Entscheidungsdatum
21.06.2018Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W159 1427582-2/28E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. von Somalia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.05.2017, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 13.04.2018, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9
BFA-VG, § 52 Abs. 2 Z 2 und 9 FPG, § 55 Abs. 1 und 3 FPG, § 46 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein Staatsbürger von Somalia und Angehöriger der Volksgruppe Sheikhal, Subclan Qudub, gelangte am 09.07.2011 ohne die erforderlichen Reisedokumente nach Österreich und stellte am 11.07.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz, zu dem er am 12.07.2011 (Erstbefragung) und am 17.11.2011 durch das Bundesasylamt befragt wurde.
Dort gab er zusammengefasst an, als Jugendlicher besonders durch die Al Shabaab gefährdet gewesen zu sein. Er hätte sich der Al Shabaab anschließen sollen, was er jedoch abgelehnt habe. Seine Mutter und seine Schwester seien verschleppt worden.
Von der Al Shabaab sei ein Gerichtsverfahren gegen ihn geführt worden, bei dem er zum Tode verurteilt worden sei.
Er habe mit anderen eine Gruppe gegründet, die sich gegen die Al Shabaab gewendet habe.
Wegen seiner Volksgruppe habe er kein Problem gehabt.
Er erklärte zu seinem Leben in Somalia befragt, in XXXX im Bezirk XXXX gelebt zu haben. Er habe sieben Jahre lang eine Koranschule besucht. Nunmehr sei er 23 Jahre alt.
Sein Vater und sein Bruder würden in XXXX im Bezirk XXXX leben, wo sich seine Mutter und seine weitere Schwester aufhalten würden, wisse er nicht.
Er habe seine Familie im November 2011 kontaktiert und habe seinem Vater erzählt, dass er in Österreich sei und gesund sei. Er habe seine Frau im Dezember 2010 geheiratet,worüber es keine Urkunde gebe. Seine Frau sei im dritten oder vierten Monat schwanger gewesen, als er diese verlassen habe.
In Österreich habe er niemanden. In Somalia habe er in einer Bäckerei sieben Jahre lang gearbeitet. Sein Vater sei Lehrer in einer Koranschule gewesen. Er habe aber damit aufgehört und lebe jetzt bei seinem Bruder in XXXX. Dieser sei Händler.
In Österreich lebe er von der Grundversorgung. In Österreich habe er niemanden. Er besuche einen Sprachkurs.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Graz, vom 18.06.2012, Zl. XXXX, wurde unter Spruchteil I. der Antrag auf internationalen Schutz vom 12.07.2011 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 Asylgesetz 2005 abgewiesen, unter Spruchteil II. gemäß § 8 Absatz 1 leg cit dieser Antrag auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia abgewiesen und unter Spruchteil III. gemäß § 10 Absatz 1 leg. cit der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Somalia ausgewiesen.
Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen mit der Unglaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers begründet.
Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben, wobei der Beschwerdeführer in der Folge in der Bundesrepublik Deutschland aufhältig gewesen ist und von dort am 12.02.2013 in Anwendung des Dubliner Übereinkommens zurückgeschoben wurde.
Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.12.2015, Zl. XXXX, wurde das Verfahren eingestellt, da keine aktuelle Meldeadresse vorlag und der Aufenthaltsort des Beschwerdeführers auch nicht in sonstiger Weise ermittelt werden konnte.
Mit Schreiben vom 11.01.2016 gab er seine aktuelle Meldeadresse in Österreich bekannt und stellte den Antrag, das Verfahren fortzusetzen.
Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.01.2016, Zl. XXXX, wurde das Verfahren gemäß § 24 Abs. 2, 2. Satz AsylG 2005 fortgesetzt und für den 15.04.2016 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung anberaumt, im Zuge derer der Beschwerdeführer sein vor dem Bundesasylamt getätigtes Vorbringen aufrecht hielt.
Er verneinte, Probleme wegen seiner Clanzugehörigkeit gehabt zu haben.
Er sei in XXXX geboren worden und habe immer in XXXX gelebt und zwar im Bezirk XXXX. Fünf Jahre lang habe er eine Koranschule besucht, sein Vater sei selbst Koranlehrer gewesen, er habe aber auch gearbeitet und die Familie unterstützt. Bereits im 12. Lebensjahr habe er zu arbeiten begonnen, was er bis zur Ausreise gemacht habe. Er habe in einer Bäckerei gearbeitet. Seine Eltern würden noch leben. Insgesamt seien sie fünf Geschwister gewesen, wobei zwei seiner Geschwister gestorben seien.
Er führte die Probleme mit Al Shabaab an, die er bereits vor dem BFA vorgetragen hat und verneinte Probleme mit staatlichen Behörden gehabt zu haben.
Er habe noch Verwandte. Gefragt nach ihnen, erwähnte er zunächst seinen Onkel in XXXX, aber auch seine Eltern würden in XXXX leben. Gefragt nach seiner Frau, gab er an, dass er nicht mehr von seiner Frau sprechen könne, da schon fünf Jahre vergangen seien. Deren Familie habe gesagt, dass sie sich einen anderen Mann suchen solle. Als er Somalia verlassen habe, sei seine Frau schwanger gewesen, er wisse aber nicht, ob das Kind lebend zur Welt gekommen sei oder ob es gestorben sei.
Mit seiner Mutter habe er nach wie vor Kontakt. Sie würde in XXXX leben. Seiner Mutter gehe es gut, er habe auch eine Schwester und einen Bruder. Alle würden in XXXX leben. Seine Mutter und seine Schwester hätten keine Probleme gehabt, nur er habe Probleme gehabt, weil er bei dieser Gruppe gewesen sei. Über Vorhalt, dass er beim BAG gesagt habe, dass seine Mutter und seine Schwester entführt worden seien, gab er an, dass dies richtig gewesen sei, sie nach einem Jahr jedoch wieder freigelassen worden seien und nun im Bezirk XXXX in XXXX leben würden. Sie hätten die beiden nur mitgenommen, weil sie gewollt hätten, dass der Beschwerdeführer wieder zurückkomme.
Gefragt nach gesundheitlichen oder psychischen Problemen gab er an, dass er außer einer Krankheit, die er schon in Somalia gehabt habe, nämlich Epilepsie, keine Probleme habe. Diese Krankheit habe er noch immer. Seit er in Klagenfurt wohne, sei er in ärztlicher Behandlung. Früher sei dies nicht möglich gewesen.
In Österreich mache er gerade einen Deutschkurs auf dem Niveau A1 und helfe er ab und zu freiwillig beim XXXX bei Krankentransporten. Er sei unverändert ledig und habe keine Kinder. Diplome habe er noch nicht erworben, aber er besuche einen Deutschkurs. Außer beim XXXX habe er noch nirgendwo gearbeitet, bei Vereinen oder Institutionen sei er auch nicht. Er habe in Klagenfurt auch schon österreichische Freunde.
