Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr.
Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj A*****, und der mj Al*****, beide vertreten durch den Jugendhilfeträger Magistrat der Stadt Wien, Amt für Jugend und Familie, Rechtsvertretung, Bezirke 12, 13, 23, wegen Unterhalt, über den Revisionsrekurs der Minderjährigen gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 26. September 2017, GZ 48 R 163/17a-101, mit dem der Rekurs des Vaters E*****, gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Meidling vom 31. März 2017, GZ 1 PU 90/12f-89, teilweise Folge gegeben wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird dahingehend abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Text
Begründung:
Die Ehe der Eltern der Minderjährigen wurde am 16. 11. 2011 einvernehmlich geschieden. Seit dem Beschluss des Bezirksgerichts Meidling vom 30. 4. 2015 kommt die Obsorge für die Kinder wieder der Mutter alleine zu. Der Vater war aufgrund einer im April 2014 vor dem Kinder- und Jugendhilfeträger geschlossenen Vereinbarung verpflichtet, monatlich 179 EUR für seinen 2009 geborenen Sohn und 167 EUR für seine 2011 geborene Tochter Unterhalt zu zahlen. Als Bemessungsgrundlage diente damals das Arbeitslosengeld des Vaters von 1.116 EUR monatlich. Bis 28. 2. 2017 war der Vater im Ausmaß von 20 Stunden bei einer Reinigungsfirma als Geschäftsführer beschäftigt und bezog monatlich ca 800 EUR. Vom 1. 3. bis 23. 5. 2017 bezog er Urlaubsabfindung und Urlaubsentschädigung. Warum er nur bis 28. 2. 2017 angestellt war, steht nicht fest. Die Mutter bezieht Mindestsicherung in Höhe von monatlich 837,76 EUR. Ab 1. 11. 2015 betreute der Vater seine beiden Kinder an den Wochenenden abwechselnd von Samstag 13:00 Uhr bis Dienstag früh bzw Sonntag 12:00 Uhr bis Dienstag früh und zwei Wochen in den Ferien, somit an etwa 139 Tagen pro Jahr (38 %), die Mutter hingegen an 226 Tagen (62 %). Ab 6. 3. 2017 waren die Kinder im Krisenzentrum untergebracht, danach übersiedelten sie mit ihrer Mutter nach Kärnten. Die Kosten für Schule, Kindergarten und Hort im Ausmaß von etwa 1.332 EUR für den Zeitraum 1. 11. 2015 bis 28. 2. 2017 trug die Mutter alleine.
Der Vater beantragte, ihn ab 1. 11. 2015 von seiner Unterhaltspflicht zu entheben. Er erbringe übermäßige Betreuungsleistungen für seine Kinder, die zumindest zu gleichen Teilen bei ihm aufhältig seien.
Die Minderjährigen sprachen sich gegen eine Enthebung aus. Eine gleichteilige Betreuung liege nicht vor, überdies komme die Mutter allein für die Kosten der Schule, des Kindergartens und des Horts auf.
Das Erstgericht setzte die Unterhaltspflicht des Vaters für den Zeitraum vom 1. 11. 2015 bis 28. 2. 2017 auf monatlich 161 EUR für den Sohn und monatlich 150 EUR für die Tochter herab und wies das Mehrbegehren des Vaters auf gänzliche Unterhaltsenthebung ab. Das unterhaltsrechtliche Betreuungsmodell komme aufgrund der Anzahl der Betreuungstage des Vaters, die 2,5 Tage pro Woche nicht erreiche, und des Umstands, dass nicht beide Elternteile gleichwertige Naturalleistungen erbrachten, nicht in Betracht. Allerdings betreue der Vater die Kinder in einem Ausmaß, das über die übliche Besuchsrechtsausübung von etwa 80 Tagen pro Jahr im Ausmaß von rund einem Tag pro Woche hinausgehe, was mit einem Abzug von 10 % vom Geldunterhaltsanspruch zu berücksichtigen sei. Da der Vater ab März 2017 keine Betreuungsleistung mehr erbringe, sei die Herabsetzung nur bis 28. 2. 2017 möglich.
