Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §62 Abs4;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2017/17/0217 Ra 2017/17/0219 Ra 2017/17/0218Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner sowie Mag. Liebhart-Mutzl als Richterinnen bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision 1. des M D, 2. der U s.r.o., beide in B, 3. des Mag. J H, 4. der B KG, beide in Wien, alle vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 17. Juni 2016, VGW-002/032/1832/2016, VGW- 002/V/032/1835/2016, VGW-002/032/1838/2016, VGW- 002/V/032/1840/2016, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien vom 29. Dezember 2015 wurde der Erstrevisionswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer der zweitrevisionswerbenden Partei wegen der Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 erstes Tatbild Glücksspielgesetz (GSpG) mit vier Glücksspielgeräten schuldig erkannt. Es wurden über ihn vier Geldstrafen von je EUR 10.000,-- verhängt. Der Erstrevisionswerber wurde auch zum Ersatz der Kosten nach § 64 VStG verpflichtet. Weiters wurde die Haftung der zweitrevisionswerbenden Partei für diese Beträge ausgesprochen.
2 Mit einem weiteren Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien vom 29. Dezember 2015 wurde der Drittrevisionswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer der viertrevisionswerbenden Partei wegen der Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 drittes Tatbild Glücksspielgesetz (GSpG) im selben Tatzeitraum mit denselben vier Glücksspielgeräten schuldig erkannt. Es wurden über ihn ebenfalls vier Geldstrafen von je EUR 10.000,-- verhängt. Der Drittrevisionswerber wurde auch zum Ersatz der Kosten nach § 64 VStG verpflichtet. Weiters wurde die Haftung der viertrevisionswerbenden Partei für diese Beträge ausgesprochen.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht Wien u.a. die dagegen erhobenen Beschwerden als unbegründet ab. Das Verwaltungsgericht fasste dabei den jeweiligen Spruch der vor ihm bekämpften Straferkenntnisse unter Beibehaltung der jeweils verhängten Geldstrafen neu und schrieb dem Erst- und Drittrevisionswerber jeweils Kosten für das Verfahren nach § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG vor. Weiters verpflichtete es die zweit- und viertrevisionswerbende Partei jeweils zur Haftung (Spruchpunkt II.). Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichthof nicht zulässig sei (Spruchpunkt III.).
4 Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende Revision mit dem Antrag auf Aufhebung wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Zum Zulässigkeitsvorbringen der gegenständlichen Revision ist zunächst festzuhalten, dass die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV klar bzw. geklärt sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. EuGH 15.9.2011, Dickinger und Ömer, C-347/09, Rn. 83 f; 30.4.2014, Pfleger, C- 390/12, Rn. 47 ff; 30.6.2016, Admiral Casinos & Entertainment AG, C-464/15, Rn. 31, 35 ff; 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17, Rn. 28, 62 ff; sowie 6.9.2018, Gmalieva s.r.o. u.a., C-79/17). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Der Verwaltungsgerichtshof hat an dieser Gesamtwürdigung mit Erkenntnis vom 11. Juli 2018, Ra 2018/17/0048, 0049, mit näherer Begründung festgehalten. Von dieser Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht im Revisionsfall nicht abgewichen. Entgegen dem weiteren Vorbringen steht die angefochtene Entscheidung daher nicht im Widerspruch zum Urteil des EuGH vom 30. April 2014, Pfleger, C-390/12.
9 Anders als die Revision vermeint kann sich das GSpG selbst bei Hinweisen auf das Vorliegen einer expansionistischen Geschäftspolitik der Konzessionäre - etwa durch das Glücksspiel verharmlosende Werbung - nach der Rechtsprechung des EuGH und des VwGH im Rahmen der Gesamtwürdigung als mit dem Unionsrecht in Einklang stehend erweisen, wenn etwa mit dieser Geschäftspolitik eine Umlenkung von Spielern vom illegalen zum legalen Glücksspiel sichergestellt werden soll (vgl. dazu etwa EuGH 8.9.2010, C- 16/07 u.a., Stoß u.a., Rn. 107; 30.4.2014, C-390/12, Pfleger, Rn. 50 ff; 6.9.2018, Gmalieva s.r.o. u.a., C-79/17; VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048, 0049; 11.7.2018, Ra 2017/17/0052; 16.3.2016, Ra 2015/17/0022; VfGH 15.10.2016, E 945/2016-24 u.a.; sowie Herbst/Weinhandl, Das österreichische Glücksspielmonopol aus unions- und verfassungsrechtlicher Sicht, in: Jahrbuch Öffentliches Recht 2017, 121 ff, insbes. 149). Auch von dieser Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht nicht abgewichen (vgl. auch VwGH 16.11.2018, Ra 2017/17/0946 und Ra 2017/17/0947, sowie 26.9.2018, Ra 2017/17/0474, 0475).
