TE Vwgh Erkenntnis 1999/7/6 99/10/0104

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Veröffentlicht am 06.07.1999
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
27/01 Rechtsanwälte;

Norm

B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art7 Abs1;
RAO 1868 §28 Abs1 lita;
RAO 1868 §30 Abs4;
RAO 1868 §34 Abs1 lita;
RAO 1868 §50 Abs2 Z1;
RAO 1868 §50 Abs2 Z2 litb;
RAO 1868 §5a;
Satzung Versorgungseinrichtung RAK Wr 1990 §2 Z1;
Satzung Versorgungseinrichtung RAK Wr 1990 §2;
Satzung Versorgungseinrichtung RAK Wr 1997 TeilA §2 Z1;
Satzung Versorgungseinrichtung RAK Wr 1997 TeilA §2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Toifl, über die Beschwerde des Dr. K in Wien, vertreten durch Dr. Marlene Klein, Rechtsanwalt in 1100 Wien,

Quellenstraße 137/2/5/34, gegen den Bescheid des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien (Plenum) vom 23. März 1999, Zl. 03/01 97/3916, betreffend Anspruch auf Altersversorgung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus dem angefochtenen Bescheid und dem Beschwerdevorbringen ergibt sich folgender Sachverhalt:

Der am 9. August 1932 geborene Beschwerdeführer wurde am 24. März 1964 bei der Rechtsanwaltskammer Wien in die Liste der Rechtsanwälte eingetragen. Am 15. November 1995 verfügte der Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer Wien gegenüber dem Beschwerdeführer die vorläufige Untersagung der Ausübung der Rechtsanwaltschaft. Am 18. Dezember 1995 wurde über das Vermögen des Beschwerdeführers der Konkurs eröffnet. Dem Beschwerdevorbringen zufolge habe der Beschwerdeführer am 31. März 1996 die Rechtsanwaltskammer ersucht, ihn "von der Liste der Rechtsanwälte zu streichen, weil ich allein aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage bin, den Rechtsanwaltsberuf auszuüben". Am 4. August 1997 habe der Beschwerdeführer bei der Rechtsanwaltskammer Wien unter Hinweis auf seine Tätigkeit als Rechtsanwalt von 1964 bis 1995, die Vollendung des 65. Lebensjahres am 9. August 1997 und die Leistung der vorgeschriebenen Pensionsbeiträge beantragt, ihm "die Leistungen aus der Altersversorgung zu gewähren".

Mit Bescheid vom 16. Juni 1998 wies die Abteilung VI des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien "den Antrag auf Gewährung einer Altersrente ab 9. August 1997 (1. September 1997) gemäß § 50 RAO in Verbindung mit § 5 VersSt Wien ab". Begründend wurde sinngemäß dargelegt, es bestehe dem Grunde nach kein Anspruch auf Gewährung der Altersrente, weil der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Vollendung des 65. Lebensjahres nicht in die Liste der Rechtsanwälte eingetragen gewesen sei.

Der Beschwerdeführer erhob Vorstellung. Er machte im Wesentlichen geltend, im Hinblick auf die Erfüllung der Wartezeit lägen die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Alterspension vor. Andernfalls wäre die Regelung verfassungswidrig, weil es gegen das Sachlichkeitsgebot verstoße, dem Beschwerdeführer nach Vollendung des 65. Lebensjahres und nach Entrichtung von Beiträgen durch 32 Jahre die Alterspension zu versagen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Plenum des Ausschusses die Vorstellung des Beschwerdeführers ab. Es werde im angefochtenen Beschluss unbestritten festgestellt, dass bereits vor Erreichen des 65. Lebensjahres des Beschwerdeführers dessen Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft mit rechtskräftigem Beschluss vom 31. Jänner 1996 erloschen gewesen sei und der Beschwerdeführer, der 13 Fälle von Veruntreuungen von Klientengeldern mit einem in die Millionen Schilling gehenden Schaden zu verantworten habe, überdies mit Schreiben vom 31. März 1996 auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft verzichtet habe. Die §§ 1, 2 und 5 der Satzung der Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer Wien stellten klar, dass zum Zeitpunkt des Eintrittes des Versorgungsfalles (§ 2) - das ist das Erreichen des 65. Lebensjahres (§ 5) der die Altersrente beanspruchende noch Kammermitglied sein müsse. Da der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt des Erreichens des 65. Lebensjahres auf Grund des rechtskräftigen Erlöschens seiner Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft sowie auf Grund seines Verzichtes auf deren Ausübung nicht mehr Kammermitglied gewesen sei, seien die Voraussetzungen für eine Altersrente nicht gegeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 50 RAO lautet auszugsweise:

"(1) Jeder Rechtsanwalt und seine Hinterbliebenen haben bei Vorliegen der Voraussetzungen und bei Eintritt des Versorgungsfalles Anspruch auf Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung.

