TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/3 W251 2206705-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.12.2018
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Entscheidungsdatum

03.12.2018

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art.133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z1

Spruch

W251 2206705-3/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Angelika SENFT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, Staatsangehörigkeit Tunesien, gegen die weitere Anhaltung aufgrund des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.06.2018, Zl.XXXX, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG abgewiesen und festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer reiste unrechtmäßig nach Österreich ein und stellte am 16.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) vom 05.04.2018 vollinhaltlich abgewiesen wurde. Mit diesem Bescheid wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Tunesien zulässig sei. Einer Beschwerde wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer keine Beschwerde.

2. Mit zwei landesgerichtlichen Urteilen wurde der Beschwerdeführer wegen Diebstahls- und Körperverletzunggsdelikten zu Freiheitsstrafen verurteilt.

3. Der Beschwerdeführer verfügt über kein gültiges Reisedokument. Am 17.04.2018 wurde das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates (Tunesien) für den Beschwerdeführer eingeleitet. Am 11.05.2018 wurde bezüglich des Heimreisezertifikates bei der tunesischen Botschaft urgiert. Am 03.07.2018 wurde dem Bundesamt von der tunesischen Vertretungsbehörde mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer nicht als tunesischer Staatsangehöriger identifiziert werden könne.

Mit den Schreiben datiert vom 04.07.2018 wurde vom Bundesamt bei den Vertretungsbehörden von Ägypten, Libyen, Algerien und Marokko Anträge auf Ausstellung eines Ersatzreisedokumentes gestellt. Diese verliefen hinsichtlich Ägypten, Algerien und Libyen negativ, wobei der algerische Konsul angab, dass der Beschwerdeführer wahrscheinlich Tunesier sei. Der Beschwerdeführer wird daher in der Kalenderwoche 49 erneut der tunesischen Botschaft zur Identifizierung vorgeführt.

4. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 06.06.2018 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Begründend führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer seit 05.05.2018 verpflichtet gewesen sei, Österreich zu verlassen. Dieser Ausreiseverpflichtung sei er jedoch nicht nachgekommen und er verfüge auch nicht über finanzielle Mittel oder einen ordentlichen Wohnsitz. Der Beschwerdeführer habe sich während seines 2 1/2 -jährigen Aufenthaltes in Österreich 26 Monate in österreichischen Gefängnissen aufgehalten, die restliche Zeit sei der Beschwerdeführer in Flüchtlingsquartieren untergebracht gewesen und zum Teil sei er unbekannten Aufenthalts gewesen. Einer geregelten Beschäftigung gehe er nicht nach. Auf Grund des Verhaltens des Beschwerdeführers sei auf Grund der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z. 3 und 9 FPG von erheblicher Fluchtgefahr auszugehen.

5. Der Beschwerdeführer wurde von der Justizanstalt Krems a.d. Donau in die Schubhaft überstellt. In der Nacht vom 03.07.2018 auf den 04.07.2018 fügte der Beschwerdeführer einem Mitgefangenen Verletzungen am Körper zu aufgrund dessen wurde eine Disziplinarmaßnahme verfügt und der Beschwerdeführer in eine Einzelzelle verbracht.

Am 21.08.2018 kam es zwischen dem Beschwerdeführer und zwei Mitgefangenen zu einer tätlichen Auseinandersetzung. Der Beschwerdeführer wurde wegen Körperverletzung angezeigt, als Disziplinarmaßnahme wurde der Beschwerdeführer in eine Einzelzelle verbracht.

6. Der Beschwerdeführer befand sich von 28.09.2018, 11:30 Uhr bis 29.09.2018 11:30 Uhr in Hungerstreik.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1. Zum Verfahrensgang (I.1. - I.9.)

Der unter Punkt I.1. bis I.9. geschilderte Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.

2. Zur Person des Beschwerdeführers und zu den Voraussetzungen der Schubhaft

2.1. Der Beschwerdeführer ist volljährig. Er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter. Der Beschwerdeführer ist nicht österreichischer Staatsangehöriger.

Der Beschwerdeführer hat keine Dokumente vorgelegt, die seine Identität belegen. Seine Identität steht nicht fest. Der Beschwerdeführer führt in Österreich den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX.