10 Im Übrigen stehen nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 14. Juni 2017, Online Games Handels GmbH u.a., C- 685/15, die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen (vgl. etwa EuGH 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17, Rn. 55; sowie VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048, 0049, Rn. 24 ff).
11 In der Revision wird zu deren Zulässigkeit weiters geltend gemacht, das Verwaltungsgericht habe den Spruch des den Drittrevisionswerber betreffenden Straferkenntnisses neu gefasst und dabei "- wenn auch womöglich unbeabsichtigt -" den Kostenbetrag gemäß § 64 VStG mit 100 % der Strafe und damit zu hoch festgesetzt.
12 Gemäß § 64 Abs. 1 VStG ist der Kostenbeitrag für das Verfahren erster Instanz mit 10 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit 10 Euro zu bemessen.
13 Im Revisionsfall hat das Verwaltungsgericht Wien unter Beibehaltung der vier von der Landespolizeidirektion verhängten Strafen in Höhe von je EUR 10.000,-- die Kosten für das erstinstanzliche Verfahren ebenfalls mit je EUR 10.000,-- festgesetzt und dabei ausgeführt, das seien "10 % der verhängten Strafe. Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher EUR 44.000,00".
14 Damit ist dem Verwaltungsgericht Wien bei der Abfassung der Kostenvorschreibung offensichtlich ein Schreibfehler unterlaufen. Der tatsächliche Inhalt der ziffernmäßig bestimmten Kostenvorschreibung weicht von dem in klar erkennbarer Weise gewollten Inhalt ab und gibt das Ergebnis der vom Verwaltungsgericht Wien der Kostenvorschreibung ausdrücklich zugrunde gelegten Rechenoperation ("10 % der verhängten Strafe") unrichtig wieder. Dies zeigt sich auch in dem Umstand, dass dem ausgewiesenen "Gesamtbetrag" offensichtlich die Kostenbeiträge in richtiger Höhe, nämlich von je EUR 1.000,--, zugrunde gelegt wurden, weil sonst das Ergebnis von EUR 44.000,-- rechnerisch nicht möglich wäre.
15 Handelt es sich um eine offenbar auf Versehen beruhende Unrichtigkeit des Erkenntnisses, die nach § 62 Abs. 4 AVG iVm § 17 VwGVG jederzeit hätte berichtigt werden können, ist das in Revision gezogene Erkenntnis auch vor einer Berichtigung bereits in der entsprechenden richtigen Fassung zu lesen (z. B. VwGH 20.3.2018, Ra 2017/03/0092, mwN).
16 Daraus ergibt sich, dass die in der Revision gerügte Unrichtigkeit der durch das angefochtene Erkenntnis neu gefassten Kostenvorschreibung gemäß § 62 Abs. 4 AVG die revisionswerbenden Parteien nicht in ihren Rechten verletzt (vgl. etwa VwGH 10.4.2013, 2013/08/0018) und daher unbeachtlich ist.
17 Auch mit dem unter Hinweis auf § 44a Z 1 VStG erstatteten weiteren Zulässigkeitsvorbringen, es sei nicht ausgeführt worden, weshalb die im Tatvorwurf angeführten Ausspielungen verboten gewesen sein sollen, zeigen die revisionswerbenden Parteien keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung auf (vgl. etwa VwGH 13.7.2017, Ra 2017/17/0056). Dass die Tatumschreibung nicht so präzise gewesen wäre, dass der Erst - und der Drittrevisionswerber ihre Verteidigungsrechte nicht hätten wahren können oder sie der Gefahr der Doppelbestrafung ausgesetzt gewesen wären, wird damit nicht dargelegt und ist nach Lage des Falles auch nicht ersichtlich (für viele z. B. VwGH 26.6.2018, Ra 2017/17/0795, mwN).
18 Auch sonst wirft das Zulässigkeitsvorbringen der gegenständlichen Revision keine Rechtsfrage auf, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
19 Die Revision war daher nach § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
20 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 14. Jänner 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2017170216.L00Im RIS seit
06.02.2019Zuletzt aktualisiert am
03.04.2019