(2) Dieser Anspruch ist in den Satzungen der Versorgungseinrichtungen nach festen Regeln festzusetzen. Hierbei sind folgende Grundsätze zu beachten:

1. Anspruchsberechtigt sind nur Rechtsanwälte, die zur Zeit des Eintrittes des Versorgungsfalles in die Liste einer österreichischen Rechtsanwaltskammer eingetragen gewesen sind, sowie die Witwe bzw. der Witwer (der geschiedene Ehegatte) und die Kinder eines Rechtsanwaltes, der im Zeitpunkt seines Todes in die Liste einer österreichischen Rechtsanwaltskammer eingetragen gewesen ist oder einen Anspruch auf eine Versorgungsleistung gehabt hat.

2. Voraussetzungen für den Anspruch sind:

a) die Eintragung in der Liste einer österreichischen Rechtsanwaltskammer durch insgesamt zehn Jahre; diese Frist erhöht sich auf 15 Jahre, wenn der Rechtsanwalt erstmals nach Vollendung seines 50. Lebensjahres eingetragen worden ist. Für den Fall der Altersversorgung muss der Rechtsanwalt mindestens 15 Jahre ohne Unterbrechung unmittelbar vor Eintritt des Versorgungsfalles eingetragen gewesen sein. Die Frist von zehn Jahren vermindert sich für den Fall der Berufsunfähigkeits- und der Hinterbliebenenversorgung auf fünf Jahre, wenn der Rechtsanwalt erstmals vor Vollendung seines 50. Lebensjahres eintragen worden ist;

b) im Fall der Altersversorgung die Vollendung des 68. Lebensjahres;

...

3. Jeder Versorgungsanspruch wird mit Ablauf des Monats wirksam, in dem alle Voraussetzungen des betreffenden Anspruches erfüllt sind.

...

(3) In den Satzungen der Versorgungseinrichtungen können auch über die im Abs. 2 festgelegten Grundsätze hinausgehende, für die Versorgungsberechtigten günstigere Regelungen festgesetzt werden.

..."

Die im Beschwerdefall maßgebenden Vorschriften der Satzung der Versorgungseinrichtungen der Rechtsanwaltskammer Wien (VersSt; vgl. AnwBl. 1990, 248 ff und AnwBl. 1992, 552) lauten auszugsweise:

"§ 2

Allgemeine Voraussetzungen

für die Gewährung einer Versorgungsleistung

Die allgemeinen Voraussetzungen sind - bezogen auf den Eintritt des Versorgungsfalles -:

1. die Eintragung des Rechtsanwaltes in die Liste der Rechtsanwaltskammer oder - für Hinterbliebene nach einem ehemaligen Rechtsanwalt - der Anspruch des Rechtsanwaltes auf Alters- oder Berufsunfähigkeitsrente dieser Kammer;

2. die Erfüllung der Wartezeit gemäß § 3.

...

§ 5. Altersrenten werden bei Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 2 jenen Rechtsanwälten gewährt, die das 65. Lebensjahr vollendet haben, soferne und solange sie auf die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes verzichtet haben."

Der Beschwerdeführer hat seinem eigenen Vorbringen zufolge mit seinem den Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildenden Antrag vom 4. August 1997 zweifelsfrei den Anspruch auf Altersversorgung geltend gemacht und sich dabei auf den Eintritt des Versorgungsfalles nach § 50 Abs. 2 Z. 2 lit. b RAO, § 5 VersSt berufen. Voraussetzungen des Eintrittes des Versorgungsfalles war im vorliegenden Fall (neben der Erfüllung der Wartezeit nach § 50 Abs. 2 Z. 2 lit. a RAO, §§ 2 und 3 VersSt) einerseits die Erreichung des 65. Lebensjahres (§ 50 Abs. 2 lit. b RAO iVm § 5 VersSt), andererseits die aufrechte Eintragung in die Liste einer österreichischen Rechtsanwaltskammer zur Zeit des Eintrittes des Versorgungsfalles, im vorliegenden Fall also am 9. August 1997 (§ 50 Abs. 2 Z. 2 lit. a RAO, § 2 VersSt).