2.2. Der Beschwerdeführer weist nachstehende Verurteilungen im Österreich auf:

2.2.1. Der Beschwerdeführer wurde am 01.03.2016 vom Landesgericht XXXX wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls durch Einbruch (§§ 15, 127, 129 Abs. 1 Z1 StGB) rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten, die unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde, verurteilt.

Der Beschwerdeführer hat am 30.12.2016 versucht fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz sich durch deren Zueignung zu bereichern wegzunehmen, indem er versuchte einen PKW aufzubrechen, da er sich erhoffte in diesem Wertgegenstände vorzufinden.

2.2.2. Der Beschwerdeführer wurde am 16.09.2016 vom Landesgericht XXXX wegen des Vergehens des gewerbsmäßigen Diebstahls teils durch Einbruch, des Verbrechens der schweren Körperverletzung und der Vergehen der Körperverletzung (§§127, 130 Abs. 1 1. Fall, 129 Abs. 1 Z 1, 15 StGB; §83 Abs. 1 und §84 Abs. 4 StGB) rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt. Die bedingte Nachsicht der Strafe aus der Verurteilung des Landesgerichts XXXX vom 01.03.2016 wurde widerrufen.

Der Beschwerdeführer hat am 06.05.2016 Bekleidung im Gesamt Wert von EUR 90,95 mit einem Mittäter gemeinschaftlich aus einem Bekleidungsgeschäft entwendet. Der Beschwerdeführer hat mit einem Mittäter gemeinschaftlich versucht am 30.04.2016 einer schlafenden Person Wertgegenstände aus einer Tasche zu ziehen, wobei es beim Versuch blieb. Der Beschwerdeführer hat in der Nacht vom 28.12.2015 auf den 29.12.2015 die Seitenfenster von zwei Fahrzeugen mit einem Meißel eingeschlagen und aus diesen Wertgegenstände im Wert von EUR 285,70 bzw. EUR 85,70 weggenommen. Der Beschwerdeführer hat am 20.04.2016 mit einem Mittäter eine andere Person verletzt, diese Person erlitt einen Bruch der inneren Wand der linken Augenhöhle, eine Verschiebung des inneren Augenmuskels sowie einen Bruch des Nasenbeins. Der Beschwerdeführer hat am 30.04.2016 eine Person verletzt, indem er dieser mehrfach Schläge und Tritte versetzte, dadurch erlitt die Person eine Rissquetschwunde über dem rechten Auge, Abschürfungen an der rechten Ohrmuschel und Prellungen und Abschürfungen an der Oberlippe. Der Beschwerdeführer versetze einer anderen Person am 14.02.2016 einen Faustschlag in das Gesicht und biss die Person in den Finger, wodurch diese Person eine Jochbeinprellung und eine Bissverletzung am Mittelglied des linken Zeigefingers erlitt. Der Beschwerdeführer versetze einer Person am 18.02.2016 einen Faustschlag, wodurch diese Rötungen und Schwellungen an der rechten Wange oberhalb des Auges erlitt. Der Beschwerdeführer schlug einer Person am 17.03.2016 in das Gericht, wodurch diese eine blutige Wunde an der Oberlippe erlitt.

2.3. Der Beschwerdeführer stellte am 16.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Mit Bescheid vom 05.04.2018 wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz zur Gänze ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass die Abschiebung nach Tunesien zulässig sei, erließ ein Einreiseverbot und setzte keine Frist für eine freiwillige Ausreise. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

2.4. Der Beschwerdeführer wird seit 08.06.2018 in Schubhaft angehalten.

2.5. Der Beschwerdeführer ist gesund und haftfähig. Es liegen keine eine Haftfähigkeit ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen beim Beschwerdeführer vor.

3. Zum Sicherungsbedarf und zur Fluchtgefahr

3.1. Es besteht gegen den Beschwerdeführer eine rechtskräftige und durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme.

