Entscheidungsdatum
25.07.2018Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
G303 2154030-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Simone KALBITZER als Vorsitzende sowie die Richterin Dr. Eva WENDLER und den fachkundigen Laienrichter Herbert WINTERLEITNER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Kärnten, vom 29.03.2017, OB: XXXX, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) brachte am 02.02.2017 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Kärnten, (im Folgenden: belangte Behörde), einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses und auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behindertenpass ein. Dem Antrag waren ein Meldezettel, ein Allergiepass und weitere medizinische Beweismittel angeschlossen.
2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt.
2.1. In dem eingeholten Gutachten von XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin, vom 07.03.2017 wurde, nach persönlicher Untersuchung des BF, im Wesentlichen folgendes festgehalten:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos. Nr.
GdB %
1
Allergisches Asthma Bronchiale mit Alpha 1 Antitrypsinmangel Unterer RSW entsprechend der Lungenfunktion (leichte bis mittelgradige obstruktive Ventilationsstörung bei mäßiger Lungenüberblähung (FVC 4 l, FEV1 2,77 l entspricht 70 % des Sollwertes, FEV1 in Prozent zur FVC 64,8) sowie dem zusätzlichen Alpha 1 Antitrypsinmangel. Atemnot bei Belastung, keine akut stationäre Aufnahme in eine Klinik wegen Asthmaanfällen. Dauertherapie nötig.
06.05.03
50
2
Berichteter Bandscheibenschaden, Bandscheibenschaden Einschätzung im oberen RSW, da längeres Stehen anamnestisch nicht möglich ist. Aktuell keine Bewegungseinschränkungen. Keine Kausalbelege in den Behandlungsunterlagen vorhanden.
02.01.01
20
Gesamtgrad der Behinderung
50 v.H.
Zum Gesamtgrad der Behinderung wurde ausgeführt, dass die Gesundheitsschädigung (GS) 1 führend sei und die GS 2 aufgrund fehlender Wechselwirkung nicht weiter steigere.
Hinsichtlich der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurde im Sachverständigengutachten folgendes ausgeführt: Durch die beim BF vorliegenden Gesundheitsschädigungen sei die Mobilität nicht eingeschränkt. Kurze Wegstrecken seien möglich, das Ein- und Aussteigen sei möglich und ein sicherer Transport gewährleistet. Eine schwere Erkrankung des Immunsystems liege nicht vor.
3. Dem BF wurde mit Schreiben der belangten Behörde vom 10.03.2017 mitgeteilt, dass ihm ein Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung in Höhe von 50 von Hundert unbefristet ausgestellt werde.
4. Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 29.03.2017 wurde von der belangten Behörde der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass vom 02.02.2017 abgewiesen.
4.1. Gestützt wurde die Entscheidung der belangten Behörde auf das eingeholte, unter I.2. angeführte, ärztliche Sachverständigengutachten. Demnach würden die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung nicht vorliegen. In der rechtlichen Begründung des angefochtenen Bescheides wurden die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes und der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013, zitiert.
5. Mit E-Mail vom 03.04.2017 erhob der BF fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 29.03.2017. Darin wurde ausgeführt, dass - entgegen dem Sachverständigengutachten - keine leichteren Atemnotanfälle, sondern eher eine permanente Atemnot und Schmerzen in den Lungenflügeln vorliegend seien. Dies führe bei zu großer Anstrengung zum körperlichen Zusammenbruch (seit Jahren zunehmend). Im Gutachten sei ein Infekt aus dem Jahr 2015 angeführt. Dieser beinhalte aber den Zeitraum 2005 bis 2017. Mit "zunehmenden Jahrgängen" erhöhe sich auch die Infektanfälligkeit. Für den BF seien Menschenansammlungen problematisch und habe er hier Probleme genügend Luft zu bekommen und sei die Infektanfälligkeit bisher immer gegeben, was zu weiteren Lungenproblemen und Krankheitszuständen geführt habe. Bei erhöhten Anstrengungen wie Stiegen steigen oder Heben trete der Anfall sofort ein, was zu Schwindelanfällen bis hin zu Ohnmachtsanfällen führe. Als Patient mit Alpha-1-Antitrypsin-Mangel sei er besonders anfällig für Atemwegsinfektionen und Lungenemphyseme, weswegen die erhöhte Infektanfälligkeit seit Jahren auftrete und seien diese Infektionen auch gefährlicher als für gesunde Menschen.