Das Rekursgericht gab dem gegen den abweisenden Teil erhobenen Rekurs des Vaters teilweise Folge und setzte seine monatliche Unterhaltspflicht für den Sohn auf 43 EUR und für die Tochter auf 37 EUR herab. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichts und ging selbst unter Berücksichtigung der im Rekurs erstmals angeführten Zahlungen des Vaters für Kido-Unterricht (357 EUR), Schachpädagogik (80 EUR) und eine Schiwoche (455 EUR + 220 EUR) davon aus, dass die Naturalleistungen des Vaters jedenfalls deutlich unter den von der Mutter bezahlten Kindergarten- und Schulkosten gelegen seien. Da Einkommensunterschiede der Eltern bis zu einem Drittel der Annahme eines gleich hohen Einkommens nicht entgegenstünden und die Minderjährigen von keinem Elternteil zu mindestens zwei Drittel betreut würden, sei der Entscheidung 4 Ob 16/13a folgend von gleichteiliger Betreuung auszugehen. Da die fiktive Geldunterhaltspflicht beider Eltern zusammen den Regelbedarf nicht decke und der Vater ein höheres Einkommen als die Mutter habe, stehe den Minderjährigen ein Ergänzungsunterhalt zu. Den Revisionsrekurs ließ das Rekursgericht nachträglich mit der Begründung zu, die Entscheidung 8 Ob 89/17x vertrete – ebenso wie der 1. und 7. Senat des Obersten Gerichtshofs – die Auffassung, als gleichwertig seien Betreuungsleistungen – wenn überhaupt – nur im Fall ganz geringfügiger Unterschiede zu beurteilen. Die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu dieser Frage sei somit uneinheitlich.
Rechtliche Beurteilung
Der vom Vater beantwortete Revisionsrekurs der Minderjährigen, in dem diese die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses beantragen, ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, er ist auch berechtigt.
1. Vorauszuschicken ist, dass auch der Vater ohne anwaltliche Vertretung am 23. 10. 2017 einen „Rekurs“ gegen die Entscheidung des Rekursgerichts erhoben hat, den das Rekursgericht im Hinblick darauf, dass seine Verfahrenshelferin mitteilte, keine Zulassungsvorstellung erhoben zu haben, mit Beschluss vom 30. Juli 2018 als unzulässig zurückgewiesen hat. Ein Rekurs dagegen ist nicht aktenkundig. Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist daher nur die vom Rekursgericht unter Anwendung des „unterhaltsrechtlichen Betreuungsmodells“ beschlossene (weitere) Herabsetzung der Unterhaltspflicht für die Minderjährigen. Dass es zu einer Neubemessung des Kindesunterhalts aufgrund der gegenüber der Unterhaltsvereinbarung im Jahr 2014 wesentlich geänderten Verhältnisse im Hinblick auf die Betreuungssituation zu kommen hat (vgl RIS-Justiz RS0053297), ist im Revisionsrekursverfahren hingegen nicht mehr strittig.
2. In ihrem Revisionsrekurs wenden sich die Minderjährigen erkennbar gegen die Anwendung des unterhaltsrechtlichen Betreuungsmodells durch das Rekursgericht. Eine Betreuung durch die Mutter im Ausmaß von 62 % als gleichteilig zu werten treffe sie als Mindestsicherungsbezieherin ungleich härter als den Vater. Das Rekursgericht gehe zu Unrecht von einem etwa gleich hohen Einkommen der Eltern aus und berücksichtige nicht, dass die Mutter den überwiegenden Teil der Naturalleistungen für Schule, Kindergarten und Hort erbringe.
Diesen Ausführungen ist im Wesentlichen zu folgen.
3.1. Die Anwendung des sogenannten „betreuungsrechtlichen Unterhaltsmodells“, das zu einem Entfall des Geldunterhaltsanspruchs des Kindes führt, setzt nach der jüngeren, mittlerweile als gefestigt anzusehenden Rechtsprechung voraus, dass die Betreuungs- und Naturalleistungen in etwa gleichwertig sowie die Einkommen der Eltern etwa gleich hoch sind oder jeweils einen über der Luxusgrenze liegenden Unterhaltsanspruch zulassen. Ins Gewicht fallende Einkommensunterschiede würden zu einem Restgeldunterhaltsanspruch gegen den besserverdienenden Elternteil führen (1 Ob 158/15i = iFamZ 2015/201 [Neuhauser]; 8 Ob 89/17x = iFamZ 2017/204 [Gitschthaler] = EvBl 2018/58 [Gruber] je mwN; 10 Ob 58/18d; RIS-Justiz RS0131331 [T2], vgl RS0131786).