Angekündigt wurde eine Einholung einer ACCORD-Auskunft zu den Behandlungsmöglichkeiten von Epilepsie in Somalia und wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, innerhalb einer Frist von 2 Wochen aktuelle ärztliche Befunde vorzulegen sowie allenfalls weitere Integrationsunterlagen.
Nach Einlangen der ACCORD Auskunft zu den Behandlungsmöglichkeiten von Epilepsie in Somalia (a-9625 vom 12.05.2016) wurde diese gemeinsam mit dem neuen Länderinformationsblatt zu Somalia vom 25.04.2016 im schriftlichen Wege dem Parteiengehör unterzogen.
Von der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme machte lediglich der Beschwerdeführer Gebrauch. Dieser stimmte den Länderinformationen vollinhaltlich zu, fügte jedoch hinzu, dass die Sicherheitslage in XXXX nach wie vor katastrophal sei und dass es laufend zu Anschlägen komme. Der Beschwerdeführer gab an, dass er seit seinem 16. Lebensjahr an Epilepsie leide und zuvor auch in Somalia in Behandlung gewesen sei. Seiner Meinung nach seien jedoch dort die Behandlungsmöglichkeiten nicht so weit fortgeschritten wie in Österreich. Er habe dort Medikamente bekommen, habe auch zahlreiche Anfälle erlitten und habe deswegen einmal im Monat ins Krankenhaus gehen müssen. Die Medikamente in Österreich hätten ihm geholfen. Er bekomme nicht mehr so oft Anfälle und fürchte er, dass ohne diese Medikamente die Anfälle wieder zunehmen würden, was lebensbedrohlich für ihn wäre.
Es wurden weder weitere Integrationsunterlagen, noch irgendwelche ärztlichen Befunde vorgelegt.
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.06.2016, Zl. XXXX, wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 18.06.2012 gemäß §§ 3 Absatz 1 und 8 Absatz 1 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 75 Abs. 20 1. Satz, zweiter Fall und 2. Satz AsylG 2005 wurde das Verfahren insoweit zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass dem Beschwerdeführer seine Verfolgungsbehauptungen nicht geglaubt wurden. Zu seiner behaupteten Epilepsieerkrankung legte er keine diesbezüglichen Befunde vor.
Festgestellt wurde, dass seine Eltern, ebenso wie sein Onkel, im Bezirk XXXX in XXXX leben würden, auch eine Schwester und ein Bruder würden dort leben. Er habe lediglich mit seiner Mutter Kontakt, der es gut gehe. Probleme hätten seine Familienangehörigen in XXXX keine.
Er habe einen Deutschkurs (Niveau A1) besucht und helfe gelegentlich beim XXXX, sei aber keineswegs selbsterhaltungsfähig. Mit seiner Frau in Somalia, mit der er möglicherweise ein Kind habe, habe er keinerlei Kontakt. Möglicherweise sei diese zwischenzeitig wieder verheiratet. Der Beschwerdeführer führe in Österreich kein Familienleben, er sei nicht selbsterhaltungsfähig, sondern in Grundversorgung.
Beweiswürdigend wurde auf das durchgeführte Ermittlungsverfahren und insbesondere die mündliche Beschwerdeverhandlung sowie die vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen und die seitens des Bundesverwaltungsgerichts veranlassten Recherchen verwiesen.
Rechtlich wurde ausgeführt, dass die Verfolgungsbehauptung des Beschwerdeführers nicht glaubwürdig gewesen sei, sich aus den Länderberichten ergebe, dass XXXX, die Heimatstadt des Beschwerdeführers, dauerhaft unter der Kontrolle der somalischen Regierung und der mit ihr verbündeten Truppen sei und der Rückzug der formalen Präsenz der al Shabaab aus XXXX dauerhaft sei. Außerdem herrsche dort keine Bürgerkriegssituation. Unabhängig von der Unglaubwürdigkeit der Aussagen des Beschwerdeführers fehle es daher dem Vorbringen des Beschwerdeführers auch an der entsprechenden Aktualität und habe der Beschwerdeführer keine glaubwürdige, individuelle, konkrete und nachvollziehbare Verfolgungsgefahr seiner Person in seinem Herkunftsland iSd. GFK darzulegen vermocht. Solche hätte sich auch nicht von Amts wegen ergeben.
Subsidiärer Schutz sei nicht erteilt worden, da der Beschwerdeführer keine Gefährdung bzw. keine ausweglose Situation im Falle einer Rückkehr nach XXXX glaubhaft machen habe können, zumal der Beschwerdeführer in XXXX vor der Ausreise jahrelang gearbeitet habe und dort ein familiäres Umfeld habe.
Zu behaupteten Epilepsie-Erkrankung wurde dargelegt, dass abgesehen von der mangelnden Dokumentation der behaupteten Erkrankung im vorliegenden Fall überdies schon deswegen kein subsidiärer Schutz zu gewähren gewesen sei, weil eine grundsätzliche Behandelbarkeit der Erkrankung in Somalia gegeben sei und der Beschwerdeführer auch ausdrücklich angegeben habe, dass er einer solchen Behandlung teilhaftig geworden sei.
Zum vom Beschwerdeführer entfalteten Privat- und Familien wurde im Rahmen der zurückverweisenden Entscheidung betreffend die Rückkehrentscheidung festgehalten, dass im Bundesgebiet kein Familienleben entstanden sei, er vor knapp fünf Jahren seinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe, während des laufenden Verfahrens nach Deutschland gereist sei und sich hier nicht nachhaltig integriert habe. Er spreche kaum Deutsch und sei in absehbarer Zeit nicht von seiner Selbsterhaltungsfähigkeit auszugehen.
Schließlich habe er wesentlich stärkere Anknüpfungspunkte zum Herkunftsstaat, wo sich seine Familie aufhalte, mit der er zumindest teilweise in Kontakt stehe. Im Herkunftsstaat habe er auch den Großteil seines Lebens verbracht und könne von einer Entwurzelung nicht gesprochen werden.
Dieses Erkenntnis erwuchs mit seiner Zustellung in Rechtskraft.
Das BFA führte mit dem Beschwerdeführer am 10.04.2017 eine niederschriftliche Befragung durch, wo er zu seiner negativen Asylentscheidung erklärte, dass sein Vorbringen wahr sei.
Befragt, ob er sich psychisch und physisch in der Lage fühle, Angaben zu seinem Verfahren zu machen, erklärte er, gesund zu sein.
Er sei letztes Jahr im Krankenhaus gewesen, wo ihm der Blinddarm entfernt worden sei. Er legte in diesem Zusammenhang medizinische Unterlagen aus August 2016 vor. Zurzeit nehme er Schmerztropfen und eine Aftersalbe.
Der Beschwerdeführer legte Unterlagen zur Integration vor und erklärte, sich für die A2 Prüfung angemeldet zu haben.
