Entscheidungsdatum
02.11.2018Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I419 2163660-1/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Tomas JOOS über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX alias XXXX alias XXXX, StA. NIGERIA, vertreten durch ARGE Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 14.06.2017, Zl. XXXX, zu Recht:
A) Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen,
dass der erste Satz des Spruchpunktes III zu lauten hat:
"Eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' wird Ihnen nicht erteilt."
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer reiste illegal ein, wurde aufgegriffen und stellte am 23.07.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, wobei er erstbefragt mit einem falschen Geburtsdatum vorgab, 13 Jahre alt zu sein. Er sei in einer genannten Stadt in Plateau State bei einem Bombenanschlag verletzt worden, als dessen Urheber er Boko Haram vermute, und nehme an, dass dabei seine Angehörigen ums Leben gekommen seien. Ihr Haus sei dabei zerstört worden, der Beschwerdeführer habe einen Monat im Spital verbringen müssen und Ende April 2015 den Herkunftsstaat verlassen. Im Rückkehrfall fürchte er um sein Leben.
Die Altersuntersuchung ergab als spätesten Geburtstag den im Spruch erstgenannten, was der Beschwerdeführer 2017 niederschriftlich einvernommen unter Angabe des drittgenannten bestritt. Am 20.05.2014 habe es zwei Anschläge gegeben. Nachdem er zuhause den ersten gehört habe, sei er zu Markt gelaufen, um nach den Eltern und Geschwistern zu sehen, wobei ihn am Weg dorthin der zweite Anschlag verletzt habe. Er sei ein Monat im Spital gewesen, ohne Geld dafür gehabt zu haben oder registriert worden zu sein, und habe danach mangels Unterkunft allein auf der Straße gelebt, gelegentlich auch in einer Bäckerei, wo er Essen bekommen habe. Nach einem weiteren Anschlag im Dezember 2014 habe er sich zur Ausreise entschlossen.
Seine Eltern seien, wie er nun erfahren habe, doch am Leben und lebten wie seine vier unmündigen Geschwister in Bauchi State. Die Familie sei sehr religiös und habe große Angst vor Boko Haram. Er wolle sie unterstützen, zumal seine Mutter an Bluthochdruck leide, weshalb er ihr Geld für Medikamente schicke.
2. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I) sowie des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Nigeria (Spruchpunkt II) als unbegründet ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel "aus berücksichtigungswürdigen Gründen" "gemäß § 57", erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass dessen Abschiebung nach Nigeria zulässig sei (Spruchpunkt III). Für die freiwillige Ausreise bestehe eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV).
3. In der Beschwerde wird geltend gemacht, das BFA habe verkannt, dass dem Beschwerdeführer Verfolgung aus religiösen Gründen drohe, gegen die ihn der Herkunftsstaat nicht "ausreichend" schützen könne.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:
1.1 Zum Beschwerdeführer:
Der Beschwerdeführer ist volljährig, ledig, Christ und Angehöriger der Volksgruppe Edo. Seine Identität steht nicht fest. Er hält sich seit spätestens 16.07.2015 in Österreich auf, als er ohne Ausweis von der Polizei aufgegriffen und der Jugendwohlfahrt übergeben wurde. Davor hatte er bis Ende April 2015 im Herkunftsstaat gelebt.
Der Beschwerdeführer ist gesund und erwerbsfähig. Er lebte im Herkunftsstaat bei seinen Eltern, besuchte etwa acht Jahre lang die Schule und unterstützte seinen Vater bei der Arbeit als Disk-Jockey. Seine Mutter arbeitet dort als Textilverkäuferin.
Es leben keine Familienangehörigen oder Verwandten des Beschwerdeführers in Österreich. Das Mindestalter des Beschwerdeführers ist 20, das wahrscheinliche ca. 22 bis 24. Er bezieht Leistungen aus der Grundversorgung und wohnt alleine in einer betreuten Wohnung der Kinder- und Jugendhilfe in Wien 22. Seit Dezember 2016 führt er eine Beziehung mit einer derzeit 27-jährigen, ledigen österreichischen Staatsangehörigen, die in Wien 17 wohnt und als Angestellte in einem Kinderhort arbeitet. Er hat sie im Juni 2016 kennengelernt. Finanzielle oder andere Abhängigkeiten mit dem Beschwerdeführer sind dabei in keine Richtung feststellbar. Strafrechtlich ist er unbescholten.
Er hat die vierte Klasse einer zweisprachigen Neuen Mittelschule als außerordentlicher Schüler erfolgreich absolviert, wobei Englisch als Erst- und Deutsch als Zweitsprache galt, und besucht nun eine 3,5-jährige HTL. Das - erste - Schuljahr 2017/18 hat er mit einem Notenschnitt von 3,1 positiv abgeschlossen.
Er hat Deutschkenntnisse auf Niveau B1 nachgewiesen und sich für einen "B1+"-Kurs angemeldet. In der Mittelschule hat er am Chorgesang teilgenommen. Nun tritt er zusammen mit einem Freund als Musiker und Sänger sowie in einer Karaoke-Bar auf, wo er 2018 für 2,5 Monate geringfügig beschäftigt war. Für eine Veranstaltungsagentur beteiligt er sich an der Reklame für Gewerbebetriebe und Veranstaltungen. Er hat viele Freundinnen und Freunde, besucht regelmäßig Museen, Büchereien und Kinos sowie nach eigener Angabe auch regelmäßig den katholischen Gottesdienst. Am Religionsunterricht nimmt er nicht teil.
Im Herkunftsstaat leben die Eltern und die vier Geschwister des Beschwerdeführers zwischen ca. 7 und 13 Jahren. Seine Mutter arbeitet als Verkäuferin für Babykleidung, sein Vater als Disk-Jockey. Zu dieser Kernfamilie hat er regelmäßig Kontakt. Er hat dort ca. 8 Jahre die Schule besucht, spricht Etsako als Muttersprache sowie Englisch und half mehrere Jahre lang seinem Vater bei der Tätigkeit als Disk-Jockey.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich in sprachlicher, kultureller und sozialer Hinsicht seiner Aufenthaltsdauer und den zahlreichen ihm verfügbaren sozialen Kontakten entsprechend gut integriert. Er kooperiert, abgesehen vom BFA, zu seinem Besten mit seiner Umwelt. Den Behörden hat er bisher sein wahres Geburtsdatum und damit seine Identität nicht preisgegeben.
1.2 Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer erstattete kein substantiiertes Vorbringen über eine ihm drohende Gefährdung in seinem Herkunftsstaat im Falle seiner Rückkehr. Auch sonst ergaben sich im Verfahren keine diesbezüglichen Hinweise.
