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L70309 Buchmacher Totalisateur Wetten Wien;Norm
B-VG Art133 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Harrer, LL.M., über die Revision des Magistrats der Stadt Wien gegen Spruchpunkt II. und III. des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichts Wien vom 2. Mai 2018, Zl. VGW-002/V/022/8034/2017, betreffend Verfall
i. A. Wiener Wettengesetz (mitbeteiligte Partei: B, Rechtsanwalt in W, als Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der P GmbH), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Das Land Wien hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die revisionswerbende Behörde hat mit Bescheid vom 18. April 2017 gemäß § 24 Abs. 2 Wiener Wettengesetz die anlässlich einer behördlichen Überprüfung vorgefundenen und beschlagnahmten Wettterminals und Wettannahmeschalter und das darin befindliche Bargeld für verfallen erklärt und ausgesprochen, dass zu diesem Zeitpunkt in diesem Wettbüro durch die P. GmbH (Gemeinschuldnerin) die Tätigkeit als Wettunternehmerin ausgeübt worden sei, obwohl dafür keine Bewilligungen nach dem Wiener Wettengesetz vorgelegen seien.
2 Im hier angefochtenen Spruchpunkt II. des Erkenntnisses vom 2. Mai 2018 (Spruchpunkt I. betrifft die Beschlagnahme) hat das Verwaltungsgericht der Beschwerde der P. GmbH stattgegeben und den angefochtenen Bescheid behoben. Der ebenfalls angefochtene Spruchpunkt III. betrifft den Zulässigkeitsausspruch.
3 In der Begründung stellte das Verwaltungsgericht fest, alle beschlagnahmten und für verfallen erklärten Geräte seien im Eigentum der P. GmbH gestanden, die eine Vereinbarung mit der Buchmacherin T. gehabt habe, mit der sich die P. GmbH verpflichtet habe, die räumlichen, technischen und personellen Voraussetzungen zur ordnungsgemäßen Ausübung der Wettvermittlungstätigkeit zu schaffen. Die P. GmbH habe zum Zeitpunkt der Beschlagnahme keine Bewilligung nach dem Wiener Wettengesetz gehabt. Geschäftszweck der P. GmbH sei die Vermittlung von Wettkunden an den Buchmacher T. Diese Tätigkeit habe die P. GmbH zumindest von Jänner 2017 bis zur Kontrolle am 14. März 2017 ausgeübt.
4 In rechtlicher Hinsicht ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass mit dem bei ihm angefochtenen Bescheid ein selbstständiger, also von einer Bestrafung unabhängiger Verfall im Sinne von § 17 Abs. 3 VStG ausgesprochen worden sei. Dies ergebe sich nicht nur daraus, dass die belangte Behörde den Verfall im Bescheid als "objektiven Verfall" und den Verwaltungsakt selbst als "Bescheid" und nicht als "Straferkenntnis" bezeichnet habe, sondern auch aus dem Umstand, dass sich auch die belangte Behörde offenbar nicht an die Anordnungen des § 44a VStG gebunden erachtet habe, weil nicht einmal ein Täter bezeichnet worden sei. Die Voraussetzung, dass ein selbstständiger Verfall im Sinne von § 17 Abs. 3 VStG nur zulässig sei, wenn keine bestimmte Person verfolgt oder bestraft werden könne, lägen im vorliegenden Fall nicht vor. Wie die Behörde dem Verwaltungsgericht mitgeteilt habe, seien drei Verwaltungsstrafverfahren bei der belangten Behörde anhängig, im Zuge derer drei bestimmte Personen wegen Verwaltungsübertretungen im Zusammenhang mit der möglicherweise rechtswidrigen Verwendung der beschlagnahmten Wettautomaten verfolgt würden. Da § 24 Abs. 2 Wiener Wettengesetz einen Verfall als bloße Sicherungsmaßnahme ohne Strafcharakter nicht vorsehe (Hinweis auf VwGH vom 16.12.2016, Ra 2016/02/0228), die Voraussetzungen für einen selbstständigen Verfall nach § 17 Abs. 3 VStG nicht vorlägen und eine Wandlung eines selbstständigen Verfalls in einen Strafverfall die Abänderungsbefugnis des Verwaltungsgerichtes überschreiten würde, sei der Ausspruch des Verfalls mit dem angefochtenen Bescheid rechtswidrig und der Beschwerde daher stattzugeben.
5 Gegen den Verfallsausspruch dieses Erkenntnisses sowie die nicht zugelassene Revision richtet sich die vorliegende Amtsrevision erkennbar wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
6 Die mitbeteiligte Partei hat eine Revisionsbeantwortung erstattet und die kostenpflichtige Zurück- bzw. Abweisung der Revision beantragt.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Zur Zulässigkeit der Revision wird vorgebracht, das Verwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, nach der gemäß § 24 Abs. 2 Wiener Wettengesetz der Verfall auch administrativ als Sicherungsmaßnahme erfolgen könne (Hinweis auf VwGH 16.12.2016, Ra 2016/02/0228).
11 Entgegen der Auffassung der revisionswerbenden Partei erkannte der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis, gemäß "§ 24 Abs. 2 Wiener Wettengesetz kann der Verfall (auch) ¿unabhängig von der Bestrafung nach Abs. 1' ausgesprochen werden, somit - als selbständiger Verfall - auch dann, wenn eine Bestrafung nicht erfolgt, etwa weil die Identität des Täters nicht ermittelt werden kann. Dies ändert aber nichts daran, dass der Verfall als Sanktion für die Übertretung von Bestimmungen des Wiener Wettengesetzes festgelegt ist (¿die entgegen diesem Landesgesetz aufgestellt, betrieben oder verwendet werden') und damit eine Folge der strafbaren Handlung darstellt (...). Damit kann aber beim Verfall nach § 24 Abs. 2 Wiener Wettengesetz nicht von einer bloßen Sicherungsmaßnahme ohne Strafcharakter gesprochen werden". Damit wurde nicht gesagt, dass die genannte Bestimmung einen administrativrechtlichen Verfall ohne Strafcharakter decke. Indem das Verwaltungsgericht annahm, ein administrativrechtlicher Verfall als Sicherungsmaßnahme ohne Strafcharakter sei von § 24 Abs. 2 Wiener Wettengesetz nicht gedeckt, wich es nicht von der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. VwGH vom 4.7.2018, Ra 2018/02/0214).
12 Die von der revisionswerbenden Partei für ihren Rechtsstandpunkt ins Treffen geführte Entscheidung VwGH vom 6.3.2018, Ra 2018/02/0080, unterscheidet sich von der vorliegenden Konstellation dadurch, dass dort dem Verfall die Bestrafung des Geschäftsführers jener GmbH, in deren Eigentum die für verfallen erklärten Gegenstände standen, zu Grunde lag, somit der Verfall eine Folge der strafbaren Handlung darstellte (VwGH 16.12.2016, Ra 2016/02/0228).
13 Zu Spruchpunkt III. des Erkenntnisses des LVwG werden keine näheren Ausführungen gemacht.
14 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
15 Die Revision war daher zurückzuweisen.
16 Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 21. Jänner 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018020326.L00Im RIS seit
05.02.2019Zuletzt aktualisiert am
08.02.2019