Entscheidungsdatum
26.07.2018Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
G309 2184507-1/3E
G309 2184509-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Ing. Mag. Franz SANDRIESSER als Vorsitzenden, sowie der Richterin Mag. Beatrix LEHNER und die fachkundige Laienrichterin Beate KOCH als Beisitzerinnen, in der Beschwerdesache der XXXX, geb. XXXX, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle XXXX, I.) vom 04.12.2017, OB: XXXX betreffend der Feststellung, dass der Grad der Behinderung weiterhin mit 60 (sechzig) v.H. (von Hundert) festgesetzt wird sowie II.) vom 05.12.2017, OB: XXXX, betreffend der Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" nicht vorliegen, zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde hinsichtlich der Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass wird als unbegründet a b g e w i e s e n.
II. Die Beschwerde hinsichtlich der Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" nicht vorliegen, wird als unbegründet a b g e w i es e n.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) brachte am 24.08.2017 via der Zentralen Poststelle des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle XXXX (im Folgenden: belangte Behörde) einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im mit einem eingetragenen Grad der Behinderung von 60 v.H. am 14.01.2009 ausgestellten Behindertenpass sowie auf die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass ein. Dem Antrag waren Kopien des Behindertenpasses, der Meldebestätigung und des Parkausweises der BF (Ausstellungsdatum: 23.12.1997) sowie verschiedene medizinische Beweismittel angeschlossen.
2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurden zwei medizinische Sachverständigengutachten eingeholt.
2.1. In dem eingeholten Gutachten von XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 28.11.2017, wird nach persönlicher Untersuchung der BF im Wesentlichen folgendes festgehalten:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Position bzw. der Rahmensätze:
Pos. Nr.
GdB %
1
Degenerative Veränderungen an Gelenken mehrerer Lokalisationen Oberer Richtsatzwert, miteingeschätzt Z. n. Hüftdysplasie bds. mit Korrektur-OP, miteingeschätzt Hüft-TEP li., miteingeschätzt Z. n. Knie- OP li., miteingeschätzt Spreizfußstellung, Funktionseinschränkung re. Daumen.
02.02.02
40
2
Degenerative Wirbelsäulen- und Bandscheibenveränderungen mehrerer Etagen Unterer Richtsatzwert, miteingeschätzt Wirbelsäulenfehlhaltung im Sinne einer Skoliose der BWS und LWS - keine neurologische Ausfallssymptomatik.
02.01.02
30
3
Bipolare Störung 1 Stufe unter oberem Richtsatzwert, miteingeschätzt Bedarfstherapie, Facharztbetreuung, Z. n. Gesprächstherapie, Z. n. stat. Aufenthalt (Rehab).
03.06.01
30
Gesamtgrad der Behinderung 60 v. H.
Als Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung wurde ausgeführt, dieser ergebe sich aus der führenden Position 1 und werde von der Position 2 und der Position 3 bei wechselseitiger negativer Leidensbeeinflussung um jeweils eine weitere Stufe angehoben.
Die folgenden beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen würden keinen Grad der Behinderung erreichen:
"Z. n. HP pos. Gastritis mit Eradikation, keine Behinderungsrelevanz.
Schnellender Daumen re., kann gut operativ saniert werden, derzeit keine Behinderungsrelevanz, da It. Pat. eine OP demnächst geplant sei.
Senk- Spreizfußstellung, Einlagen wurden verordnet, werden jedoch noch nicht getragen - keine Behinderungsrelevanz.
Z. n. Gallenblasen-OP im Frühjahr 2017, derzeit beschwerdefrei, keine Behinderungsrelevanz."
Im Hinblick auf die gesundheitlichen Veränderungen im Vergleich zu dem im vorangegangenen Verfahren eingeholten fachärztlich-neurologischen Sachverständigengutachten von XXXX, Facharzt für Neurologie, vom 18.03.2011 wurde folgendes ausgeführt:
"GS1, GS2 und GS3 idem zu VGA [...] Neuro 2011 eingeschätzt. Da eine relevante Aggravierung der Symptome der GS1, GS2 und GS3 bzw. signifikante Zunahme der Symptomatik nicht zu erkennen ist."
2.2. Im Hinblick auf die Gesamtmobilität der BF im Zusammenhang mit der beantragten Zusatzeintragung wurde folgendes ausgeführt:
"Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel
[Frage 1] Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Der Antragsteller ist in der Lage kurze Wegstrecken aus eigener Kraft zu überwinden, wenige Stufen in ein ÖV ein- und auszusteigen und in selbigem transportiert werden zu können.
[...]
[Frage 2] Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
Nein"
3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 04.12.2017 wurde der Antrag der BF auf Neufestsetzung des Grades im Behindertenpass abgewiesen und festgestellt, dass der Grad der Behinderung der BF weiterhin 60 v. H. (von Hundert) betrage. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 05.12.2017 wurde der Antrag der BF auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" abgewiesen.
