TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/4 W265 2195523-1

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Veröffentlicht am 04.09.2018
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Entscheidungsdatum

04.09.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W265 2195523-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Karin RETTENHABER-LAGLER als Vorsitzende und die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER sowie den fachkundigen Laienrichter Dr. Rainer GEISSLER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 03.05.2018, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführerin wurde am 06.12.2012 ein Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H. ausgestellt. Zuletzt wurde im Sachverständigengutachten vom 26.01.2015 das Leiden "Morbus Crohn mit Befall des Dünn- und Dickdarms und des oberen Verdauungstraktes, schubhafter Verlauf" und einem Grad der Behinderung von 50 v.H. eingestuft. Der medizinische Sachverständige empfahl in diesem Gutachten eine Nachuntersuchung im Jänner 2018, da eine Besserung möglich sei. Die belangte Behörde stellte den Behindertenpass aus diesem Grund befristet bis 31.01.2018 aus.

Am 24.01.2018 beantragte die Beschwerdeführerin die Neuausstellung ihres Behindertenpasses sowie die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass und legte dabei ein Konvolut an medizinischen Befunden vor.

Die belangte Behörde gab in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Facharztes für Innere Medizin unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung in Auftrag. Im auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 19.03.2018 basierenden Gutachten vom 22.03.2018 wurde Folgendes - hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben - ausgeführt:

"Anamnese:

letzte Begutachtung im Rahmen des BBG am 26.01.2015: Morbus Crohn 50%; aktuell Antrag auf Neuausstellung des Behindertenpasses und auf Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel";

Zwischenanamnese: Betreuung imXXXX - alle 6 Wochen Biologica-Th. mit Infliximab, zuletzt Umstellung auf Inflectra (Biosimilar); lt. Ambulanzbericht vom 10/2017 4-5 geformte Stühle/Tag, selten breiig-flüssig, keine Blutbeimengungen; die letzte Coloskopie erfolgte vor etwa 3 Jahren

Derzeitige Beschwerden:

6-7 Durchfälle/Tag, teilweise auch nachts, Bauchkrämpfe

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Inflectra alle 6 Wochen; davor jeweils Aprednislon; Imodium, Buscopan

Sozialanamnese:

Angestellte

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

26.02.2016 DZ XXXX: MRT Oberbauch, Becken, Dünndarm - unauffällig; 03.04.2017: Gastroenterologisches Labor XXXX: Clostridium difficile in der Stuhlkultur nicht nachweisbar; 12.10.2017 Ambulanzkartei XXXX: Remicade-Infusionen alle 7 Wochen; 4-5 x geformter Stuhl/Tag ohne Blutbeimengungen; Hgb 12.3, Leuko 11.0, ANC

6.5, CRP 9.5, Ferritin 32.1, Transferrinsättigung 23 %, Calprotectin im Stuhl 171; 12.12.2017XXXX M.Crohn - ileocolisch und oberer Gastrointestinaltrakt, ED 2009; Umstellung auf Inflectra;

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

gut

Ernährungszustand:

gut

Größe: 168,00 cm Gewicht: 59,00 kg Blutdruck: 130/80

Klinischer Status - Fachstatus:

Kopf: HNAP und Sensorium frei; Zunge feucht, nicht belegt; keine Lippenzyanose; Gebiß saniert;

Hals: keine Struma, keine Einflußstauung, keine vergrößerten Lymphknoten;

Thorax: symmetrisch, seitengleiche Belüftung, sonorer Klopfschall, reines Vesiculäratmen; Herz: Herzgröße und -konfiguration normal, Herztöne rein, rhythmisch, keine Extratöne, keine Herzgeräusche

Leib: Bauchdecken im Thoraxniveau, keine pathologischen Resistenzen, Druckschmerz im rechten Unterbauch, Leber und Milz nicht vergrößert, Nierenlager frei

Untere Extremitäten: keine Varizen, keine Ödeme, periphere Fußpulse seitengleich tastbar

Gesamtmobilität - Gangbild:

Gangbild, Standvermögen und Lagewechsel ungestört

Status Psychicus:

Orientierung zeitlich, örtlich und zur Person gegeben; Merkfähigkeit gut; Affekt adäquat; Stimmungslage ausgeglichen

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Morbus Crohn Heranziehung dieser Position mit oberem Rahmensatz, da Befall des oberen und unteren Intestinaltraktes und anhaltende Durchfälle auch unter Biologica-Therapie

07.04.05

40

Gesamtgrad der Behinderung 40 v.H.

 

 

 

...