Er legte vor:
* Bestätigungen der XXXX vom 28.04.2016 und vom 29.06.2016 über den Besuch von Deutschkursen;
* Teilnahmebestätigung an einer Deutschlerngruppe des XXXX vom 25.08.2016;
* Teilnahmebestätigungen an einem Deutschkurs von XXXX vom 22.01.2017 und vom 29.03.2017;
* Schreiben der XXXX über ein Weiterbildungsprogramm für Freiwillige vom 20.02.2017 sowie
* Nachweis über die Freiwilligentätigkeit bei der XXXX vom 24.10. bis 28.10.2016 sowie seit 30.01.2017 vom 28.03.2017.
Auf Nachfrage, ob er sich auf Deutsch unterhalten könne, meinte er, dass er besser verstehe. In Österreich habe er viele Freunde, jedoch keine Freundin oder Frau. Alle Freunde seien Österreicher. Viele seien vom XXXX und XXXX Mitarbeiter.
Er habe keine Kinder in Österreich.
Befragt, ob sich etwas an seinen Umständen oder seinem familiären und privaten Umfeld etwas geändert habe, verneinte er und erklärte, es sei gleich wie vorher.
Von seinen Familienmitgliedern würden seine Eltern, sein Bruder und seine Schwester in XXXX leben. Sie seien gesund und würden gemeinsam in einer Mietwohnung leben. Sein Vater sei Lehrer an Koranschulen. Seine Mutter sei Hausfrau und seine Geschwister seien zuhause. Ab und zu telefoniere er mit seiner Familie, wobei sie ein bis zwei Mal pro Monat telefonieren würden.
Für den Fall einer Rückkehr könnte er nicht im Herkunftsland an seiner Wohnadresse leben. Sein Teamleiter sei umgebracht worden, weshalb er nicht nach Somalia zurückkehren könne. In XXXX kenne jeder jeden und Mitglieder der al Shabaab würden ihn erkennen. Er habe diese Infos gerade erst bekommen, nachdem der neue Präsident gewählt worden sei. Dieser sei am 08.02.2017 gewählt worden und führte er dessen Namen an. Befragt, was er durch die Wahl des neuen Präsidenten befürchte, erklärte er, sie hätten geglaubt durch dessen Wahl komme Friede. In XXXX im Bezirk XXXX seien am Tag Regierungsmitglieder und in der Nacht Mitglieder der Al Shabaab.
Von seiner Ehefrau sei er geschieden, was er schon vor dem Bundesverwaltungsgericht gesagt habe. Er habe mit seinen Eltern telefoniert, die ihm gesagt hätten, dass er schon fünf Jahre weg und geschieden sei.
Sein Vater übe seine Tätigkeit als Lehrer im Bezirk XXXX aus und habe eine eigene Schule, wobei er nicht wisse, für wie viele Personen. Familienangehörige im EU-Raum (einschließlich Norwegen, Island und Schweiz) habe er keine.
Sein Fluchtvorbringen halte er aufrecht. Gegen eine Rückkehr nach XXXX spreche, dass die Probleme, aufgrund der er geflüchtet sei, noch aktuell seien. Die Al Shabaab sei noch da.
Nach Ausfolgung der Feststellungen der Staatendokumentation zur Situation in Somalia und der Möglichkeit hiezu Stellung zu beziehen, meinte er, dass es sich nur um Papier handle und dabei bleibe, dass die Al Shabaab in der Nacht in seinem Bezirk sei. Erst gestern habe es beispielsweise einen Anschlag gegeben.
Er könnte sich auch außerhalb von XXXX nicht niederlassen.
In Österreich lebe er von staatlichen Leistungen und beziehe Geld und Unterkunft.
Er arbeite freiwillig bei der XXXX und schlichte Kleidung in das Regal.
Auf Nachfrage erklärte er, sonst keine Gründe darlegen zu können, die für seine Integration in Österreich sprechen würden.
Befragt, wie eine typische Woche für ihn in Österreich aussehe, meinte er, dass er zur XXXX gehe und den Deutschkurs besuche. Er lese zuhause auch auf Deutsch und manchmal spiele er Fußball.
Befragt, wie er sich seine Zukunft vorstelle, meinte er, hier Deutsch lernen und bleiben zu wollen, zumal er schon seit sechs Jahren hier sei. Befragt, warum er trotz des langen Zeitraums so schlecht Deutsch spreche, erklärte er, weil er mit vielen anderen Nationen rede.
Befragt, wohin er gehen würde, würde er heute am Flughafen in XXXX stehen, meinte er, es nicht zu wissen. Es sei egal, wo er hingehe, da er umgebracht werden würde. Er würde aber zu seinen Verwandten gehen.
Befragt, was ihn bei einer Rückkehr nach XXXX erwarten würde, erklärte er, dass er dies nicht wisse. Er rechne aber damit, umgebracht zu werden. Er sei davon überzeugt, da auch sein Leiter umgebracht worden sei.
Befragt, wie er zu diesen Informationen gekommen sei, meinte er, dass es im gesamten Bezirk bekannt gewesen sei. Sie hätten gesagt, dass es bloß aufgrund des neuen Präsidenten trotzdem gefährlich bleibe. Ihm würde gesagt werden, er solle nicht kommen, da es gefährlich sei.
Er führte den Namen des Leiters an, der in XXXX in XXXX umgebracht worden sei. Konkret sei dieser in der Nacht in den Kopf geschossen worden. Dies sei vor zwei Monaten gewesen. Er sei überzeugt, dass es Al Shabaab gewesen sei, da sie ja eine Gruppe gewesen seien. Der Beschwerdeführer erklärte abschließend, nichts mehr zu sagen zu haben.
Mit dem im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Kärnten, vom 09.05.2017 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Somalia gemäß § 46 FPG zulässig ist und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.
Nach Wiedergabe des Verfahrensganges wurde festgestellt, dass der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz rechtskräftig negativ entschieden worden sei. Aufgrund der in das Verfahren eingeführten aktuellen Länderfeststellungen habe keine Verschlechterung der allgemeinen tatsächlichen Gegebenheiten erkannt werden können und habe unverändert keine Bedrohung seiner Person durch die Al Shabaab festgestellt werden können.
Der Beschwerdeführer habe sich seit seiner illegaler Einreise im Juli 2011 mit einer Unterbrechung (Aufenthalt in Deutschland) in Österreich aufgehalten, wobei im Jahr 2015 sein Verfahren eingestellt werden habe müssen, da sein Aufenthaltsort nicht ermittelt werden habe können. Erst im Jänner 2016 sei sein Verfahren fortgesetzt worden, nachdem er seine Meldeadresse bekanntgegeben habe.
Der Beschwerdeführer sei 28 Jahre alt, gesund und im Jahr 2016 erfolgreich am Blinddarm operiert worden.
Er habe in Österreich keine Familienangehörigen. Er gehe hier keiner legalen regelmäßigen Erwerbstätigkeit nach. Auch habe er keine umfassenden Deutschkenntnisse, kein Studium und keine längere Tätigkeit in Vereinen vorgetragen.
"Er sei bereits rechtskräftig verurteilt worden."
Schützenswerte Aspekte einer Integration seien im Verfahren nicht hervorgekommen.