Es kann nicht festgestellt werden, dass er in Nigeria aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt wurde. Es kann insbesondere nicht festgestellt werden, dass ihm eine gegen seine Person gerichtete Verfolgung durch Boko Haram droht, vor der er weder Schutz durch staatliche Behörden erwarten, noch ihr durch innerstaatliche Ortswahl z. B. für Lagos entgehen könnte.
Zusammenfassend wird in Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers und aufgrund der allgemeinen Lage im Land festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.
1.3 Zur Lage im Herkunftsstaat:
Zur Lage in Nigeria und den aktuellen Länderinformationen hat der Beschwerdeführer auf sein bisheriges Vorbringen verwiesen.
Dazu sind fallbezogen Feststellungen die folgenden Feststellungen zum Herkunftsstaat zu treffen:
1.3.1 Sicherheitslage
Es gibt in Nigeria keine klassischen Bürgerkriegsgebiete und keine Bürgerkriegsparteien (AA 21.11.2016). In drei Gebieten herrschen Unsicherheit und Spannungen: im Nordosten (islamistische Gruppe Boko Haram); im Middle Belt (v.a. im Bundesstaat Plateau); und im Nigerdelta (SBM 17.1.2017). Laut SBM Intel war Boko Haram im Jahr 2016 für 71 Vorfälle mit 1.240 Toten verantwortlich. Den Fulani-Hirten werden für das Jahr 2016 47 Vorfälle mit 1425 Toten zugeschrieben. Viehdiebstahl, welcher für viele Jahre an Bedeutung verloren hat, ist inzwischen für Hirten, die hauptsächlich von Fulani abstammen, ein Grund für Konflikte und Angriffe geworden. Bei zwölf Vorfällen von Viehdiebstahl sind 470 Menschen getötet worden. Die Ölkonflikte, die sich im Jahr 2016 im Nigerdelta zugetragen haben, haben sich auf die ölproduzierenden Bundesstaaten im Südwesten und Südosten verbreitet. Bei 32 Vorfällen wurden 97 Menschen getötet (SBM 17.1.2017).
Es besteht aufgrund wiederholter Angriffe und Sprengstoffanschläge militanter Gruppen (Boko Haram, Ansaru) derzeit ein sehr hohes Anschlagsrisiko insbesondere für Nord- und Nordostnigeria, einschließlich für die Hauptstadt Abuja. In mehreren Städten Nord- und Nordostnigerias finden immer wieder Gefechte zwischen Sicherheitskräften und militanten Gruppen statt. Angehörige der Sicherheitskräfte, Regierungsstellen, christliche Einrichtungen - aber auch Einrichtungen gemäßigter Moslems - sowie Märkte, Wohnviertel und internationale Organisationen sind Anschlagsziele der militanten Gruppen. Drohungen bestehen gegen moslemische Einrichtungen im Süden (BMEIA 24.7.2017).
Das deutsche Auswärtige Amt warnt vor Reisen in die nördlichen Bundesstaaten Borno, Yobe, Adamawa, Bauchi und Gombe. Darüber hinaus wird auch von nicht notwendigen Reisen in die übrigen Landesteile Nordnigerias abgeraten. Wegen des besonders hohen Entführungsrisikos wird außerdem von Reisen in die Bundesstaaten Delta, Bayelsa, Rivers, Imo (insb. Hauptstadt Owerri), Abia, Anambra, Ebonyi, Edo, Enugu, Delta, Kogi, den südlichen Teil von Cross Rivers, Ogun und Akwa Ibom abgeraten (AA 24.7.2017). Auch das österreichische Außenministerium warnt vor Reisen in die Bundesstaaten Borno, Yobe, Adamawa, Plateau sowie den südlichen Landesteil von Bauchi und Kano. Mit Gewaltausbrüchen in allen zwölf nördlichen Bundestaaten ist jederzeit zu rechnen (BMEIA 24.7.2017). Das britische Außenministerium warnt zusätzlich noch vor Reisen in die Flussgegenden der Bundesstaaten Delta, Bayelsa, Rivers, Akwa Ibom und Cross River States sowie an die Grenze zu Niger im Bundesstaat Zamfara (UKFCO 24.7.2017).
Das österreichische Außenministerium hat für folgende Bundesstaaten eine partielle Reisewarnung ausgesprochen: Abia, Akwa Ibom, Anambra, Bayelsa, Delta, Ebonyi, Edo, Ekiti, Enugu, Imo, Kaduna, Kano, Oyo, Ondo, Rivers, einschließlich Port Harcourt und die vorgelagerten Küstengewässer (BMEIA 24.7.2017). Das britische Außenministerium warnt vor unnötigen Reisen nach: Bauchi, Zamfara, Kano, Kaduna, Jigawa, Katsina, Kogi, Abia sowie an die Grenze zu Niger in Sokoto und Kebbi und die Trockengebiete von Delta, Bayelesa und Rivers (UKFCO 24.7.2017). In Nigeria können in allen Regionen meist kaum vorhersehbar lokale Konflikte aufbrechen. Ursachen und Anlässe dafür sind meist politischer, wirtschaftlicher, religiöser oder ethnischer Art. Meist sind diese Auseinandersetzungen von kurzer Dauer (wenige Tage) und örtlich begrenzt (meist nur einzelne Orte, in größeren Städten nur einzelne Stadtteile) (AA 24.7.2017).
In Lagos kommt es zu gewalttätigen Zusammenstößen zwischen verschiedenen Ethnien, politischen Gruppierungen aber auch zwischen Militär und Polizeikräften (BMEIA 24.7.2017) bzw. zu Problemen (u.a. Mobs, Plünderungen) durch die sogenannten "Area Boys". Der Einsatz von Schlägertruppen und privaten Milizen zur Erreichung politischer oder wirtschaftlicher Ziele ist weit verbreitet (AA 21.11.2016).
Gemäß den Zahlen des Council on Foreign Relations für die Zeitspanne Jänner 2016 bis Juni 2017 stechen folgende nigerianische Bundesstaaten mit einer hohen Anzahl an Toten durch Gewaltakte besonders hervor: Borno (3.097), Benue (754), Rivers (360), Zamfara (308) und Adamawa (201). Folgende Bundesstaaten stechen mit einer relativ niedrigen Zahl hervor: Jigawa (2), Gombe (3), Kebbi (7) und Sokoto (8) (CFR 2017). Laut OSAC besteht eine erhebliche terroristische Bedrohung vor allem in Nordnigeria. Boko Haram hat für die meisten terroristischen Aktivitäten die Verantwortung übernommen. In der gesamten Nigerdelta-Region greifen mehrere aufständische Gruppen gezielt die Infrastruktur und Mitarbeiter von internationalen Ölgesellschaften an. Viele Gebiete im südlichen Nigeria erleben aufgrund großer Armut, mangelnder Bildung, Jugendarbeitslosigkeit und bedeutender Inflation Unruhen verursacht durch Zivilisten (OSAC 4.7.2017).
