TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/5 W178 2198097-2

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Veröffentlicht am 05.12.2018
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Entscheidungsdatum

05.12.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §33
VwGVG §8a

Spruch

W178 2198097-2/17E

W178 2198097-3/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch Drin. Maria PARZER als Einzelrichterin über die Beschwerde des Herrn XXXX , vertreten durch die Verfahrenshelferin Rechtsanwältin Dr. Birgit BICHLER-TSCHON, gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Niederösterreich vom 09.05.2018, VersNr:

2370 190752:

A)

I. den Beschluss gefasst:

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 06.09.2018 wird gemäß § 33 VwGVG stattgegeben.

II. zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Beschluss des Landesgerichtes Eisenstadt als Arbeits- und Sozialgericht GZ: 23 Cgs 117/17m-18 vom 09.03.2018 wurde das dort anhängige Sozialrechtsverfahren zur Überprüfung der Versicherungs- und Beitragspflicht nach dem GSVG durch die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft unterbrochen.

2. Am 09.05.2018 erließ die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (SVA, belangte Behörde) einen Bescheid, in welchem festgestellt wurde, dass Herr XXXX (in weiterer Folge: Beschwerdeführer) von 18.09.2003 bis 31.07.2009 der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung nach § 2 Abs 1 Z 3 GSVG unterliege.

Er sei verpflichtet, rückständige Beiträge (Kranken-, Pensionsversicherung und Beiträge zur Selbstständigenvorsorge) in der Höhe von insgesamt 12.684,76 € inkl. Verzugszinsen, Nebengebühren und Kostenanteilen sowie Verzugszinsen ab 19.01.2018 in der Höhe von 3,38 % aus € 7.722,31 zu bezahlen habe.

Zur Begründung wurden die jeweiligen Einkommensteuerbescheide für die gegenständlichen Zeiträume zur Beitragsbildung herangezogen und detailliert die Beitragsgrundlagenberechnung dargestellt.

Die Einkommensteuerbescheide 2006, 2007, 2008 und 2009 würden keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb ausweisen.

Der Beitragsrückstand sei im Zeitraum 21.6.2004 bis 15.9.2017 insgesamt 27mal gemahnt worden. Es habe auch zahlreiche Exekutionsverfahren zur Eintreibung des Beitragsrückstandes gegeben.

Im Bescheid wurden auch die jeweils in den Jahren 2003 bis 2009 geltenden monatlichen Mindestbeitragsgrundlagen (in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung) angeführt.

Die jeweils herangezogenen monatlichen Beitragsgrundlagen für die jeweiligen Zeiträume wurden betragsmäßig angeführt. Die Summe der rückständigen Beiträge betrage € 10.646, 64, die Verzugszinsen €

5.512,55, Kostenanteile € 202,59, Exekutionskosten und Nebengebühren € 1.453. Unter Berücksichtigung von Zahlungen des Bf in der Höhe von € 5.130,94 ergäbe sich ein Saldo laut Rückstandsausweis 12.684,76.

Dieser Bescheid wurde am 15.05.2018 zu Handen der damaligen rechtsfreundlichen Vertretung des Beschwerdeführers zugestellt.

3. Am 13.06.2018 brachte der Beschwerdeführer beim Bundesverwaltungsgericht einen mit 11.06.2018 unterfertigten Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ein.

4. Am 15.06.2018 leitete das BVwG den Antrag gemäß § 6 AVG an die belangte Behörde weiter.

5. Das BVwG gab dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 21.08.2018 die Möglichkeit, eine Stellungnahme zur Einbringung des Antrages auf Verfahrenshilfe an die falsche Einbringungsstelle und der damit einhergehenden mutmaßlichen Verspätung abzugeben.

6. Am 06.09.2018 gab der Beschwerdeführer eine Stellungnahme ab. Der Antrag auf Verfahrenshilfe sei auf Anraten seines Rechtsanwaltes an das BVwG übermittelt worden. Er habe sich auf die Aussage seines Anwaltes verlassen, er stelle einen Wiedereinsetzungsantrag, da ihn an der Versäumung der Frist keine Schuld treffe.