Nach Wiedergabe aktueller Länderinformationen zum Herkunftsstaat wurde beweiswürdigend festgehalten, dass sein Vorbringen rund um die Tötung des Teamleiters seiner damaligen Partei aus näher dargelegten Gründen nicht glaubhaft sei.
Es habe auch keine Integrationsverfestigung in beruflicher, sprachlicher und persönlicher Hinsicht festgestellt werden können. Vielmehr sei sein Aufenthalt in Österreich von einer Unterbrechung (Aufenthalt in Deutschland) sowie einem nicht feststellbaren Aufenthalt in der zweiten Jahreshälfte 2015 geprägt, wobei sogar sein Verfahren zwischenzeitlich eingestellt werden habe müssen.
Der Beschwerdeführer befinde sich schließlich mit seinen 28 Jahren in einem anpassungsfähigen Alter.
Aus den im Bescheid zitierten Länderinformationen ergebe sich keine Veränderung/Verschlechterung der Lage, die einer Rückkehrentscheidung nach Somalia entgegenstehen würde.
Rechtlich wurde dargelegt, dass sich im Fall des Beschwerdeführers keine Anhaltspunkte zur Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz ergeben hätten und er im Bundesgebiet kein Familienleben gemäß Art. 8 EMRK entfalte. Seine Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet seit Juli 2011 sei durch einen Auslandsaufenthalt unterbrochen gewesen und sei der Beschwerdeführer im Jahr 2015 unbekannten Aufenthalts gewesen, weshalb sein Verfahren eingestellt werden habe müssen.
Sein Aufenthalt im Bundesgebiet sei bislang einzig aufgrund des Betreibens des Asylverfahrens und somit lediglich für die Dauer des Asylverfahrens legal.
Er sei nicht erwerbstätig, helfe als Freiwilliger bei der XXXX, habe lediglich Deutschkurse (A1 Kompetenzstufe) besucht. Er habe in Österreich keine Angehörigen und habe eine Integrationsverfestigung im Fall des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden können. Seine Familie halte sich unverändert in Somalia auf. Er sei unbescholten. Er sei illegal in das Bundesgebiet eingereist und im Jahr 2012, ohne sein Verfahren abzuwarten, nach Deutschland weitergereist. Es liege auch kein Organisationsverschulden durch die handelnden Behörden in Bezug auf die Verfahrensdauer vor, sondern habe vielmehr das Verfahren im Jahr 2015 eingestellt werden müssen, da der Beschwerdeführer unauffindbar gewesen sei. Insgesamt würden aus seinem Privatleben keine objektiven Gründe ersichtlich sein, die einer Rückkehrentscheidung entgegenstehen würden, vielmehr seien die öffentlichen Interessen an der Beendigung seines Aufenthalts ausschlaggebend. Im Lichte des Art. 8 EMRK sei die Rückkehrentscheidung betreffend den Beschwerdeführer gerechtfertigt.
Mangels Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde die Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung verbunden und festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Somalia zulässig sei, zumal ihm in Somalia keine Gefährdung drohe.
Der Beschwerdeführer habe auch keine besonderen Umstände geltend machen können, weshalb die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft des Bescheides festgesetzt worden sei.
Mit fristgerechter Beschwerde vom 23.05.2016 (ergänzt am 29.05.2016) wurde der Bescheid des Bundesamtes seinem gesamten Inhalt nach angefochten, wobei der XXXX zur Vertretung im Beschwerdeverfahren bevollmächtigt wurde (Vollmacht vom 22.05.2017).
Darin wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführer seit dem Jahr 2011 in Österreich lebe, ledig sei und ein Kind mit seiner ehemaligen Lebensgefährtin habe, welches er nicht sehen dürfe.
Der Beschwerdeführer habe das Niveau A2 in seinem Deutschkurs erreicht. Im Hinblick auf seine Deutschkenntnisse erklärte er, oft nicht die monetären Mitteln zu haben, sich einen Deutschkurs zu finanzieren, er sich aber noch im Lernprozess befinde. Er sei strafrechtlich unbescholten. Er habe ein soziales Umfeld, bestehend aus Österreichern, um Deutsch zu lernen. Er habe sowohl soziale als auch emotionale Bindungen in Österreich. Er sei in den letzten sechs Jahren nicht mehr in Somalia gewesen und würde im Fall einer Rückkehr dorthin in eine äußerst prekäre Lage geraten. Der Beschwerdeführer sei während seines Aufenthaltes auch nicht einer illegalen Beschäftigung nachgegangen, arbeite stattdessen ehrenamtlich bei der XXXX. Es liege demnach ein wichtiges soziales Engagement vor, welches zu verstärkten Bindungen in der städtischen Gemeinschaft führe.
Das BFA habe seine amtswegigen Ermittlungspflichten verletzt.
In der am 29.05.2017 erneut übermittelten Beschwerde findet sich nicht mehr das Vorbringen, wonach er ein Kind in Somalia habe, das er nicht sehen dürfe.
Zur Klärung der Rechtzeitigkeit der Beschwerde veranlasste das Bundesverwaltungsgericht ein Parteiengehör, das ergeben hat, dass die Beschwerde fristgerecht am 23.05.2017 beim BFA eingebracht wurde, wobei am 29.05.2017 eine geringfügig modifizierte Ergänzung übermittelt wurde.
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26.06.2017, Zahl:
XXXX, wurde die Beschwerde gemäß § 57 AsylG 2005, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, § 52 Abs. 9 FPG, § 46 FPG, § 55 Abs. 1 und 3 FPG, jeweils idgF als unbegründet abgewiesen und die Revision für nicht zulässig erklärt.
In der Begründung des Erkenntnisses wurden nach Darlegung des oben bereits wiedergegebenen Verfahrensganges Feststellungen zur Person sowie aktuelle Feststellungen zu Somalia, insbesondere zur Grundversorgung getroffen. Beweiswürdigend wurde insbesondere ausgeführt, dass der Beschwerdeführer ein Familienleben in Österreich nicht vorgetragen habe und das Privatleben sich auf seine bisherigen Angaben gründe. In Bezug auf die Lage im Falle einer Rückkehr sei keine Änderung seit dem angefochtenen Bescheid eingetreten. Die Verfolgungsbehauptungen seien bereits rechtskräftig als nicht glaubwürdig beurteilt worden. Es wurde diesbezüglich auf die Ausführungen des BFA verwiesen. Weiters wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführer vor dem BFA am 10.04.2017 erklärt habe, gesund zu sein und eine Blinddarmoperation komplikationslos durchgeführt worden sei, eine Epilepsieerkrankung sei nicht mehr behauptet worden und auch durch keine medizinischen Befunde untermauert worden. Was die Dürresituation in XXXX betreffe, sei insbesondere darauf hinzuweisen, dass seine Familie sich nach wie vor in XXXX aufhalte und ihre lebensnotwendigen Bedürfnisse befriedigen könne, zumal der Beschwerdeführer nichts Gegenteiliges berichtet habe und im Übrigen auch nicht von der Landwirtschaft abhänge.
