TE Vwgh Beschluss 2019/1/16 Ra 2018/02/0332

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Veröffentlicht am 16.01.2019
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
AVG §69 Abs1;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §55;
VwGG §58 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie die Hofräte Dr. N. Bachler und Mag. Straßegger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Harrer, LL.M., über die Revision der H in S, vertreten durch Dr. Peter Fürnschuß, Rechtsanwalt in 8510 Stainz, Hauptplatz 5, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 10. Oktober 2018, Zl. LVwG 40.16-2304/2018-2, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand iA Übertretung der StVO (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Ein Aufwandersatz findet nicht statt.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg (BH) vom 21. Juni 2018 wurde der Revisionswerberin eine Übertretung des § 20 Abs. 2 StVO zur Last gelegt und über sie gemäß § 99 Abs. 2e StVO eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 400,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 6 Tage und 22 Stunden) verhängt.

2 Nach Vorlage der dagegen erhobenen Beschwerde wies das Verwaltungsgericht die Revisionswerberin mit Schreiben vom 27. August 2018 auf die verspätete Einbringung der Beschwerde bei der BH hin.

3 Daraufhin stellte die Revisionswerberin am 29. August 2018 einen an die BH adressierten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist und übermittelte dem Verwaltungsgericht eine Kopie dieses Antrags.

4 Das Verwaltungsgericht wies zunächst die Beschwerde als verspätet zurück.

5 Mit Beschluss vom 10. Oktober 2018 wies das Verwaltungsgericht auch den Wiedereinsetzungsantrag wegen Versäumung der Frist nach § 33 Abs. 3 VwGVG als verspätet zurück.

6 Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende Revision. 7 Dem Akt der BH ist zu entnehmen, dass die Revisionswerberin

am 14. November 2018 einen Antrag auf Wiederaufnahme des Strafverfahrens stellte, dem die BH mit Bescheid vom 15. November 2018 stattgab und das Strafverfahren einstellte.

8 Ferner geht daraus hervor, dass die BH ebenso am 15. November 2018 die Auszahlung der bereits von der Revisionswerberin bezahlten Geldstrafe auf das Girokonto ihres Vertreters anordnete.

9 Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Revision mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Revisionswerber klaglos gestellt wurde.

10 Bei einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 1 Z 1 B-VG ist unter einer "Klaglosstellung" nach § 33 Abs. 1 und § 55 erster Satz VwGG nur eine solche zu verstehen, die durch eine formelle Aufhebung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Erkenntnisses oder Beschlusses - im Besonderen durch das Verwaltungsgericht selbst oder durch den Verfassungsgerichtshof - eingetreten ist. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist § 33 Abs. 1 VwGG nicht nur auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall wegen Gegenstandslosigkeit liegt insbesondere auch dann vor, wenn der Revisionswerber kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes hat (vgl. VwGH 18.12.2015, Ra 2015/02/0190, mwN).

11 Nach der Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts hat die Bewilligung bzw. Verfügung der Wiederaufnahme des Verfahrens zur Folge, dass der Bescheid, mit dem das wiederaufzunehmende Verfahren abgeschlossen wurde, außer Kraft tritt. Der nachträgliche Wegfall des Anfechtungsgegenstandes bewirkt regelmäßig den Wegfall des Rechtsschutzinteresses des Revisionswerbers (VwGH 10.10.2016, Ro 2014/17/0079, mwN).

12 Nach Erhebung der vorliegenden Revision hat die BH dem Antrag der Revisionswerberin auf Wiederaufnahme des gegen sie geführten Strafverfahrens stattgegeben. Mit der Bewilligung der Wiederaufnahme ist das gegen die Revisionswerberin erlassene Straferkenntnis der BH vom 21. Juni 2018 außer Kraft getreten. Dadurch hat die Revisionswerberin ihr rechtliches Interesse an einer Sachentscheidung über den in Revision gezogenen Beschluss verloren, da durch dessen Beseitigung der Revisionswerberin lediglich die Frist zur Erhebung der Beschwerde, an der sie aber aufgrund des Außerkrafttretens des Straferkenntnisses kein Rechtsschutzinteresse mehr haben kann, wieder offen stünde. Im Übrigen kann ein solches Rechtsschutzinteresse auch aufgrund der bereits erfolgten Einstellung des Strafverfahrens und Auszahlungsanweisung der zu Unrecht verhängten Geldstrafe nicht mehr vorliegen.

13 Die Revisionswerberin ist daher materiell klaglos gestellt, weshalb die Revision in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandlos geworden zu erklären und das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof einzustellen war.

14 Mangels einer formellen Klaglosstellung liegt im vorliegenden Fall die Voraussetzung für einen Zuspruch von Aufwandersatz gemäß § 55 VwGG nicht vor. Ein Zuspruch von Aufwandersatz nach § 58 Abs. 2 VwGG setzt jedoch voraus, dass die Entscheidung hierüber keinen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert. Dies ist im Revisionsfall nicht gegeben. Somit wird gemäß § 58 Abs. 2 VwGG nach freier Überzeugung kein Aufwandersatz zuerkannt.

Wien, am 16. Jänner 2019

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018020332.L00

Im RIS seit

05.02.2019

Zuletzt aktualisiert am

08.02.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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