Der Begründung des angefochtenen Bescheides ist erkennbar die Auffassung der belangten Behörde zu entnehmen, dass die letztgenannte Voraussetzung im Beschwerdefall nicht vorlag; es sei nämlich bereits vor Erreichen des 65. Lebensjahres des Beschwerdeführers dessen Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft "mit rechtskräftigem Beschluss vom 31. Jänner 1996 bereits erloschen ..."; weiters wird dargelegt, dass der Beschwerdeführer "auf Grund des rechtskräftigen Erlöschens seiner Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft sowie auf Grund seines Verzichtes auf deren Ausübung nicht mehr Kammermitglied war".

Der angefochtene Bescheid beruht somit auf der Annahme, dass der Beschwerdeführer am maßgebenden Stichtag, dem 9. August 1997, nicht in die Liste der Rechtsanwälte eingetragen war. Dies steht im Einklang mit dem tatsächlichen Vorbringen der Beschwerde; denn diese geht selbst davon aus, dass vor dem 9. August 1997 die rechtskräftige Eröffnung des Konkurses, der bisher noch nicht aufgehoben wurde, erfolgt sei. Dieser Umstand hatte ex lege - also ohne bescheidmäßigen Abspruch - das Erlöschen der Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft zur Folge (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 24. September 1990, Slg. Nr. 12.439). Über den bloß deklarativen Vorgang der Löschung aus der Liste trifft das Gesetz keine besondere Anordnung. Soweit § 50 Abs. 2 Z. 1 RAO und § 2 Z. 1 VersSt an die Eintragung in die Liste anknüpfen, bezieht sich dies auf eine Eintragung in die Liste einer Rechtsanwaltskammer, die eine aufrechte Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft beurkundet. Eine solche Eintragung ist mit dem Verlust der Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft, der nach dem im vorliegenden Fall unbestrittenen Sachverhalt durch rechtskräftige Konkurseröffnung vor dem Eintritt des Versorgungsfalles erfolgte, weggefallen. Schon aus diesem Grund ist für die Beschwerde nichts zu gewinnen, soweit sie den Bescheidcharakter jenes bei der Akteneinsicht des Beschwerdeführers vorgefundenen Schriftstückes bestreitet, mit dem ein am 23. Jänner 1996 gefasster Beschluss des Plenums des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer beurkundet werde, wonach die Berechtigung des Beschwerdeführers zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft gemäß § 34 Abs. 1 RAO erloschen sei. Die belangte Behörde hatte somit im Verfahren über den Anspruch auf Altersversorgung auch ohne Erlassung eines Bescheides über die Streichung aus der Liste vom Wegfall der Eintragung im Hinblick auf die Verwirklichung des in § 34 Abs. 1 lit. a dritter Fall RAO normierten Tatbestandes auszugehen.

Die Beschwerde räumt auch ein, dass § 34 RAO im Falle des Erlöschens der Berechtigung zur Ausübung des Rechtsanwaltsberufes keine "formelle Erledigung" anordnet; sie geht jedoch davon aus, dass eine bescheidmäßige Erledigung wegen der Auswirkungen der Entscheidung auf das Recht der Erwerbsfreiheit und Ansprüche auf Versorgungsleistungen geboten sei, um die Möglichkeit einer Überprüfung der Entscheidung zu ermöglichen. Dem ist einerseits entgegenzuhalten, dass nach dem System des Gesetzes mit der Führung der Liste durch den Ausschuss lediglich bei der Verweigerung der Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte (§ 5a RAO) und bei der Verweigerung der Eintragung in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter und der Löschung aus dieser Liste (§ 30 Abs. 4 RAO) die Erlassung einer einem Rechtszug unterliegenden Entscheidung angeordnet ist. Aus dem Fehlen einer solchen Anordnung bei anderen die Führung der Listen betreffenden Fällen ist zu folgern, dass in diesen Fällen weder Pflicht noch Recht des Ausschusses zur Erlassung einer normativen (rechtsgestaltenden) Anordnung besteht. Die von der Beschwerde insoweit angenommene Rechtsschutzlücke besteht im Bereich des hier in Rede stehenden Tatbestandes des § 34 Abs. 1 lit. a RAO ebenfalls nicht. Zum einen knüpfen die dort normierten Erlöschenstatbestände durchwegs an Rechtsverhältnisse an, die ihrerseits durch normative, einem Rechtszug unterliegende Akte eines Gerichtes oder einer Verwaltungsbehörde gestaltet werden; zum anderen steht es dem Betreffenden frei, im Streitfall über das Erlöschen der Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft - sofern dieser nicht im Rahmen eines anderen Verfahrens geklärt werden kann - die normative Feststellung seiner Berechtigung zu verlangen.

