TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/20 W230 2208659-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.11.2018
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Entscheidungsdatum

20.11.2018

Norm

AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §58 Abs10
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W230 2208659-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Philipp

CEDE, LL.M., über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA.:

Afghanistan, vertreten durch Mag. Brigitte Swoboda, NOAH Sozialbetriebe gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für

Fremdenwesen und Asyl vom 29.08.2018, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer reiste am 02.01.2015 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 03.01.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) vom 25.09.2017 abgewiesen, gleichzeitig wurde eine Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer erlassen. Seine gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 21.06.2018, W153 2176400-1/10E, als unbegründet abgewiesen.

2. Am 30.07.2018 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK nach § 55 AsylG und berief sich darin auf eine Beschäftigungszusage "vom 03.07.2018", die in ein mit "1. Sept. 2018" beginnendes Dienstverhältnis münde, weiters verwies er unter dem Titel "Ausbildung" auf den Besuch der "Übergangsstufe an AHS für Jugendliche vom 13.11.2017 bis 27.06.2018 und einen "Pflichtschulabschluss". Unter der Rubrik "Anmerkung" führte der Beschwerdeführer im Antrag an: "Interesse Österreichs an Verbleib durch Aufnahme der Tätigkeit / Interessenabwägung anders gewichtet als im Asylverfahren; Beweis: Einvernahme Arbeitgeber, PV".

Dem Antrag beigelegt waren diverse Urkunden wie eine Tazkira, Deutschkurszertifikate, Schulbesuchsbestätigungen und Integrationsbestätigungen, die allesamt Bestätigungen über Umstände aus Zeiträumen vor dem 21.06.2018 bilden, vorwiegend über Zeiträume der Jahre 2016, 2017 bzw. bis Mai 2018. Weiters lag ein mit 27.06.2018 datiertes Zeugnis über die "Bestätigung des Abschlusses der Übergangsstufe an AHS" und den Besuch dieses Lehrgangs "vom 13.11.2017 bis 27.06.2018" bei sowie eine Urkunde über die in der Antragsbegründung erwähnte Beschäftigungszusage vom 03.07.2018.

3. Diesen Antrag wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 29.08.2018 "gemäß § 58 Abs. 10 Asylgesetz 2005" als unzulässig zurück. Bei Bescheiderlassung stellte sie dem Beschwerdeführer mit Verfahrensanordnung eine Rechtsberatungsorganisation für ein allfälliges Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite.

4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde. Den darin gestellten Antrag auf Zuerkennung von aufschiebender Wirkung zog die Beschwerdevertreterin wieder zurück.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer ist am XXXX geboren, reiste am 21.01.2015 illegal ins Bundesgebiet ein und stellte anschließend einen Asylantrag. Dieser wurde - unter gleichzeitiger Erlassung einer Rückkehrentscheidung - mit Bescheid der belangten Behörde vom 25.09.2017 negativ erledigt; dieser Bescheid wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.06.2018 bestätigt.

1.2. In diesem Erkenntnis traf das Bundesverwaltungsgericht zur Situation des Beschwerdeführers, insbesondere im Hinblick auf seine Integration in Österreich und sein Privat- und Familienleben folgende Feststellungen:

"Zur Person und den Fluchtgründen des BF

Der BF gelangte im Herbst 2014 über den Iran und die Türkei illegal nach Europa und dann weiter über Griechenland, Mazedonien, Serbien und Ungarn bis nach Österreich, wo er am 03.01.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Zuvor stellte er bereits am 28.11.2014 in Griechenland einen Asylantrag. Die Kosten für die Reise nach Europa in der Höhe von rund 4.000 €

wurden vom Vater bezahlt.

Die Identität des BF steht nicht fest. Angaben zu seiner Person dienen lediglich einer Identifizierung für das Verfahren.

Der BF ist afghanischer Staatsangehöriger, Angehöriger der Volksgruppe der Hazara und bekennt sich zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam. Die Muttersprache des BF ist Dari, er wurde in Kabul geboren und wuchs dort auf. Er besuchte 8 Jahre die Grundschule und hat keine Berufsausbildung. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF in der Provinz Parwan geboren wurde und dort bis zu seiner Ausreise aufgewachsen ist. Die Mutter sowie seine Geschwister leben weiterhin in Afghanistan. Die wirtschaftliche Situation der Familie ist zufriedenstellend. Ein gewaltsames Ableben seines Vaters nach seiner Ausreise konnte nicht festgestellt werden.