7. Mit Beschluss vom 17.09.2018, GZ W178 2198097-2/12E wurde dem Beschwerdeführer seitens des BVwG Verfahrenshilfe gewährt. Mit Bescheid der Rechtsanwaltskammer Burgenland wurde am 21.09.2018 die Rechtsanwältin Dr. Birgit BICHLER-TSCHON als Verfahrenshelferin für das ggst Beschwerdeverfahren bestellt.

8. Am 17.10.2018 brachte die nunmehrige rechtsfreundliche Vertreterin des Beschwerdeführers Beschwerde gegen den unter 1. genannten Bescheid ein. Die geforderten Beiträge in der Höhe von 12.684,74 Euro seien verjährt. Die in den Einkommenssteuerbescheiden ausgewiesenen Einkünfte aus Gewerbebetrieb entsprechen nicht den Tatsachen. Einige Einkommenssteuerbescheide seien vom Finanzamt auf 0 gesetzt worden. Darüber hinaus habe nicht nur von 01.03.2006 bis 31.10.2006, sondern auch vom 12.08.2002 bis 15.10.2005 ein ASVG-Dienstverhältnis bestanden und der Beschwerdeführer sei der ASVG-Versicherung unterlegen.

9. Der Beschwerdeakt wurde von der belangten Behörde am 22.10.2018 dem BVwG übermittelt.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

A)

I. Zum Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:

Gemäß § 8a Abs 3 VwGVG ist der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe schriftlich zu stellen. Er ist bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht einzubringen. Für Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG ist der Antrag unmittelbar beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Gemäß § 12 VwGVG sind bis zur Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht die Schriftsätze bei der belangten Behörde einzubringen. Dies gilt nicht in Rechtssachen gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG.

§ 33 VwGVG:

(1) Wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Gemäß § 6 Abs 1 AVG hat die Behörde ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen; langen bei ihr Anbringen ein, zu deren Behandlung sie nicht zuständig ist, so hat sie diese ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu weisen.

Dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers wurde der am Dienstag, dem 09.05.2018 erlassene Bescheid am 15.05.2018 zugestellt. Die vierwöchige Frist des § VwGVG endete damit am Dienstag, dem 12.06.2018.

Der Antrag auf Verfahrenshilfedirekt wurde zwar rechtzeitig beim BVwG eingebracht, dies war allerdings die falsche Einbringungsstelle; die Weiterleitung an die richtige Einbringungsstelle (die belangte Behörde) erfolgte am 15.06.2018, damit verspätet. Das Kuvert der Einbringung ist nicht verfügbar. Die Einbringung dieses Antrages erfolgte daher verspätet. Der Bf wurde mit Schreiben vom 21.08.2018 über die falsche Einbringung informiert. Die Zustellung des Schreibens des BVwG erfolgte nach den glaubhaften Angaben am 28.08.2018. Der Beschwerdeführer brachte innerhalb der zweiwöchigen Frist am 06.09.2018 vor, dass er den Verfahrenshilfeantrag auf Anraten seines Anwaltes an das BVwG gesendet habe und stellte zugleich einen Antrag auf Wiedereinsetzung.

Der damalige Rechtsvertreter des Beschwerdeführers gab in einem Mail vom 23.07.2018 an, dass er den Beschwerdeführer über die Möglichkeit eines Verfahrenshilfeantrages in Kenntnis gesetzt hat und dieser ihm mitgeteilt hat, dass er einen solchen Antrag stellen wird.

Der Begriff des minderen Grads des Versehens wird als leichte Fahrlässigkeit im Sinn des § 1332 ABGB verstanden. Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben. Dabei ist an berufliche und rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen als an rechtsunkundige und bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen (vgl. VwGH 99/03/0029, 2009/03/0089).

Der Beschwerdeführer gibt an, dass ihm sein Anwalt die Möglichkeit der Verfahrenshilfe erläutert hat. Der Beschwerdeführer hat diese Erläuterung dahingehend verstanden, dass der Antrag an das BVwG zu richten ist. Es ist daher durchaus glaubwürdig, dass der Beschwerdeführer als juristischer Laie in Vertrauen auf seine Interpretation der Ausführungen seines Rechtsvertreters den Antrag noch fristwahrend an das BVwG abgesendet hat. Es ist nicht hervorgekommen, dass der Beschwerdeführer auffallend sorglos gehandelt hat.