Beide Entscheidungen wurden im Wesentlichen auf das eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten gestützt.
4. Mit E-Mail vom 22.01.2018 erhob die BF fristgerecht Beschwerde gegen die genannten Bescheide der belangten Behörde. Darin führte sie im Wesentlichen zusammengefasst aus, sie erhebe "vorsichtshalber" das Rechtsmittel der Beschwerde, verweise auf ihr bisheriges Vorbringen und beantrage die Einbeziehung zwischenzeitig noch einzuholender Befunde. Ein ergänzendes Vorbringen und weitere Beweise würden noch vorgelegt werden. Sie habe die Termine wegen der Daumenoperation wegen Erkrankung absagen müssen, ebenso habe sie das Rezept für die Spreizfußeinlage bis dato nicht einlösen können. Ein "Atemtest" sei noch nicht durchgeführt worden und sie habe in letzter Zeit migräneartige Kopfbeschwerden und Bauchbeschwerden. Am "19.02.2017" (gemeint wohl: 2018) werde sie sich einer Gesundenuntersuchung unterziehen, am 17.07.2018 werde sie eine Physiotherapie absolvieren.
5. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht durch die belangte Behörde, einlangend mit 29.01.2018, vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin ist im Besitz eines Behindertenpasses und hat ihren Wohnsitz im Inland.
Die BF leidet an degenerativen Veränderungen an Gelenken mehrerer Lokalisationen (Z. n. Hüftdysplasie bds. mit Korrektur-OP, Hüft-TEP li., Z. n. Knie- OP li., Spreizfußstellung, Funktionseinschränkung re. Daumen), an degenerativen Wirbelsäulen- und Bandscheibenveränderungen mehrerer Etagen sowie an einer bipolaren Störung.
Der Grad der Behinderung beträgt 60 (sechzig) von Hundert.
Bei der BF liegen keine erheblichen Einschränkungen der Funktion der unteren Extremitäten oder eine dauerhafte Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung vor. Es liegt keine erhebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit vor und es bestehen keine erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten. Es konnte keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems festgestellt werden und es besteht keine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit.
Das selbständige Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen ohne fremde Hilfe und der sichere Transport unter den üblichen Bedingungen sind der BF möglich.
Die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Der Inhaberin des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass, liegen nicht vor.
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Die Feststellungen zum ausgestellten Behindertenpass sind dem von der belangten Behörde übermittelten Akt zu entnehmen. Die Feststellung hinsichtlich des Wohnortes der BF, ergibt sich aus einem aktuellen Auszug aus dem Zentralen Melderegister.
Das zum Gesundheitszustand der BF von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten der Amtssachverständigen XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 28.11.2017 ist schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen sowie zu deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel Stellung genommen. Die getroffenen Einschätzungen basieren auf dem im Rahmen persönlicher Untersuchung ausführlich erhobenen Befund und entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen. Die befundenen Funktionseinschränkungen wurden gemäß der derzeit gültigen Einschätzungsverordnung korrekt eingeschätzt.
In der Beschwerde wurde seitens der BF nicht substantiiert aufgezeigt, welche gesundheitlichen Einschränkungen die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bedingen würden. Zudem wurde kein Vorbringen dahingehend erstattet, dass die Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung der BF zu gering sei oder bestimmte, bestehende Gesundheitsschädigungen nicht oder nicht ausreichend begutachten worden seien. Das Vorbringen der BF war daher nicht geeignet, das schlüssige und widerspruchsfreie Sachverständigengutachten von XXXX substantiiert zu widerlegen.
Das erstattete Sachverständigengutachten wird der Entscheidung des erkennenden Gerichtes daher in freier Beweiswürdigung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 6 BVwGG (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG (Bundesbehindertengesetzes) hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die im § 10 Abs. 1 Z 6 BBG genannte Vereinigung entsendet die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs. 2 BBG anzuwenden. Für die Vertreterin oder den Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 VwGVG).
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG (Bundes-Verfassungsgesetz) die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß
Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Das Verwaltungsgericht kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt wird, ungeachtet eines Parteienantrags, von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) noch Art. 47 GRC (Charta der Grundrechte der Europäischen Union) entgegenstehen. Der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) kann entnommen werden, dass er das Sozialrecht auf Grund seiner technischen Natur und der oftmaligen Notwendigkeit, Sachverständige beizuziehen, als gerade dazu geneigt ansieht, nicht in allen Fällen eine mündliche Verhandlung durchzuführen (vgl. Eriksson v. Sweden, EGMR 12.04.2012; Schuler-Zgraggen v. Switzerland, EGMR 24.06.1993).
Der im gegenständlichen Fall entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde größtenteils auf gutachterlicher Basis ermittelt und ist durch seine "technische" Natur, nämlich durch medizinisches Fachwissen, gekennzeichnet. Da der Sachverhalt auch aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdegründen und dem Begehren der BF geklärt erscheint, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG entfallen, zudem auch keine der Parteien eine mündliche Verhandlung beantragten.
