TE Bvwg Beschluss 2018/11/22 W117 1237966-3

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Veröffentlicht am 22.11.2018
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Entscheidungsdatum

22.11.2018

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §33 Abs1
AsylG 2005 §33 Abs4
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §7 Abs4 Z1

Spruch

W117 1237966-3/7E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Andreas Druckenthaner über hat über den Antrag vom 17.05.2018 des XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, vertreten durch RA Mag. K. JELINEK, beschlossen:

I. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 17.05.2018 wird gemäß § 33 Abs. 4 und § 33 Abs. 1 VwGVG idgF als unbegründet abgewiesen.

II. Die Beschwerden werden gemäß § 7 Abs. 4 Z 1 VwGVG idgF als verspätet zurückgewiesen.

III. Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

Verfahrensgang und Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer ist georgischer Staatsbürger und reiste im Jahr 2002 als Minderjähriger gemeinsam mit seiner Mutter illegal in das österreichische Bundesgebiet ein. Er stellte vertreten durch diese am 30.07.2002 einen Asylerstreckungsantrag in Bezug auf seine Mutter. Dieser Antrag wurde letztlich am 17.09.2003 negativ beschieden und die dagegen erhobene Beschwerde seitens des Asylgerichtshofes mit Erkenntnis vom 27.11.2008 infolge der Abweisung der Beschwerde seiner Mutter hinsichtlich des Asylerstreckungsantrages des Beschwerdeführers ebenfalls abgewiesen.

Zum folgenden Antrag auf internationalen Schutz vom Dezember 2008 wurde dem Beschwerdeführer zwar nicht Asyl, jedoch der Status des subsidiär Schutzberechtigten bis November 2011 zuerkannt, welcher zuletzt seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) bis November 2013 verlängert wurde.

Danach erhielt der Beschwerdeführer im November 2013 von der BH XXXX eine Rot-weiß-rot-Karte plus und in der Folge eine vom Magistrat XXXX , zuletzt gültig bis zum 17.11.2017. Danach hat er eine Verlängerung dieses Aufenthaltstitels nicht beantragt und befindet sich seither illegal im Bundesgebiet.

Am 25.10.2017 wurde gegen den in Haft befindlichen Beschwerdeführer vom Bundesamt ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet.

Der Beschwerdeführer wurde zuletzt mit rechtskräftigem Urteil des LG XXXX vom 12.01.2018 wegen § 131 StGB, §§ 127,128(1) Z5, 129(1) Z1,2 Abs.2 Z1, 130(3)StGB,§ 15 StGB, § 107(1,2) StGB, §15 StGB, § 269(1) letzter Halbsatz StGB, § 15 StGB, § 269(1) 1. Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren als junger Erwachsener verurteilt und befindet sich voraussichtlich bis 30.10.2020 in Strafhaft.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 21.03.2018, Zl. 781253801/180276817, wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gegen ihn gemäß §10 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Georgien gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.), gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z1 FPG gegen ihn ein auf die Dauer von vier Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 55 Abs. 5 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht erteilt (Spruchpunkt V.) sowie einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.). Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 28.03.2018 zugestellt.

Am 06.04.2018 wurde dem Bundesamt die Bevollmächtigung des nunmehrigen Vertreters bekanntgegeben sowie umgehende Akteneinsicht beantragt.

Am 17.04.2018 hat der Vertreter beim Bundesamt vorgesprochen, Akteneinsicht genommen und Kopien angefertigt. Dem Beschwerdeführer und seinem Rechtsvertreter war (daher) ab dem 17.04.2018 das exakte Zustelldatum des Bescheides des Bundesamtes vom 21.03.2018, Zl. 781253801/180276817, der 28.03.2018, bekannt.

Am 26.04.2018 langte die durch den bevollmächtigten Vertreter verfasste Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 21.03.2018 beim Bundesamt ein, welche am 07.05.2018 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt wurde.

Mit Verspätungsvorhalt vom 08.05.2018 wurde der bevollmächtigte Vertreter darauf hingewiesen, dass die Beschwerde verspätet erhoben wurde, und ihm eine Frist von einer Woche zur Stellungnahme eingeräumt. Dieser Vorhalt wurde am 09.05.2018 im elektronischen Rechtsverkehr erfolgreich hinterlegt.