3.2. In der Entscheidung 5 Ob 2/12y (= EF-Z 2012/163 [krit Gitschthaler] = iFamZ 2012/206 [krit Beclin]) ging der 5. Senat bei einem Betreuungsverhältnis von 154 zu 211 Tagen, somit 42 : 58 %, noch davon aus, dies sei kein in etwa gleichwertiges Betreuungsverhältnis, hielt dort aber einen Abzug von der Geldunterhaltspflicht des Vaters in Höhe von ca 40 % für angemessen.
In der darauf Bezug nehmenden, vom Rekursgericht zitierten Entscheidung 4 Ob 16/13a (= EF-Z 2013/115 [Gitschthaler]), der allerdings ein Verhältnis der Betreuungstage von 43 : 57 % zugrunde lag, sprach der 4. Senat aus, eine etwa gleichteilige Betreuung liege schon dann vor, wenn kein Elternteil mindestens zwei Drittel der Betreuung durchführe, und ein gleich hohes Einkommen sei dann gegeben, wenn das Einkommen eines Elternteils das des anderen nicht beträchtlich übersteige, wobei Unterschiede bis zu einem Drittel hinzunehmen seien.
Zu 4 Ob 206/15w (= iFamZ 2016/47 [Neuhauser] = EF-Z 2016/72 [Gitschthaler]) erachtete der 4. Senat selbst die in der Literatur (vgl Schwimann/Kolmasch, Unterhaltsrecht8 111) daran geäußerte Kritik für insofern zutreffend, als eine Differenz von einem Drittel zwischen den jeweiligen Betreuungsleistungen einen nicht unbeträchtlichen Abstand zu einer annähernd gleichteiligen Betreuung schaffe. Ein Verhältnis von 156 zu 209 Betreuungstagen, somit 4 : 3 sei aber noch als annähernd gleichteilige Betreuung zu werten.
8 Ob 69/15b = EF-Z 2016/39 [Gitschthaler] sprach aus, dass angesichts der Vielfalt familiärer Lebens-
und Betreuungsmodelle nicht mit einem starren Prozentsatz festzulegen sei, ab wann von gleichwertigen Betreuungsleistungen der Eltern die Rede sein könne. Dort wurde die Nichtanwendung des unterhaltsrechtlichen Betreuungsmodells in einem Fall, in dem der Revisionsrekurswerber das Kind an 124 von 365 Tagen im Jahr (somit 34 %) betreute, als vertretbar angesehen.
In der Entscheidung 8 Ob 89/17x (= iFamZ 2017/204 [Gitschthaler] = EvBl 2018/58 [Gruber]) lehnte der 8. Senat die Auffassung, die Betreuung sei schon dann gleichwertig, wenn kein Elternteil mindestens zwei Drittel der Betreuungsleistungen erbringe, ausdrücklich ab. Die Beurteilung als „gleichwertige Betreuungsleistungen“ erlaube – wenn überhaupt – nur ganz geringfügige Unterschiede. Im Gegensatz zum 7. Senat (7 Ob 172/16v = EF-Z 2017/35 [Gitschthaler]) und 1. Senat (1 Ob 151/16m = EF-Z 2017/57 [Gitschthaler] = iFamZ 2017/42 [Gruber]) könnten ganz geringfügige Unterschiede hingenommen werden, die mit dem Begriff „nahezu gleichwertig“ auszudrücken seien.
Der 9. Senat erachtete zu 9 Ob 57/17y in einem Fall, wo der Vater im Ausmaß von 142 Tagen im Jahr, somit zu 39 % betreute, die Auffassung des Rekursgerichts, es habe kein Wechsel zu einem betreuungsrechtlichen Unterhaltsmodell zu erfolgen, sondern es habe bei einem prozentuellen Abschlag zu bleiben, als nicht korrekturbedürftig, zumal dort nicht behauptet war, dass die Naturleistungen gleichteilig getragen würden und die Mutter über ein deutlich niedrigeres Einkommen als der Vater verfügte.
