Entscheidungsdatum
07.12.2018Norm
GewO 1994 §79cText
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich fasst durch Mag. Marzi als Einzelrichter über die Beschwerden 1. der A und 2. des B, beide in ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg vom 22. Oktober 2018, Zl. ***, betreffend Abänderung einer Auflage gemäß § 79c Abs. 1 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), den
BESCHLUSS
1. Die Beschwerden werden als unzulässig zurückgewiesen.
2. Eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig.
Begründung:
1. Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich nachstehender, entscheidungswesentlicher Sachverhalt:
1.1. Die Beschwerdeführer haben ihren regelmäßigen Aufenthalt in einem Haus in ***, ***. Im direkt angrenzenden Haus, ***, betreibt Herr C (in der Folge: Inhaber der Betriebsanlage) eine Pizzeria samt Zustellservice (Betriebsanlage).
1.2. Hinsichtlich dieser Betriebsanlage wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 17. Jänner 2001, Zl. ***, ***, unter Spruchpunkt I (iVm mit der sich aus Spruchpunkt IV. ergebenden Projektbeschreibung) samt gleichzeitiger Vorschreibung von sieben Auflagen festgestellt, dass die
„Errichtung und der Betrieb eines Pizzazustelldienstes und einer Kleinpizzeria mit 8 Verabreichungsplätzen, einschließlich der erforderlichen baulichen Maßnahmen und technischen und maschinellen Einrichtungen, wie z.B. der Einbau einer Zentralheizungsanlage, einer Dunstabzugshaube mit den erforderlichen Abluftleitungen, Schaffung von Sanitäreinrichtungen, Aufstellung von erforderlichen Küchengeräten, Nutzung der Straßenfläche für den Betrieb eines Gastgartens, etc., im Standort ***, ***, den Bestimmungen des § 359b Abs. 1 Z 2 GewO 1994 in der Fassung BGBI. Nr. 63/1997 und § 1 Z1 der Verordnung, in der die Arten von Betriebsanlagen bezeichnet werden, die dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen sind, entspricht.“
1.3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 15. Oktober 2002, ***, wurden gemäß § 79 GewO 1994 amtswegig die folgenden drei Auflagen vorgeschrieben:
„1. Die Zugangstüre des Lokales ist außer zum Betreten und Verlassen des Lokales geschlossen zu halten. Die Zugangstür ist mit einem Selbstschließer auszustatten.
2. Die beiden Abzugshauben während der Betriebszeiten sind ständig zu betreiben.
3. Außerhalb den Betriebszeiten sind sämtliche Fenster und Türen verschlossen zu halten.“
1.4. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 11. Oktober 2017, ***, wurden gemäß § 79c Abs. 2 GewO 1994 folgende Abweichungen vom Genehmigungsbescheid vom 17. Jänner 2001 genehmigt:
„- Austausch der erdgasbetriebenen Doppelfritteuse gegen eine Elektrofritteuse
- Aufstellung eines elektrisch betriebenen Käseschneiders im Lagerraum
- Aufstellung von 3 haushaltsüblichen Kühlschränken im Lager bzw. im Verkaufsraum
- Aufstellung von 3 mobilen steckerfertigen Ventilatoren (Haushaltsgröße) zur Raumklimatisierung in der Betriebsanlage“
1.5. Mit Antrag vom 25. Juli 2018, konkretisiert mit Schreiben vom 10. September 2018, begehrte der Inhaber der Betriebsanlage eine Abänderung der Auflage 1 des Bescheides vom 15. Oktober 2002.
1.6. Nach Befassung eines maschinenbautechnischen Amtssachverständigen sowie Einräumung von Parteiengehör u.a. gegenüber den Beschwerdeführern, welche sich (erkennbar) gegen die Abänderung der Auflage wendeten, erließ die belangte Behörde den nunmehr angefochtenen Bescheid. Dieser lautet seinem Spruch nach auszugsweise wie folgt:
„Die Bezirkshauptmannschaft Korneuburg ändert über Antrag von Herrn C vom 25.07.2018 mit Ergänzung vom 10.09.2018 die mit Bescheid vom 15.10.2002, Zahl ***, im Spruchteil I (Betriebsanlagengenehmigung) vorgeschriebene Auflage 1 wie folgt ab:
1. Die Zugangstüre zum Lokal ist während des Betriebes von geruchsemittierenden Geräten und Maschinen geschlossen zu halten. Die Zutrittstüre darf während dieses Zeitraumes ausschließlich zum Betreten und Verlassen des Lokales genutzt werden. Die Zutrittstüre ist mit einem Selbstschließer auszustatten.