Nordnigeria - Boko Haram
In den ersten eineinhalb Jahren Amtszeit hat es Buhari geschafft, die Bedrohung durch Boko Haram (Jama'atu Ahlis Sunna Lidda'awati wal-Jihad (USDOS 2.6.2016) weitgehend einzudämmen (AA 4.2017a). Boko Haram ist seit Mitte 2010 für zahlreiche schwere Anschläge mit tausenden von Todesopfern verantwortlich. Seitdem fielen diesem Konflikt unterschiedlichen unabhängigen Schätzungen zufolge zwischen 20.000 und 30.000 Menschenleben zum Opfer (AA 4.2017a).
Im Nordosten und Zentrum Nigerias hatte sich die Sicherheitslage insgesamt verbessert. Die nigerianischen Streitkräfte konnten den Großteil der von Boko Haram eingenommenen Territorien wieder zurückerobern, allerdings gelingt es ihnen kaum, diese Gebiete zu sichern (AA 21.11.2016; vgl. USDOS 19.7.2017). In den ländlichen Teilen der Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa kommt es weiterhin zu tödlichen Anschlägen der Islamisten; nur die Distriktzentren gelten als sicher (AA 21.11.2016).
Die von Boko Haram betroffenen Staaten haben sich im Februar 2015 auf die Aufstellung einer 8.700 Mann starken Multinational Joint Task Force (MNJTF) zur gemeinsamen Bekämpfung von Boko Haram verständigt (AA 4.2017a). Bei der im April gestarteten Offensive des Militärs im Sambisa Forest, dem wichtigsten Rückzugsraum Boko Harams, konnten bis Anfang Mai ca. 700 von Boko Haram entführte Frauen und Kinder befreit werden (AA 21.11.2016). Bis Oktober 2015 konnte Boko Haram aus allen von ihr kontrollierten Städten und aus fast allen Landkreisen im Nordosten Nigerias vertrieben werden, ohne dass es den nigerianischen Sicherheitsbehörden bisher gelungen ist, diese Gebiete dann auch abzusichern und vor weiteren Angriffen der Islamisten zu schützen. Mit Selbstmordanschlägen in den Städten und Angriffen auf einzelne Orte vor allen in ländlichen Regionen, bleiben die Islamisten weiterhin aktiv (AA 4.2017). In den Bundesstaaten Adamawa und Borno gab es die meisten Anschläge (USDOS 19.6.2017). Boko Haram übte weiterhin Morde, Bombenanschläge, Selbstmordanschläge und Angriffe auf zivile und militärische Ziele aus (USDOS 19.7.2017). Beim verheerendsten Angriff der Boko Haram seit Monaten sind in Nigeria mindestens 50 Menschen ums Leben gekommen, als ein Konvoi mit Mitarbeitern des staatlichen Ölkonzerns NNPC am 25.7.2017 im Nordosten des Landes in einen Hinterhalt geriet. Auch Soldaten und Mitarbeiter der Universität Maiduguri waren unter den Opfern. Der Konvoi wurde nahe Magumeri im Bundesstaat Borno angegriffen (DS 28.7.2017).
Frauen und Kinder gerieten in den vergangenen zwei Jahren zunehmend auch ins Visier von Boko Haram, die sie nach ihrer Entführung zur Konversion zum Islam und zur Heirat mit Kämpfern zwangen, als Arbeitssklaven missbrauchten oder verkauften (AA 21.11.2016). Viele von den Frauen werden sexuell versklavt oder zu Kämpferinnen ausgebildet (AI 14.4.2015; vgl. USDOS 3.3.2017) und als Selbstmordattentäterinnen eingesetzt (AI 24.2.2016). Außerdem setzt Boko Haram Kindersoldaten ein (USDOS 3.3.2017). Nach langen Verhandlungen mit der nigerianischen Regierung hat die Extremistengruppe Boko Haram 82 weitere der über 200 Mädchen freigelassen - im Austausch für einige von den Behörden festgehaltene Boko-Haram-Verdächtige (DS 6.5.2017; vgl. FAZ 6.5.2017). Die 82 freigelassenen Mädchen gehören zu den rund 270 meist christlichen Schülerinnen, die im April 2014 in der Stadt Chibok im Nordosten Nigerias in der Nacht entführt worden waren (DW 6.5.2017).
Boko Haram möchte eine Version vom Islam durchsetzen, die es für Muslimen "haram" macht oder ihnen verbietet an irgendeiner politischen oder sozialen Tätigkeit teilzunehmen, die mit dem Westen assoziiert wird. Dazu gehört das Wählen, das Tragen von Hemden und Hosen oder säkulare Bildung. Boko Haram betrachtet den nigerianischen Staat als von Ungläubigen betrieben, ungeachtet dessen, ob der Präsident muslimisch ist oder nicht (BBC 24.11.2016). Grob datiert werden kann die Entstehung der Gruppe auf das Jahr 2002. Sie hat sich in Maiduguri im Norden Nigerias formiert. Ihr Vorgehen war zunächst friedlich. Experten sehen die anfängliche Attraktivität von Boko Haram vor allem in den politischen und sozialen Verhältnissen im Norden Nigerias begründet: Die Gesellschaft ist ethnisch und religiös zersplittert, Armut und Arbeitslosigkeit sind höher als in anderen Landesteilen. Der Staat kommt seinen Aufgaben nur bedingt nach, die Lokalregierungen sind oft korrupt. Etwa ab 2009 radikalisierte sich die Gruppe und bekämpft seither aktiv den nigerianischen Staat. Seit 2011 kommt es beinahe im Wochenrhythmus zu Überfällen auf Kirchen, Polizeistationen, Schulen, Universitäten und andere Einrichtungen des Staates. Markenzeichen von Boko Haram sind sogenannte Drive-by-Shootings, gezielte Tötungen vom Motorrad aus, die sogar zu einem Motorrad-Verbot in Maiduguri führten. Aufgrund des anhaltenden Terrors rief der ehemalige nigerianische Präsident Goodluck Jonathan im Mai 2013 in den drei nördlichen Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa den Notstand aus. Der Konflikt weitete sich inzwischen auf die Nachbarländer Kamerun, Tschad und Niger aus. Seit November 2013 wird Boko Haram von den USA als Terrororganisation eingestuft. Die finanziellen Mittel Boko Harams stammen einerseits von Überfällen, bei denen in den vergangenen Jahren mutmaßlich Millionen von Dollar erbeutet wurden. Die Organisation wird aber auch von anderen Terrororganisationen wie Al-Kaida und ihrem nordafrikanischen Ableger Al-Kaida im islamischen Maghreb (Aqmi), der somalischen al-Schabab oder dem Islamischen Staat unterstützt. Der Chef von Boko Haram war von 2010 bis 2016 Abubakar Shekau. Wie viel Kontrolle Shekau über die diversen Gruppierungen von Boko Haram hatte, ist fraglich. Im August 2016 meldete das IS-Magazin Al-Naba, dass Shekau als Chef von Boko Haram entmachtet wurde. Als Nachfolger nannte das Magazin den bisherigen Sprecher der Organisation, Abu Musab al-Barnawi (Zeit 18.1.2017). Es gibt Berichte, dass Boko Haram sich in zwei Gruppierungen aufgeteilt hat, eine wird von Abubakar Shekau geführt und die andere von Abu Musab al-Barnawi (NW 15.3.2017; vgl. DW 4.8.2016). Boko Haram soll in untergeordneten, lokalen Zellen organisiert sein. Zudem soll es einen Rat geben, der das oberste Entscheidungsorgan der Gruppe ist und auf dessen Zustimmung der Anführer bei Entscheidungen angewiesen ist (Zeit 18.1.2017).