Der 10. Senat erachtete jüngst (10 Ob 58/18d) die Auffassung, im Fall eines Betreuungsverhältnisses von 36 % (Vater) zu 64 % (Mutter) sei noch nicht von annähernder Gleichwertigkeit der Betreuungsleistungen auszugehen, als jedenfalls vertretbar und nicht korrekturbedürftig.
3.3. Auch der erkennende Senat teilt die zu 4 Ob 16/13a vertretene Auffassung nicht, die Betreuung sei schon dann als gleichwertig anzusehen, wenn kein Elternteil mindestens zwei Drittel der Betreuungsleistung erbringt und schließt sich insoweit der überzeugenden Entscheidung 8 Ob 89/17x an. Einer weiteren Klarstellung oder Abgrenzung der in der höchstgerichtlichen Judikatur verwendeten Begriffe „völlig gleichwertig“ oder „nahezu gleichwertig“ bedarf es nicht, weil der hier festgestellte Betreuungsschlüssel von 38 % (Vater) zu 62 % (Mutter) nicht einmal jenes Ausmaß erreicht, das der Oberste Gerichtshof in den zitierten jüngeren Entscheidungen als (noch) ausreichend für eine „annähernd gleichteilige“ Betreuung befunden hat. Soweit der Vater in der Revisionsrekursbeantwortung versucht, die vom Rekursgericht übernommenen Feststellungen neuerlich in Zweifel zu ziehen, ist dies unzulässig (vgl RIS-Justiz RS0007236 [T7]). Als weiterer gegen das unterhaltsrechtliche Betreuungsmodell sprechender Umstand ist zu berücksichtigen, dass auch die Naturalleistungen für Schule, Kindergarten und Hort allein die Mutter trägt. Dass der Vater erst im Rekurs Naturalleistungen für Kido-Unterricht, Schachpädagogik und Schiwoche behauptete, erkannte das Rekursgericht zutreffend als unzulässige Neuerungen. Selbst wenn man diesen Auslagen Naturalunterhaltscharakter zubilligen wollte, ist wegen der genannten Höhe davon auszugehen, dass sie jedenfalls deutlich geringer als die Auslagen der Mutter für Schule, Kindergarten und Hort waren. Auch dieser Umstand steht daher einer Anwendung des betreuungsrechtlichen Unterhaltsmodells entgegen.
4.1. Der Geldunterhalt ist daher – wie vom Erstgericht – nach der Prozentsatzmethode (RIS-Justiz RS0047427) zu bemessen. Seine Unterhaltsbemessungsgrundlage von 1.116 EUR monatlich, die der Unterhaltsvereinbarung aus dem Jahr 2014 zugrunde lag, zog der Vater schon im Rekursverfahren nicht in Zweifel. Davon ist auch für den hier zu beurteilenden Zeitraum auszugehen. Der Geldunterhaltsanspruch des ab 7. Februar 2015 bereits sechs Jahre alten Sohnes ermittelt sich unter Berücksichtigung der weiteren Sorgepflicht des Vaters mit 17 %, somit rund 190 EUR, der der damals noch nicht 6 Jahre alten Tochter mit 15 %, daher 167 EUR (vgl Schwimann/Kolmasch, Unterhaltsrecht8 133).