Rechtlich begründend wurde insbesondere ausgeführt, dass der Antragsteller kein Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen oder Opfer von Gewalt geworden sei und die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 daher nicht vorlägen. Der Beschwerdeführer sei ferner kein begünstigter Drittstaatangehöriger und komme ihm auch kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu. Schließlich sei auch ein Familienleben des Beschwerdeführers im Bundesgebiet verneint worden. Zu seinem Privatleben wurde insbesondere festgehalten, dass der Beschwerdeführer in der Zeit seines Aufenthaltes in Österreich keine fortgeschrittene Integration dargelegt habe und er lediglich vorübergehend zum Aufenthalt im Zusammenhang mit seinem Antrag auf internationalen Schutz berechtigt gewesen sei, welcher jedoch als offensichtlich unbegründet abgewiesen worden sei und er überdies illegal eingereist sei. Abgesehen von einem Deutschkursbesuch habe er keine nennenswerten Bildungsmaßnahmen im Bundesgebiet absolviert. Als einzige Arbeit habe er seit Jänner 2017 eine Freiwilligentätigkeit bei der XXXX ausgeübt. Eine Entwurzelung des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat habe offensichtlich nicht stattgefunden, denn er stehe mit seinen Familienangehörigen, welche in XXXX aufhältig seien, in Kontakt und spreche unverändert die Sprachen seines Herkunftsstaates besser als die deutsche Sprache und habe den überwiegenden Teil seines Lebens in XXXX verbracht. Die Unbescholtenheit falle bei der vorzunehmenden Abwägung nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht ins Gewicht. Die Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet hätten daher gegenüber den öffentlichen Interessen insbesondere des Schutzes der öffentlichen Ordnung, nur ein geringeres Gewicht und wurde schließlich auch der Entfall der Verhandlungspflicht ausgiebig begründet.
Gegen dieses Erkenntnis erhob der Antragsteller, vertreten durch Rechtsanwalt XXXX, Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Mit Erkenntnis vom 21.12.2017, Zl. XXXX wurde die Revision, soweit sie sich gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 richtet, zurückgewiesen, im Übrigen jedoch das Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Begründend wurde insbesondere ausgeführt, dass bei der gebotenen Interessensabwägung unter dem Gesichtspunkt der Bindungen zum Herkunftsstaat auch der Frage Bedeutung zukommen könne, ob sich der Fremde bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat eine Existenzgrundlage schaffen könne. In diesem Zusammenhang habe sich das BVwG mit der notorischen Dürrekatastrophe in Somalia und der dort herrschenden Nahrungsmittelknappheit auseinanderzusetzen gehabt. Das BVwG habe die allgemeinen Feststellungen des BFA zur Dürre in Somalia wiederholt und auch Feststellungen getroffen, die auf Berichten beruhten, die bis zum Jänner 2017 reichten; es wären jedoch dem BVwG noch aktuellere Unterlagen zur Verfügung gestanden, z. B. die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zum Thema „Somalia Versorgung mit Grundnahrungsmittel in Mogadischu vom 07.06.2017“, daraus sei auf eine Verschärfung der krisenhaften Situation in Somalia, insbesondere was die Nahrungsmittelversorgung in XXXX betreffe, zu schließen. Die Überlegungen des BVwG, dass der Beschwerdeführer zu seiner in XXXX lebenden Familie zurückgehen könne, welche offenbar trotz der Dürre die lebensnotwendigen Bedürfnisse befriedigen könne, weil der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang nichts Gegenteiliges berichtet habe und die Familie nicht von der Landwirtschaft abhänge, wären nicht unplausibel. Das BVwG habe aber die Versorgungssicherheit der Familie des Revisionswerbers nie erörtert und habe sich der Revisionswerber auch dazu selbst nicht ausdrücklich geäußert. Es liege somit im Sinne der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kein geklärter Sachverhalt vor und wäre daher die Durchführung der ausdrücklich beantragten Beschwerdeverhandlung erforderlich gewesen.
Das Bundesverwaltungsgericht beraumte eine solche für den 13.04.2018 an. Der Beschwerdeführer wurde durch einen Mitarbeiter des XXXX vertreten. Dieser legte Arbeitsnachweise sowie eine Bestätigung der XXXX, eine Deutschkursbestätigung des Vereins XXXX und der XXXX sowie eine Praktikumszusage von „XXXX“ vor und brachte ergänzend vor, dass der Beschwerdeführer eine Einstellungszusage als Küchenhilfskraft bzw. Servicekraft besitze.
Der Beschwerdeführer gab an, dass er schon sechs Jahre und zehn Monate in Österreich sei. Er sei nur sechs Tage lang in Deutschland gewesen. Er habe sich vier Jahre in XXXX auf einem Berg aufgehalten und habe dann weg wollen, dies sei 2013 gewesen.
Er habe noch Familienangehörige in Somalia und zwar seine Eltern, eine Schwester und einen Bruder und stehe mit allen in Kontakt. Diese wären in XXXX im Bezirk XXXX aufhältig. Den Familienangehörigen gehe es gut. Sein Vater arbeite in einer Koranschule und bringe das Geld nach Hause. Die restlichen Familienangehörigen würden nicht arbeiten. Die Familie leide aber unter wirtschaftlichen Problemen. Wie es ihr genau gehe, wisse er trotz telefonischem Kontakt nicht. Als er ausgereist sei, habe es noch keine Dürre gegeben. Befragt, ob die Familie unter der Dürre zu leiden hätte, gab der Beschwerdeführer an, dass die Familien der Kinder in der Koranschule manchmal kein Geld zahlen würden, weil es ihnen wirtschaftlich schlecht gehe. Seit seiner Scheidung vor ca. zwei bis drei Jahren habe er keinen Kontakt mehr zu seiner Exfrau. Seine Familienangehörigen könnten ihn bei einer Rückkehr auch nicht kurzfristig unterstützen, da sie selbst unter der gegenwärtigen wirtschaftlichen Situation leiden würden.
Er selbst sei gesund. In Österreich wohne er in einem Flüchtlingsquartier. Er habe eine Freundin, deren Mutter Österreicherin und deren Vater Deutscher sei. Er wisse nicht ihre Staatsangehörigkeit. Sie heiße XXXX und sei XXXX Jahre alt. Er habe schon mehrere Deutschkurse besucht, die A2-Prüfung aber nicht bestanden, da er Probleme mit dem Schreiben gehabt habe. Einen Pflichtschulabschluss habe er noch nicht erworben. Er arbeite bei der XXXX und habe eine Einstellungszusage vorgelegt. Bei Vereinen oder Institutionen sei er nicht, er habe aber schon österreichische Freunde.