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Gesundheitsschädigung wurde um 1 Stufe geringer als im Vor-Gutachten eingeschätzt, da Stabilisierung unter Therapie

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

durch Mindereinschätzung von Leiden 1) auch geringerer GesGdB

[x] Dauerzustand

...

Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Keine. Es besteht keine höhergradige Ausprägung der Grunderkrankung, auch eine relevante Stuhlinkontinenz ist befundmäßig nicht belegt.

Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Nein.

Folgende Gesundheitsschädigungen im Sinne von Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung liegen vor, wegen:

...

Erkrankungen des Verdauungssystems [x] ja GdB: 40 v.H."

Mit Schreiben vom 26.03.2018 brachte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin das Ergebnis des ärztlichen Beweisverfahrens in Wahrung des Parteiengehörs gemäß § 45 AVG zur Kenntnis und räumte ihr die Möglichkeit einer Stellungnahme ein. Die Beschwerdeführerin gab keine Stellungnahme ab.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 03.05.2018 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Ausstellung eines Behindertenpasses ab und führte begründend aus, dass das medizinische Beweisverfahren einen Grad der Behinderung von 40 v.H. ergeben habe und somit die Voraussetzungen zur Ausstellung eines Behindertenpasses nicht gegeben seien. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien dem Beiblatt, das einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen. Anmerkend wurde ausgeführt, dass die Durchführung der beantragten Zusatzeintragung in den Behindertenpass nicht möglich sie, da die rechtliche Grundlage dafür, nämlich der Behindertenpass, nicht gegeben sei. Mit dem Bescheid wurde der Beschwerdeführerin das ärztliche Sachverständigengutachten übermittelt.

Mit E-Mail vom 11.05.2018 erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht die gegenständliche Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin brachte sie vor, die Zurückstufung des Grades der Behinderung auf 40 v.H. entspreche ihres Erachtens nicht dem Verlauf ihrer Erkrankung, da keine Verbesserung eingetreten sei. Die Begründung für die Herabsetzung wegen "Stabilisierung unter Therapie" sei nicht nachvollziehbar. Die Beschwerdeführerin habe Anfang 2014 die Therapie mit einem 8-Wochen-Intervall begonnen. Nach Verschlechterung ihres Zustandes sei Ende 2016 auf ein 7-Wochen-Intervall verkürzt worden, Anfang des Jahres 2018 nun auf ein 6-Wochen-Intervall. Zusätzlich habe sie von "Remicade-Infusionen" auf "Inflectra-Infusionen" umsteigen müssen. Darüber hinaus nehme die Beschwerdeführerin zwischen den Infusionen fast täglich "Imodium" und teilweise auch zusätzlich "Buscopan", da sie immer noch Durchfälle und Bauchschmerzen habe. In der Anamnese habe der Sachverständige lediglich den Ambulanzbericht von 10/2017 herangezogen, in welchem "4-5 geformte Stühle/Tag" beschrieben werden. Die Beschwerdeführer habe jedoch bei Antragstellung auch einen aktuelleren Ambulanzbericht von 12/2017 vorgelegt, der von "Stuhl bis 8x täglich/flüssig" spricht. Die Beschwerdeführerin ersuche daher um Neubewertung. Der Beschwerde wurden keine Befunde angeschlossen.

Aufgrund der Einwendungen der Beschwerdeführerin in der Beschwerde wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichts in der Folge um Erstellung eines Sachverständigengutachtens eines Facharztes für Innere Medizin aufgrund der Aktenlage ersucht:

In diesem Gutachten vom 05.06.2018 wurde wie folgt - hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben - ausgeführt:

"...

Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin wurde zuletzt am 19.03.2018 im Sozialministeriumservice untersucht, Gutachten vidiert von Dr. D.. In diesem Gutachten wurde gegenüber einem Vorgutachten vom 16.01.2015 der Grad der Behinderung von 50 auf 40 % herabgesetzt, Begründung dafür: Die Gesundheitsschädigung wurde um 1 Stufe geringer als im Vorgutachten eingeschätzt, da Stabilisierung unter Therapie.

Dagegen richten sich die Einwendungen der Berufungswerberin in Aktenblatt 54 - 55, wobei sie angibt, dass sie keineswegs eine Stabilisierung unter Therapie feststellen könne. Auf weitere Befunde wird verwiesen, insbesondere auf eine Diskrepanz zwischen 2 Ambulanzbefunde vom Oktober 2017 und Dezember 2017.

Beurteilung und Beantwortung der in der nicht nummerierten Vorschreibung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.05.2018 gestellten Fragen:

Frage 1:

Aus dem Akteninhalt kann folgende Diagnose abgeleitet werden:

Morbus Crohn, 07.04.05, 40 %

Heranziehung dieser Position mit oberem Rahmensatz, da Befall des oberen und unteren Intestinaltraktes und anhaltende Durchfälle auch unter Biologika-Therapie.