Des Weiteren wurde in der Beschwerde angeführt, dass der nachgereichte Befund des MRT der Wirbelsäule eine Änderung des Behindertengrades mit sich bringen würde.
6. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden von der belangten Behörde dem Bundesverwaltungsgericht am 25.04.2017 vorgelegt.
7. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde seitens des erkennenden Gerichtes XXXX, Fachärztin für Lungenerkrankungen, mit der Erstellung eines lungenfachärztlichen Sachverständigengutachtens beauftragt.
7.1. Im medizinischen Sachverständigengutachten von XXXX vom 17.11.2017, wird basierend auf der persönlichen Untersuchung des BF am 16.11.2017, im zusammengefassten Ergebnis folgendes festgehalten:
Beim BF liegen nachstehende Gesundheitsschäden vor:
-
1. geringgradiges allergisches Asthma bronchiale
-
2. mäßiggradiges Lungenemphysem
-
3. Alpha-1-Antitrypsinmangel MS
Trotz der Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit sei dem BF das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe möglich. Aus medizinischer Sicht wurde ausgeführt, dass die "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung" gegenständlich nicht vorliege.
8. Das Ergebnis der Beweisaufnahme wurde den Verfahrensparteien im Rahmen eines schriftlichen Parteiengehörs gemäß § 45 Abs. 3 AVG in Verbindung mit § 17 VwGVG seitens des erkennenden Gerichts mit Schreiben vom 15.02.2018 zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung zu äußern.
8.1. Eine Stellungnahme beziehungsweise Äußerung wurde dazu seitens der Verfahrensparteien nicht erstattet.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF ist am XXXX geboren und ist im Besitz eines Behindertenpasses mit einem eingetragenen Grad der Behinderung in Höhe von 50 von Hundert.
Der BF leidet an folgenden Gesundheitsschädigungen:
-
Allergisches Asthma bronchiale (geringgradig)
-
Lungenemphysem (mäßiggradig)
-
Alpha-1-Antitrypsinmangel MS
-
Bandscheibenschaden
Eine Indikation für eine Langzeitsauerstofftherapie besteht nicht.
Eine erhebliche Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten liegt nicht vor. Es konnten keine erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten und Funktionen oder eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems beim BF festgestellt werden. Es besteht keine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit.
Der BF ist in seiner körperlichen Belastbarkeit aufgrund seiner Lungenleiden eingeschränkt. Diese Einschränkung ist jedoch nicht als erheblich zu qualifizieren.
Eine besonders erhöhte Infektanfälligkeit des BF konnte nicht objektiviert werden.
Der BF ist in der Lage eine kurze Wegstrecke selbstständig aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe zurückzulegen. Das Ein- und Aussteigen in beziehungsweise aus öffentlichen Verkehrsmitteln kann bei einem üblichen Niveauunterschied ohne fremde Hilfe geleistet werden. Der sichere Transport des BF in öffentlichen Verkehrsmitteln ist gewährleistet.
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang, die Feststellungen zum Geburtsdatum des BF und zum Besitz des Behindertenpasses ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde, der Beschwerde und dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.
Das aufgrund des Beschwerdevorbringens seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholte lungenfachärztliche Sachverständigengutachten von XXXX ist für den erkennenden Senat vollständig, schlüssig und widerspruchsfrei. Die getroffenen gutachterlichen Ausführungen darin basieren auf dem im Rahmen der persönlichen Untersuchung des BF ausführlich erhobenen Untersuchungsbefund unter Einbeziehung der in Vorlage gebrachten medizinischen Beweismittel und des Vorbringens des BF.
