Entscheidungsdatum
15.01.2019Index
L70709 Theater Veranstaltungen WienNorm
VeranstaltungsG Wr §1 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter MMag. Dr. Böhm-Gratzl über die Beschwerde des A. B., C.-straße, Wien, vom 27.9.2018 gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 36, vom 31.8.2018, Zl. …, betreffend eine Übertretung des § 28 Abs. 1 iVm § 6 Abs. 1 Z 1 des Wiener Veranstaltungsgesetzes, LGBl Nr. 12/1971, idF LGBl. Nr. 11/2016 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 11.1.2019 durch mündliche Verkündung
zu Recht erkannt:
I. Gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, wird das angefochtene Straferkenntnis behoben und wird das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt.
II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 36, vom 31.8.2018 wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, dass er am 8.7.2017 in Wien, vor dem Zugang zur und im unmittelbaren Zugangsbereich der Station D.-gasse eine Veranstaltung durchgeführt habe, für welche keine rechtswirksame Anmeldung beim Magistrat der Stadt Wien erwirkt worden sei. Der Beschwerdeführer habe daher § 28 Abs. 1 iVm § 6 Abs. 1 Z 1 des Wiener Veranstaltungsgesetzes verletzt und wurde über ihn gemäß § 32 Abs. 1 Z 1 leg. cit. eine Geldstrafe iHv EUR 100,– bzw. für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 14 Stunden verhängt.
Hiegegen richtet sich die form- und fristgerecht erhobene Beschwerde vom 27.9.2018 (Datum des behördlichen Einlangens), in welcher dem angefochtenen Straferkenntnis mit näherer Begründung entgegengetreten wird und die Aufhebung jenes Straferkenntnisses sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung begehrt werden.
Die belangte Behörde nahm von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung Abstand und legte den bezughabenden Verwaltungsakt dem erkennenden Gericht (einlangend am 10.10.2018) vor.
In weiterer Folge führte das Verwaltungsgericht Wien in gegenständlicher Rechtsache am 11.1.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, zu welcher alle Verfahrensparteien sowie – als Zeuge – der Meldungsleger, KI E. F., ordnungsgemäß geladen wurden und auch erschienen sind. Das bezughabende Verhandlungsprotokoll stellt sich – auszugsweise – wie folgt dar:
„Der Beschwerdeführer gibt zu Protokoll:
Ich bin Vorsitzender der Partei ‚H.‘. Die Partei versucht vor jeder Wahl die erforderlichen Unterstützungserklärungen zu erhalten. Die gegenständliche Demonstration fand vor der Nationalratswahl 2017 statt. Eine Band ist deshalb aufgetreten, damit es für das Publikum interessanter wird. Wir haben mehrere Veranstaltungen … abgehalten. Diese wurden polizeilich gemeldet. Es gab keine Probleme mit der Polizei, wohl aber mit dem Magistrat der Stadt Wien. Bei gegenständlicher Demonstration wurden auch Unterschriften gesammelt gegen den Entfall der K.-Bühne am L.-fest. Wir haben keine ‚Bettelmusik‘ veranstaltet. Alle Parteien begleiten ihre Auftritte mit Musik. Wir haben das gesammelte Geld unseren Musikern übergeben.
Der Vertreter der belangten Behörde gibt zu Protokoll:
Das Beschwerdevorbringen wird bestritten. Es wird beantragt die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Der Bf hat in seinem heutigen ergänzenden Vorbringen selbst drei Mal das Wort ‚Veranstaltung‘ verwendet und das Wort ‚Publikum‘ erwähnt. Damit steht fest, dass der Bf selbst im Sinne der Judikatur des VwGH von einer Veranstaltung und nicht von einer Versammlung ausgeht. Die weiteren verbalen Auslassungen des Bf sind Mutmaßungen, die mit dem gegenständlichen Verfahren nichts zu tun haben.
Der Bf gibt auf Befragen des VL an:
Die Kundgebung vom 08.07.2017 fand vom späten Vormittag bis zum Nachmittag, ich nehme an von 10:00 Uhr bis 14:00 Uhr oder 15:00 Uhr statt. Thema der Kundgebung war die Lage der Nation im Vorfeld der Nationalratswahl und die Sammlung von Unterschriften für die Teilnahme. Deswegen stellen wir uns an Orte, an denen viele Menschen anzutreffen sind.
Der Bf zeigt eine Unterstützungserklärung vor, die von ihm abgegeben wurde.