In Afghanistan befinden sich auch noch weitere Verwandte und zumindest ein Freund, den er von Europa aus öfter kontaktiert hat. Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF keinerlei Kontakt mehr zu Verwandten und Freunden hat.

Der BF hielt bis vor einigen Monaten telefonischen Kontakt zu seinem Freund.

Es wird feststellt, dass der BF seine Heimat wegen der schlechten Sicherheits- und Wirtschaftslage (vgl. AS 15) verlassen hat.

Eine Verfolgung durch die Drogenmafia oder durch seinen Onkel, für den er Drogen verkauft haben soll, konnte nicht festgestellt werden.

Es kann daher nicht festgestellt werden, dass der BF in Afghanistan einer asylrelevanten individuellen Verfolgung ausgesetzt war oder er eine solche, im Falle einer Rückkehr, zu befürchten hat.

...

Bei einer Rückkehr nach Afghanistan in die Stadt Kabul, wo der BF aufgewachsen ist, droht ihm kein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit. Er läuft nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Der BF verfügt dort über soziale Anknüpfungspunkte und er kann seine Existenz - zumindest anfänglich - mit Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten sichern. Er hat auch die Möglichkeit, Rückkehrunterstützung in Anspruch zu nehmen und damit eine weitere finanzielle Hilfe sowie Hilfe vor Ort zu erhalten.

Zum Privat- und Familienleben des BF

Der BF reiste vorerst Anfang Jänner 2015 illegal in Österreich ein, reiste dann unerlaubter Weise weiter in die Schweiz und hält sich nunmehr seit seiner Rücküberstellung im Juli 2015 nur aufgrund eines vorläufigen Aufenthaltsrechts als Asylwerber im österreichischen Bundesgebiet auf.

Der BF hat in Österreich weder Familie noch lebt er in einer Lebensgemeinschaft. Gefestigte Freundschaften zu Österreichern sind ebenfalls nicht bekannt (vgl. AS 363; VHP 09.03.2018 S 12).

Der BF verfügt in Österreich über keine schützenswerten familiären oder privaten Bindungen, obwohl er gut Deutsch spricht und integrationswillig ist. So hat er Deutschprüfungen abgelegt (A1, A2) und einen Pflichtschulabschluss. Auch wenn er zeitweise ehrenamtlich tätig und seit Februar geringfügig beschäftigt ist (Dienstleistungscheck), war er in Österreich noch nicht voll erwerbstätig.

Der BF ist in einer Flüchtlingsunterkunft untergebracht, lebt von der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig.

Der BF ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor.

Es kann auch nicht festgestellt werden, dass dem BF im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan eine Verfolgung aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder aus seiner politischen Gesinnung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit droht."

1.3. Die in der rechtlichen Würdigung des Erkenntnisses vom 21.06.2018 (unter gewichtender Gegenüberstellung des öffentlichen Interesses mit den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers) dargelegten Erwägungen zur Begründung der Verhältnismäßigkeit des durch die Rückkehrentscheidung bewirkten Eingriffes in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens lauteten wie folgt:

"Der VwGH geht bei einem dreieinhalbjährigen Aufenthalt im Allgemeinen von einer eher kürzeren Aufenthaltsdauer aus (vgl. Chvosta, ÖJZ 2007/74 unter Hinweis auf VwGH 8.3.2005, 2004/18/0354; 27.3.2007, 2005/21/0378), und stellt im Erkenntnis vom 26.6.2007, 2007/10/0479, fest, ‚dass der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte'.

Im vorliegenden Fall hat die mit dem angefochtenen Bescheid getroffene Entscheidung die Aufenthaltsbeendigung des BF zur Folge. Daher stellt die aufenthaltsbeendende Maßnahme einen Eingriff in den Schutzbereich des Privatlebens im Sinn des Art. 8 Abs. 1 EMRK dar. Da der BF keine Familienangehörigen oder sonstige nahe Angehörige in Österreich bildet die Ausweisung daher keinen unzulässigen Eingriff in das Recht des BF auf Schutz des Familienlebens.