3.2. Der Beschwerdeführer hat sich während seines 2 1/2 -jährigen Aufenthaltes in Österreich 26 Monate in österreichischen Gefängnissen aufgehalten, die restliche Zeit war der Beschwerdeführer in Flüchtlingsquartieren untergebracht und vom 16.11.2015 bis 18.02.2016 war er unbekannten Aufenthalts und war für das Bundesamt nicht greifbar. Der Beschwerdeführer kommt seiner Meldeverpflichtung nicht nach.

3.3. Der Beschwerdeführer befand sich von 28.09.2018, 11:30 Uhr bis 29.09.2018, 11:30 Uhr sowie vom 06.10.2018, 06:00 Uhr bis 07.10.2018, 06:00 Uhr in Hungerstreik um seine Freilassung aus der Schubhaft zu erzwingen.

3.4. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz.

3.5. Der Beschwerdeführer geht in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und verfügt über keine eigenen finanziellen Mittel zur Existenzsicherung.

3.6. In Österreich leben keine Familienangehörigen und keine engen Freunde des Beschwerdeführers.

4. Zur Verhältnismäßigkeit der Schubhaft

4.1. Der Beschwerdeführer ist unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet eingereist. Er verfügt weder über familiäre noch soziale Anknüpfungspunkte in Österreich.

4.2. Am 17.04.2018 wurde das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates (Tunesien) für den Beschwerdeführer eingeleitet. Am 11.05.2018 wurde bezüglich des Heimreisezertifikates bei der tunesischen Botschaft urgiert. Am 03.07.2018 wurde dem Bundesamt von der tunesischen Vertretungsbehörde mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer nicht als tunesischer Staatsangehöriger identifiziert werden kann.

Mit Schreiben datiert vom 04.07.2018 wurde vom Bundesamt bei den Vertretungsbehörden von Ägypten, Libyen, Algerien und Marokko Anträge auf Ausstellung eines Ersatzreisedokumentes gestellt.

Diese verliefen hinsichtlich Ägypten, Algerien und Libyen negativ, wobei der algerische Konsul angab, dass der Beschwerdeführer wahrscheinlich Tunesier sei. Der Beschwerdeführer wird daher in der Kalenderwoche 49 erneut der tunesischen Botschaft zur Identifizierung vorgeführt.

4.3. Der Beschwerdeführer hat bisher keinen Reisepass vorgelegt und behindert und verzögert das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates.

4.4. Nach Erlangung eines Heimreisezertifikates scheint eine zeitnahe Außerlandesbringung des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung möglich.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt und in die Gerichtsakten (W152 2206705-1, W154 2206705-2, W251 2206705-3), in das Strafregister, in das Zentrale Fremdenregister, in das Zentrale Melderegister sowie in die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres und in die beigezogenen Urteile der Landesgerichtes sowie in die vom Bundesamt vorgelegten Urkunden betreffend die Anträge und Urgenzen zur Erlangung eines Heimreisezertifikats für den Beschwerdeführer.

1. Zum Verfahrensgang, zur Person des Beschwerdeführers und den Voraussetzungen der Schubhaft

1.1. Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes sowie aus dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes.

1.2. Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers beruhen auf dem Inhalt des Verwaltungsaktes. Daraus ergibt sich, dass der Beschwerdeführer keine Dokumente vorgelegt hat, die seine Identität bescheinigen. Anhaltspunkte dafür, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt sind im Verfahren nicht hervorgekommen, ebenso wenig besteht ein Zweifel an der Volljährigkeit des Beschwerdeführers. Der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz wurde vollinhaltlich abgewiesen, dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen. Der Beschwerdeführer ist daher weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

1.3. Die Feststellungen zu seinen strafgerichtlichen Verurteilungen gründen sich auf die Einsichtnahme in das Strafregister und auf die im Akt erliegenden strafgerichtlichen Urteile.

1.4. Dass der Beschwerdeführer seit 08.06.2018 in Schubhaft angehalten wird, ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes sowie aus der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres.

1.5. Es haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, wonach beim Beschwerdeführer eine Haftunfähigkeit vorliegen würde. Eine Haftunfähigkeit wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Auch in der Einvernahme vom 06.08.2018 ergaben sich keine Gründe für eine Haftunfähigkeit.