Die festgestellten Lungenerkrankungen und deren Auswirkungen auf die Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln ergeben sich aus diesem eingeholten Sachverständigengutachten von XXXX. Insbesondere wurde seitens der Sachverständigen dargelegt, dass dem BF trotz seiner Einschränkung bei der körperlichen Belastbarkeit das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe möglich ist.
Zusätzlich wurde das Sachverständigengutachten von XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin, vom 07.03.2017, welches dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegt, bei der Feststellung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes berücksichtigt, welches für das erkennende Gericht schlüssig, widerspruchsfrei und nachvollziehbar ist, und auch seitens des BF im Rahmen der Beschwerde mit Ausnahme des Begutachtungsergebnisses bezüglich seiner Lungenleiden nicht substantiiert bekämpft wurde.
Demnach konnte festgestellt werden, dass der BF an einem Bandscheibenschaden leidet, und dass keine entscheidungsmaßgeblichen Mobilitätseinschränkungen beim BF vorliegen. So wurde gutachterlich ausgeführt, dass das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke für den BF möglich sei; ebenso das Ein- und Aussteigen in beziehungsweise aus öffentlichen Verkehrsmitteln und dass der sichere Transport gewährleistet sei.
Es konnten auch keine Anhaltspunkte im gegenständlichen Verfahren festgestellt werden, dass der sichere Transport des BF im öffentlichen Verkehrsmittel nicht gewährleistet wäre, da weder Einschränkungen der oberen Extremitäten noch Einschränkungen der unteren Extremitäten vorliegen.
Die vom BF in der Beschwerde monierte erhöhte Infektanfälligkeit konnte von der lungenfachärztlichen Sachverständigen nicht objektiviert werden. Auch in den seitens des BF vorlegten medizinischen Beweismittelmittel wurde diese nicht attestiert. Damit konnte das diesbezüglich erstattete Vorbringen des BF nicht berücksichtigt werden.
Das Bestehen einer Langzeitsauerstofftherapie wurde weder seitens des BF vorgebracht, noch ergibt sich diese aus den vorgelegten Befunden beziehungsweise aus dem lungenfachärztlichen Sachverständigengutachten.
Auch weitere Einschränkungen und Erkrankungen, welche in der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen genannt sind, konnten im gegenständlichen Beschwerdeverfahren nicht festgestellt werden. Ein diesbezügliches Vorbringen wurde auch nicht erstattet.
Der Inhalt des ärztlichen Sachverständigengutachtens von XXXX vom 17.11.2017 wurde den Verfahrensparteien seitens des erkennenden Gerichts im Rahmen eines schriftlichen Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht und zur Möglichkeit einer Stellungnahme übermittelt. Eine Stellungnahme wurde dazu weder vom BF noch von der belangten Behörde erstattet. Es blieb somit im gegenständlichen Verfahren unbestritten.
Insgesamt konnte aufgrund des medizinischen Sachverständigengutachtens von XXXXund unter Berücksichtigung des Sachverständigengutachtens von XXXX festgestellt werden, dass dem BF die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist. Diesbezüglich darf auf die Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung II.3.2. verwiesen werden.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG (Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990 in der geltenden Fassung) hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter gemäß § 45 Abs. 4 BBG mitzuwirken.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der geltenden Fassung) geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 in der geltenden Fassung) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Das Verwaltungsgericht kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteienantrags, von einer Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs. 1 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) noch Art 47 GRC (Charta der Grundrechte der Europäischen Union) entgegenstehen.
Der im gegenständlichen Fall entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde größtenteils auf gutachterlicher Basis ermittelt. Die ärztliche Begutachtung basierte auch auf einer persönlichen Untersuchung des BF. Der Inhalt des vorliegenden Sachverständigengutachtens wurde zudem von den Verfahrensparteien im Rahmen ihres schriftlichen Parteiengehörs nicht beeinsprucht.
Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdegründen und dem Begehren des BF geklärt erscheint, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG entfallen.
Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt.
Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.