Der BF reiste vorerst Anfang 2015 illegal in Österreich ein, reiste dann unerlaubter Weise weiter in die Schweiz und hält sich nunmehr seit seiner Rücküberstellung im Juli 2015 nur aufgrund eines vorläufigen Aufenthaltsrechts als Asylwerber im österreichischen Bundesgebiet auf.

Der BF ist weder verheiratet noch lebt er in einer Lebensgemeinschaft. Trotz zahlreicher Empfehlungsschreiben sind gefestigte Freundschaften zu Österreichern nicht bekannt (vgl. AS 363; VHP 09.03.2018 S 12).

Der BF spricht zwar bereits gut Deutsch und zahlreiche Bestätigungen belegen seine Integrationswilligkeit. Er hat Deutschprüfungen abgelegt (A1, A2) und einen Pflichtschulabschluss. Auch wenn er zeitweise ehrenamtlich tätig und seit Februar geringfügig beschäftigt ist (Dienstleistungscheck), war er in Österreich noch nicht voll erwerbstätig. Der BF ist in einer Flüchtlingsunterkunft untergebracht und lebt von der Grundversorgung. Er bemüht sich nunmehr um eine Lehrstelle als Restaurantfachmann, doch er ist derzeit nicht selbsterhaltungsfähig.

Der BF ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

Der BF verfügt somit in Österreich über keine schützenswerten familiären oder privaten Bindungen.

Nach der oben angeführten Rechtsprechung des VwGH kann bei einer Aufenthaltsdauer von weniger als drei Jahren, trotz Integrationswilligkeit, von einem schützenswerten Privatleben des BF in Österreich nicht ausgegangen werden.

Auch wenn sich der BF ab Ende Juli drei Jahre durchgehend in Österreich aufhält und sehr integrationswillig ist, ist das Bundesverwaltungsgericht der Ansicht, dass die illegale Einwanderung nach Europa aus wirtschaftlichen Gründen unter missbräuchlicher Ausnützung des Asylrechts aus spezial- und generalpräventiven Gründen nicht geduldet werden darf.

Der BF ist gezielt nach Europa gereist, obwohl er in seinem Heimatstaat weder bedroht wurde noch an materieller Not gelitten hat. Seine Reise in der Höhe von rund 4.000€ wurde von seinem Vater finanziert. So gab der BF bei der Einvernahme am 29.06.2017 selbst an, er lebe jetzt ca. 3 Jahre in Österreich. Sein Vater habe alles getan, dass er hierherkomme. Wenn er freiwillig zurückkehre, sei alles umsonst gewesen, was er (sein Vater) für ihn getan habe.

Zudem hat der BF mehrmals die einschlägigen unionsrechtlichen und österreichischen Rechtsvorschriften missachtet, in dem er in mehreren Mitgliedstaaten Asylanträge gestellt hat und durch zahlreiche sichere Drittstaaten gereist ist. Er ist nicht bereit seine wahre Identität preiszugeben und hat versucht unter Angabe von verschiedenen Aliasidentitäten und Fluchtgeschichten Asyl zu erlangen.

Doch in Österreich stellen den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige die Verfahren nach dem Niederlassungs- und dar. Nach der maßgeblichen Rechtsprechung kann ein allein durch Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften erwirkter Aufenthalt keinen Rechtsanspruch aus Art. 8 EMRK bewirken. Eine andere Auffassung würde sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu verhaltenden Drittstaatsangehörigen führen (EGMR 08.04.2008, 21878/06, Nnyanzi; VfGH 12.06.2010, U 613/10).

Insgesamt gesehen kann es dem Beschwerdeführer somit jedenfalls zugemutet werden, den Wunsch nach Einwanderung im Einklang mit den einschlägigen unionsrechtlichen und österreichischen Rechtsvorschriften zu verwirklichen.

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde somit zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes des BF im Bundesgebiet das persönliche Interesse des BF am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre."