Am 23.05.2018 langten der verfahrensgegenständliche, ans Bundesamt adressierte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 17.05.2018 sowie die damit verbundene, mit der Beschwerde vom 26.04.2018 wortgleiche (nochmalige) Beschwerde gegen den angeführten Bescheid des Bundesamtes vom 21.03.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der bevollmächtigte Vertreter anlässlich einer telefonischen Nachfrage am 25.04.2018 beim Bundesamt die Auskunft erhalten habe, dass das exakte Zustelldatum zu diesem Zeitpunkt nicht herausgefunden werden könne und der Bescheid am 29.03.2018 versendet worden sei, sodass die -bereits vorbereitete- Beschwerde mit dem frühesten Ende der Beschwerdefrist am 26.04.2018 eingebracht worden sei. Auf Grund dieses unvorhergesehenen Ereignisses, welches auf ein Versehen minderen Grades zurückzuführen sei, sei der Rechtsvertreter an der fristgerechten Erstattung einer Beschwerde gehindert gewesen. Ein Mitarbeiter des Rechtsvertreters sei tagtäglich mit der Eintragung von Fristen im Kalender sowie dem Erfragen von Zustellungen durch Behörden und Fristenberechnungen beschäftigt. Er sei auf die Wichtigkeit dieser Tätigkeit hingewiesen worden und seien auch bei Überprüfungen durch den Rechtsvertreter niemals Fehler aufgetreten. Der Rechtsvertreter sei seinen Überwachungs- und Kontrollpflichten durch regelmäßige Überprüfung des Mitarbeiters nachgekommen, könne jedoch nicht alles kontrollieren, weil er ansonsten alles selbst machen müsse. Der Umstand, dass es auf Grund eines Missverständnisses in der Kommunikation mit dem Bundesamt und seinem Mitarbeiter zur Versäumung der Beschwerdefrist gekommen sei, stelle jedenfalls ein Versehen minderen Grades dar, da es sich um einen ansonsten sehr zuverlässigen Rechtsanwaltsanwärter handle. Der Rechtsvertreter habe am 09.05.2018 durch Zustellung des Verspätungsvorhaltes erstmals von der Bescheidzustellung am "29.03.2018" erfahren. Bei Kenntnis des exakten Zustelldatums hätte der Einschreiter die Beschwerde fristgerecht erhoben.

Am 23.05.2018 wurde diese Eingabe vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Bundesverwaltungsgericht zur bereits anhängigen Beschwerde nachgereicht.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Entscheidungsgrundlagen:

* gegenständliche Aktenlage:

> erstinstanzlicher Verfahrensakt;

Würdigung der Entscheidungsgrundlagen:

Der oben dargestellte Sachverhalt und der Verfahrensgang werden der Entscheidung zu Grunde gelegt. Er ergibt sich aus dem angefochtenen Bescheid und dem Akt des Bundesamtes im Zusammenhalt mit dem vorliegenden Wiedereinsetzungsantrag sowie dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes.

Im Besonderen ist dabei anzumerken, dass das Antragsvorbringen, die Rechtsvertretung habe nicht vom genauen Zustelldatum des Bescheides gewusst, weil sie nach einer telefonischen Nachfrage am 25.04.2018 beim Bundesamt die Auskunft erhalten habe, dass das exakte Zustelldatum zu diesem Zeitpunkt nicht herausgefunden werden könne und der Bescheid am 29.03.2018 versendet worden sei, sodass die -bereits vorbereitete- Beschwerde mit dem frühesten Ende der Beschwerdefrist am 26.04.2018 eingebracht worden sei, insofern aktenwidrig ist, als die Rechtsvertretung bereits zuvor am 17.04.2018 Akteneinsicht nahm und ihr insofern das Zustelldatum des Bescheides des Bundesamtes vom 21.03.2018, Zl. 781253801/180276817, der 28.03.2018, ab diesem Zeitpunkt bekannt sein musste; die Zustellung ist unzweifelhaft auf einer ganzen Seite des Verfahrensaktes, nämlich auf S. 107 des Behördenaktes, unübersehbar (!) dokumentiert - der zum Zeitpunkt der Zustellung noch nicht vertretene Beschwerdeführer hatte den Bescheid am 28.03.2018 um

13.30 Uhr den Bescheid persönlich übernommen und diese Übernahme durch seine eigenhändige Unterschrift bestätigt.

Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht im Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 11 VwGVG sind, soweit in diesem und im vorangehenden Abschnitt nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren nach diesem Abschnitt jene Verfahrensvorschriften anzuwenden, die die Behörde in einem Verfahren anzuwenden hat, das der Beschwerde beim Verwaltungsgericht vorangeht.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984 und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in den dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gegenständlich sind die Verfahrensbestimmungen des VwGVG in der geltenden Fassung anzuwenden.