Im Jahr 2015 hat die nigerianische Regierung mehrere Schritte im Kampf gegen Boko Haram unternommen. So wurde im Laufe des Jahres von Mitgliedern des nigerianischen Militärs berichteten, dass seit Buhari sein Amt antrat, sie zunehmend die erforderlichen Ressourcen im Kampf gegen Boko Haram erhalten haben (USDOS 2.6.2016). Buhari ordnete im Mai an, dass das nigerianische Militär sein Hauptquartier nach Maiduguri verlegt, damit Boko Haram besser bekämpft werden kann (USDOS 2.6.2016, BBC 8.6.2015). Boko Haram war aufgrund der Versuche des nigerianischen Militärs die Organisation zu isolieren zunehmend auf das Sambisa Waldgebiet beschränkt (USDOS 2.6.2016) und im Dezember 2016 erklärte das nigerianische Militär den Sambisa Wald frei von Boko Haram (VOA 31.3.2017). Boko Haram übte trotzdem sporadische Angriffe im Sambisa Waldgebiet aus und verstärkte Überfälle auf Dörfer und Städte in der Suche nach Nahrungsmitteln (DW 28.3.2017)
Die nigerianische Armee beging bei ihrem Kampf gegen Boko Haram zwischen 2011 und 2015 Kriegsverbrechen und mögliche Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Präsident Buhari versprach, Hinweisen auf mehrere Kriegsverbrechen des Militärs im Zeitraum Juni bis Dezember 2015 nachzugehen. Es wurden jedoch keine weiteren Maßnahmen ergriffen, um unabhängige und unparteiische Untersuchungen einzuleiten (AI 24.2.2016; vgl. USDOS 3.3.2017). Die Sicherheitskräfte unter dem Kommando der 7. und 3. Division der nigerianischen Armee, die Polizei und das Department of State Service (DSS) haben weiterhin militärische Operationen gegen Boko Haram im Nordosten des Landes durchgeführt. Einige der Truppen töteten mutmaßliche Boko Haram Mitglieder. Auch gab es Massenverhaftungen von Männern und Buben, die auch gefoltert wurde. Laut einem AI-Bericht hat das nigerianische Militär in den Jahren 2013 und 2014 im Zuge von militärischen Operationen 1.200 außergerichtliche Tötungen durchgeführt (USDOS 3.3.2017). Sowohl Human Rights Watch als auch Amnesty International haben das in ihren verschiedenen Berichten seit mehreren Jahren massiv kritisiert und verwiesen dabei vor allem auf Fälle immer wieder auftretender Folterungen von Gefangenen durch die Polizei im ganzen Land, extra-legaler Tötungen und das Verschwindenlassen angeblicher Boko Haram-Mitglieder im Norden des Landes. Seit März 2011 sollen nach Angaben von AI (Juni 2015) im Nordosten Nigerias über 7.000 Menschen während ihrer Haft ums Leben gekommen sein, von denen seit Februar 2012 durch das nigerianische Militär mehr als über 1.200 Gefangene bewusst getötet worden wären (AA 21.11.2016).
Auch hat sich eine Civilian Joint Task Force (CJTF) als Reaktion auf die Aufständischen und das Militär im Jahr 2013 in Maiduguri gebildet (TNY 22.12.2015; vgl. USDOS 13.4.2016). Das nigerianische Militär gab den Mitgliedern der CJTF Fahrzeuge und Uniformen unter der Bedingung, dass sie bei einem Ausbildungsprogramm - geführt durchs Militär - teilnehmen (TNY 22.12.2015; vgl. IRIN 9.5.2017). Jedoch musste das Trainingslager in ein Flüchtlingslager umstrukturiert werden und so konnte nur eine geringe Zahl der CJTF Mitglieder ausgebildet werden (TNY 22.12.2015). Laut der UN und anderen internationalen Organisationen rekrutierte die CJTF (manchmal auch mit Gewalt) Kinder, um sie als Kindersoldaten einzusetzen. Die Regierung verbietet den Einsatz von Kindersoldaten und behauptet, dass die CJTF keine Kindersoldaten einsetzte. Dennoch wird die CJTF finanziell von der Regierung des Bundesstaates Borno unterstützt (USDOS 3.3.2017). Es gibt auch Berichte, dass Frauen in IDP-Lager von Mitgliedern der CJTF und des Militärs sexuell ausgebeutet und missbraucht werden (AI 6.2017). Die CJTF hat aus Angst vor weiblichen Selbstmordattentätern für Frauen in Maiduguri eine Ausgangssperre verhängt. Frauen, die diese nicht einhalten, werden verprügelt. Trotz Versprechungen der Regierung die CJTF unter Kontrolle zu bringen, gibt es weiterhin Berichte, dass CJTF-Mitglieder ihre Opfer schikanieren, foltern und misshandeln (IRIN 9.5.2017).
In Lagos gibt es keine Fälle von Tötungen durch Boko Haram. Die Terroristen sind nicht in der Lage, eine Person überall in Nigeria aufzuspüren. Wenn sich Menschen von Boko Haram bedroht fühlen, dann können sie im Land umsiedeln (VA1 16.11.2015). Im Süden gibt es Schläfer-Zellen der Boko Haram. Trotzdem können z. B. Deserteure der Boko Haram in den Süden umsiedeln, wo sie sicher sind (VA2 16.11.2015).