1.4. Der am 30.07.2018 bei der belangten Behörde eingebrachte verfahrenseinleitende Antrag des Beschwerdeführers und (diesen ergänzend:) die Beschwerde vom 26.09.2018 machen geltend: Der Beschwerdeführer erhielt am 03.07.2018 eine Einstellungszusage für ein Lehrverhältnis in einem Hotelbetrieb in Kärnten. Diese Tätigkeit ist mit einem Lohn von netto € 616,- monatlich, zuzüglich Trinkgeld, entlohnt. Seit 01.09.2018 ist der Beschwerdeführer in diesem Betrieb tätig und wird von seinen Ausbildnern sehr gelobt. Sein Auftreten und seine Umgangsformen passen zum Auftritt des Hotels. Der Betrieb ist geographisch abgelegen und hat Schwierigkeiten, Lehrlinge zu finden.

2. Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen sind unbestritten. Der Beschwerdeführer bezieht sich selbst auf das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes. Solange dieses Erkenntnis im Rechtsbestand ist, ist es zu beachten. Im Übrigen wird von seinen Antrags- bzw. Beschwerdebehauptungen ausgegangen, darin enthaltene (rechtliche) Wertungen wie dem behaupteten "Interesse Österreichs am Verbleib und an der Aufnahme der Tätigkeit" bleiben im Rahmen der Sachverhaltsfeststellungen jedoch ausgeklammert.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Anwendbare Rechtsnormen

3.1.1 § 58 AsylG bestimmt (auszugsweise):

"Verfahren zur Erteilung von Aufenthaltstiteln

Antragstellung und amtswegiges Verfahren

§ 58. (1) [...]

(2) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 ist von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.

(3) Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(4) Das Bundesamt hat den von Amts wegen erteilten Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 oder 57 auszufolgen, wenn der Spruchpunkt (Abs. 3) im verfahrensabschließenden Bescheid in Rechtskraft erwachsen ist. Abs. 11 gilt.

(5) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 sowie auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 sind persönlich beim Bundesamt zu stellen. Soweit der Antragsteller nicht selbst handlungsfähig ist, hat den Antrag sein gesetzlicher Vertreter einzubringen.

(6) Im Antrag ist der angestrebte Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 genau zu bezeichnen. Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Drittstaatsangehörige für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.

(7) Wird einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 stattgegeben, so ist dem Fremden der Aufenthaltstitel auszufolgen. Abs. 11 gilt.

(8) Wird ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 zurück- oder abgewiesen, so hat das Bundesamt darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(9) Ein Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach diesem Hauptstück ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. sich in einem Verfahren nach dem NAG befindet,

2. bereits über ein Aufenthaltsrecht nach diesem Bundesgesetz oder dem NAG verfügt oder

3. gemäß § 95 FPG über einen Lichtbildausweis für Träger von Privilegien und Immunitäten verfügt oder gemäß § 24 FPG zur Ausübung einer bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit berechtigt ist

soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt. Dies gilt auch im Falle des gleichzeitigen Stellens mehrerer Anträge.

(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. [...]

(11) Kommt der Drittstaatsangehörige seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten, nicht nach, ist

1. das Verfahren zur Ausfolgung des von Amts wegen zu erteilenden Aufenthaltstitels (Abs. 4) ohne weiteres einzustellen oder

2. der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen.

Über diesen Umstand ist der Drittstaatsangehörige zu belehren.

(12) [...].

(13) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 begründen kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten. ...

(14) Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, durch Verordnung festzulegen, welche Urkunden und Nachweise allgemein und für den jeweiligen Aufenthaltstitel dem Antrag jedenfalls anzuschließen sind. Diese Verordnung kann auch Form und Art einer Antragstellung, einschließlich bestimmter, ausschließlich zu verwendender Antragsformulare, enthalten."

Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1803 BlgNR 24. GP 50) legen zur Bestimmung des § 58 Abs. 10 AsylG Folgendes dar:

"Der neue (Abs. 10) entspricht im Wesentlichen § 44b NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011. Mit der Neuerrichtung des Bundesamtes und der damit einhergehenden Verfahrensvereinfachung und organisatorischen Umstrukturierung ist die Einbindung der zuständigen Sicherheitsdirektion entfallen. Die Beurteilung bzw. Prüfung erfolgt nun durch das Bundesamt. Dementsprechend sind Anträge als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 iVm § 53 Abs. 2 oder 3 FPG besteht und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Diese inhaltliche Neubewertung des Sachverhaltes hat sich lediglich auf den Zeitraum zwischen der rechtskräftigen Entscheidung nach dem FPG bis zur Entscheidung des zugrundeliegenden Antrages auf Erteilung des Aufenthaltstitels zu beziehen. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass - im Rahmen einer Neubewertung - wenn ein maßgeblich geänderter Sachverhalt im Sinne des Art. 8 EMRK vorliegt, ein Aufenthaltstitel zu erteilen sein wird."

3.1.2. § 10 Abs. 3 AsylG lautet:

"(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt."

3.1.3. § 52 Abs. 3 FPG lautet:

"(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird."

3.2. Rechtsprechung

3.2.1. Die zur Vorgängerregelung des § 58 Abs. 10 AsylG (also zu § 44b Abs. 1 NAG) ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auf die Auslegung des § 58 Abs. 10 AsylG zu übertragen (dazu VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101). Nach dieser Rechtsprechung liegt ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht erst dann vor, wenn der vorgebrachte Sachverhalt auch konkret dazu führt, dass nunmehr der begehrte Aufenthaltstitel erteilt werden müsste. Vielmehr liegt ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nur dann nicht vor, wenn die geltend gemachten Umstände von vornherein keine solche Bedeutung aufweisen, die eine Neubeurteilung aus dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK gebieten würde. Nur in einem solchen Fall ist eine - der Sache nach der Zurückweisung wegen entschiedener Sache nachgebildete - Zurückweisung (nunmehr) gemäß § 58 Abs. 10 AsylG zulässig (VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101 mit Hinweisen auf VwGH 22.07.2011, 2011/22/0127; 05.05.2015, Ra 2014/22/0115).

3.2.2. Da der Zurückweisungsgrund gemäß § 58 Abs. 10 AsylG (vormals § 44b Abs. 1 Z 1 NAG) der Zurückweisung wegen entschiedener Sache (§ 68 Abs. 1 AVG) nachgebildet ist, können die zu § 68 Abs. 1 AVG entwickelten Grundsätze für die Beurteilung, wann eine Änderung des Sachverhaltes als wesentlich anzusehen ist, auch für die Frage herangezogen werden, wann eine maßgebliche Sachverhaltsänderung iSd § 58 Abs. 10 AsylG vorliegt. Demnach ist eine Sachverhaltsänderung dann wesentlich, wenn sie für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die rechtskräftige Entscheidung gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann. Die Erlassung eines inhaltlich anderslautenden Bescheides (bezogen auf § 58 Abs. 10 AsylG: eine andere Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in Rechte nach Art. 8 EMRK) muss also zumindest möglich sein; in dieser Hinsicht hat die Behörde eine Prognose zu treffen. Dabei ist die Wesentlichkeit der Sachverhaltsänderung nach der Wertung zu beurteilen, die das geänderte Sachverhaltselement in der seinerzeitigen Entscheidung erfahren hat. Für diese Prognose ist eine Gesamtbetrachtung anzustellen (vgl. VwGH 09.09.2013, 2013/22/0161; 09.09.2013, 2013/22/0215, mwN).

3.2.3. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 12.11.2015, Ra 2015/21/0101, ausführlich auf den inhaltlichen Gleichklang der Beurteilung eines Eingriffs in das Privat- und Familienleben eines Fremden bei Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung einerseits und der Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG andererseits hingewiesen (vgl. auch VwGH 28.01.2016, Ra 2016/21/0006; 30.06.2016, Ra 2016/21/0103).

3.3. Anwendung im Beschwerdefall

3.3.1. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt zu der durch das VwGVG neu geschaffenen Rechtslage ausgesprochen (vgl. VwGH 18.12.2014, Ra 2014/07/0002-0003; 26.02.2015, Ra 2014/22/0152- 0153;

23.06.2015, Ra 2015/22/0040; 16.09.2015, Ra 2015/22/0082-0083;

12.10.2015, Ra 2015/22/0115), dass - wenn die Behörde in erster Instanz den Antrag zurückgewiesen hat - das Verwaltungsgericht lediglich befugt ist, darüber zu entscheiden, ob die von der Behörde ausgesprochene Zurückweisung als rechtmäßig anzusehen ist, dies allein bildet den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens.