Der Vertreter der belangten Behörde gibt keine Angabe zur Echtheit ab, zur Richtigkeit wird auf das eigene Vorbringen verweisen.
Der Bf gibt auf Befragen des VL weiters an:
Thema der Demonstration G. vom 08.07.2017 war ebenfalls die Diskriminierung der K.-musik durch die Gemeinde Wien.
Von unserer Seite waren sieben bis maximal zehn Personen anwesend. Wir haben mit vielen Leuten kommuniziert und politische Gespräche geführt. Ich habe eine Rede zur Lage der Nation gehalten.
Wir haben Musik gespielt. Ich habe unter Verwendung eines Mikrofons eine Rede gehalten. Es wurde eine Unterschriftenliste und unsere Publikationen aufgelegt. An anderen Tagen gab es keine Probleme.
Außer mir hat niemand eine Ansprache gehalten.
Ich habe vor Ort mit ca. zehn Personen längere Gespräche geführt, nachdem ich die Rede gehalten hatte. Meiner Einschätzung nach wurden vielleicht 50 bis 100 Leute auf uns aufmerksam.
Für unser Anliegen betreffend K.-musik haben 20 bis 30 Personen unterschrieben. Hinsichtlich Unterstützungserklärungen für den Wahlantritt konnten wir nicht viele Unterschriften sammeln.
[...]
Der Zeuge gibt über Befragung des VL zu Protokoll:
Ich kann mich an zwei Vorfälle im Zusammenhang mit dem Bf erinnern. Es wurden seitens der Polizei keine Maßnahmen gesetzt, sondern wurde nur über Fakten berichtet. Beim zweiten Vorfall kam es jedoch zu einer Anzeige durch Beamte des Magistrats der Stadt Wien, und war dies bereits vor dem polizeilichen Einschreiten.
Ich war ca. zehn Minuten am Kundgebungsort. Ich kann mich an drei Personen erinnern, die bei der Veranstaltung waren, sowie an Musikinstrumente. Ich kann nicht mehr angeben, ob auf jenen zu jener Zeit gespielt wurde. Es gab zudem eine Geldsammelbox.
Ich habe mit dem Bf vor Ort gesprochen und hat er mir eine Versammlungsanmeldung gezeigt. Ich kann mich noch daran erinnern, dass am Boden Plakate aufgelegt waren. Ich kann mich nicht mehr an den Zweck der Demonstration erinnern.
Als wir Polizisten vor Ort waren, sind alle Passanten vorbeigezogen, wie es davor war, kann ich nicht angeben. Ich habe nicht wahrgenommen, dass jemand eine Rede gehalten hätte. Ich weiß nicht, ob vor Ort Unterschriften gesammelt wurden. Ich habe nicht beobachtet, dass es zu Gesprächen der Kundgebungsteilnehmer mit Passanten gekommen wäre. Dies mag auf das polizeiliche Einschreiten zurückzuführen sein. Ich habe auch keine sonstigen Reaktionen des Publikums wahrgenommen.
Der Zeuge gibt über Befragung des Bf zu Protokoll:
Mir sind zwei Veranstaltungen des Bf … bekannt, keine weiteren.
[...]
Der Vertreter der belangten Behörde gibt in seinen Schlussausführungen an:
Den Ausführungen des Bf ist auch entgegen zu halten, dass die zum Tatzeitpunkt am Tatort anwesenden Polizeibeamten und der eben zeugenschaftliche vernommene Polizeibeamte aus eigener dienstlicher Wahrnehmung eine Rede des Bf sowie eine Debatte und Diskussion nicht festgestellt haben. Dies indiziert das Vorliegen einer Veranstaltung.
Als Beilage ./B wird ein Lichtbild zum Akt genommen, welches der Bf aufgenommen hat.
Keine Stellungnahme des Vertreters der belangten Behörde dazu.
Der Bf gibt an, dass der Aufbau der Demonstration G. so ausgesehen hat.
Der Bf gibt an:
Der heute einvernommene Zeuge war laut eigener Aussage nur ca. zehn Minuten vor Ort, weshalb er sonst keine Wahrnehmungen der restlichen Zeit wiedergeben konnte.“
(Unkorrigiertes Originalzitat)
Unmittelbar im Anschluss an die Verhandlung wurde das Erkenntnis in gegenständlicher Rechtsache samt seiner wesentlichen Entscheidungsgründe mündlich verkündet. Der Vertreter der belangten Behörde beantragte daraufhin die schriftliche Ausfertigung der mündlich verkündeten Entscheidung, die hiemit ergeht.