Frage 2:

entfällt

Frage 3:

Stellungnahme zu Aktenblatt 54 - 55:

Die Einschätzungsverordnung sieht für die Position 07.04.06 eine erhebliche Beeinträchtigung des Allgemein- und Ernährungszustandes als Voraussetzung vor. Beschrieben war im Gutachten vom 2015 Größe 168 cm, Gewicht 54 kg, bei der Untersuchung am 19.03.2018 Größe 168 cm, Gewicht 59 kg. In beiden Gutachten werden Allgemeinzustand und Ernährungszustand als gut bezeichnet, der errechnete BMI ist mit 20,9 im Bereich des Normalgewichtes. Somit kann auch in Kenntnis der von der Beschwerdeführerin angegebenen Symptomatik wie erhöhte Stuhlfrequenz und Schmerzen die Position 07.04.06 nicht mehr herangezogen werden.

In mehreren im Akt befindlichen Befunden wird der Allgemeinzustand ebenfalls als gut bezeichnet, ohne jedoch konkrete Maße oder sonstige Begründungen dafür anzugeben.

Jedenfalls lässt sich aus den Unterlagen nicht ableiten, dass eine erhebliche Beeinträchtigung des Allgemein- und Ernährungszustandes vorliegen würde, welche die Anwendung der Position 07.04.06 (50-60%) gestatten würde.

Stellungnahme zu Abl. 22-40: Verlaufsbefunde, die durchwegs berücksichtigt wurden, diese zeigen eine leichte Eisenmangelanämie sowie eine moderate Erhöhung des Calprotektinwertes, was sowohl mit einer Einschätzung nach Position 07.04.05, als auch 07.04.06 in Einklang zu bringen ist. Der Wechsel der Therapie von Remicade auf das Biosimilar Inflectra hat für die Einschätzung keine unmittelbare Bedeutung. Die mögliche Annahme, dass die Gewichtszunahme ausschließlich ein Cortison-Effekt sei, ist deswegen unwahrscheinlich, weil nach Angaben im Akt die Behandlung mit Urbason immer nur kurzfristig zu den Remicade bzw. Inflectra-Infusionen gegeben wird.

Frage 4:

Es ergibt sich daher keine wesentliche Abweichung, da die Einschätzungsverordnung eine Berücksichtigung des vorliegenden und mit dem Krankheitsbild im Einklang stehenden subjektiven Leidenszustandes und damit eine höhere Einschätzung nur gestatten würde, wenn eine schwere Beeinträchtigung des Ernährungszustandes vorläge.

Frage 5:

Eine Nachuntersuchung ist nicht erforderlich."

Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.06.2018 wurde der Beschwerdeführerin sowie der belangten Behörde das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, binnen zwei Wochen ab Zustellung dazu Stellung zu nehmen.

Beide Parteien gaben keine Stellungnahme ab.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin brachte am 24.01.2018 den gegenständlichen Antrag auf Neuausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice ein.

Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.

Bei der Beschwerdeführerin besteht folgende Funktionseinschränkung, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern wird:

1. Morbus Crohn

Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin bestehenden Funktionseinschränkung, deren Ausmaß und medizinischer Einschätzung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholten Sachverständigengutachten eines Facharztes für Innere Medizin vom 05.06.2018 sowie im seitens der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten eines Facharztes für Innere Medizin vom 22.03.2018 zu Grunde gelegt.

Der Gesamtgrad der Behinderung der Beschwerdeführerin beträgt 40 v. H.

2. Beweiswürdigung:

Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Neuausstellung eines Behindertenpasses basiert auf dem Akteninhalt.

Die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Inland ergibt sich aus den Angaben der Beschwerdeführerin; konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführerin ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Inland hätte, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

Der Gesamtgrad der Behinderung gründet sich auf das bereits durch die belangte Behörde eingeholte Sachverständigengutachten eines Facharztes für Innere Medizin vom 22.03.2018, basierend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 19.03.2018.

Darin wird auf die Art des Leidens der Beschwerdeführerin und dessen Ausmaß ausführlich, schlüssig und widerspruchsfrei eingegangen. Die getroffene Einschätzung, basierend auf dem im Rahmen einer persönlichen Untersuchung erhobenen Befund, entspricht der festgestellten Funktionsbeeinträchtigung.