Aus diesem Grund war auf den in der Beschwerde gestellten Antrag des Beschwerdeführers, "der Beschwerde Folge zu geben und den

angefochtenen Bescheid ... dahingehend ab[zu]ändern, dass seinem

Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels stattgegeben wird" nicht einzugehen, weil ein solcher Ausspruch den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens überschreiten würde. Dasselbe gilt für den in der Beschwerde gestellten Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG.

3.3.2. Der Beschwerdeführer berief sich sowohl im verfahrenseinleitenden Antrag (etwa durch Vorlage von Zeugnissen und Bestätigungen) als auch in der Beschwerde zum Einen auf Umstände, die zum Zeitpunkt des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes über die gegen ihn erlassene Rückkehrentscheidung, dem 21.06.2018, bereits bestanden haben (Pflichtschulabschlusskurs, bisherige Integrationsbemühungen, Bestrebungen, in Österreich einem Erwerb nachzugehen): Es lässt sich aus seinem Antrag insofern nichts erkennen, was auf einen zu seinen Gunsten "geänderten" Sachverhalt hindeuten würde.

In der Beschwerde werden über weite Strecken nicht relevante Feststellungen des angefochtenen Bescheides bestritten oder Umstände geltend gemacht, die bei Zulässigkeit des Antrags im Rahmen einer neuerlichen Interessenabwägung allenfalls einfließen würden und bereits im rechtskräftig entschiedenen Verfahren über die Rückkehrentscheidung vorzubringen gewesen wären bzw. dort bereits gewürdigt worden sind (wie die Adoleszenz des Beschwerdeführers, der angeblich verlorene Kontakt zu Angehörigen, die Ersetzung der Familie durch Kontakte in Österreich, der mehrjährige Aufenthalt als Asylwerber, die Unbescholtenheit in Österreich, die Kursbesuche, Deutschkenntnisse, psychische Probleme etc). Diese Umstände sind jedoch für sich nicht geeignet, eine seit Ergehen der rechtskräftigen Entscheidung eingetretene "Änderung" darzutun.

Soweit im Vorbringen des Beschwerdeführers ein Element geltend gemacht wird, das als "Änderung" in Betracht kommt (Einstellungszusage für Arbeitsbeginn ab 01.09.2018 und Beschäftigungsaufnahme seit diesem Datum), ist festzuhalten, dass unter Bedachtnahme auf die seit der Rückkehrentscheidung (21.06.2018) vergangene Zeit und unter Würdigung der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Umstände nicht gesehen werden kann, dass damit Sachverhaltsänderungen vorlägen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen bei der hier anzustellenden Prognose den Schluss zugelassen hätten, es wäre - auch im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung - eine andere Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in Rechte nach Art. 8 EMRK zumindest möglich (vgl. zu ähnlichen Konstellationen VwGH 23.02.2012, 2012/22/0002; 19.12.2012, 2012/22/0202; 17.04.2013, 2013/22/0006; 09.09.2013, 2013/22/0215; zu Fällen der Aufenthaltstitelbeantragung nach einer Zeit von weniger als zwei Jahren nach rechtskräftiger Rückkehrentscheidung und mehr als zehnjährigem Aufenthalt, bei Erwerb von Sprachkenntnissen sowie Vorlage von Einstellungszusagen vgl. VwGH 12.10.2015, Ra 2015/22/0074; 22.07.2011, 2011/22/0138-0140).

Weiters ist zu berücksichtigen, dass die in der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung getroffene Abwägung im Ergebnis zu einem Überwiegen der öffentlichen Interessen gelangt, wobei aus der Entscheidung hervorgeht, dass zwar eine Integrationswilligkeit (durch Teilnahme an Deutsch- und Pflichtschulabschlusskursen, ehrenamtliche Tätigkeit und geringfügige Beschäftigung seit Februar 2018 etc), jedoch aufrechte Kontakte in der Heimat, ein bloß vorläufiges Aufenthaltsrecht in Österreich als Asylwerber und geringe bis keine verfestigten Bindungen des Beschwerdeführers in Österreich angenommen wurden. Bei Gewichtung der in dieser Entscheidung berücksichtigten öffentlichen Interessen legte das Gericht auch dem Umstand einer Verhinderung von irregulärer Wirtschaftsmigration Bedeutung bei und identifizierte den vorliegenden Fall als einschlägig.