2. Zum Sicherungsbedarf und zur Fluchtgefahr

2.1. Die Feststellungen zur rechtskräftigen Abweisung des Antrags des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 16.11.2015 sowie zu der in Rechtskraft erwachsenen Rückkehrentscheidung ergeben sich aus dem Akten des Bundesamtes.

2.3. Dass der Beschwerdeführer sich während seines 2 1/2 -jährigen Aufenthaltes in Österreich 26 Monate in österreichischen Gefängnissen aufgehalten hat, die restliche Zeit in Flüchtlingsquartieren untergebracht war und vom 16.11.2015 bis 18.02.2016 unbekannten Aufenthalts war, steht auf Grund der Angaben im Zentralen Melderegister fest.

2.4. Die Feststellungen zum Hungerstreik konnten auf Grund der Eintragungen in der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres getroffen werden.

2.5. Die Feststellungen zur familiären, sozialen und beruflichen Verankerung des Beschwerdeführers in Österreich beruhen auf seinen Angaben in den Einvernahmen vom 17.11.2015 und 05.04.2018. Darin gibt er jeweils übereinstimmend an, dass er in Österreich über keine Familienangehörigen verfügt, er keinen Beruf ausübt und über kein Geld verfügt. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines nennenswerten sozialen Netzes finden sich im Akt nicht und wurden auch vom Beschwerdeführer keinerlei Angaben gemacht, die auf eine soziale Verankerung schließen lassen.

3. Zur Verhältnismäßigkeit der Schubhaft

3.1. Dass der Beschwerdeführer unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet eingereist ist, ergibt sich aus seinen Angaben im Verfahren, wonach er ohne Reisedokument in Österreich eingereist ist.

3.2. Die Feststellungen zum Verfahren über die Ausstellung eines Heimreisezertifikates beruhen auf der Stellungnahme des Bundesamtes, sowie auf den Unterlagen zur Antragstellung und den Urgenzen bei den verschiedenen Botschaften.

3.3. Im Akt finden sich keine Anhaltspunkte, dass nach Erlangung eines Heimreisezertifikates eine zeitnahe Außerlandesbringung des Beschwerdeführers nicht möglich ist. Eine Änderung der Umstände für die Verhängung der Schubhaft seit 08.06.2018 ist dem Verwaltungsakt nicht zu entnehmen.

3.4. Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchteil A. - Fortsetzungsausspruch

3.1.1. Gesetzliche Grundlagen

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 56/2018 idgF, lautet:

§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

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1.-dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2.-dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3.-die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.

§ 77 Gelinderes Mittel

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1

FPG.

Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

Kommt der Fremde gemäß § 77 Abs. 4 FPG seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

Gemäß § 77 Abs. 5 FPG steht die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

Gemäß § 77 Abs. 6 FPG hat sich zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

Gemäß § 77 Abs. 7 FPG können die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

Gemäß § 77 Abs. 8 FPG ist das gelindere Mittel mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Gemäß § 77 Abs. 9 FPG können die Landespolizeidirektionen betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

§ 22a Abs. 4 BFA-VG lautet:

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

3.1.2. Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

"Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde" (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

"Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird" (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

3.1.3. Der Beschwerdeführer besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Ziff. 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Anordnung der Schubhaft grundsätzlich - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - möglich ist. Voraussetzung für die Verhängung der Schubhaft sind das Vorliegen eines Sicherungsbedarfes hinsichtlich der Durchführung bestimmter Verfahren oder der Abschiebung, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kommt darüber hinaus nur dann in Betracht, wenn die Abschiebung auch tatsächlich im Raum steht.

3.1.4. Im vorliegenden Fall wurde Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Mit einer Abschiebung des Beschwerdeführers ist insofern zu rechnen, als das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates bereits im April 2018 nach Erlassung der Rückkehrentscheidung eingeleitet wurde und eine nochmalige Überprüfung durch die tunesische Botschaft zeitnah erfolgt. Die Dauer des Verfahrens zur Erlangung eines Heimreisezertifikates ist durch Umstände begründet, die aus dem Verhalten des Beschwerdeführers selbst resultieren, da er bisher keine Dokumente vorgelegt hat, die seine Identität bescheinigen und dieser an der Feststellung seiner Identität auch nicht mitwirkt. Mit der Abschiebung des Beschwerdeführers ist zeitnahe nach Vorliegen des Heimreisezertifikates zu rechnen, weshalb die Anordnung von Schubhaft bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen im Fall des Beschwerdeführers grundsätzlich möglich ist.