1.3.2 Behandlung nach Rückkehr
Zum Zeitpunkt der Berichtslegung kann aufgrund der dargelegten Gründe kein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen generell festgestellt werden, welcher geeignet wäre, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Der pauschale Hinweis eines Asylwerbers auf die allgemein herrschende Situation in Nigeria reicht nicht aus, um eine Bedrohung iSv Art. 2 MRK, 3 MRK oder des Protokolls Nr. 6 oder 13 der EMRK darzustellen. Es kann allgemein festgestellt werden, dass in Nigeria eine zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird und ihre existenziellen Grundbedürfnisse, aus selbstständiger Arbeit, sichern kann, insbesondere dann wenn Rückkehrhilfe angeboten wird (ÖBA 9.2016).
Abschiebungen erfolgen auf dem Luftweg, in Linien- oder Chartermaschinen. Rückführungen aus EU-Staaten erfolgen meist durch Charterflüge, die auch durch FRONTEX durchgeführt werden. Ohne gültigen nigerianischen Pass oder einen von einer nigerianischen Botschaft ausgestellten vorläufigen Reiseausweis ist eine Einreise aus Europa kommender nigerianischer Staatsangehöriger nicht möglich. Dies gilt auch für zwangsweise Rückführungen. Die Einwanderungsbehörde führt ein Fahndungsbuch, anhand dessen bei aus dem Ausland zurückkehrenden Nigerianern eine Überprüfung bereits bei Ankunft am Flughafen erfolgt: Bei Notierung im Fahndungsbuch wird der Betreffende noch im Flughafengebäude verhaftet; im anderen Fall wird der betroffenen Person ein vorläufiges Identifikationspapier durch die nigerianische Einwanderungsbehörde ausgestellt, wenn sie lediglich über einen vorläufigen Reiseausweis einer nigerianischen Botschaft verfügt (AA 21.11.2016).
Erkenntnisse darüber, ob abgelehnte Asylbewerber bei Rückkehr nach Nigeria allein wegen der Beantragung von Asyl mit staatlichen Repressionen zu rechnen haben, liegen dem Auswärtigen Amt nicht vor. Verhaftung bei Rückkehr aus politischen Gründen oder andere außergewöhnliche Vorkommnisse bei der Einreise von abgeschobenen oder freiwillig ausgereisten Asylbewerbern aus Deutschland sind nicht bekannt. Abgeschobene Personen werden im Allgemeinen nach ihrer Ankunft in Lagos von der Nigerianischen Immigrationsbehörde (Nigerian Immigration Service), manchmal auch der Drogenpolizei (National Drug Law Enforcement Agency/NDLEA) befragt und können danach das Flughafengelände unbehelligt verlassen (AA 21.11.2016). Die österreichische Botschaft in Abuja unterstützt regelmäßig die Vorbereitung und Durchführung von Joint Return Operations im Rahmen von FRONTEX als "lead nation". Die Erfahrungen seit dem Jahre 2005 lassen kaum Probleme erkennen. Die Rückgeführten verlassen das Flughafengebäude und steigen meistens in ein Taxi ein oder werden von ihren Familien abgeholt. Probleme, Anhaltungen oder Verhaftungen von rückgeführten Personen bei ihrer Ankunft am Flughafen Lagos wurden im Rahmen des Monitoring der Ankunft und des ungehinderten Verlassens des Flughafengeländes durch Vertreter der Botschaft nicht beobachtet. Es kann jedoch nicht mit gänzlicher Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die abgeschobenen Personen keine weiteren Probleme mit offiziellen Behörden haben. Das fehlende Meldesystem in Nigeria lässt allerdings darauf schließen, dass nach Verlassen des Flughafengeländes eine Ausforschung Abgeschobener kaum mehr möglich ist (ÖBA 9.2016).
Im Ausland straf- oder polizeilich auffällig gewordene Personen, insbesondere Prostituierte, werden in ihren Herkunfts-Bundesstaat überstellt. Wegen Drogendelikten im Ausland verurteilte Nigerianer werden nach Rückkehr an die NDLEA überstellt. Ein zweites Strafverfahren in Nigeria wegen derselben Straftat haben diese Personen jedoch trotz anderslautender Vorschriften im "Decree 33" nicht zu befürchten. Im Mai 2012 erhielt die Deutsche Botschaft in Abuja ein Schreiben des nigerianischen Justizministers mit der Bestätigung der Nichtanwendung des "Decree 33" (AA 21.11.2016). Da die österreichische Botschaft stets "overstay" als Abschiebungsgrund angibt, sind Verhaftungen bei Ankunft in Nigeria unwahrscheinlich. Dadurch ist das "Dekret 33" nicht geeignet, ein Rückschiebungshindernis für eine Person darzustellen (ÖBA 9.2016).
Staatliche oder sonstige Aufnahmeeinrichtungen für zurückkehrende unbegleitete Minderjährige sind in Lagos grundsätzlich vorhanden. Sie sind jedoch in schlechtem Zustand, so dass z.B. eine ausreichende Versorgung von minderjährigen Rückkehrern dort nicht ohne weiteres gewährleistet wäre (AA 21.11.2016).
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Dieser und der weitere festgestellte Sachverhalt ergaben sich überwiegend aus dem Inhalt der Verwaltungsakten des BFA einschließlich des Beschlusses des BG XXXX vom 29.07.2015, des sozialpädagogischen Berichts vom 03.05.2017 sowie des vorliegenden Gerichtsaktes.
Ergänzend wurden das Register der Sozialversicherungen, jenes der Grundversorgung, das ZMR und das Strafregister abgefragt.
Die belangte Behörde hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Gericht verweist daher auch auf die schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid.
2.1 Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers seinen Lebensumständen, seinem Personenstand und seiner Kinderlosigkeit, seinem Gesundheitszustand und seiner daraus resultierenden Arbeitsfähigkeit beruhen seinen diesbezüglichen Angaben, den vorliegenden Urkunden und Fotos sowie den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen. Die Negativfeststellung betreffend Abhängigkeiten ergibt sich aus der Einkommensauskunft der Sozialversicherungsabfrage und dem Fehlen einschlägigen Vorbringens.
Mangels Vorlage von identitätsbezeugenden Dokumenten steht die Identität des Beschwerdeführers nicht fest. Auch im Beschwerdeverfahren gab er durchwegs ein falsches, zu spätes Geburtsdatum an. Seine strafgerichtliche Unbescholtenheit folgt aus dem Strafregister.
Betreffend das Mindest- und das wahrscheinliche Alter des Beschwerdeführers finden die Feststellungen ihre Basis im gerichtsmedizinischen Gutachten vom 25.09.2015 (AS 91). Diesem Gutachten war, wie es auch das BFA getan hat, wegen seiner naturwissenschaftlichen Begründung Glauben zu schenken, wogegen der Beschluss des Bezirksgerichts im Kern, der Altersfeststellung, auf den falschen Aussagen des Beschwerdeführers beruht.