Das Verwaltungsgericht Wien stellt den folgenden Sachverhalt fest:
Der Beschwerdeführer ist Vorsitzender der Partei „H.“ und meldete am 6.7.2017 bei der Landespolizeidirektion Wien eine „Demonstration G.“ an, welche am 8.7.2017 in Wien, im Bereich des Zugangs zur Station D.-gasse, … stattfinden sollte. Tatsächlich fand die angekündigte Kundgebung am 8.7.2017 über mehrere Stunden am angegebenen Ort statt. Thema bzw. Zweck der Kundgebung, an welcher sieben bis zehn Personen teilnahmen, war die Sammlung von Unterschriften für eine Teilnahme der genannten Partei an der bevorstehenden Nationalratswahl sowie für den Erhalt der „K.-Bühne“ am Wiener L.-fest. Im Rahmen der Kundgebung wurden Unterschriften gesammelt, hat der Beschwerdeführer mit Hilfe eines Mikrofons eine Rede gehalten, wurde Informationsmaterial bereitgelegt, trat eine „K.-Band“ auf und wurden mit ca. zehn Passanten längere politische Gespräche geführt.
Diese Feststelllungen gründen auf folgender Beweiswürdigung:
Die polizeiliche Anmeldung der hier interessierenden Kundgebung war dem vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde zweifelsfrei zu entnehmen (vgl. die Anzeige mit Eingangsstempel der Landespolizeidirektion Wien vom 6.7.2017; aaO, AS 3).
Im Übrigen stützt das Verwaltungsgericht Wien seine Feststellungen auf den aus Sicht des erkennenden Richters glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers in der Verhandlung vom 11.1.2019. Diese werden durch im vorgelegten Verwaltungsakt enthaltene, vom Meldungsleger angefertigte Lichtbilder der Kundgebung (vgl. AS 4 ff.) insoweit gestützt, als auf jenen die Bereitstellung von Informationsmaterial und einer Unterschriftenliste sowie das Auftreten von Musikern und eine Erklärung zum Entfall der „K.-Bühne“ am Wiener L.-fest zweifelsfrei erkennbar sind.
Hinsichtlich der Wahrnehmungen des – zeugenschaftlich einvernommenen – Meldungslegers bringt der Beschwerdeführer zu Recht vor, dass jener – laut eigener glaubhafter Aussage – nur für ca. zehn Minuten vor Ort war und daher nur über einen sehr begrenzten Zeitraum der Kundgebung zu berichten vermochte. Überdies hat der Zeuge selbst eingestanden, dass ihm einiges nicht mehr erinnerlich sei, was auf Grund des zwischenzeitlichen Zeitverlaufs nachvollziehbar erscheint. Im Übrigen hat seine Aussage die Angaben des Beschwerdeführers nicht widerlegt.
Der entscheidungserhebliche Sachverhalt steht damit fest, weswegen von der Aufnahme weiterer Beweise Abstand genommen werden konnte.
Das Verwaltungsgericht Wien hat hiezu erwogen:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht in Verwaltungsstrafsachen die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in Verwaltungsstrafsachen hat das Verwaltungsgericht stets in der Sache selbst zu entscheiden.
Auch in – wie hier – Verwaltungsstrafverfahren richtet sich der Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes grundsätzlich nach § 27 VwGVG. In diesem Rahmen ist das Verwaltungsgericht auch befugt, Rechtswidrigkeitsgründe aufzugreifen, die im Beschwerdeschriftsatz nicht vorgebracht wurden (vgl. etwa VwGH 26.3.2015, Ra 2014/07/0077).
Das erkennende Gericht hat auf Grund der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seines Erkenntnisses zu entscheiden (vgl. VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076), wobei in – wie hier – Verwaltungsstrafsachen die Bestimmung des § 1 Abs. 2 VStG beachtlich ist (vgl. auch § 38 VwGVG).