Die Auflagen 2 und 3 des Bescheides vom 15.10.2002, ZI. ***, bleiben unverändert.
Rechtsgrundlagen
für die Sachentscheidung
§ 79c der Gewerbeordnung 1994 — GewO 1994
§ 93 Abs. 4 des Arbeitnehmerlnnenschutzgesetzes — AschG“
Den Beschwerdeführern wurde eine Ausfertigung dieses Bescheides postalisch ohne Zustellnachweis übermittelt.
1.7. Gegen diesen Bescheid richten sich die vorliegenden Beschwerden vom 19. November 2018, bei der belangten Behörde eingelangt am 20. November 2018, in welchen, näher begründet, unrichtige Beweisaufnahme und daraus folgend inhaltliche Rechtswidrigkeit behauptet und erkennbar die Abweisung des verfahrenseinleitenden Antrags beantragt wird.
2. Rechtliche Erwägungen:
2.1. Die maßgeblichen Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), BGBl Nr. 194/1994 in der geltenden Fassung, lauten auszugsweise:
„§ 79c. (1) Vorgeschriebene Auflagen sind mit Bescheid aufzuheben oder abzuändern, wenn sich nach der Vorschreibung von Auflagen ergibt, dass die vorgeschriebenen Auflagen für die nach § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen nicht erforderlich sind oder für die Wahrnehmung dieser Interessen auch mit den Inhaber der Betriebsanlage weniger belastenden Auflagen das Auslangen gefunden werden kann. § 77 ist sinngemäß anzuwenden, für IPPC-Anlagen ist auch § 77a sinngemäß anzuwenden.
(2) Abweichungen vom Genehmigungsbescheid einschließlich seiner Bestandteile sind mit Bescheid zuzulassen, soweit dem nicht der Schutz der nach § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen entgegensteht, erforderlichenfalls unter Aufhebung oder Abänderung von vorgeschriebenen Auflagen oder auch Vorschreibung zusätzlicher Auflagen. § 77 ist sinngemäß anzuwenden, für IPPC-Anlagen ist auch § 77a sinngemäß anzuwenden.
(3) Die Behörde hat ein Verfahren nach Abs. 1 oder 2 auf Antrag des Inhabers der Betriebsanlage einzuleiten. Im Antrag ist das Vorliegen der Voraussetzungen glaubhaft zu machen, andernfalls der Antrag zurückzuweisen ist.
[…]
(1) Wird eine mündliche Verhandlung anberaumt, so hat die Behörde Gegenstand, Zeit und Ort der Verhandlung sowie die Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung der Parteistellung (§ 42 AVG) in folgender Weise bekannt zu geben:
1.
Kundmachung an der Amtstafel der Gemeinde (§ 41 AVG),
2.
Verlautbarung auf der Internetseite der Behörde,
3.
Anschlag auf dem Betriebsgrundstück und
4.
Anschlag in den der Betriebsanlage unmittelbar benachbarten Häusern.
Die Eigentümer der betroffenen Häuser haben derartige Anschläge in ihren Häusern zu dulden. Statt durch Anschlag im Sinne der Z 3 und 4 kann die Bekanntgabe aus Gründen der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Einfachheit durch persönliche Verständigung erfolgen.
[…]
(3) Im Verfahren betreffend die Vorschreibung anderer oder zusätzlicher Auflagen (§ 79 Abs. 1), […] im Verfahren betreffend die Aufhebung oder Abänderung von Auflagen (§ 79c Abs. 1), im Verfahren betreffend Abweichungen vom Genehmigungsbescheid einschließlich seiner Bestandteile (§ 79c Abs. 2), […] haben jene Nachbarn Parteistellung, deren Parteistellung im Verfahren gemäß Abs. 1 aufrecht geblieben ist.
(4) Nachbarn haben in den Verfahren betreffend die Aufhebung oder Abänderung von Auflagen (§ 79c Abs. 1), […] auch insoweit Parteistellung, als damit neue oder größere nachteilige Wirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 verbunden sein können.