Auch der Hinweis der Beschwerde auf § 28 Abs. 1 lit. a RAO, wonach die Führung der Rechtsanwaltsliste, insbesondere die Entscheidung über die Eintragung in dieselbe, sowie über die Resignation eines Mitgliedes und die Führung der Liste der Rechtsanwalts-Gesellschaften, insbesondere die Entscheidung über die Verweigerung der Eintragung oder die Streichung einer Gesellschaft zum Wirkungskreis des Ausschusses gehören, ist im vorliegenden Zusammenhang nicht zielführend, weil der Regelung kein Anhaltspunkt für die Pflicht zur amtswegigen Erlassung eines Bescheides über das Vorliegen eines Erlöschenstatbestandes im Sinne des § 34 Abs. 1 lit. a RAO zu entnehmen ist. Insbesondere liegt eine solche Anordnung - anders als es die Beschwerde sieht - nicht schon im Gebrauch des hier auf andere Fälle bezogenen Wortes "Entscheidung" in § 28 Abs. 1 lit. a RAO.

Die Beschwerde macht weiters geltend, die belangte Behörde habe das Schreiben des Beschwerdeführers vom 31. März 1996 völlig unrichtig ausgelegt. Damit habe der Beschwerdeführer lediglich zum Ausdruck gebracht, dass er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage sei, den Rechtsanwaltsberuf auszuüben. Es sei verfehlt, dem Schreiben im Ergebnis die Bedeutung beizumessen, dass der Beschwerdeführer auf Grund seiner gesundheitlichen Situation auf Leistungen der Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer verzichtet habe.

Insoweit missdeutet die Beschwerde den Inhalt des angefochtenen Bescheides. Diesem ist nicht zu entnehmen, dass die belangte Behörde - etwa im Hinblick auf das Schreiben des Beschwerdeführers vom 31. März 1996 - einen Verzicht des Beschwerdeführers auf Leistungen der Versorgungseinrichtung angenommen hätte. Vielmehr ist der Begründung des angefochtenen Bescheides zu entnehmen, dass die belangte Behörde das Schreiben - insoweit zutreffend - als Verzicht auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft deutete. Da dieser Verzicht - als zeitlich dem Verlust der Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft nachgelagert - ohne rechtliche Bedeutung war, weil der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Erklärung die Berechtigung durch rechtskräftige Konkurseröffnung bereits verloren hatte, ist die in Rede stehende Erklärung im Beschwerdefall ohne Einfluss auf das Ergebnis. Mit den Darlegungen der Beschwerde, die belangte Behörde hätte sich mit diesem Schreiben näher auseinander setzen, eine allfällige Klarstellung herbeiführen und "eine Entscheidung in der Sache dahingehend, wie der Ausschuss dieses Schreibens versteht, treffen müssen", wird somit ebenfalls keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt. Dafür, dass der Beschwerdeführer sich mit dem erwähnten Schreiben oder auch sonst auf den Eintritt des Versorgungsfalles der Berufsunfähigkeit vor dem Zeitpunkt des Verlustes der Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft berufen hätte, liegt kein Anhaltspunkt vor.