Zu Spruchpunkt I.:

Gemäß § 33 Abs. 4 VwGVG hat über den Antrag bis zur Vorlage der Beschwerde die Behörde mit Bescheid zu entscheiden. § 15 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden. Ab Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden.

Wie bereits oben ausgeführt, langte am 26.04.2018 die durch den bevollmächtigten Vertreter verfasste Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 21.03.2018 beim Bundesamt ein, welche am 07.05.2018 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt wurde.

In diesem Sinne hatte daher das Bundesverwaltungsgericht über den gegenständlichen Wiedereinsetzungsantrag zu entscheiden.

Gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann jegliches Geschehen, dh. nicht nur tatsächliches, in der Außenwelt stattfindendes, sondern auch so genannte psychologische Vorgänge, wie Vergessen, Verschreiben, sich Irren usw., als "Ereignis" iSd § 42 Abs. 3 AVG gewertet werden (vgl. ua VwGH 27.09.2013, 2010/05/0202). Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Ereignis "unabwendbar" ist, kommt es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf objektive Umstände an; nämlich darauf, ob das Ereignis auch von einem Durchschnittsmenschen objektiv nicht verhindert werden kann (vgl. VwGH 24.01.1996, 94/12/0179; Hengstschläger/Leeb, AVG, § 71 Rz 39 mwN). Die Beurteilung, ob ein Ereignis "unvorhergesehen" ist, hängt demgegenüber nicht von einer objektiven Durchschnittsbetrachtung, sondern vom konkreten Ablauf der Geschehnisse ab. Unvorhergesehen ist ein Ereignis dann, "wenn es die Partei tatsächlich nicht einberechnet hat und sein Eintritt auch unter Bedachtnahme auf die zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwartet werden konnte, wobei das im Begriff der ‚Unvorhergesehenheit' gelegene Zumutbarkeitsmoment dahin zu verstehen ist, dass die erforderliche zumutbare Aufmerksamkeit auch dann noch gewahrt ist, wenn der Partei ein nur ‚minderer Grad des Versehens' unterläuft" (vgl. VwGH 29.02.2008, 2008/04/0006).

Die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand setzt somit voraus, dass die Partei an der Versäumung der Frist oder der mündlichen Verhandlung kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft. Unter einem minderen Grad des Versehens ist nach der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, dh. er darf die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt nicht außer Acht gelassen haben (vgl. VwGH 08.09.2015, Ra 2015/01/0125). Dabei ist an berufliche und rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen als an rechtsunkundige und bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen (ua VwGH 20.06.2013, 2013/06/0098 mwN; VwGH 02.09.2009, 2009/15/0096;

Hengstschläger/Leeb, AVG § 71 Rz 44 mwN). War die Versäumung voraussehbar und hätte sie durch ein dem Parteienvertreter zumutbares Verhalten abgewendet werden können, dann ist die Wiedereinsetzung zu verweigern (ua VwGH 01.06.2006, 2005/07/0044 mwN). Vor allem ist der Vertreter verpflichtet, um sein Verschulden auszuschließen, sich auch selbst unverzüglich die erforderlichen Informationen zu verschaffen, um die Einspruchsfrist wahren zu können (Hengstschläger/Leeb, AVG § 71 Rz 45 mwN).

Soweit sich eine Partei im Verfahren eines Rechtsvertreters bedient, ist ihr nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ein Verschulden dieses Vertreters wie eigenes Verschulden zuzurechnen. Im Falle einer Fristversäumung hängt die Bewilligung der Wiedereinsetzung diesfalls (ua) davon ab, dass weder die Partei noch den bevollmächtigten Rechtsanwalt ein Verschulden trifft, das über den minderen Grad des Versehens hinausgeht (ua VwGH 17.07.2008, 2007/21/0227). Dabei stellt ein einem Rechtsanwalt widerfahrendes Ereignis einen Wiedereinsetzungsgrund für die Partei nur dann dar, wenn dieses Ereignis für den Rechtsanwalt selbst unvorhergesehen oder unabwendbar war und es sich hiebei um einen minderen Grad des Versehens handelt. Ein Verschulden des Rechtsanwaltes, das über den minderen Grad des Versehens hinausgeht, schließt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus (ua VwGH 23.06.2008, 2008/05/0122).