Ausgehend vom gegenständlich relevanten Tatzeitpunkt, i.e. 8.7.2017, ist daher im vorliegenden Fall das Wiener Veranstaltungsgesetz, LGBl. Nr. 12/1971, in seiner Fassung LGBl. Nr. 11/2016 anzuwenden. Jenes lautet – auszugsweise – wie folgt:
„Geltungsbereich
§ 1. (1) Die Bestimmungen dieses Gesetzes gelten für Theateraufführungen jeder Art und für öffentliche Schaustellungen, Darbietungen und Belustigungen. Als öffentlich gelten diese Veranstaltungen immer dann, wenn sie allgemein zugänglich sind. Nicht allgemein zugängliche Veranstaltungen gelten dann als öffentlich, wenn an ihnen mehr als 20 Personen teilnehmen können; sie sind jedoch nicht öffentlich, wenn es sich nur um Familienfeiern oder um solche häusliche Veranstaltungen handelt, die in bestimmungsgemäßer Verwendung einer privaten Wohnung stattfinden.
(2) Nicht unter dieses Gesetz fallen Aufführungen von Filmen und von Stehbildern sowie die nicht vom Kompetenztatbestand des Art. 15 Abs. 3 des Bundes-Verfassungsgesetzes erfaßten Veranstaltungen, z. B.
1. politische Veranstaltungen, die als Versammlungen unter die Kompetenzbestimmungen des Art. 10 Abs. 1 Z 7 B-VG fallen, samt den der politischen Werbung dienenden Tätigkeiten politischer Parteien und Vereine sowie der damit allenfalls verbundenen sonstigen Teile solcher Veranstaltungen, sofern die Gesamtveranstaltung überwiegend der politischen Werbung dient,
2. – 8. [...]
(3) [...]
Anmeldepflichtige Veranstaltungen
§ 6. (1) Die Anmeldung beim Magistrat ist abgesehen von den Veranstaltungen gemäß § 5 Abs. 1 Z 4 und Z 12 für folgende Veranstaltungen erforderlich:
1. musikalische Darbietungen, insbesondere Konzerte, Akademien, Instrumental- und Gesangsvorträge, wenn sie nicht unter § 5 Abs. 1 Z. 1 bis 4 oder 7 fallen;
2. – 8. [...]
(2) [...]
Pflichten der Veranstalter und Geschäftsführer
§ 28. (1) Sofern die in diesem Gesetz festgelegten Handlungs- und Unterlassungspflichten nicht einer anderen Person auferlegt sind, trifft die Verpflichtung zur Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes und der in anderen Gesetzen und Verordnungen enthaltenen technischen Vorschriften über Lage, Beschaffenheit, Einrichtung und Betrieb von Veranstaltungsstätten immer den Veranstalter. Den Veranstalter trifft auch die Verpflichtung, alle Teilnehmer der Veranstaltung sowie die Anrainer im Nahbereich des Veranstaltungsortes vor unzumutbarem, gesundheitsschädigendem Lärm zu schützen und die Bedingungen des die Eignung einer Veranstaltungsstätte feststellenden Bescheides zu erfüllen, die erteilten behördlichen Aufträge zu befolgen, den gemäß § 25 Abs. 2 an ihn ergangenen Anordnungen nachzukommen und die Beschränkungen seiner Berechtigung sowie die Untersagung oder Einstellung einer Veranstaltung oder seinen Ausschluß von ihrer Durchführung zu beachten. Die Verpflichtung zur Einhaltung der technischen Vorschriften und der Bedingungen des die Eignung der Veranstaltungsstätte feststellenden Bescheides treffen ihn auch hinsichtlich einer von anderen Personen durchgeführten Veranstaltung, wenn er diesen (z. B. anläßlich eines Gastspieles) seine Veranstaltungsstätte vorübergehend für eine Zeit zur Verfügung stellt, in welcher er darin selbst zur Durchführung einer unter dieses Gesetz fallenden Veranstaltung berechtigt ist.
(2) – (3) [...]
Strafen
§ 32. (1) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 7 000 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen,
1. wer eine anmeldepflichtige Veranstaltung ohne rechtswirksame Anmeldung oder eine konzessions-pflichtige Veranstaltung ohne behördliche Bewilligung durchführt, oder wer eine verbotene Veranstaltung – ausgenommen das Bettelmusizieren (§ 30 Abs. 1 Z 3) und ausgenommen das Hütchenspiel (§ 30 Abs. 1 Z 6) durchführt.
2. – 4. [...]