4.2. Allerdings teilten sich die Eltern hier die Betreuung in einem Ausmaß, das über den Rahmen der üblichen persönlichen Kontakte des Elternteils hinausging, bei dem sich das Kind nicht hauptsächlich aufhält. Diesfalls ist nach der jüngeren Rechtsprechung der zu leistende Geldunterhalt zu reduzieren, zumal der Geldunterhaltspflichtige dann – über ein übliches Kontaktrecht hinaus – Naturalunterhalt leistet (RIS-Justiz RS0047452 [T6]). Unter Heranziehung des bei Unterhaltsentscheidungen grundsätzlich anzuwendenden Ermessens erfolgt die Berücksichtigung übermäßiger Betreuungsleistungen durch den Geldunterhaltspflichtigen im Allgemeinen in Form von prozentmäßigen Abschlägen, wobei die Rechtsprechung überwiegend den Unterhaltsanspruch altersunabhängig um 10 % pro wöchentlichem Betreuungstag reduziert, an dem sich das Kind über das übliche Ausmaß des Kontaktrechts hinaus beim geldunterhaltspflichtigen Elternteil befindet. Üblich ist nach der Rechtsprechung ein Kontaktrecht von zwei Tagen alle zwei Wochen sowie von vier Wochen in den Ferien, also an etwa 80 Tagen im Jahr, wobei pro wöchentlichem Betreuungstag, an dem sich das Kind über das übliche Ausmaß hinaus beim zahlenden Elternteil aufhält, ein Abschlag von etwa 10 % von Geldunterhalt vorgenommen wird (10 Ob 58/18d; 10 Ob 17/15w je mwN). Dieser hier auch vom Erstgericht zugrunde gelegte Ansatz ist eine Richtschnur und signalisiert aufgrund der generalisierenden Betrachtungsweise tendenziell eher die Untergrenze eines Abzugs; je mehr sich die Situation einer gemeinsamen gleichwertigen Betreuung des Kindes durch beide Elternteile annähert, umso weniger wird ein 10%iger Abzug pro zusätzlichem Besuchstag den wechselseitigen Leistungen entsprechen (RIS-Justiz RS0128043). Demgemäß hielt der 5. Senat zu 5 Ob 2/12y (iFamZ 2012/206 [krit Beclin: zu hoher Abzug] = EF-Z 2012/163 [krit Gitschthaler – kein Geldunterhaltsanspruch des Kindes] bei einer Betreuung des Vaters im Verhältnis 40 : 60 sogar eine Reduktion der Geldunterhaltspflicht um ca 40 % geboten, während der 7. Senat eine Reduktion der Geldunterhaltspflicht des Vaters um 20 % billigte, weil das Kind in etwa einem Drittel der Zeit vom Vater betreut wurde (7 Ob 178/06m).
4.3. Hier ermittelte das Erstgericht 139 Betreuungstage des Vaters, somit ein übermäßiges Betreuungsausmaß von 59 Tagen, das es auf einen Tag pro Woche abrundete. Dabei berücksichtigte es den Dienstag (an dem der Vater die Kinder jeweils in der Früh bereits zurückbrachte) ohnedies großzügig mit einem halben Tag. Der vom Erstgericht veranschlagte und von der Judikatur im Regelfall vertretene Abzug von 10 % vom Geldunterhalt erscheint hier angemessen, zumal der insoweit behauptungs- und beweispflichtige Vater in erster Instanz gar nicht ins Treffen führte, welche Aufwendungen für Taschengeld oder sonstige (außer-)schulische Aktivitäten sich die Mutter in der Zeit, in der sich die Kinder über das übliche Ausmaß hinaus bei ihm aufhalten, ersparen konnte. Kriterium für die Minderung der Geldunterhaltspflicht bleibt aber jedenfalls auch, dass durch die Betreuungsleistung eine nennenswerte Ersparnis des anderen Elternteils eintritt (RIS-Justiz RS0047452 [T1, T9]; 10 Ob 58/18d). Naturalleistungen des Vaters – abgesehen von fallweise gekauften Kleidungsstücken, die bei ihm verbleiben – stehen nicht fest, demgemäß auch keine nennenswerte Ersparnis der Mutter, die einen über den Regelabzug von 10 % hinausgehenden Abschlag für den zusätzlichen Betreuungstag pro Woche rechtfertigen könnte. Die vom Erstgericht vorgenommene Reduktion des nach der Prozentsatzmethode errechneten Unterhaltsanspruchs des Sohnes auf 161 EUR, die im Ergebnis sogar einer Reduktion um rund 15 % entspricht, blieb vom Minderjährigen unangefochten und ist daher jedenfalls wiederherzustellen. Für die Tochter ist der nominell nach der Prozentsatzmethode errechnete Unterhaltsanspruch – wie schon zutreffend vom Erstgericht – von 167 EUR um 10 % auf 150 EUR zu reduzieren.
5. Die rekursgerichtliche Entscheidung ist daher im Sinn einer Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses abzuändern.
Textnummer
E123901European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0050OB00189.18G.1213.000Im RIS seit
06.02.2019Zuletzt aktualisiert am
07.01.2020