Diese rechtskräftige Entscheidung lässt nicht erkennen, dass die Interessenabwägung "nur knapp" oder "gerade noch" zu Ungunsten des Beschwerdeführers ausgefallen ist; vielmehr ist daraus erkennbar, dass das Gericht die persönlichen Interessen als schwach ausgeprägt und nur in geringem Maß schützenswert, das öffentliche Interesse dagegen als schwerer wiegend qualifiziert hat.

Im Beschwerdefall ist auch in Betracht zu ziehen, dass die rechtskräftige Entscheidung eine Interessenabwägung über einen Zeitraum potentieller Integration vom 04.01.2015 bis 21.06.2018, somit dreieinhalb Jahren, vornahm, während die nun vorgebrachten Umstände eine vergleichsweise kurze Zeitspanne, nämlich maximal vier Monate betreffen und letztlich nur darin bestehen, dass der Beschwerdeführer seine bereits in der rechtskräftigen Entscheidung berücksichtigten Schritte in Richtung der gewünschten Erwerbstätigkeit in Österreich während dieser kurzen Phase einfach fortsetzt (zunächst bloße Einstellungszusage, erst seit 01.09.2018 aufrechtes Beschäftigungsverhältnis), dies obwohl ihm gegenüber nunmehr eine rechtskräftige Ausreiseverpflichtung besteht; diese Schritte erfolgten insofern daher weiterhin vor dem Hintergrund eines unsicheren Aufenthaltsstatus. Bei dieser Sachlage wirkt auch das in der getroffenen Entscheidung festgestellte öffentliche Interesse mit zumindest gleichem Gewicht unverändert fort und steht dem fortgesetzten Ausleben der im Wesentlichen bereits bisher berücksichtigten Interessenslage des Beschwerdeführers auch weiterhin entsprechend entgegen. Dass der Beschwerdeführer versucht, gegen diese Ausreiseverpflichtung Rechtsmittel wie eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu ergreifen, und danach strebt, dass diesen Rechtsmitteln aufschiebende Wirkung zuerkannt wird (was derzeit nicht der Fall ist), ändert an diesen Umständen nichts. Vor diesem Hintergrund kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers mit der Begründung zurückweist, dass "keine maßgebliche Sachverhaltsänderung stattgefunden hat".

3.3.3. Soweit in der Beschwerde mit Art. 15 der Richtlinie 2013/33/EU argumentiert (Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen), ist ihr entgegenzuhalten, dass diese Bestimmung verlangt, dass die Mitgliedstaaten es einem Antragsteller ermöglichen, dass er "spätestens neun Monate nach der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz Zugang zum Arbeitsmarkt erhält". Inwiefern diese Bestimmung auf den Beschwerdeführer, dessen Asylverfahren bereits abgeschlossen ist, anwendbar ist und inwiefern die österreichische Rechtslage dieser Bestimmung entgegensteht oder die angefochtene Entscheidung in Rechtspositionen, die diese Bestimmung vermittelt, eingreifen kann, ist nicht ersichtlich. Das Bundesverwaltungsgericht kann jedenfalls nicht erkennen, dass das Richtlinienrecht der Union (auch im Lichte der vom Beschwerdeführer herangezogenen Rechte der Grundrechtecharta) verlangt, dass eine Beschäftigungsaufnahme nach rechtskräftiger Rückkehrentscheidung auch dann eine Neubeurteilung der in der Rückkehrentscheidung getroffenen Abwägung nach Art. 8 EMRK nach sich ziehen muss, wenn kein maßgeblich geänderter Sachverhalt festgestellt werden kann.