3.2. Zu Spruchteil A):
Abweisung des Antrages auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass:
Nach § 1 Abs. 2 BBG ist unter einer Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder eine Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit gemäß § 42 Abs. 1 BBG zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Ein Bescheid ist gemäß § 45 Abs. 2 BBG nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß § 45 Abs. 1 BBG nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3 BBG) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu (§ 45 Abs. 2 BBG).
Gemäß § 40 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50 % auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist,
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen,
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten,
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes angehören.
§ 35 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988) regelt, dass die Höhe des Freibetrages sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) bestimmt. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,
1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,
2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung für die von ihr umfassten Bereiche.
Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Die für die Ausstellung einer solchen zuständigen Stelle ist:
-
Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).
-
Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.
-
In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen. Dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff BBG, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.
Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 BBG genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3 BBG), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichgesetzes 1967 BGBl. Nr. 376. Nach § 41 Abs. 1 BBG hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010 in der geltenden Fassung) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 BBG vorliegt.
Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung":
Gemäß § 1 Abs. 4 Z. 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist, einzutragen; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das
36. Lebensmonat vollendet ist und
-
erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
-
erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
-
erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
-
eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
-
eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach
§ 1 Abs. 4 Z 1 lit. b oder d leg. cit. vorliegen.
Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden (vgl. etwa VwGH 18.12.2006, Zl. 2006/11/0211; VwGH 20.04.2004, Zl. 2003/11/0078 ua.).
Gemäß § 29b Abs. 1 StVO (Straßenverkehrsordnung 1960) ist Inhabern und Inhaberinnen eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz, die über die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" verfügen, als Nachweis über die Berechtigungen nach Abs. 2 bis 4 auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ein Ausweis auszufolgen.
Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).
Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen die Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt (VwGH vom 23.11.1978, GZ 0705/77).
Es war aus folgenden Gründen spruchgemäß zu entscheiden:
Gemäß § 39 Abs. 2 AVG iVm. § 17 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit die Verwaltungsvorschriften hierüber keine Anordnungen enthalten, von Amts wegen vorzugehen und unter Beobachtung der in diesem Teil enthaltenen Vorschriften den Gang des Ermittlungsverfahrens zu bestimmen. Das Verwaltungsgericht kann - unter Beachtung der Grundsätze der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis - mehrere Verwaltungssachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbinden oder sie wieder trennen.
Angesichts dessen, dass sowohl im Beschwerdefahren gegen den genannten Bescheid der belangten Behörde vom 04.12.2017 als auch gegen den genannten Bescheid vom 05.12.2017 dieselbe BF betroffen ist und zudem zu den beiden genannten Bescheiden dieselbe Beschwerdeschrift erstattet wurde und darüber hinaus den jeweiligen Bescheiden der belangten Behörde der selbe Sachverhalt zugrunde liegt, ist es unter den Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis gerechtfertigt, die zu den GZ.: G309 2184507-1 und G309 2184509-1 protokollierten Beschwerdeverfahren gegen die im Spruch genannten Bescheide gemäß § 39 Abs. 2 AVG iVm. § 17 VwGVG zur gemeinsamen Entscheidung zu verbinden.
Dem Gutachten der Amtssachverständigen XXXX folgend, leidet die BF an degenerativen Veränderungen an Gelenken mehrerer Lokalisationen (Z. n. Hüftdysplasie bds. mit Korrektur-OP, Hüft-TEP li., Z. n. Knie- OP li., Spreizfußstellung, Funktionseinschränkung re. Daumen), an degenerativen Wirbelsäulen- und Bandscheibenveränderungen mehrerer Etagen sowie an einer bipolaren Störung.
Es konnte ein Grad der Behinderung von 60 v.H. festgestellt werden.
Die bei der BF diagnostizierten Leiden bewirken zweifellos gewisse Einschränkungen der Mobilität. Es konnte jedoch nur eine Einschränkung in einem minder ausgeprägten Ausmaß festgestellt werden. Eine erhebliche Einschränkung der Funktion der unteren Extremitäten konnte nicht festgestellt werden. Auch liegen keine erheblichen Einschränkungen in psychischer, neurologischer oder intellektueller Hinsicht vor, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar erscheinen lassen würden.
Da bei der BF ein Grad der Behinderung von 60 (sechzig) von Hundert festgestellt wurde und die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Der Inhaberin des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass nicht vorliegen, war spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerden als unbegründet abzuweisen.
3.3. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die Zulassung der Revision war gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zudem zu verneinen, weil die gegenständliche Entscheidung in Wesentlichen nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, sondern von Tatsachenfragen. Maßgebend ist das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.
Schlagworte
Behindertenpass, Sachverständigengutachten, ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:G309.2184509.1.00Zuletzt aktualisiert am
05.02.2019