(1a) – (5) [...]“
Gemäß § 1 Abs. 2 Z 1 des Wiener Veranstaltungsgesetzes fallen Versammlungen im Sinne des Art. 10 Abs. 1 Z 7 B-VG nicht in den sachlichen Anwendungsbereich jenes Gesetzes. Das „Versammlungsrecht“ im Sinne des Art. 10 Abs. 1 Z 7 B-VG wird durch das Versammlungsgesetz, BGBl. Nr. 98/1953 (WV), in der geltenden Fassung BGBl. I Nr. 63/2017 näher determiniert.
Das Versammlungsgesetz definiert den Begriff der von ihm erfassten „Versammlung“ jedoch nicht. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist eine Zusammenkunft mehrerer Menschen dann eine „Versammlung“ im Sinne des Versammlungsgesetzes, wenn sie in der Absicht veranstaltet wird, die Anwesenden zu einem gemeinsamen Wirken (Debatte, Diskussion, Manifestation usw.) zu bringen, sodass eine gewisse Assoziation der Zusammengekommenen entsteht (vgl. zB VfSlg. 15.109/1998 und die dort nachgewiesene Rechtsprechung). Im Besonderen sind das Ansprechen von Passanten, die Zurverfügungstellung von Informationsmaterial oder die Einladung zu Diskussionen kennzeichnend für das Vorliegen einer Versammlung (vgl. hiezu jüngst VfGH 28.9.2018, V 1/2018). Ob die Voraussetzungen für die Annahme einer Versammlung erfüllt sind, hängt nicht zuletzt von den Umständen des Einzelfalles ab (so zB VfSlg. 11.935/1988).
Diese Rechtsprechung wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes rezipiert (vgl. zuletzt VwGH 22.3.2018, Ra 2017/01/0359, mwN).
Ausgehend von obigen Feststellungen und im Lichte der dargelegten Judikatur ist die vom Beschwerdeführer durchgeführte – so betitelte – „Demonstration G.“ aus Sicht des Verwaltungsgerichtes Wien als Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes sowie des Art. 10 Abs. 1 Z 7 B-VG, und eben nicht als Veranstaltung gemäß § 1 Abs. 1 des Wiener Veranstaltungsgesetzes, zu qualifizieren.
So fand jene über mehrere Stunden statt, wobei sieben bis zehn Personen an ihr teilnahmen, deren gemeinsamer Zweck die Sammlung von Unterschriften für einen Antritt der Partei „H.“ bei der Nationalratswahl 2017 sowie für den Erhalt der „K.-Bühne“ am Wiener L.-fest war. Folglich wurden im Rahmen der Kundgebung Unterschriften gesammelt, hielt der Beschwerdeführer eine öffentliche Rede und wurde Informationsmaterial dem Publikum zur Verfügung gestellt. Zudem führte der Beschwerdeführer mit ca. zehn Passanten längere politische Gespräche.
Dass im Rahmen der Kundgebung auch musikalische Darbietungen geboten wurden, erschließt sich aus einem der Versammlungszwecke, nämlich der Forderung nach Erhalt der „K.-Bühne“ am Wiener L.-fest, und vermag der Kundgebung den Charakter einer Versammlung nicht zu nehmen.
Da der Anwendungsbereich des Wiener Veranstaltungsgesetzes nach dessen § 1 Abs. 2 Z 1 gegenständlich sohin nicht eröffnet ist, kann der Beschwerdeführer ein Gebot dieses Gesetzes denkmöglich nicht verletzt haben. Seine Bestrafung ist daher zu Unrecht erfolgt.
Es war somit – alleine deshalb – spruchgemäß zu entscheiden.
Der Kostenausspruch gründet auf der zitierten Gesetzesstelle.
Zum Revisionsausspruch:
Die ordentliche Revision ist – soweit die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes begründet ist (vgl. hiezu VfSlg. 19.818/2013 und die Folgerechtsprechung; siehe auch VwGH 27.2.2018, Ra 2017/01/0105) – unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche, über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung der hier zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal auch die Gesetzeslage eindeutig ist (vgl. zB VwGH 28.5.2014, Ro 2014/07/0053; 3.7.2015, Ra 2015/03/0041). Zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist der Verwaltungsgerichtshof im Allgemeinen nicht berufen (vgl. VwGH 24.3.2014, Ro 2014/01/0011; 28.4.2015, Ra 2014/19/0177).
Schlagworte
Veranstaltung; Versammlung; Abgrenzung; Anwendungsbereich, sachlicher; Versammlungsbegriff; gemeinsames WirkenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.001.016.13361.2018Zuletzt aktualisiert am
04.02.2019