TE OGH 2018/12/17 9ObA112/18p

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Veröffentlicht am 17.12.2018
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Dehn, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Harald Stelzer und KR Karl Frint in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Personalausschuss *****, vertreten durch Dr. Thomas Stoiberer, Rechtsanwalt in Hallein, gegen die beklagte Partei Ö***** AG, *****, vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Feststellung gemäß § 54 Abs 1 ASGG, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27. August 2018, GZ 11 Ra 46/18s-57, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Vorinstanzen wiesen nach der im ersten Rechtsgang ergangenen Entscheidung 9 ObA 74/17y das auf § 54 Abs 1 ASGG gestützte Begehren des Klägers auf Feststellung, dass in der Zustellbasis ***** seit 1984 die 30-minütige Ruhepause bei den im Zustelldienst tätigen übernommenen Vertragsbediensteten, Neueintritten vom 1. 5. 1996 bis 31. 7. 2009 und Neueintritten ab 1. 8. 2009 Teil der Dienstzeit, auf die Tagesdienstzeit anzurechnen und zu bezahlen sei, ab. Schon das Erstgericht hielt dazu fest, dass es keiner Feststellungen zu einer entsprechenden betrieblichen Übung bedürfe, weil die betroffenen Arbeitnehmer einer Vertragsänderung für eine unbezahlte Arbeitspause zugestimmt hätten. Es sei daher nicht mehr von einer Betroffenheit von drei Mitarbeitern iSd § 54 Abs 1 ASGG auszugehen. Das Berufungsgericht hielt weiter fest, dass eine Anfechtung bzw Anpassung der jeweiligen Änderungsvereinbarung wegen Furcht oder Irrtum iSd §§ 870, 871 ABGB nicht vom Kläger als dritter, am Vertrag nicht beteiligter, Person begehrt werden könne.

Rechtliche Beurteilung

In seiner dagegen gerichteten außerordentlichen Revision zeigt der Kläger keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO auf:

Die in der Zulassungsbeschwerde geltend gemachten Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung beziehen sich alle auf die Frage der betrieblichen Gepflogenheiten zu einer bis 1. 1. 2013 bezahlten Ruhepause, wozu nach Ansicht des Klägers Beweise aufzunehmen und ergänzende Feststellungen zu treffen gewesen wären.

Ihnen käme im vorliegenden Verfahren jedoch nur dann Relevanz zu, wenn die für eine Feststellungsklage nach § 54 Abs 1 ASGG erforderliche Betroffenheit von mindestens drei Arbeitnehmern des Betriebs oder Unternehmens erfüllt wäre. Dafür muss bei wenigstens drei Dienstnehmern ein unmittelbarer Anlass zur Klageführung gegeben sein (RIS-Justiz RS0085568). Ist dies nicht der Fall, ist ein Feststellungsinteresse im Sinn dieser Bestimmung zu verneinen. Sein Fehlen ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmen und führt nach ständiger Rechtsprechung zur Abweisung der Klage. Darunter fällt auch das Fehlen von mindestens drei betroffenen Arbeitnehmern (s Neumayr in ZellKomm3 II § 54 ASGG Rz 6 mwN, Rz 8).

In den mit sämtlichen genannten Dienstnehmern abgeschlossenen Änderungsvereinbarungen und neuen Dienstverträgen wurde zum Teil explizit festgehalten, dass die Ruhepause nicht zur bezahlten Arbeitszeit zählt, zum Teil ist von „unbezahlten Ruhepause(n)“ die Rede. Der Kläger stellt die Beurteilung, dass die Dienstnehmer mit den Änderungsvereinbarungen der Beendigung einer allenfalls anderslautenden betrieblichen Übung zugestimmt hätten, nicht in Frage. Dass eine solche nach dem 1. 1. 2013 (Neueintritte) noch bestanden hätte, behauptet er nicht. Selbst wenn man danach mit dem Klagsvorbringen davon ausgeht, dass bis 1. 1. 2013 eine betriebliche Übung über eine bezahlte 30-minütige Ruhepause bestand, stünden dem Klagebegehren die Individualvereinbarungen über die unbezahlten Ruhepausen entgegen.

Dass mindestens drei Arbeitnehmer diese (Änderungs-)Vereinbarungen wegen Willensmängeln angefochten hätten, behauptet der Kläger nicht. Aus der Konzeption des § 54 Abs 1 ASGG als besonderem Feststellungsverfahren lässt sich auch kein entsprechendes eigenes Anfechtungsrecht des Klägers ableiten, handelt es sich bei diesem doch um kein Feststellungs-, sondern ein Rechtsgestaltungsrecht. Derartiges geht auch nicht aus der vom Kläger zitierten Rechtsprechung (10 Ob 2422/96s; 8 ObA 31/09f; 8 ObA 45/11t) hervor.

Da der Kläger damit insgesamt nicht in Zweifel zu ziehen vermag, dass es an einer Betroffenheit von mindestens drei Arbeitnehmern iSd § 54 Abs 1 ASGG fehlt, besteht zur Beurteilung der Vorinstanzen kein Korrekturbedarf. Seine außerordentliche Revision ist daher mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Textnummer

E123910

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:009OBA00112.18P.1217.000

Im RIS seit

06.02.2019

Zuletzt aktualisiert am

06.02.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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