2.2 Zur Lage im Herkunftsland
Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Nigeria samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.
Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen und gab lediglich samt Beispielen an, die Sicherheitslage sei "äußerst prekär", Boko Haram habe die weitere Tötung von Christen angekündigt, und die Gewalt durch Boko Haram betreffe speziell die Bundesstaaten Plateau, Kano, Kaduna und den Nordosten des Landes.
Inwiefern dadurch konkret der Beschwerdeführer als Person individuell zur Flucht ins Ausland gezwungen sei, speziell im Gegensatz zum Rest seiner Familie, wurde nicht dargetan.
2.3 Zum Fluchtvorbringen:
Das BFA hatte das Vorbringen des Beschwerdeführers, Nigeria aufgrund eines Anschlages und der Bedrohung durch Boko Haram verlassen zu haben, als unglaubhaft befunden, da es eine detaillierte Schilderung des Vorfalls vermissen lasse, und der Beschwerdeführer nach dem ersten Angriff nicht geflohen sei, sondern noch 7 Monate mit der Ausreise zugewartet habe (S. 40 des Bescheids, AS 270).
Der Beschwerdeführer hat angegeben, dass er (seinem zuletzt genannten falschen Geburtsdatum nach) mit 15 Jahren bei einem Anschlag verletzt und ein Monat lang im Krankenhaus gewesen sei. Bei diesem Anschlag sei auch sein Wohnhaus zerstört worden. Anschließend sei er noch als Obdachloser ein halbes Jahr in der Stadt blieben und habe große Angst um sein Leben gehabt, worauf ein weiterer Anschlag im Dezember 2014, von dem er nicht betroffen war, ihn zur Flucht getrieben habe (AS 142). Erstbefragt hatte er noch ausgesagt, den Entschluss zur Ausreise im April 2015 gefasst zu haben.
Dem BFA ist demnach zuzustimmen, dass diese Darstellung nicht glaubhaft ist. Gemessen an der angeblichen Ausreise im April wären sogar 11 Monate vergangen. Der Eindruck besteht auch angesichts des sonstigen Vorbringens, wobei der Beschwerdeführer, wie das BFA beweiswürdigend zur Recht anmerkt, mindestens zwei verschiedene falsche Geburtsdaten angab (a.a.O.).
Der Beschwerdeführer hat zudem einen am Tag vor der Einvernahme (knapp zwei Jahre nach Antragstellung) ausgedruckten Online-Zeitungsartikel über den Doppelanschlag vorgelegt. Aus diesem ergibt sich, dass zwischen den Detonationen etwa eine halbe Stunde verging, und beim zweiten auch Rettungskräfte getötet wurden, die den Opfern des ersten hätten helfen wollen (AS 147).
Wenn der Beschwerdeführer wie behauptet nach der ersten Detonation von zuhause losgelaufen ist, um nach seiner Familie zu sehen, und auf dem Weg dorthin nach dem Zeitungsbericht zu schließen doch mehr als eine Viertelstunde vergangen war, ohne dass er den Ort des ersten Anschlags erreicht hätte, als ihn der zweite traf, muss zwischen Wohnhaus und Ort des zweiten Anschlags eine beträchtliche Entfernung bestehen, was aber ausschließt, dass dabei zugleich das Wohnhaus zerstört und der Beschwerdeführer verletzt wurde.
Die vom BFA vermissten Detailangaben des Beschwerdeführers fehlen auch betreffend seine Rettung und die Zeit im Krankenhaus. Nach dem Zeitungsartikel wäre zu erwarten, dass die anwesenden Rettungskräfte klären, inwiefern auch Angehörige des Beschwerdeführers betroffen sind, und ihm das erfreuliche Ergebnis während des Monats im Spital mitgeteilt würde. Dagegen gab er an, erst im Dezember 2015 habe er, bereits in Österreich, erfahren, dass seine Eltern und Geschwister lebten, und zwar nun einen Bundesstaat weiter nördlich. Diese fühlten sich auch dort unsicher, weil das Leben dort furchtbar sei.
Das verwundert, da der Beschwerdeführer seinen Angaben nach aus dem weit südlich davon gelegenen Edo State stammt und eine der dortigen Sprachen als Muttersprache spricht. Der Süden ist nämlich nach den Länderberichten als weit sicherer anzusehen, wenn es um die Verfolgung durch Boko Haram geht, da dort sogar deren Deserteure sicher sind (s. oben 1.3.1).
Wie das BFA weiters beweiswürdigend anmerkt (S. 41 des Bescheids, AS 271), hat sich der Beschwerdeführer vor seiner Einreise eigenen Angaben nach zwei Wochen in Italien aufgehalten, wo er keinen Asylantrag gestellt hat. Auch seinen Asylantrag in Österreich stellte der Beschwerdeführer erst sechs Tage nachdem ihn die Polizei ohne Ausweis aufgegriffen und der Jugendwohlfahrt übergeben hatte.
Nach all dem kommt daher das Gericht - wie auch schon das BFA - zum Schluss, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine konkrete, gegen seine Person gerichtete Verfolgung oder Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen.
Aus den Länderfeststellungen ergibt sich zudem, dass selbst im Fall einer solchen Verfolgung des Beschwerdeführers seiner Religion wegen keine Notwendigkeit besteht, den Herkunftsstaat zu verlassen, da er dieser durch geeignete Ortswahl entgehen könnte. Warum der Beschwerdeführer als Angehöriger der Edo und mit deren Sprache und mit Englisch vertraut, stattdessen im Norden leben müsste, brachte er nicht vor und erschließt sich auch sonst nicht.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1 Zum Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I):
3.1.1 Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1, Abschnitt A, Z. 2 der GFK droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.
Flüchtling im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen, oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
3.1.2 Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, er werde als Christ von Boko Haram verfolgt, ist auf die Notwendigkeit zu verweisen, eine Verfolgung zumindest glaubhaft zu machen. Wie ausgeführt, ist das dem Beschwerdeführer nicht gelungen.
Dazu kommt, dass auch im Fall einer glaubhaften Verfolgung diese nicht asylrelevant wäre, weil sie durch innerstaatliche Flucht beendet werden kann, wie die Länderfeststellungen ergeben. Es gibt keinerlei Hinweis, dass der Beschwerdeführer im Unterschied zu anderen Menschen nicht ungehindert und ungefährdet nach Nigeria und innerhalb des Landes - konkret z. B. nach Lagos - reisen könnte. Daher wäre dieser Umstand nach § 11 AsylG 2005 zu berücksichtigen und der Antrag auch deswegen abzuweisen gewesen.