Zusammenfassend kommt das Gericht daher zum Ergebnis, dass ein minderer Grad des Versehens vorliegt und dem Antrag des Beschwerdeführes auf Wiedereinsetzung aufgrund der vorliegenden Umstände stattzugeben ist.

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung war daher stattzugeben.

Zu II. In der Sache

II. 1 Feststellungen

Der Beschwerdeführer war im streitgegenständlichen Zeitraum unbestritten geschäftsführender Gesellschafter der " XXXX " Produkte für Training- Heimpflege- Rehabilitation Vertriebsgesellschaft mbH., die im streitgegenständlichen Zeitraum eine Gewerbeberechtigung innehatte.

Eine Versicherungspflicht nach § 4 Abs. 2 ASVG lag nicht vor.

Im Zeitraum von 01.01.2003 bis 31.12.2003 hat ein Dienstverhältnis als Angestellter zu einer GmbH mit einer ASVG Beitragsgrundlage in Höhe von 39.748,62 € allgemein und 3.940,00 € für Sonderzahlungen bestanden. Im Zeitraum 01.01.2004 bis 31.12.2004 hat ein Dienstverhältnis als Angestellter einer GmbH mit einer ASVG Beitragsgrundlage in Höhe von 39.737,86 allgemein und 4.018,00 € für Sonderzahlungen bestanden. Im Zeitraum 1.1.2005 bis 7.2.2005 hat ein Dienstverhältnis als Angestellter einer GmbH mit einer ASVG Beitragsgrundlage in Höhe von 562,09 € bestanden. Im Zeitraum 01.03. bis 01.10.2006 hat ein Dienstverhältnis als Angestellter der Initiative 50 mit einer ASVG-Beitragsgrundlage in Höhe von 17.741,94 allgemein und 2.956,92 für Sonderzahlungen bestanden. Im Zeitraum 2.10. bis 22.10.2006 ist eine Urlaubsabfindung bezogen worden.

Laut Versicherungsdatenauszug hat der Bf hat bis 05.01.2005 in einem Dienstverhältnis zur XXXX GmbH bestanden, vom 06.01. bis 07.02.2005 hat er Krankengeld bezogen, vom 08.02.2005 bis 14.10.2005 hat der Bf eine Leistung aus der Arbeitslosenversicherung bezogen.

Insgesamt haben 27 Mahnungen des Beitragsrückstandes im Zeitraum 2004 bis 2017 stattgefunden (beispielhaft am 21.06.2004, 21.06.2005, 20.06.2006, 19.12.2008, 21.12.2009, 09.09.2011, 19.12.2012, 18.03.2014, 11.03.2016 und 15.09.2017) sowie zahlreiche Exekutionsverfahren im Zeitraum 22.01.2005 bis 17.10.2009 und 10.06.2013 bis 13.10.2016.

Bezüglich der - zutreffenden - Feststellungen über die Höhe der Einkünfte laut den rechtskräftigen Einkommensteuerbescheiden und der Höhe der Einkünfte aufgrund der unselbstständigen Erwerbstätigkeit wird auf den Bescheid verwiesen.

II. 2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der SVA, insbesondere den Einkommenssteuerbescheiden, Firmenbuchauszug und dem Versicherungsdatenauszug sowie aus den vom Beschwerdeführer und von der belangten Behörde vorgelegten Dokumenten.

Das Ende des Dienstverhältnisses im Jahr 2005 wird im Akt einerseits mit 05.01.2005, einerseits mit 07.02.2005 angegeben. Diese Frage ist hier nicht zu klären. Der Widerspruch ist uU mit dem Weiterbestehen des Dienstverhältnisses während des Krankengeldbezug zu erklären.

Dass 27 Mahnungen und zahlreiche Exekutionsverfahren im oben angeführten Zeitraum erfolgt sind, ergibt sich aus den Aufzeichnungen der belangten Behörde und wird vom Beschwerdeführer nicht bestritten.

II. 3. Rechtliche Beurteilung

II. 3.1 Gesetzliche Grundlagen:

§ 2 GSVG:

Abs. 1: Auf Grund dieses Bundesgesetzes sind, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen pflichtversichert:

(.....)