Der Bescheid über die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme wurde dem Beschwerdeführer am 28.03.2018 persönlich zugestellt und endete demnach die vierwöchige Beschwerdefrist am 25.04.2018. Der nunmehr bevollmächtigte Vertreter gab seine Bevollmächtigung am 06.04.2018 dem Bundesamt bekannt und erhielt am 17.04.2018 die beantragte Akteneinsicht, woraus für ihn, wie im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt, jedenfalls das genaue Zustelldatum des in Frage stehenden Bescheides ersichtlich war.

Der vorliegende Wiedereinsetzungsantrag des Beschwerdeführers wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Mitarbeiter des bevollmächtigten Vertreters seitens der Behörde am 25.04.2018 eine telefonische Auskunft über die Abfertigung des betreffenden Bescheides erhalten habe und dabei offenbar ein Missverständnis aufgetreten sei, was einen minderen Grad des Versehens darstelle. Danach sei der Bescheid erst am 29.03.2018 versendet worden und hätte demnach die Rechtsmittelfrist frühestens am 26.04.2018 geendet.

Ausführungen dazu, warum die - nach den Angaben des Vertreters am 25.04.2018 bereits vorbereitete - Beschwerdeschrift nicht sogleich am selben Tag versendet wurde, sind dem Wiedereinsetzungsantrag nicht zu entnehmen. Auch fehlen Angaben darüber, warum trotz der am 17.04.2018 erfolgten Akteneinsicht - woraus die Zustellung des betreffenden Bescheides am 28.03.2018 bereits ersichtlich war - noch eine telefonische Rückfrage für erforderlich erachtet wurde.

Der Beschwerdeführer vermochte daher im gegenständlichen Fall kein Ereignis im Sinne des § 33 VwGVG anzuführen, welches eine Stattgabe eines Antrages auf Wiedereinsetzung zu begründen vermag:

Der spätestens seit 06.04.2018 bevollmächtigte Rechtsanwalt des Beschwerdeführers konnte durch die am 17.04.2018 vorgenommene Akteneinsicht rechtzeitig von der Zustellung des Bescheides über eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gegen den Beschwerdeführer Kenntnis erlangen.

Nach der ständigen Rechtssprechung des VwGH ist für die Einhaltung von Rechtsmittelfristen stets der berufliche rechtskundige Parteienvertreter selbst verantwortlich (VwGH 19.09.1997, 96/19/0679; 20.5.2003, 2003/02/0028; 28.5.2008, 2008/21/0320). Der Anwalt selbst hat die Fristen festzusetzen, ihre Vormerkung anzuordnen sowie ihre richtige Eintragung im Kalender im Rahmen der gebotenen Aufsichtspflicht zu überwachen (VwGH ua.24.11.1998, 98/19/0679; 29.05.2008, 2008/07/0085). Dies hat der bevollmächtigte Vertreter im gegenständlichen Verfahren offensichtlich verabsäumt, da er im Wiedereinsetzungsantrag selbst ausführte, dass sein Mitarbeiter tagtäglich mit der Eintragung von Fristen im Kalender, sowie mit dem telefonischen Erfragen von erfolgten Zustellungen durch Behörden und Fristenberechnungen beschäftigt ist. Der bevollmächtigte Vertreter habe darauf vertraut, dass der Mitarbeiter die Anweisung befolge und stets sorgfältig umsetze. Er sei seiner Überwachungs- und Kontrollpflicht durch regelmäßige Überprüfung der Tätigkeit seines Mitarbeiters nachgekommen, könne jedoch nicht alle Arbeitsschritte kontrollieren, da er sonst alles selbst machen müsse.