3.2. Zu Spruchteil A):
Unter Behinderung im Sinne des Bundesbehindertengesetzes ist gemäß § 1 Abs. 2 BBG die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Der Behindertenpass hat gemäß § 42 Abs. 1 BBG den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Ein Bescheid ist gemäß § 45 Abs. 2 BBG nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3 BBG) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
Gemäß § 1 Abs. 4 Z 3 der am 01. Jänner 2014 in Kraft getretenen Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013, ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls einzutragen, die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
-
erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
-
erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
-
erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
-
eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
-
eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach
§ 1 Abs. 4 Z 1 lit. b oder d vorliegen.
Entscheidend für die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist, wie sich eine bestehende Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH vom 20.10.2011, Zl. 2009/11/0032).
Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden (vgl. etwa VwGH 18.12.2006, Zl. 2006/11/0211; VwGH 20.04.2004, Zl. 2003/11/0078).
Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche sowie bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt (VwGH 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242; 14.05.2009, Zl. 2007/11/0080).
Es war aus folgenden Gründen spruchgemäß zu entscheiden:
Hinsichtlich des BF war insbesondere zu prüfen, ob bei ihm aufgrund seiner Lungenerkrankungen eine erhebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit gegeben ist, welche es ihm unzumutbar macht, öffentliche Verkehrsmittel zu benützen.
Die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund einer erheblichen Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit liegt entsprechend der Erläuterungen der gegenständlich anzuwendenden Verordnung insbesonders bei Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie, COPD IV oder Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie, vor.
Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, in welchem auch ein umfassendes lungenfachärztliches Sachverständigengutachten eingeholt wurde, und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass der BF an einem geringgradigen allergischem Asthma bronchiale, einem mäßiggradigen Lungenemphysem und an einem Alpha-1-Antitrypsinmangel MS leidet. Eine Langzeitsauerstofftherapie bedarf der BF jedoch nicht.
Auch das Vorbringen des BF, dass bei ihm eine erhöhte Infektanfälligkeit vorliege und er deshalb keine öffentlichen Verkehrsmittel benützen könne, konnte nicht medizinisch objektiviert werden.
Aus all dem ergibt sich, dass der BF durch seine Lungenerkrankungen in seiner körperlichen Belastbarkeit zwar eingeschränkt ist, eine erhebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit im Sinne der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen liegt jedoch nicht vor.
Es konnten beim BF auch keine anderen Einschränkungen und Erkrankungen, welche im § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen für die beantragte Zusatzeintragung genannt sind, im geforderten Ausmaße, nämlich in erheblichem beziehungsweise hochgradigem Ausmaß, festgestellt werden.
Der BF besitzt auch die konkrete Fähigkeit ein öffentliches Verkehrsmittel zu benützen. Insbesondere konnte festgestellt werden, dass die Bewältigung einer kurzen Wegstrecke für den BF selbstständig möglich ist. Das Ein- und Aussteigen in beziehungsweise aus öffentlichen Verkehrsmitteln kann bei einem üblichen Niveauunterschied ohne fremde Hilfe seitens des BF geleistet werden. Der sichere Transport im Fahrzeug ist unter den üblichen Transportbedingungen gewährleistet.
Zum Entscheidungszeitpunkt liegen daher die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung in den Behindertenpass nicht vor.
Der äußerste Rahmen für die Prüfbefugnis des Bundesverwaltungsgerichtes ist die "Sache" des bekämpften Bescheides (VwGH 09.09.2015, Ra 2015/04/0012; 26.03.2015, Ra 2014/07/0077). Mit der vorliegenden Beschwerde wurde der Bescheid, mit welchem über die Zusatztragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel entschieden wurde, bekämpft. Die Höhe des Grades der Behinderung ist damit nicht Beschwerdegegenstand. Das Vorbringen des BF, dass der MRT-Befund betreffend die Wirbelsäule eine Änderung des Grades der Behinderung mit sich bringe, konnte daher im gegenständlichen Beschwerdeverfahren nicht berücksichtigt werden.
Die vorliegende Beschwerde war somit spruchgemäß abzuweisen.
3.3. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlicher Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung.
Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Behindertenpass, Sachverständigengutachten, ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:G303.2154030.1.00Zuletzt aktualisiert am
05.02.2019