Die Darlegungen der Beschwerde, die belangte Behörde verkenne den Zweck der Versorgungseinrichtung, soweit sie dem Beschwerdeführer "im Übrigen zu Unrecht als unbestritten" entgegenhalte, er habe 13 Fälle von Veruntreuungen von Klientengeldern zu verantworten, ist ihr zu erwidern, dass die belangte Behörde, wie die Begründung des angefochtenen Bescheides erkennen lässt, nicht den soeben erwähnten Sachverhalt, sondern das Erlöschen der Berechtigung infolge rechtskräftiger Konkurseröffnung vor Eintritt des Versorgungsfalles des Alters als den Versorgungsanspruch entgegenstehenden Umstand ansah. Aus dem somit bloß illustrativen (wenngleich im vorliegenden Zusammenhang entbehrlichen) Hinweis auf deliktisches Verhalten des Beschwerdeführers ist daher keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides abzuleiten.

Schließlich meint die Beschwerde, bei "verfassungskonformer Interpretation" dürfe der Versorgungsanspruch des Beschwerdeführers nicht verneint werden. Unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgrundsatzes würde die Verneinung des Entstehens des Versorgungsanspruches des Beschwerdeführers unter Bedachtnahme auf das zu tragende Risiko der Wohlfahrtseinrichtung, der vom Beschwerdeführer seit 1964 geleisteten Beitragszahlungen und den Umstand, dass zum Nachteil des Beschwerdeführers und seiner Gläubiger eine Bereicherung der Wohlfahrtseinrichtung eintrete, zu einem nicht zu rechtfertigenden Ergebnis führen. Weder die Rechtsanwaltsordnung noch die Satzung der Versorgungseinrichtung sähen einen Rückersatz der zum Wohlfahrtsfonds geleisteten Beiträge vor.

Soweit sich die Beschwerde mit ihrer Forderung nach verfassungskonformer Interpretation auf § 50 Abs. 2 Z. 1 iVm § 50 Abs. 2 Z. 2 lit. b RAO und § 2 VersSt bezieht, übersieht sie, dass die Regelung keinen Interpretationsspielraum in der Richtung lässt, vom Erfordernis der aufrechten Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte im Zeitpunkt des Eintrittes des Versorgungsfalles abzusehen; dies würde im Ergebnis den vollständigen Wegfall der Regelung bedeuten und läge somit nicht in den Grenzen des Wortsinnes.

Die in der Beschwerde vorgetragenen Argumente erzeugen aber auch keine Bedenken gegen die Sachlichkeit der Regelung, die Anlass zu einer Antragstellung nach Art 140 Abs. 1 B-VG gäben. Es ist kein Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot darin zu sehen, dass die Regelung den Versorgungsanspruch auf Grund des Versorgungsfalles des Alters von der Standeszugehörigkeit im Zeitpunkt des Eintrittes des Versorgungsfalles abhängig macht. Diese Regelung hatten die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts schon mehrfach anzuwenden; dabei sind keine Bedenken gegen die Sachlichkeit der Regelung entstanden ( vgl. die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Oktober 1977, B 412/75, und vom 9. Oktober 1982, Slg 9534, sowie das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22.Mai 1980, Zl. 515/78). Es kann auch nicht gesagt werden, dass die Regelung wegen des Fehlens einer Verpflichtung der Versorgungseinrichtung, geleistete Beiträge rückzuerstatten, wenn der Versorgungsfall nicht eintritt, nicht sachlich wäre. Der Verfassungsgerichtshof hat ausgesprochen, dass es verfehlt wäre anzunehmen, der Grundsatz der Äquivalenz hätte auch für die Sozialversicherung zu gelten (vgl das Erkenntnis vom 14. Juli 1991, Slg 12.739); unter dem Aspekt des Zusammenschlusses der Angehörigen eines Berufsstandes zu einer Risikogemeinschaft ist dieser Gedanke auch auf das System der Altersversorgung der Rechtsanwälte zu übertragen. Ebenso wenig hat der Verfassungsgerichtshof eine Einbeziehung der Versorgungseinrichtungen der Rechtsanwälte in das System der Wanderversicherung als verfassungsrechtlich geboten angesehen (vgl das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 2. Oktober 1987, Slg 11.469, sowie das Erkenntnis des VwGH vom 28. Juni 1994, Zl. 93/08/0009).

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 6. Juli 1999

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999100104.X00

Im RIS seit

06.03.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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