3.1.5. Im vorliegenden Fall geht das Gericht auch weiterhin von Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG aus. Der Beschwerdeführer hält sich unrechtmäßig in Österreich auf und es liegt eine den Beschwerdeführer betreffende durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor. In diesem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist (VwGH vom 20.02.2014, 2013/21/0178).

Der Beschwerdeführer verfügte vom 16.11.2015 bis 18.02.2016 über keine Meldeadresse in Österreich und ist sohin seiner Verpflichtung nach dem Meldegesetz nicht nachgekommen. Dadurch hat er sich jedoch dem beim Bundesamt anhängigen Asylverfahren entzogen.

In Österreich befinden sich weder Familienangehörige des Beschwerdeführers noch ist er sonst sozial verankert. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keinen gefestigten Wohnsitz und auch nicht über ausreichende Mittel zur Existenzsicherung. Einer legalen Beschäftigung ging er in Österreich bisher nicht nach. Der Beschwerdeführer hat in Österreich wiederholt strafbare Handlungen begangen. Dieser Umstand zeigt, dass der Beschwerdeführer die geltenden Gesetze nicht beachtet und er das Unrecht seiner Taten nicht einsieht.

Es ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer, insbesondere aufgrund der bevorstehenden Abschiebung, nach einer Freilassung aus der Schubhaft untertauchen werde um sich seiner Abschiebung zu entziehen.

Es liegt daher auf Grund der Kriterien des § 76 Abs. 3 FPG weiterhin Fluchtgefahr vor und ist auch Sicherungsbedarf gegeben.

Es besteht zudem ein besonders hohes Interesse an der Verhinderung von Beschaffungskriminalität und von Körperverletzungen. Auch eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe konnte den Beschwerdeführer nicht davon abhalten, weitere Diebstähle zu begehen. Zudem hat sich der Beschwerdeführer auch mehrfach des Vergehens der Körperverletzung schuldig gemacht, wobei es einmal sogar zu einer schweren Körperverletzung gekommen ist. Der Beschwerdeführer legt daher ein besonders aggressives Verhalten an den Tag. Es können daher nicht einmal Haftstrafen den Beschwerdeführer zu einem gesetzeskonformen Verhalten bewegen. Es wurde gegen den Beschwerdeführer auch ein rechtskräftiges Einreiseverbot erlassen.

Es ist daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer auch künftig Straftaten, nämlich gewerbsmäßige Diebstähle und Körperverletzungen begehen werde, sodass Sicherungsbedarf jedenfalls gegeben ist.

Durch das Verhalten des Beschwerdeführers ist daher auch der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z. 3 FPG erfüllt. Durch das Vorliegen einer durchsetzbaren Rückkehrentscheidung wird die Gefahr des Untertauchens auf Grund des fortgeschrittenen Verfahrensstadiums noch erhöht.

3.1.7. Da bereits eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vorliegt, reichen in diesem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist (VwGH vom 20.02.2014, 2013/21/0178). Es liegt daher auf Grund der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z. 1, 3 und 9 FPG weiterhin Fluchtgefahr vor und ist auch Sicherungsbedarf gegeben.

3.1.8. Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Der Beschwerdeführer hat keine familiäre und keine sozialen Bindungen in Österreich. Einer legalen Erwerbstätigkeit geht der Beschwerdeführer in Österreich nicht nach. Er war in Österreich während seines vor dem Bundesamt anhängigen Asylverfahrens vom 16.11.2015 bis 18.02.2016 nicht gemeldet. Am Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates wirkt der Beschwerdeführer insofern nicht mit, als er keine Dokumente zur Belegung seiner Identität vorgelegt hat. Während seiner Anhaltung in Schubhaft hat der Beschwerdeführer zweimal versucht durch Hungerstreik seine Freilassung zu erzwingen.

Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt. Der Beschwerdeführer weist zwei Vorstrafen auf. Bemerkenswert ist, dass der Beschwerdeführer jene Straftaten, die zu seiner Verurteilung mit Urteil vom 16.09.2016 geführt hat, im Zeitraum vom 14.02.2016 bis 06.05.2016 begangen hat, obwohl er bereits mit Urteil vom 01.03.2016 zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt worden war. Da der Beschwerdeführer auch durch eine bereits erfolgte Bestrafung nicht von der Begehung weiterer einschlägiger Straftaten abgehalten werden konnte und auf Grund seiner Mittellosigkeit die Gefahr besteht, dass er weitere Vermögensdelikte begeht, besteht ein hohes öffentliches Interesse an der baldigen Außerlandesbringung des Beschwerdeführers.

Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers kommt daher ein geringerer Stellenwert zu als dem öffentlichen Interesse an der Sicherung seiner Aufenthaltsbeendigung. Der Beschwerdeführer hat bereits in der Vergangenheit gezeigt, dass er die ihn treffenden Verpflichtungen nicht einhält und auch durch die Verhängung von Freiheitsstrafen nicht zu einem rechtskonformen Verhalten bewegt werden kann. Im Verfahren liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass er dieses Verhalten in Zukunft unter Berücksichtigung der bevorstehenden Abschiebung ändern wird.

Die Dauer der Schubhaft ist durch das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer bedingt. Dass sich die Erlangung dieses Dokumentes verzögert, ist dem Verhalten des Beschwerdeführers zuzurechnen, da er bisher keine Dokumente vorgelegt hat, die seine Identität bescheinigen.

Das Bundesamt kommt seiner Verpflichtung, die Schubhaft so kurz als möglich aufrecht zu halten insofern nach, als regelmäßig die Ausstellung eines Heimreisezertifikates bei den in Frage kommenden Vertretungsbehörden urgiert wird. Die Ausstellung eines Heimreisezertifikats scheint derzeit zeitnah möglich, da nochmals bei den tunesischen Behörden ein Antrag auf Ausstellung eines Heimreisezertifikats gestellt wurde.

Anhaltspunkte dafür, dass die Schubhaft auf Grund des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers unverhältnismäßig wäre, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft auch weiterhin das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt.

3.1.9. Die Prüfung, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt, führt zu dem Ergebnis, dass ein gelinderes Mittel nicht zur Anwendung kommen kann. Eine Sicherheitsleistung kann auf Grund der fehlenden finanziellen Mittel des Beschwerdeführers nicht zur Anwendung kommen. Aber auch die konkrete Zuweisung einer Unterkunft oder einer Meldeverpflichtung kann auf Grund des vom Beschwerdeführer in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens - insbesondere der Tatsache dass er sich seinem Asylverfahren bereits entzogen hat, und untergetaucht war, und bereits zweimal versucht hat, durch Hungerstreik seine Freilassung aus der Schubhaft zu erzwingen - nicht zum Ziel der Sicherung der Abschiebung führen, da diesfalls die konkrete Gefahr des neuerlichen Untertauchens des Beschwerdeführers besteht. Dies umso mehr, als bereits eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Entscheidung vorliegt und von den Vertretungsbehörden der infrage kommenden Länder eine Überprüfung der Identitätsdaten des Beschwerdeführers durchgeführt wird.

Die Verhängung eines gelinderen Mittels kommt daher nicht in Betracht.

3.1.10. Die hier zu prüfende Schubhaft stellt daher nach wie vor eine "ultima ratio" dar, da sowohl Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des Beschwerdeführers zu gewährleisten.

Es war daher gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festzustellen, dass die angeordnete Schubhaft nach wie vor notwendig und verhältnismäßig ist und dass die maßgeblichen Voraussetzungen für ihre Fortsetzung im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

3.2. Zu Spruchteil B. - Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Im vorliegenden Akt findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Diebstahl, Fluchtgefahr, Fortsetzung der Schubhaft, gelinderes
Mittel, Körperverletzung, Schubhaft, Schubhaftbeschwerde,
Sicherungsbedarf, strafrechtliche Verurteilung, Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W251.2206705.3.00

Zuletzt aktualisiert am

05.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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