Abs 3:Die zu Geschäftsführern bestellten Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, sofern diese Gesellschaft Mitglied einer der in Z 1 bezeichneten Kammern ist und diese Personen nicht bereits aufgrund ihrer Beschäftigung (§ 4 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit § 4 Abs. 2 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes) als Geschäftsführer der Teilversicherung in der Unfallversicherung oder der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz unterliegen oder aufgrund dieser Pflichtversicherung Anspruch auf Kranken- oder Wochengeld aus der Krankenversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz haben, auch wenn dieser Anspruch ruht, oder auf Rechnung eines Versicherungsträgers Anstaltspflege erhalten oder in einem Kurheim oder in einer Sonderkrankenanstalt untergebracht sind oder Anspruch auf Ersatz der Pflegegebühren gemäß § 131 oder § 150 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes einem Versicherungsträger gegenüber haben;

(.....)

Gemäß § 25 Abs.1 GSVG sind für die Ermittlung der Beitragsgrundlage für Pflichtversicherte gemäß § 2 Abs. 1, soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt wird, die im jeweiligen Kalenderjahr auf einen Kalendermonat der Erwerbstätigkeit im Durchschnitt entfallenden Einkünfte aus einer oder mehreren Erwerbstätigkeiten, die der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz, unbeschadet einer Ausnahme gemäß § 4 Abs. 1 Z 5, unterliegen, heranzuziehen; als Einkünfte gelten die Einkünfte im Sinne des Einkommensteuergesetzes 1988. Als Einkünfte aus einer die Pflichtversicherung begründenden Erwerbstätigkeit gelten auch die Einkünfte als Geschäftsführer und die Einkünfte des zu einem Geschäftsführer bestellten Gesellschafters der Gesellschaft mit beschränkter Haftung.

(2) Beitragsgrundlage ist der gemäß Abs. 1 ermittelte Betrag,

(Anm.: Z 1 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 162/2015)

2. zuzüglich der vom Versicherungsträger im Beitragsjahr im Durchschnitt der Monate der Erwerbstätigkeit vorgeschriebenen Beiträge zur Kranken-, Arbeitslosen- und Pensionsversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz; letztere nur soweit sie als Betriebsausgaben im Sinne des § 4 Abs. 4 Z 1 lit. a EStG 1988 gelten;3. vermindert um die auf einen Sanierungsgewinn oder auf Veräußerungsgewinne nach den Vorschriften des EStG 1988 entfallenden Beträge im Durchschnitt der Monate der Erwerbstätigkeit; diese Minderung tritt jedoch nur dann ein, wenn der Versicherte es beantragt und bezüglich der Berücksichtigung von Veräußerungsgewinnen überdies nur soweit, als der auf derartige Gewinne entfallende Betrag dem Sachanlagevermögen eines Betriebes des Versicherten oder einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, an der der Versicherte mit mehr als 25% beteiligt ist, zugeführt worden ist; diese Minderung ist bei der Feststellung der Ausnahme von der Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z 5 nicht zu berücksichtigen; ein Antrag auf Minderung ist binnen einem Jahr ab dem Zeitpunkt des Eintritts der Fälligkeit des ersten Teilbetrags (§ 35 Abs. 3) der endgültigen Beiträge für jenen Zeitraum, für den eine Verminderung um den Veräußerungsgewinn oder Sanierungsgewinn begehrt wird, zu stellen.

Gemäß § 25 Abs. 4 GSVG beträgt die Beitragsgrundlage nach Abs. 2 für jeden Beitragsmonat mindestens den für das jeweilige Beitragsjahr geltenden Betrag nach § 5 Abs. 2 ASVG (Mindestbeitragsgrundlage).

Gemäß § 26 Abs 3 ASVG bestimmt für den Fall, dass ein nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes Pflichtversicherter auch eine oder mehrere Erwerbstätigkeiten ausübt, die

1. die Pflichtversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz oder

1a. die Pflichtversicherung nach dem B KUVG oder

2. die Pflichtversicherung nach dem Freiberuflichen-Sozialversicherungsgesetz oder

3. die Pflichtversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz und nach dem Freiberuflichen-Sozialversicherungsgesetz begründen,

so sind bei Ermittlung der Beitragsgrundlage gemäß § 25 und § 25a die Vorschriften des § 25 Abs. 4 und des § 236 nicht anzuwenden.