3.1.3 Im vorliegenden Fall liegt daher die Voraussetzung einer aktuellen Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Grund nicht vor. Daraus ergibt sich rechtlich gesehen, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat Nigeria keine Verfolgung nach Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK droht, und daher der Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides zu bestätigen ist.
3.2 Zum Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II):
3.2.1 Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser Antrag in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur EMRK bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Nach § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 zu verbinden.
3.2.2 Selbst wenn man in Bezug auf die Bekämpfung der Terroristen der Boko Haram durch die staatlichen Sicherheitskräfte von einem innerstaatlichen Konflikt ausginge, wäre der überwiegende Teil Nigerias, vor allem der Süden, nicht von einem solchen betroffen und wie dargestellt auch fluchtweise erreichbar.
3.2.3 Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage wie allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen gleichwertige Elementarereignisse liegen nicht vor, weshalb aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes nach Art. 2 oder 3 EMRK abgeleitet werden kann.
3.2.4 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits öfters erkannt, dass die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten kann, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet. Gleichzeitig wurde jedoch unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte betont, dass eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen ist (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174 und VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443 mwH). Nach den Feststellungen zu Gesundheit und Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers und den Länderfeststellungen ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in eine existenzbedrohende Lage geraten würde.
Das gilt auch dann, wenn - was angesichts der Feststellungen nicht zu erwarten ist - eine Unterstützung durch Angehörige des Beschwerdeführers unterbleibt. Dieser ist mit seiner Schulbildung, seiner Mehrsprachigkeit und seinen bisherigen Tätigkeiten im Musik- und Unterhaltungsbereich im Arbeitsmarkt integrierbar, sei es wie zuvor im Diskothekenbetrieb, sei es in anderen Branchen.
Aufgrund all dessen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat seine dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und nicht in eine dauerhaft aussichtslose Lage gerät, sodass auch der Ausspruch in Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides zu bestätigen war.
3.3 Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005, Rückkehrentscheidung und Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt III):
3.3.1 Nichterteilung eines Aufenthaltstitels
Im Spruchpunkt III im angefochtenen Bescheid sprach das BFA aus, dass dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel "aus berücksichtigungswürdigen Gründen" "gemäß § 57 AsylG" nicht erteilt werde. Damit war der Bescheidbegründung nach (S. 46, AS 276) offensichtlich das in § 57 AsylG 2005 beschriebene Rechtsinstitut "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemeint. Dem war durch die Richtigstellung des Spruchs Rechnung zu tragen.
Von den alternativen Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Z. 1 bis 3 AsylG 2005 liegt hier keine vor und wurde vom Beschwerdeführer auch keine behauptet. Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz war dem Beschwerdeführer daher nicht zuzuerkennen.
3.3.2 Rückkehrentscheidung
Wenn ein Antrag auf internationalen Schutz sowohl betreffend den Status des Asyl-, als auch jenen des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, wie im bekämpften Bescheid geschehen, ist nach § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 in Verbindung mit § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG vorgesehen, dass das BFA eine Rückkehrentscheidung erlässt.
Das gilt nur dann nicht, wenn eine solche wegen eines Eingriffs in das Privat- oder Familienleben eines Fremden auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für dauernd unzulässig zu erklären ist. Zu entscheiden ist dabei nach einer individuellen Abwägung der berührten Interessen gegenüber den öffentlichen, ob ein Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig ist.
Dabei ergibt im Fall des Beschwerdeführers eine individuelle Abwägung der berührten Interessen, dass ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers durch seine Außerlandesbringung als im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig anzusehen ist.
Der Beschwerdeführer hat kein Familienleben im Bundesgebiet. Zu prüfen war daher ein etwaiger Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers.
Der positive Abschluss der ersten Klasse der HTL ist dem Beschwerdeführer jedenfalls zu Gute zu halten. Nach den Feststellungen ist zudem evident, dass der Beschwerdeführer über ein ausgeprägtes Privatleben im Inland verfügt und offenbar jede Möglichkeit nutzt, sich in seiner Freizeit aktiv zu beschäftigen. Dazu zählen seine Gesangs- und Musikauftritte sowie die seinerseits trotz Anmeldung bei der Sozialversicherung als "ehrenamtlich" angeführte geringfügige Beschäftigung in einer Karaoke-Bar.
Darüber hinaus verwendet der Beschwerdeführer neben dem Schulbesuch und den für den Schulerfolg nötigen Verpflichtungen seine Zeit für den "A+"-Deutschkurs, Proben und Musikauftritte, Besuche von Kinos und Museen sowie Treffen mit Bekannten und Freunden, Werbetätigkeit für die Veranstaltungsagentur sowie Bibliotheksbesuche und andere Freizeitaktivitäten mit seiner Lebensgefährtin.
Abgesehen vom Deutschkurs zeigt das Aktivitätsspektrum somit die Hobbies und weiteren eigenen Interessen des Beschwerdeführers, wohingegen soziales oder gemeinnütziges Engagement nicht vorkommen.
Der Beschwerdeführer trägt trotz seines Alters nicht über die Ferialbeschäftigung hinaus zu seinem Unterhalt bei, die Betriebskosten und den Mietzins der ihm wegen seiner falschen Altersangabe zugewiesenen Wohnung bezahlt zur Gänze die Kinder- und Jugendhilfe, die dem Beschwerdeführer auch Taschen-, Freizeit- und Essensgeld zur Verfügung stellt.
Die Beziehung zu seiner Lebensgefährtin betreffendm, reduziert ihre Gewichtung als privates Interesse zunächst die kurze Dauer von deutlich unter zwei Jahren, wobei auch eine Wohngemeinschaft fehlt, und darüber hinaus, dass sie während des auf Falschangaben fußenden Asylverfahrens, auf dem der Aufenthalt beruhte, begonnen und seit 18 Monaten, also die überwiegende Zeit, trotz des abweisenden Bescheids, also während eines unsicheren Aufenthaltsstatus fortgeführt wurde.
Nach der etwa 3 1/4 Jahre umfassenden Anwesenheitsdauer kann auch nicht von einer Aufenthaltsverfestigung ausgegangen werden. Zudem beruhte der Aufenthalt auf einem unbegründeten Antrag, der im Anschluss an eine illegale Einreise gestellt worden war, weshalb sich der Beschwerdeführer seines unsicheren Aufenthalts bewusst sein musste.
Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang auch auf das Erkenntnis des VwGH vom 23.02.2017, Ra 2017/21/0009, wonach bei einem Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von 4 1/2 Jahren auf Basis eines unberechtigten Antrags auf internationalen Schutz auch dann nicht von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem weiteren Verbleib aus-gegangen werden muss, wenn "außerordentliche Integrationsbemühungen" vorliegen, wie Deutschkenntnisse auf dem Niveau B2 sowie kirchliches, soziales und berufliches Engagement. Der Beschwerdeführer hat demgegenüber zu seiner religiösen Betätigung angegeben, regelmäßig dem Gottesdienst beizuwohnen. Seine berufliche Aktivität besteht in Ferialarbeit, eine soziale ist nicht bekannt, und der Beschwerdeführer verfügt über nachgewiesene Deutschkenntnisse lediglich auf Niveau A1.
Das Gericht verkennt nicht, dass der Schulbesuch - hier einer dreieinhalbjährigen HTL als "Arbeitsplatz" - im Fall der Tagesschule (im Gegensatz zu z. B. einem Abendgymnasium) die Erzielung eigenen Einkommens erschwert. Andererseits ist diese vom Beschwerdeführer getroffene Wahl nicht zwingend, weil Alternativen wie z. B. eine Lehrausbildung existieren. Daher liegt im Verhalten des Beschwerdeführers, wenige Wochen jährlich geringfügig zu arbeiten, ansonsten aber trotz seines deutlich erwachsenen Alters gänzlich ohne eigenes Einkommen - z. B. vom Gesang oder Tätigkeiten wie Zeitungsverkauf - zu bleiben, kein berufliches Engagement von integrationsbezogen bedeutendem Gewicht.
Mit dem im oben erwähnten Erkenntnis beurteilten Sachverhalt vergleichend, vermag das Gericht fallbezogen daher nicht zu erkennen, dass die Integrationselemente beim Beschwerdeführer zu einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet führen.
Angesichts des dem Beschwerdeführer gebotenen Integrationsangebots und der Betreuung durch die Jugendwohlfahrt ist auch die Tatsache, dass er sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, kein über das übliche Maß hinausgehendes Integrationsmerkmal (vgl. VwGH 25.02.2010, 2010/18/0029 mwH, wo zudem auch perfektes Deutsch behauptet war).
Es liegen auch keine anderen Hinweise vor, dass der Beschwerdeführer in Österreich einen solchen Grad an Integration erlangt hätte, der seinen persönlichen Interessen ein entscheidendes Gewicht verleihen würde. Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht selbsterhaltungsfähig und konnte auch keine eigenen Existenzmittel nachweisen, sondern lebt als kinderloser gesunder Erwachsener von Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe.
Dem allenfalls bestehenden Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich stehen öffentliche Interessen gegenüber. Zuerst steht das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel anwesend sind - gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz - auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden.
Das Asylverfahren dient nicht der Verschaffung des Aufenthaltsrechts für Schulbesuchs- oder andere Ausbildungszwecke. Dem Beschwerdeführer steht es auch weiterhin frei, der österreichischen Vertretungsbehörde seine Identität nachzuweisen, eine Aufenthaltsbewilligung für Schüler zu beantragen und die nach § 63 Abs. 1 NAG dafür vorgesehenen Voraussetzungen zu belegen. Auch mit einer solchen wäre es ihm nach Abs. 2 möglich, einer bezahlten Arbeit nachzugehen und so zu seinem Unterhalt beizutragen (§ 4 Abs. 3 Z. 6 und Abs. 7 Z. 2 AuslBG).
Es würde eine Benachteiligung jener Fremden gleichkommen, die die Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen in Österreich beachten, wenn sich der Beschwerdeführer erfolgreich auf sein Privatleben berufen könnte, obwohl er seinen Aufenthalt lediglich durch seine faktische Einreise und einen unbegründeten Asylantrag erzwungen hat. In letzter Konsequenz würde ein solches Verhalten zu einer unsachlichen und damit verfassungswidrigen Differenzierung der Fremden untereinander führen.
Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs. 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden.
3.3.3 Zulässigkeit der Abschiebung
Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das BFA mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, die Festlegung eines solchen Staates wäre aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich.
Die Abschiebung in einen Staat ist nach § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention verletzt würden, oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.
Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat auch unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es besteht eine innerstaatliche Fluchtalternative.
§ 50 Abs. 3 FPG erklärt die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
Es liegen keine Anhaltspunkte vor, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Nigeria einer realen Gefahr der Folter, der unmenschlichen Strafe oder Behandlung oder der Todesstrafe ausgesetzt wäre. Es fehlt auch jedes Indiz dafür, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr durch einen innerstaatlichen oder zwischenstaatlichen Konflikt Gefahr laufen würde in seinem Leben beeinträchtigt oder gar getötet würde.
Zudem liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass dem Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und damit die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre.
Der Beschwerdeführer wird aufgrund seines Alters und seines Gesundheitszustandes in der Lage sein, in Nigeria zumindest notdürftig leben zu können. Er ist dort aufgewachsen und hat mindestens 16,5 Jahre, wahrscheinlich sogar 18 bis 21 verbracht, also den Großteil seines Lebens, spricht Etsako und Englisch und hat mehrere Jahre Berufserfahrung gesammelt.
Die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz werden jedenfalls im konkreten Fall gedeckt werden können. Es genügt nicht für die Annahme, der Beschwerdeführer würde nach seiner Rückkehr keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können, dass er möglicherweise in Österreich wirtschaftlich besser leben kann als im Herkunftsland. Somit fehlen im vorliegenden Fall Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.
Zudem besteht in Nigeria keine so extreme Gefahrenlage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre.
Stichhaltige Gründe für die Annahme, dass in Nigeria das Leben des Beschwerdeführers oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, sind im Verfahren nicht hervorgekommen und wurden auch in der Beschwerde nicht neu behauptet.
Eine der Abschiebung nach Nigeria entgegenstehende Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte besteht nicht.
Daher erwiesen sich die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung als rechtmäßig und die Beschwerde daher insoweit als unbegründet. Die Beschwerde war daher - von der Richtigstellung des ersten Satzes abgesehen - auch betreffend Spruchpunkt III abzuweisen.
3.4 Zur Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt IV):
Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom BFA vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.
In Frage käme dabei z. B. der Abschluss eines begonnenen Semesters bei einem schulpflichtigen Kind, was der Beschwerdeführer nicht ist, oder Gleichwertiges (VwGH 16.05.2013, 2012/21/0072). Derartige Umstände sind im Verfahren nicht hervorgekommen.
Die Feststellung in Spruchpunkt IV ist daher korrekt, weshalb der Beschwerde auch in diesem Punkt der Erfolg versagt bleibt.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zur Relevanz privater Verfolgung bei innerstaatlicher Fluchtalternative oder zur Gewichtung sozialer Integration bei kurzer Aufenthaltsdauer.
Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage(n) kamen nicht hervor.
4. Zum Unterbleiben einer Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.