[…]“
2.2. Seine derzeit geltende Fassung erhielt § 356 GewO durch BGBl. I Nr. 85/2013. Die Erläuterungen zu den Änderungen der Abs. 3 und 4 halten die Erläuterungen Folgendes fest (vgl. 2197 BlgNR 24. GP 9):
„Zu Z 22 und 23 (§ 356 Abs. 3 und 4):
Wie schon beim geltenden § 78 Abs. 2 und § 79c GewO 1994 wäre – wohl auch verfassungsrechtlich geboten (vgl. VwGH 4.9.2002, 2002/04/0075) – vorzusehen, dass jene Nachbarn im Verfahren Parteistellung haben, deren Parteistellung im diesem „Folgeverfahren“ zu Grunde liegenden Genehmigungsverfahren (dem „Grundverfahren“) aufrechtgeblieben ist (geltender § 356 Abs. 3). Der bestehende § 356 Abs. 3 GewO 1994 soll daher an die Reglungen der §§ 79c und 79d GewO 1994 angepasst werden.
Bedenken, dass wegen der nunmehr vorgesehenen rechtskraftdurchbrechenden Wirkung des neuen § 79c die bisherige Regelung über die Parteistellung in Folgeverfahren zu kurz greifen könnte, soll durch einen neuen Abs. 4 Rechnung getragen werden. Unabhängig davon, ob Nachbarn ihre Parteistellung im „Grundverfahren“ aufrecht erhalten haben, sollen alle Nachbarn in der Frage (und in diesem Rahmen) Parteistellung haben, ob neue oder größere nachteilige Wirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 GewO 1994 mit Aufhebung oder Abänderungen von Bescheidauflagen, Abweichungen vom Genehmigungsbescheid einschließlich seiner Bestandteile bzw. in Zusammenhang mit Betriebsübernahmen verbunden sein können.“
§ 356 Abs. 3 (und Abs. 4) GewO 1994 regelt die Parteistellung in den sogenannten „Folgeverfahren“ und knüpft dabei an die Parteistellung nach Abs. 1, also an die Parteistellung im Genehmigungsverfahren, an. Verwiesen wird lediglich auf das „ordentliche“ Genehmigungsverfahren nach § 356 Abs. 1 GewO 1994. Im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach § 359b GewO 1994 kommt Nachbarn dagegen – abgesehen von der Frage der Anwendbarkeit des Verfahrens (vgl. zB VwGH vom 12. September 2016, Ro 2015/04/0018) – keine Parteistellung zu. Daher stellt sich auch die Frage ihrer Parteistellung in den Folgeverfahren nicht (vgl. Erlacher/Forster in Ennöckl/Raschauer/Wessely, GewO § 356 Rz 109 [Stand 1.1.2015, rdb.at] mit Hinweis auf Grabler/Stolzlechner/Wendl, § 356 Rz 38).
2.3. Das gegenständliche Verfahren wurde über Antrag des Inhabers der Betriebsanlage gemäß § 79c Abs. 1 GewO 1994 eingeleitet und ist ein „Folgeverfahren“ eines Feststellungsbescheides gemäß § 359b GewO 1994. In einem derartigen Verfahren kommt den Nachbarn der Betriebsanlage keine Parteistellung zu (anders die Rechtslage im Fall eines Antrages von Nachbarn auf Vorschreibung zusätzlicher Auflagen gemäß § 79a Abs. 1, 3 und Abs. 4 GewO 1994; vgl. diesbezüglich VwGH vom 5. November 2010, 2010/04/0076).
Durch die bloße Zustellung des Bescheides wurde die Parteistellung und Beschwerdelegitimation der Beschwerdeführer nicht begründet (vgl. zB VwGH vom 21. Jänner 2014, 2010/04/0078).
Die Beschwerden sind daher – gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG unter Entfall der von den Beschwerdeführern beantragten mündlichen Verhandlung – als unzulässig zurückzuweisen.
2.4. Die Revision ist nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der zitierten Rechtsprechung abweicht und ansonsten die Rechtslage eindeutig ist (vgl. zur Unzulässigkeit der Revision in derartigen Fällen zB VwGH vom 27. Februar 2018, Ra 2018/05/0011).
Schlagworte
Gewerberecht; Betriebsanlage; vereinfachtes Genehmigungsverfahren; Änderung;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.1274.001.2018Zuletzt aktualisiert am
29.05.2019