3.3.4. Die Zurückweisung des gem. § 55 AsylG vom Beschwerdeführer gestellten Antrags erfolgte daher zu Recht.

3.3.5. Das Bundesverwaltungsgericht ist auch der Auffassung, dass

die im angefochtenen Bescheid gewählte Vorgangsweise, die

Zurückweisung nicht mit einer neuerlichen Rückkehrentscheidung zu

verbinden, rechtens war. Zwar sieht der Gesetzeswortlaut eine

Verbindung sowohl einer Ab- als auch einer Zurückweisung des Antrags

nach § 55 AsylG mit einer Rückkehrentscheidung vor (und zwar gemäß §

52 Abs. 3 FPG unterschiedslos, nach § 10 Abs. 3 AsylG jedoch - im

Widerspruch zu § 52 Abs. 3 FPG - "nur insoweit, als dass kein Fall

des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 AsylG 2005 vorliegt."). Das Gericht geht

davon aus, dass der Gesetzgeber bei diesen Regelungen den Fall der

Zurückweisung wegen bereits durch ergangene Rückkehrentscheidung

entschiedener Sache nicht bedacht hat und dass der Regelungsgehalt

des § 52 Abs. 3 FPG und des § 10 Abs. 3 AsylG vor dem Hintergrund

des Normzwecks (keine neuerliche Entscheidung bei bereits

entschiedener Sache, gerade angesichts dessen, dass über alle

Aspekte, die bei einem Aufenthaltstitel gem. § 55 AsylG relevant

sind, bei Erlassung der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung bereits

entschieden wurde - vgl. oben Pkt. 3.2.3.) für Fälle der

Zurückweisung nach § 58 Abs. 8 AsylG nicht zum Tragen kommt. Die

bisher dazu ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes

ist - soweit ersichtlich - für diesen Fall nicht einschlägig,

sondern betraf andere Arten der Zurückweisung, zB wegen

Nichtmitwirkung im Verfahren gemäß § 58 Abs. 11 Z 2 AsylG; vgl. VwGH

14.04.2016, Ra 2016/21/0077 [=VwSlg. 19.347 A/2016]; 17.11.2016, Ra

2016/21/0200 [=VwSlg. 19.482 A/2016]; 17.05.2017, Ra 2017/22/0059;

21.09.2017, Ra 2017/22/0128).

3.4. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung

In der Beschwerde wurde zwar ein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt, das Bundesverwaltungsgericht konnte sich aber auf vom Beschwerdeführer unbestrittene Annahmen stützen. Die Beschwerde läuft letztlich darauf hinaus, dass die - unstrittige - Sachlage vom Verwaltungsgericht rechtlich anders gewürdigt werden soll als von der belangten Behörde. Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG

("Die Verhandlung kann entfallen, wenn ... der das vorangegangene

Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei ... zurückzuweisen ist") kann das Verwaltungsgericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Diese Bestimmung ist auch in den vom Anwendungsbereich des BFA-VG erfassten Verfahren anwendbar, weil § 21 Abs. 7 BFA-VG nur hinsichtlich von § 24 Abs. 4 VwGVG eine Spezialregelung trifft, im Übrigen aber die Anwendung von § 24 Abs. 1 bis 3 und 5 VwGVG unberührt lässt (VwGH 28.05.2014, Ra 2014/20/0017; VwSlg. 18.966 A/2014).

Zu B) Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG wegen nicht eindeutiger Rechtslage und bislang dazu - soweit ersichtlich - fehlender Rechtsprechung des VwGH aus den in Punkt A)II.3.3.5. ausgeführten Gründen zulässig. Die Entscheidung hängt von dieser Rechtsfrage ab, weil es bei einer anderen als der hier vertretenen Sichtweise in Betracht käme, die Nichtbeachtung des Gebots des § 10 Abs. 3 AsylG und § 52 Abs. 3 FPG zum Anlass einer Behebung des angefochtenen Bescheides zu machen. Aus anderen Gründen wäre die Revision jedoch nicht zulässig, weil die Entscheidung sich auf eine ausreichend geklärte Rechtsprechung stützen konnte und im Übrigen auf einer nicht revisiblen Beweiswürdigung beruht.

Schlagworte

Antragsbegehren, Aufenthaltsrecht, Aufenthaltstitel aus Gründen des
Art. 8 EMRK, aufrechte Rückkehrentscheidung, Interessenabwägung,
öffentliches Interesse

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W230.2208659.1.00

Zuletzt aktualisiert am

05.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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