TE Vwgh Erkenntnis 1999/7/5 99/16/0115

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Veröffentlicht am 05.07.1999
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §119 Abs1;
BAO §215;
BAO §216;
BAO §239 Abs1;
BAO §311;
BAO §85;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa, über die Beschwerde des Dr. M, Rechtsanwalt in W, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des G in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 23. Februar 1999, Zl. RV 324/1-10/1998, betreffend Rückzahlungsantrag gemäß § 239 BAO, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte als Masseverwalter beim Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Linz die Überweisung eines auf einem näher bezeichneten Abgabenkonto befindlichen Guthabens in Höhe von S 230.282,--.

Mit Bescheid vom 8. September 1998 wurde der Antrag mit der Begründung teilweise abgewiesen, auf dem besagten Konto sei nach Verwendung eines Teilbetrages von S 210.534,50 zur Abdeckung von Konkursforderungen nur ein rückzahlbares Guthaben in Höhe von S 19.747,50 verblieben.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer unter Zitierung der Bestimmungen der Konkursordnung zusammengefasst vor, die vom Finanzamt vorgenommene Aufrechnung sei unzulässig gewesen und er beantrage den angefochtenen Bescheid aufzuheben und seinem Ansuchen auf Rückzahlung des Guthabens von S 230.282,-- vollinhaltlich Folge zu geben.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Ansuchen des Beschwerdeführers dahin stattgegeben, dass ein Betrag von S 19.747,50 auf das angegebene Massekonto überwiesen werde. Im Übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Dies mit der Begründung, ein Guthaben entstehe erst dann, wenn auf einem Abgabenkonto die Summe der Gutschriften die Summe aller Lastschriften übersteige und somit per Saldo ein Überschuss zugunsten des Abgabepflichtigen bestehe. Maßgebend seien dabei die durchgeführten Buchungen und nicht diejenigen, die nach Ansicht des Abgabepflichtigen hätten durchgeführt werden müssen. Die Rechtmäßigkeit von Buchungen sei nicht im Rückzahlungsverfahren abzuklären. Über die Frage, ob die vom Finanzamt durchgeführten Umbuchungen bzw. Überrechnungen rechtmäßig gewesen seien, sei im gegenständlichen Verfahren nicht zu entscheiden gewesen. Erst nach Verwendung gemäß § 215 Abs. 1 bis 3 BAO verbleibende Guthaben seien rückzahlbar. Da im Beschwerdefall nach der Durchführung der Umbuchungen bzw. Überrechnungen lediglich ein Guthaben von S 19.747,50 auf dem Abgabenkonto verblieben sei, sei nur dieses Guthaben rückzahlbar gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich erkennbar in seinem Recht auf Rückzahlung des Guthabens von S 230.282,-- und Nichtverrechnung des Teilbetrages mit Konkursforderungen verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 239 Abs. 1 erster Satz BAO kann die Rückzahlung von Guthaben (§ 215 Abs. 4) auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen erfolgen.

Ein Guthaben entsteht erst dann, wenn auf einem Abgabenkonto die Summe der Gutschriften die Summe der Lastschriften übersteigt, wenn somit auf ein und demselben Abgabenkonto per Saldo ein Überschuss zugunsten des Abgabepflichtigen besteht. Maßgebend hiebei sind die tatsächlich durchgeführten Buchungen, nicht diejenigen, die nach Ansicht des Abgabepflichtigen hätten durchgeführt werden müssen. Die Frage der Rechtmäßigkeit von Buchungen ist nicht im Rückzahlungsverfahren, sondern auf Antrag des Abgabepflichtigen im Abrechnungsbescheidverfahren (§ 216 BAO) zu klären. Erst nach Verwendung gemäß § 215 Abs. 1 bis 3 BAO verbleibende Guthaben sind auf Antrag oder von Amts wegen rückzahlbar (vgl. Ritz, BAO-Kommentar2, Rz 1 und 2 zu § 239, samt angeführter Rechtsprechung).

Auf Grund der vom Finanzamt vorgenommenen Buchungen befand sich auf dem in Rede stehenden Abgabenkonto unbestritten nur ein Guthaben im Ausmaß von S 19.747,50. Eine Rückzahlung eines höheren Guthabens konnte entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers daher nicht erfolgen.

Bestehen zwischen einem Abgabenpflichtigen und der Abgabenbehörde Meinungsverschiedenheiten, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist, so hat die Abgabenbehörde gemäß § 216 BAO darüber auf Antrag zu entscheiden (Abrechnungsbescheid).

Ein Streit über die Richtigkeit der Gebarung auf dem Abgabenkonto ist daher im Verfahren nach § 216 BAO auszutragen. Ein Abrechnungsbescheid kommt bei Meinungsverschiedenheiten über die Verrechnung einer Gutschrift in Betracht. Durch Erlassung eines Abrechnungsbescheides sind auch Unklarheiten für die Partei, durch welche Buchungen ein Rückstand zustande gekommen ist, zu beseitigen. Bei § 216 BAO geht es um die Klärung umstrittener abgabenrechtlicher Gebarungsakte schlechthin und nicht nur um das Erlöschen einer Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung. Im Abrechnungsverfahren trifft die Partei die Behauptungslast und die Konkretisierungspflicht hinsichtlich der Fragen der strittigen Verrechnungsvorgänge und Gebarungskomponenten. Der Antrag auf Abrechnungsbescheid unterliegt der Entscheidungspflicht (vgl. Ritz, BAO-Kommentar2, Rz 1 bis 5 zu § 216, samt angeführter Rechtsprechung).

Für die Beurteilung von Anträgen kommt es nicht auf die Bezeichnung von Schriftsätzen und zufälligen verbalen Formen an, sondern auf den Inhalt, das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteischrittes. Maßgebend für die Wirksamkeit einer Prozesserklärung ist das Erklärte, nicht das Gewollte. Allerdings ist das Erklärte der Aulegung zugänglich. Parteierklärungen im Verwaltungsverfahren sind nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen, dh es kommt darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der der Behörde vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss. Im Zweifel ist dem Anbringen einer Partei, das sie zur Wahrung ihrer Rechte stellt, nicht einer solcher Inhalt beizumessen, der ihr die Rechtsverteidigungsmöglichkeit nimmt (vgl. Ritz, BAO-Kommentar2, Rz 1 zu § 85 BAO, samt angeführter Rechtsprechung).

Mit der Berufung gegen den Bescheid der ersten Instanz bekämpfte der Beschwerdeführer neben dem Spruch des Bescheides des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern über die nicht erfolgte Rückzahlung des Betrages von S 230.282,-- auch die vorgenommene Verrechnung eines Teilbetrages. Die nach Ansicht des Beschwerdeführers gegebene Unzulässigkeit der Verrechnung wurde im Berufungsschriftsatz eingehend begründet. Damit lag aber neben der Berufung gegen den bereits ergangenen Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern auch ein Antrag auf Abrechnung nach § 216 BAO vor, über den die zuständige Behörde bislang noch nicht entschieden hat.

Auf Grund des Vorliegens eines rückzahlbaren Guthabens auf dem in Rede stehenden Abgabenkonto von S 19.747,50 war die belangte Behörde allerdings im Recht, die Rückzahlung eines dieses Guthaben übersteigenden Betrages zu versagen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 5. Juli 1999

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999160115.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

03.07.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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