Erreicht nach Abs. 4 in den Fällen des Abs. 3 Z 1 die Summe

1. aus dem Teil der Beitragsgrundlagensumme für Zeiten einer Pflichtversicherung auf Grund einer Erwerbstätigkeit nach dem ASVG (§ 11 Abs. 1 Z 1 APG), der auf einen Beitragsmonat der Pflichtversicherung auf Grund einer Erwerbstätigkeit entfällt (anteilige Beitragsgrundlage nach dem ASVG), und

2. aus der Beitragsgrundlage nach § 25 Abs. 2

nicht den Betrag nach § 25 Abs. 4 oder nach § 236, so ist Beitragsgrundlage nach diesem Bundesgesetz der Unterschiedsbetrag zwischen der anteiligen Beitragsgrundlage nach dem ASVG und dem Betrag nach § 25 Abs. 4 oder nach § 236.

Gemäß § 35 Abs. 5 GSVG sind sind von diesen rückständigen Beiträgen Verzugszinsen in einem Hundertsatz der rückständigen Beiträge zu entrichten, wenn die Beiträge nicht innerhalb von 15 Tagen nach der Fälligkeit eingezahlt werden. Erfolgt die Einzahlung zwar verspätet, aber noch innerhalb von drei Tagen nach Ablauf der 15-Tage-Frist, so bleibt diese Verspätung ohne Rechtsfolgen.

§ 40 ASVG:

(1) Das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen verjährt binnen drei Jahren vom Tag der Fälligkeit der Beiträge. Diese Verjährungsfrist der Feststellung verlängert sich jedoch auf fünf Jahre, wenn der Versicherte die Erstattung einer Anmeldung bzw. Änderungsmeldung oder Angaben über das Versicherungsverhältnis bzw. über die Grundlagen für die Berechnung der Beiträge unterlassen oder unrichtige Angaben über das Versicherungsverhältnis bzw. über die Grundlagen für die Berechnung der Beiträge gemacht hat, die er bei gehöriger Sorgfalt als unrichtig hätte erkennen müssen. Die Verjährung des Feststellungsrechtes wird durch jede zum Zwecke der Feststellung getroffene Maßnahme in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem der Zahlungspflichtige hievon in Kenntnis gesetzt wird. Die Verjährung ist gehemmt, solange ein Verfahren in Verwaltungssachen bzw. vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes über das Bestehen der Pflichtversicherung oder die Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen anhängig ist.

(2) Das Recht auf Einforderung festgestellter Beitragsschulden verjährt binnen zwei Jahren nach Verständigung des Zahlungspflichtigen vom Ergebnis der Feststellung. Die Verjährung wird durch jede zum Zwecke der Hereinbringung getroffene Maßnahme, wie zum Beispiel durch Zustellung einer an den Zahlungspflichtigen gerichteten Zahlungsaufforderung (Mahnung), unterbrochen; sie wird durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung sowie in den Fällen des § 35c bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verlassenschaftsverfahrens gehemmt. Bezüglich der Unterbrechung oder Hemmung der Verjährung im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beitragsschuldners/der Beitragsschuldnerin gelten die einschlägigen Vorschriften der Insolvenzordnung.

3.3.2 Im konkreten Fall:

Aufgrund seiner Tätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter und der bestehenden Gewerbeberechtigung für die Gesellschaft erfolgte die Feststellung des Bestandes der Pflichtversicherung für den Zeitraum 18.09.2003 bis 31.07.2009 zu Recht (Spruchpunkt 1. des Bescheides).

Die Bestreitung (im Verfahren vor dem Arbeits- und Sozialgericht) wird auch nicht näher begründet.

3.2.3 Zum Vorbringen der Verjährung

In der Beschwerde wird - wenn auch unsubstantiiert - behauptet, die vorgeschriebenen Beiträge seien verjährt. Dazu ist Folgendes auszuführen:

Bezüglich der Frage der Verjährung des Rechts auf Feststellung der Beiträge ist einzuwenden, dass die Beiträge nach den vorliegenden Unterlagen laufend vorgeschrieben wurden und damit keine Feststellungsverjährung eingetreten ist.