Neue Asylgründe habe er nicht. Befragt, was mit ihm geschehen würde, wenn er nach Somalia zurückkehren müsste, gab er an, dass sich die Lage in Somalia nicht geändert habe und die Al Shabaab nach wie vor dort präsent sei. Irgendwoanders als in XXXX, z.B. in Somali-Land oder Puntland könnte er nicht Aufenthalt nehmen, da dort andere Stämme ansässig seien. Er möchte in Österreich ein ganz normales Leben führen und arbeiten. Seine Epilepsie sei in der Zwischenzeit ausgeheilt. Er habe ca. einmal in der Woche Kontakt mit seiner Familie. Sie hätten ihm gesagt, dass dort Dürre herrsche und die Familie nicht viel zu essen habe. Ein weiteres Vorbringen habe er nicht.
Verlesen wurde der aktuelle Strafregisterauszug des Beschwerdeführers, in dem keine Verurteilung aufscheint.
Nach Erörterung der Sach- und Rechtslage wurde der Beschwerdeführer auch ausdrücklich gefragt, ob er im Hinblick auf die schlechte Versorgungslage einen neuen Antrag auf internationalen Schutz stellen möchte. Der Beschwerdeführer antwortete, dass er dies mit seinem Rechtsvertreter noch besprechen werde.
Den Verfahrensparteien wurden gemäß § 45 Abs. 3 AVG folgende Länderdokumente, insbesondere zur Nahrungsmittelsituation zur Kenntnis gebracht und eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme von drei Wochen eingeräumt.
* Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Somalia vom 12.01.2018
* Anfragebeantwortung der Staatendokumentation betreffend die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln in Mogadishu vom 07.06.2017
* FSNAU acute food insecurity persists in Somalia vom 31.08.2017
* FEWS NET Food Security Outlook February to September 2018
Im Hinblick auf das Vorhandensein neuester Länderdokumente zum gegenständlichen Fall wurde ergänzend mit Schreiben vom 16.05.2018 das Parteiengehör zu einer Anfragebeantwortung der Staatendokumentation betreffend humanitäre Hilfe, Arbeitsmarkt und Versorgungslage in Mogadischu vom 11.05.2018, sowie das mit 03.05.2018 aktualisierte Länderinformationsblatt der Staatendokumentation unter Setzung einer Frist von zwei Wochen zur Abgabe einer Stellungnahme gewährt. Von dieser Möglichkeit machte der Beschwerdeführer durch den XXXX Gebrauch. Darin wurde insbesondere ausgeführt, dass der Antragsteller bei einer Rückkehr nach Somalia nicht bei seiner Familie in XXXX Zuflucht finden könnte und daher auf ein IDP-Lager angewiesen wäre, die Situation in IDP-Lagers würde nach wie vor mit der IPC-Stufe 3 (crisis) bewertet. Außerdem wäre der Beschwerdeführer neben den Versorgungsschwierigkeiten auch weiterhin durch die anhaltenden Präsenz der Al Shabaab in ganz Somalia und die mangelhafte Schutzfähigkeit und -willigkeit der somalischen Sicherheitskräfte gefährdet.
Ein neuer Antrag auf internationalen Schutz wurde ausdrücklich nicht gestellt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat wie folgt festgestellt und erwogen:
1. Feststellungen:
Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Somalia, hat im Juli 2011 nach illegaler Einreise einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.
Der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz wurde rechtskräftig mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.06.2016 negativ entschieden, wobei ihm weder der Status eines Asylberechtigten noch eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde. Seine Verfolgungsbehauptung wurde als unglaubwürdig und im Übrigen als nicht mehr aktuell beurteilt.
Der Beschwerdeführer ist während seines anhängigen Verfahrens nach Deutschland gereist, von wo er im Februar 2013 rücküberstellt wurde.
Von Juni 2015 bis Jänner 2016 war der Beschwerdeführer unbekannten Aufenthalts, weshalb das Verfahren vorübergehend eingestellt wurde.
Der Beschwerdeführer hat keine Familienangehörigen im Bundesgebiet. Umgekehrt leben im Bezirk XXXX in XXXX seine Eltern und seine beiden Geschwister, mit welchen er auch regelmäßig in Kontakt steht.
Seinen Familienangehörigen geht es nach Angabe des Beschwerdeführers gut, sie litten jedoch auch unter der Dürre in XXXX.
Er lebt im Bundesgebiet von der Grundversorgung in einem Quartier für Asylwerber. Er hat zuletzt Deutschkurse besucht, jedoch keine Prüfungsbestätigung auf dem Niveau A2 (oder höher) vorgelegt.
Der Beschwerdeführer ist während seines gesamten Aufenthalts im Bundesgebiet keiner legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen.
Der Beschwerdeführer übt ehrenamtlich z.B. im Second Hand Shop XXXX Freiwilligenarbeit aus. Er könnte in "XXXX" eine Praktikumstelle und auch Beschäftigung als Küchenhilfskraft bzw. Servicekraft erhalten. Der Beschwerdeführer führt kein Familienleben in Österreich. Er hat wohl eine Freundin (ungeklärter Staatsangehörigkeit) und auch schon österreichische Freunde. Der Beschwerdeführer ist gesund, insbesondere ist die früher angeführte Epilepsie "ausgeheilt".
Zu Somalia ist verfahrensbezogen folgendes festzustellen:
1. Neuste Erkenntnisse
KI vom 3.5.2018: Überdurchschnittliche Niederschläge, bessere
Versorgungssicherheit prognostiziert:
Schon in den vor der Gu-Regenzeit gemachten Prognosen zeichnete sich eine Entspannung der Situation ab, obwohl damals nur unterdurchschnittliche Regenmengen prognostiziert wurden. Anfang 2018 wurde für Februar-Juni 2018 prognostiziert, dass die Bevölkerung in folgende IPC-Stufen (Klassifizierung zur Sicherheit der Nahrungsmittelversorgung) einzuordnen sein wird: 56% Stufe 1 (minimal); 22% Stufe 2 (stressed); 18% Stufe 3 (crisis); 4% Stufe 4 (emergency); 0% Stufe 5 (famine). IDP-Lager in Südsomalia wurden durchwegs mit Stufe 3 IPC prognostiziert; Städte in Lower und Middle Shabelle, Bay und Jubaland mit Stufe 2; Mogadischu mit Stufe 1. Landesweit zeigt sich, dass die Bevölkerung in den Städten besser versorgt ist, als jene auf dem Lande (FAO 2018).
Verbesserungen bei Nahrungsmittelsicherheit und Ernährung sind auf die höhere Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln aus der Deyr-Ernte und aus der gestiegenen Milchproduktion zurückzuführen. Gleichzeitig wird die humanitäre Hilfe aufrechterhalten. Viele Haushalte können Nahrungsmittel mit von humanitären Akteuren zur Verfügung gestellten Geldmitteln oder Gutscheinen erwerben (FEWS 3.2018). Im ersten Quartal 2018 bezogen monatlich 1,84 Millionen Menschen humanitäre Hilfe. Im letzten Quartal 2017 waren es noch 2,5 Millionen gewesen. Insgesamt erreicht die Unterstützung rund 70% der Menschen die sich auf oder über Stufe 3 IPC befinden (FEWS 4.2018a). Auch im Jahr 2018 wird humanitäre Hilfe weiterhin in großem Ausmaß erforderlich sein (FEWS 3.2018).