Aufgrund der Einwendungen in der Beschwerde holte das Bundesverwaltungsgericht ein weiteres Sachverständigengutachten eines Facharztes für Innere Medizin vom 05.06.2018 ein. Darin geht der Gutachter detailliert auf sämtliche Einwendungen der Beschwerdeführerin sowie die vorgelegten Befunde ein und begründet eingehend und schlüssig, warum diese nicht geeignet sind, eine Änderung der Einstufung herbeizuführen.

Die Beschwerdeführerin ist 168 cm groß und wog bei der Untersuchung am 19.03.2018 59 kg, ist somit normalgewichtig. Allgemeinzustand und Ernährungszustand wurden, bereits im Vorgutachten aus dem Jahr 2015, als gut bezeichnet. Auch in den vorgelegten Befunden wird der Allgemeinzustand als gut beschrieben. Eine erhebliche Beeinträchtigung des Allgemein- und Ernährungszustandes, welche vorliegen müsste, um das Leiden mit einem höheren Grad der Behinderung einzustufen, kann somit nicht festgestellt werden. Die vorgelegten Befunde, in welchen eine erhöhte Stuhlfrequenz und Schmerzen festgestellt werden, sind in der Einschätzung berücksichtigt. Der Wechsel der Therapie von Remicade auf Inflectra hat für die Einschätzung hingegen keine unmittelbare Bedeutung. Der Sachverständige führt im Gutachten vom 05.06.2018 aus, dass die mögliche Annahme, wonach die Gewichtszunahme ausschließlich ein Cortison-Effekt sei, deswegen unwahrscheinlich sei, weil nach Angaben im Akt die Behandlung mit Urbason immer nur kurzfristig zu den Remicade- bzw. Inflectra-Infusionen gegeben werde.

Die Beschwerdeführerin gab im Rahmen des Parteiengehörs keine Stellungnahme zum seitens des Bundesverwaltungsgerichts eingeholten Sachverständigengutachten ab.

Sie ist dem Sachverständigengutachten eines Facharztes für Innere Medizin vom 05.06.2018 im Lichte obiger Ausführungen daher nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es einem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen nach Wahl des Antragstellers zu entkräften (vgl. etwa VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit, Widerspruchsfreiheit und Schlüssigkeit der vorliegenden Sachverständigengutachten vom 05.06.2018 und 22.03.2018. Diese werden daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten:

"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

...

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

...

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

...

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen."

Wie oben unter Punkt II.2. eingehend ausgeführt wurde, werden der gegenständlichen Entscheidung die schlüssigen Sachverständigengutachten vom 22.03.2018 und 05.06.2018 zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin 40 v. H. beträgt. Die Funktionseinschränkung wurde im Gutachten entsprechend den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft.

Das Leiden Morbus Crohn ist gemäß der Positionsnummer 07.04.05 "Chronische Darmstörungen mittleren Grades mit chronischen Schleimhautveränderungen" mit dem oberen Rahmensatz und einem Grad der Behinderung von 40 v.H. eingeschätzt. Die Sachverständigen begründeten die Wahl dieses Rahmensatzes nachvollziehbar damit, dass bei der Beschwerdeführerin zwar oberer und unterer Intestinaltrakt befallen sind un anhaltende Durchfälle auch unter Biologika-Therapie bestehen, jedoch ein guter Allgemein- und Ernährungszustand vorliegt. Gemäß der Anlage der Einschätzungsverordnung ist bereits für die Einstufung unter den gewählten oberen Rahmensatz der Positionsnummer 07.04.05 mit einem Grad der Behinderung von 40 v.H. eine mittelschwere Beeinträchtigung des Allgemein- und Ernährungszustandes erforderlich. Eine Einschätzung unter die Positionsnummer 07.04.06 "Chronische Darmstörungen schweren Grades mit schweren chronischen Schleimhautveränderungen" und einem Rahmensatz für den Grad der Behinderung von 50 bis 60 v.H. würde hingegen eine erhebliche bzw. schwere Beeinträchtigung des Allgemein- und Ernährungszustandes voraussetzen, welche bei der Beschwerdeführerin nicht gegeben ist. Das Leiden der Beschwerdeführerin ist daher entsprechend den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung richtig unter der Positionsnummer 07.04.05 und einem Grad der Behinderung von 40 v.H. eingestuft.

Die Beschwerdeführerin ist diesen medizinischen Sachverständigengutachten, wie bereits erwähnt, nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).

Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 40 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, aktuell nicht erfüllt.

Im Übrigen ist aber auch darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Die Frage der Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung wurde unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die strittigen Tatsachenfragen (Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen) gehören dem Bereich zu, der vom Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund der vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen Sachverständigengutachten geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180) und des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH 09.06.2017, E 1162/2017) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W265.2195523.1.00

Zuletzt aktualisiert am

05.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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