Aufgrund der oben dargestellten Vielzahl von Mahnungen und Exekutionsschritten ist ausgeschlossen, dass Eintreibungsverjährung eingetreten sein könnte.

Der Einwand der Verjährung ist somit nicht zielführend.

3.3.4 Zum weiteren Beschwerdevorbringen

Wie aus der Bescheidbegründung und dem Akt hervorgeht, hat die belangte Behörde- entgegen dem Beschwerdevorbringen sehr wohl berücksichtigt, dass Einkommenssteuerbescheide durch das Finanzamt geändert wurden und dass in einigen Jahren (vgl. oben unter II.1) das Einkommen mit "Null" angesetzt wurde.

Bei der Berechnung der Beiträge hatte die belangte Behörde die jeweilige Mindestbeitragsgrundlage nach § 25 Abs. 4 GSVG zu berücksichtigen: Auf Basis des § 26 GSVG wurden die Einkünfte aus den ASVG-Dienstverhältnissen dabei berücksichtigt.

Der Beschwerdeführer brachte weiters vor, dass auch vom 12.08.2002 bis 14.10.2005 ein ASVG-Dienstverhältnis bestanden habe:

Der Zeitraum vom 12.08.2002 bis 31.12.2002 ist nicht verfahrensgegenständlich. Ab 01.01.2003 bis 05.01.2005 ist das Vorliegen eines Dienstverhältnisses unbestritten. Aus dem Versicherungsdatenauszug geht hervor, dass nach dem 07.02.2005 jedenfalls kein Dienstverhältnis mehr vorgelegen hat, vom 06.01.2005 bis zum 06.02.2005 lag Krankengeldbezug vor; es ist hier nicht zu prüfen, ob in dieser Zeit ein Dienstverhältnis noch aufrecht war. Das bis 05.01.2005 bezogene Entgelt von € 562,09 wurde bei der Beitragsberechnung berücksichtigt (vgl. Bescheid).

Die Vorschreibung von Verzugszinsen erfolgte gemäß § 35 Abs. 5 GSVG zu Recht.

Die rechnerische Ausführung des angefochtenen Bescheides wurde vom Beschwerdeführer nicht in Beschwer gezogen, von Seiten des Bundesverwaltungsgerichtes konnten keine offensichtlichen Berechnungsfehler festgestellt werden.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

4.. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 3 1. Satz VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen.

Der Beschwerdeführer hat zwar einen solchen Antrag auf mündliche Verhandlung in der Beschwerde gestellt. Das Bundesverwaltungsgericht erachtete die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG dennoch nicht für erforderlich, da der festgestellte Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt erschien.

Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art 6. Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 2010/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC), ABl. Nr. C83 vom 30.03.2010 S. 389, entgegen.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Entscheidung vom 19. Februar 1998, Zl. 8/1997/792/993 (Fall Jacobsson; ÖJZ 1998, 41), unter Hinweis auf seine Vorjudikatur das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung dann als mit der EMRK vereinbar erklärt, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen. Solche besonderen Umstände erblickte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte darin, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers im Fall Jacobsson vor dem Obersten Schwedischen Verwaltungsgericht nicht geeignet war, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machte (vgl. z.B. die VwGH-Erkenntnisse vom 29. Juni 2005, Zl. 2004/08/0044, und vom 19. November 2004, Zl. 2000/02/0269). Des Weiteren hat der EGMR in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies in diesem Zusammenhang auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtigte (vgl. das VwGH-Erkenntnis vom 28. September 2010, 2009/05/0160).

Eine mündliche Erörterung hätte aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lassen und war der Sachverhalt aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes iSd § 24 Abs. 4 VwGVG entscheidungsreif. Insgesamt konnte daher von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.

Solche Umstände, die ein Absehen von einer mündlichen Verhandlung rechtfertigen, liegen auch im gegenständlichen Fall vor, da keine Tatsachenfragen aufgeworfen wurden, die eine mündliche Verhandlung erforderlich gemacht hätten.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des VwGH auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Einbringungsstelle, minderer Grad eines Versehens, Verfahrenshilfe,
Wiedereinsetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W178.2198097.2.01

Zuletzt aktualisiert am

05.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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