Dies stellt jedoch keinen minderen Grad des Versehens dar (vgl. VwGH 20.01.1998, 97/05/0329; 20.12.2001, 2000/16/0637; 29.05.2008, 2008/07/0085). Vielmehr handelt es um eine einer Wiedereinsetzung entgegenstehende auffallende Sorglosigkeit, wenn der Rechtsirrtum auf eine unterbliebene unverzügliche Überprüfung des tatsächlichen Zustellzeitpunktes des Bescheides zurückzuführen ist (VwGH 15.10.1999, 96/21/0185). Auf das behauptete Missverständnis anlässlich der telefonischen Rückfrage am 25.04.2018 über den genauen Zustellungszeitpunkt kommt es demnach nicht mehr an.

Der Vertreter des Beschwerdeführers war nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes nach der Akteneinsicht am 17.04.2018, anlässlich derer er das genaue Zustelldatum feststellen konnte, nicht an der rechtzeitigen Einbringung einer Beschwerde gehindert. Dies war aber auch am 25.04.2018 nicht der Fall, da er die nach eigenen Angaben am 25.04.2018 bereits vorbereitete Beschwerde trotz falscher Behördenauskunft noch am selben Tag hätte - rechtzeitig - einbringen können.

Da der vorliegende Sachverhalt ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis nicht zu begründen vermag und das Vorliegen eines minderen Grad des Versehens durch den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers nicht anzunehmen war, konnte dem Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Erhebung einer Beschwerde nicht stattgegeben werden. Der vorliegende Antrag war daher als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchpunkt II.:

Gemäß § 7 Abs. 4 erster Satz VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Sie beginnt gemäß § 7 Abs. 4 Z 1 VwGVG - wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde - mit dem Tag der Zustellung.

Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat.

Der bekämpfte Bescheid wurde dem Beschwerdeführer laut der im Verwaltungsakt aufliegenden Übernahmebestätigung am Mittwoch, dem 28.03.2018 zugestellt. Die Beschwerdefrist endete daher mit Ablauf desselben Wochentags vier Wochen später, sohin mit Ablauf des 25.04.2018.

Die am 26.05.2018 mittels E-Mail an das Bundesamt übermittelte Beschwerde erweist sich daher als verspätet; ebenso die unter einem mit dem Wiedereinsetzungsantrag vom 17.05.2018 erhobene Beschwerde.

Der bezughabende Wiedereinsetzungsantrag vom 17.05.2018 wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag unter einem abgewiesen - siehe Spruchpunkt I..

Die Beschwerden waren somit gemäß § 7 Abs. 4 Z 1 VwGVG wegen Verspätung zurückzuweisen.

Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, entgegenstehen.

Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich dazu Folgendes (vgl. zB VwGH 29.01.2014, 2013/03/0004; 28.08.2013, 2011/06/0006, zu § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG): In seinem Urteil vom 18.07.2013, Nr 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein), legte der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dar, dass es Verfahren gebe, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung aufträten oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht aufgrund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne. Die staatlichen Behörden können auch auf Aspekte der Effizienz und Verfahrensökonomie Rücksicht nehmen und auf das Gebot der angemessenen Verfahrensdauer Bedacht nehmen (vgl. VwGH 23.10.2013, 2012/03/0002; 27.09.2013, 2012/05/0212).

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte im vorliegenden Fall gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG iVm § 21 Abs. 7 BFA-VG abgesehen werden, da der entscheidungsrelevante Sachverhalt im gegenständlichen Fall geklärt ist und im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ausschließlich Rechtsfragen (das Vorliegen eines unvorhergesehenen und unabwendbaren Ereignisses und das Vorliegen eines minderen Grades des Versehens in Bezug auf den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers) von Bedeutung waren, zu deren Lösung im Sinne der Judikatur des EGMR eine öffentlich mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Art. 6 EMRK wie auch Art. 47 GRC in Hinblick auf unionsrechtlich garantierte Rechte stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen.

Zu Spruchpunkt III.:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Der gegenständliche Fall ist zudem tatsachenlastig.

Da die vorliegende Rechtsfrage sohin klar war, ging das Bundesverwaltungsgericht nicht vom Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aus.

Schlagworte

Fristversäumung, Rechtsmittelfrist, Sorgfaltspflicht, Verschulden
des Vertreters, Verspätung, Wiedereinsetzung,
Wiedereinsetzungsantrag, Zurückweisung, Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W117.1237966.3.00

Zuletzt aktualisiert am

05.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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