Der bereits eingetretene Rückgang an Hunger ist auch im Vergleich der Daten der beiden Deyr-Regenzeiten 2016/17 und 2017/18 zu erkennen (FEWS 3.2018):
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(FEWS 3.2018)
Nunmehr ist es im April 2018 in fast allen Landesteilen zu mittleren bis starken Regenfällen gekommen (FAO 27.4.2018). In fast ganz Somalia lag die Niederschlagsmenge der Gu-Regenzeit bis zum 20.4.2018 bei 200% des mehrjährigen Durchschnitts. Nur im Nordosten blieben die Niederschläge unterdurchschnittlich (FEWS 4.2018a). Allerdings werden die Niederschläge bis Juni weiter anhalten (FEWS 4.2018a; vgl. FAO 27.4.2018), auch wenn mit einem Rückgang der Niederschlagsmengen gerechnet wird (FEWS 4.2018a).
Für den Zeitraum Juni-September 2018 wurde eine deutliche Entspannung bei der Nahrungsmittelversorgung angekündigt. Nur noch für Hilfsorganisationen leicht zugängliche Gebiete im Nordwesten werden unter Stufe 4 IPC (emergency) eingestuft, der große Rest des Landes fällt in die Stufen 1-3, Süd-/Zentralsomalia gänzlich (bis auf IDP-Konzentrationen) in die Stufen 1-2 (FEWS 4.2018b).
Aufgrund der überdurchschnittlichen Niederschläge in der Gu-Regenzeit Anfang 2018 wird erwartet, dass sich die Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln in einigen Teilen Südsomalias noch weiter verbessern wird, als zu Jahresbeginn bereits prognostiziert. Zwar wurden in von Überflutungen betroffenen Gebieten Teile der Ernte vernichtet, jedoch sind die Bedingungen insgesamt so günstig, dass mit einer überdurchschnittlichen Ernte zu rechnen ist (FEWS 4.2018b). Die Felder befinden sich in gutem Zustand. In der Landwirtschaft gibt es Arbeitsmöglichkeiten auf Normalniveau (FEWS 4.2018a).
In den meisten Gebieten haben sich Weidegründe und Wasserverfügbarkeit verbessert (FEWS 4.2018a; vgl. FEWS 4.2018b), der Zustand der Tiere hat sich normalisiert. Allerdings bleibt die durchschnittliche Herdengröße noch hinter dem Normalzustand zurück. Arme Nomaden in Nord- und Zentralsomalia werden weiterhin über zu wenig Vieh verfügen. Dort wird Stufe 3 IPC (crisis) vermutlich weiter vorherrschen (FEWS 4.2018b).
Die Entspannung wird auf Karten dokumentiert:
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(FEWS 4.2018b)
Der Handelspreis für 1kg Sorghum ist in Baidoa im ersten Quartal 2018 um 37% eingebrochen, jener für 1kg Mais in Qoryooley um 32%. Auch bei armen Haushalten verbessert sich die Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln, sie haben nun auf normalem Niveau Zugang zu Arbeit in der Landwirtschaft und die Nahrungsmittelpreise haben sich ebenfalls normalisiert. Mit dem Tageseinkommen können nunmehr 10-18kg lokalen Getreides erstanden werden - 20%-60% mehr als noch vor einem Jahr (FEWS 4.2018a).
Untenstehend findet sich die detaillierte Prognosekarte der Agentur FSNAU der FAO für die Monate 2-6/2018:
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(FAO 2018)
Zusätzlich zu den Niederschlägen fließen aus dem äthiopischen Hochland beträchtliche Mengen Wasser zu (FEWS 4.2018a; vgl. FAO 27.4.2018). Dadurch kam es in einigen Gebieten zu Überschwemmungen. Belet Weyne war besonders stark betroffen, 70% der Haushalte mussten ihre Häuser verlassen. In Qoryooley waren es 250 Haushalte. Außerdem betroffen waren einige Dörfer in Middle Juba und im Bezirk Wanla Weyne. Auch einige landwirtschaftlich genutzte Gebiete in Bay, Lower Juba, Togdheer und Hiiraan wurden überflutet (FEWS 4.2018a). Die Pegel der Flüsse werden vermutlich weiter steigen. Bisher sind rund 630.000 Menschen von Sturzfluten oder Überschwemmung betroffen, ca. 215.000 haben ihre Häuser verlassen müssen (davon 180.000 im Gebiet Belet Weyne). Andererseits verlassen manche IDPs die Lager, um von den Niederschlägen in ihrer ursprünglichen Heimat zu profitieren (UN OCHA 2.5.2018).
Quellen:
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FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (4.2018a): Somalia
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Food Security Outlook Update, http://fews.net/east-africa/somalia/food-security-outlook-update/april-2018, Zugriff 2.5.2018
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FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (4.2018b): Somalia
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Food Security Outlook Update, http://fews.net/east-africa/somalia, Zugriff 2.5.2018
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FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (3.2018): Somalia
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Food Security Outlook February to September 2018, http://fews.net/east-africa/somalia/food-security-outlook/february-2018, Zugriff 2.5.2018
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FAO FSNAU - Agentur der Food and Agriculture Organisation der UN (2018): IPC Map, http://www.fsnau.org/ipc/ipc-map, Zugriff 2.5.2018
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FAO SWALIM (27.4.2018): Somalia Rainfall Forecast - Issued: 27 April 2018,
https://reliefweb.int/map/somalia/somalia-rainfall-forecast-issued-27-april-2018, Zugriff 2.5.2018
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UN OCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (2.5.2018): OCHA Somalia Flash Update #3 - Humanitarian impact of heavy rains | 2 May 2018,
https://reliefweb.int/report/somalia/ocha-somalia-flash-update-3-humanitarian-impact-heavy-rains-2-may-2018, Zugriff 3.5.2018
2. Benadir / Mogadischu
Mogadischu bleibt weiterhin unter Kontrolle von Regierung und AMISOM (AI 22.2.2017). Die Stadtverwaltung von Mogadischu ist verhältnismäßig präsent und aktiv (BFA 8.2017). Schritte von Stadt- und Bundesregierung haben bei der Sicherheitslage zu einer Verbesserung geführt - speziell durch die Aufstellung der Mogadishu Stabilization Mission (MSM). Die Zahl von Angriffen der al Shabaab im jeweiligen Ramadan ist von 269 im Jahr 2015 auf 208 im Jahr 2017 zurückgegangen. Andererseits scheint sich die al Shabaab aufgrund der Erfolge der Sicherheitskräfte zunehmend auf Sprengstoffanschläge zu verlegen, welche unter der Zivilbevölkerung ein höheres Maß an Schaden verursachen (UNSC 5.9.2017). Regelmäßig kommt es zu sogenannten komplexen Anschlägen in Mogadischu, wobei ein Sprengstoffanschlag mit dem Einsatz einiger weniger bewaffneter Selbstmordkämpfer kombiniert wird. Ziele sind i.d.R. Hotels oder Restaurants, die häufig von Behördenbediensteten oder Sicherheitskräften frequentiert werden (SEMG 8.11.2017).
