. Es ist auch vor dem Hintergrund der bereits erhobenen Beschwerde nicht zu erkennen, dass die Antragstellerin die wahren Verhältnisse vor der belangten Behörde bzw. dem erkennenden Gericht nicht ohne anwaltlichen Beistand darzulegen vermag.
Besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten, die eine rechtsanwaltliche Vertretung erforderlich machen, sind somit nicht zu erwarten. Eine erforderliche Manuduktion in einer etwaigen Verhandlung, z.B. wann die Aussage verweigert werden darf, erfolgt durch das erkennende Gericht, weshalb der Antragsteller durch die Nichtbeigebung eines Rechtsanwaltes auch dahingehend keinerlei Nachteile erfährt.
Verfahrenshilfe ist gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG nur dann vorgesehen, wenn beide Voraussetzungen, nämlich dass ihre Gewährung rechtlich geboten ist und die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, kumulativ vorliegen.
Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die Gewährung von Verfahrenshilfe im Lichte des Art. 6 Abs. 1 EMRK oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union im vorliegenden Fall nicht geboten ist.
Angesichts dieses Ergebnisses erübrigt sich eine Prüfung, ob die Antragstellerin außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts bestreiten zu können. Auch kommt es nicht mehr darauf an, ob die beabsichtigte Rechtsverfolgung als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Da die Voraussetzungen für die Bewilligung der Verfahrenshilfe nicht gegeben sind, war der darauf gerichtete Antrag spruchgemäß abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. Trotz des Fehlens einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 8a VwGVG liegt keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, da die Rechtslage zur Gewährung von Verfahrenshilfe sowohl durch den EGMR als auch durch den EuGH hinreichend geklärt ist (vgl. dazu VwGH 20.12.2016, Ro 2014/03/0049). Die gegenständliche Entscheidung weicht von der Rechtsprechung des EGMR und des EuGH auch nicht ab, sondern stützt sich maßgeblich auf die entwickelten Kriterien. Es ergeben sich auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage, sodass insgesamt die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegen.
Schlagworte
VerfahrenshilfeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:I407.2155722.1.00Zuletzt aktualisiert am
06.02.2019