Der Einsatz von Artillerie (Mörsern) mit Ziel Mogadischu ist wieder im Steigen begriffen. Im ersten Halbjahr 2017 kam es zu zwölf derartigen Angriffen, im Gesamtjahr 2016 waren es 17 (SEMG 8.11.2017). Am 12.6. und am 4.7.2017 wurden insgesamt neun Mörsergranaten auf Stadtgebiet abgeschossen (UNSC 5.9.2017). Dabei verfügt al Shabaab nunmehr auch über schwere, von AMISOM erbeutete Mörser (120mm), was ihre Möglichkeiten erweitert (SEMG 8.11.2017). Es ist höchst unwahrscheinlich, dass al Shabaab wieder die Kontrolle über Mogadischu erlangt (DIS 9.2015; vgl. EASO 2.2016). Es gibt in der Stadt auch kein Risiko mehr, von der al Shabaab zwangsrekrutiert zu werden (BFA 8.2017; vgl. UKUT 3.10.2014, vgl. EGMR 10.9.2015). Es besteht zwar gemäß mehreren Berichten kein Risiko, alleine aufgrund der eigenen Clanzugehörigkeit angegriffen zu werden. Trotzdem sind Clan und Clanzugehörigkeit in Mogadischu nach wie vor relevant (SEM 31.5.2017).
Die Sicherheitslage hat sich also verbessert (UNSOM 13.9.2017; vgl. UNNS 13.9.2017), bleibt aber volatil (UNSC 5.9.2017). Die MSM hat einige Erfolge verzeichnet, darunter Maßnahmen zur Entwaffnung von Milizen und Zivilisten. Auch die Polizei in Mogadischu funktioniert merklich besser, als vor drei oder vier Jahren. Das Polizeikontingent der AMISOM ist aktiv. Es werden in der ganzen Stadt regelmäßig Patrouillen durchgeführt. Zusätzlich befinden sich Stützpunkte der Armee an neuralgischen Punkten der Stadt. Auch die National Intelligence and Security Agency (NISA) und ihre Spezialeinheiten werden in Mogadischu eingesetzt. Der wichtigste Faktor in Mogadischu ist aber die Präsenz der AMISOM. Sie ist in Mogadischu mit je einem Bataillon aus Uganda und Burundi, mit dem militärischen Stab und mit rund 300 Polizisten präsent. In einem gewissen Ausmaß stellt sie für al Shabaab einen Abschreckungsfaktor dar. Sie macht es für AS schwieriger, in die Stadt zu gelangen (BFA 8.2017). Auch die Regierung zeigt einige Bemühungen, die Sicherheit in der Stadt zu verbessern. Allerdings sind diese ungenügend; korrupte, unbezahlte Soldaten und unzufriedene Clans in der Peripherie ermöglichen es der al Shabaab, Mogadischu zu infiltrieren (ICG 20.10.2017).
Mogadischu ist folglich nicht absolut abgeschottet (BFA 8.2017). Der Amniyat ist schon seit Jahren in der Stadt aktiv und konnte Sicherheitsstrukturen unterwandern (ICG 20.10.2017). Insgesamt reicht die in Mogadischu gegenwärtig gegebene Stärke der unterschiedlichen Sicherheitskräfte nicht aus, um eine flächeneckende Präsenz sicherzustellen. Al Shabaab hingegen verfügt eindeutig über eine Präsenz in der Stadt (BFA 8.2017). Diese Präsenz ist aber keine offen militärische, sondern eine verdeckte (DIS 3.2017). Diese ist in den Außenbezirken stärker, als in den inneren. Zentral-Mogadischu ist relativ konsolidiert. Gleichzeitig hängt die Präsenz der Gruppe auch von der Tageszeit ab. Die nördlichen Bezirke - v.a. Dayniile und Heliwaa - werden in der Nacht von al Shabaab kontrolliert (BFA 8.2017).
Insgesamt scheint sich die al Shabaab bei der Durchführung von Attentaten von Quantität auf Qualität verlegt zu haben. Dabei sucht die al Shabaab ihre Ziele v.a. im Bereich der Regierung. Für die Zivilbevölkerung ist das größte Risiko, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein (DIS 3.2017; vgl. LI 1.4.2016). Ob Mogadischu als sicher oder unsicher bezeichnet wird, hängt maßgeblich von der subjektiven Wahrnehmung und von persönlichen Erfahrungen ab (BFA 8.2017). Die Situation in Mogadischu ist nicht derartig, dass jeder Mensch in der Stadt einem Risiko entsprechend Artikel 3 EMRK ausgesetzt wäre (EGMR 10.9.2015; vgl. UKUT 3.10.2014).
Mindestens einmal pro Monat kommt es zu einem signifikanten Sprengstoffanschlag. Tödliche, von al Shabaab inszenierte Zwischenfälle ereignen sich regelmäßig. Pro Monat töten die Islamisten ca. 20 Personen in Mogadischu. Dabei richten sich die Aktivitäten vorwiegend gegen die Regierung. Zusätzlich sind neben der al Shabaab auch andere Akteure für Mode und Attentate verantwortlich (BFA 8.2017). Bis in den Oktober 2017 hat Mogadischu eine moderate Verbesserung der Sicherheitslage erlebt. Die Zahl an Attentaten und Anschlägen ging zurück, die Sicherheitskräfte konnten einige Angriffe erfolgreich verhindern (ICG 20.10.2017). Andererseits schien sich al Shabaab später aus taktischen Überlegungen heraus auf Mogadischu zu konzentrieren. Dort sollen Anschläge - speziell auf sogenannte "soft targets" (z.B. Hotels und Märkte) - verstärkt werden (UNHRC 6.9.2017). In welche Richtung sich die Sicherheitslage mittelfristig entwickeln wird, ist schwer einschätzbar (BFA 8.2017).
An der im September 2015 dargestellten Situation hat sich gemäß der Informationen der Fact Finding Mission 2017 nichts Wesentliches geändert (BFA 3./4.2017):
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(BFA 10.2015; vgl. EASO 2.2016)
In Mogadischu lebten einer Schätzung im Jahr 2014 zufolge ca. 1,65 Millionen Menschen (UNFPA 10.2014). Im Vergleich dazu meldete die ACLED-Datenbank im Jahr 2016 insgesamt 120 Zwischenfälle, bei welchen gezielt Zivilisten getötet wurden (Kategorie "violence against civilians"). Bei 102 dieser 120 Vorfälle wurde jeweils ein Zivilist oder eine Zivilistin getötet. Im Jahr 2017 waren es 217 derartige Vorfälle (davon 186 mit je einem Toten). Die Zahl an Zwischenfällen mit Todesopfern (meist ein Todesopfer) in der Region Benadir entwickelte sich in den vergangenen Jahren folgendermaßen (es bleibt zu berücksichtigen, dass e