TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/30 L524 2204258-1

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Veröffentlicht am 30.08.2018
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Entscheidungsdatum

30.08.2018

Norm

AVG §59 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z4
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

L524 2204258-1/2E

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Veronika SANGLHUBER LL.B. über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA Türkei, vertreten durch RA Mag. Taner ÖNAL, Kärntner Straße 7B/1, 8020 Graz, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.07.2018, Zl. 1199118510/180668677-BMI-BFA_STM_RD, zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt VI. des

angefochtenen Bescheides stattgegeben und dieser wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 18 Abs. 1 Z 4 BFA-VG ersatzlos behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, stellte am 16.07.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der am selben Tag erfolgten Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte der Beschwerdeführer als Fluchtgrund vor:

"In meinem ursprünglichen Heimatort hat es Kämpfe zwischen PKK - Kämpfern und dem türkischen Militär gegeben und unbekannte Männer haben im Verlauf derselben im Geschäft meines Vaters mit einer Maschinenpistole herumgeschossen. Dabei durften wir 5 Tage lang nicht auf die Straße (Ausgangssperre). Nach dem Ablauf dieser Frist haben wir gesehen, dass das Geschäft meines Vaters völlig zerstört war und wir haben keine Wiedergutmachung oder dgl. (auch nicht von der Versicherung) erhalten. Ich bin dann nach Istanbul gegangen, konnte dort aber keine gute Arbeit finden und nur geringen Lohn erhalten. Ich war auch nicht versichert und deshalb habe ich beschlossen, nach Europa zu gehen. Ich müsste auch bald zum Militärdienst einrücken und das will ich nicht."

2. Bei der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) am 26.07.2018 brachte der Beschwerdeführer hinsichtlich seines Fluchtgrundes unter anderem Folgendes vor:

"Normalerweise haben wir Kurden keine Gerechtigkeit in der Türkei. Die Polizei und die Regierung hatten mit uns Schwierigkeiten. Unser Geschäft wurde in Brand gesetzt. Deswegen musste ich nach Istanbul fahren um dort zu arbeiten. In Istanbul hatte ich auch Schwierigkeiten, da ich Kurde bin. Seit meiner Geburt wurden wir als Kurden vernachlässigt. Ich habe nicht so viel Geld verdient, da ich Kurde bin. Aufgrund der schwierigen Situation in der Türkei habe ich im Internet gesucht, wohin ich fahren soll. Ich habe Österreich gefunden, da es in Österreich Gerechtigkeit gibt. Österreich hat Respekt gegenüber den Kurden. Deswegen bin ich nach Österreich gekommen."

3. Mit Bescheid des BFA vom 30.07.2018, Zl. 1199118510/180668677-BMI-BFA_STM_RD, wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, idgF, abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung in die Türkei gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 4 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.).

4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht über seinen gewillkürten Vertreter Beschwerde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A) Ersatzlose Behebung des Spruchpunktes VI. des angefochtenen

Bescheides:

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn (1.) der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

(2.) die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Abs. 5 VwGVG sind die Behörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen, wenn das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid aufhebt.

Gemäß § 18 Abs. 1 BFA-VG kann das Bundesamt einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn (1.) der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt, (2.) schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,

(3.) der Asylwerber das Bundesamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat, (4.) der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat, (5.) das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht, (6.) gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder

(7.) der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.

Im vorliegenden Fall stützt das BFA seine Begründung hinsichtlich der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung auf § 18 Abs. 1 Z 4 BFA-VG und führt aus, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage gewesen sei, asylrelevante Verfolgungsgründe glaubhaft vorzubringen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt zu § 6 Abs. 1 Z 3 AsylG 1997, einer mit § 18 Abs. 1 Z 4 BFA-VG vergleichbaren Vorgängerbestimmung, dargelegt, dass bei der Prüfung, ob ein Anwendungsfall vorliegt, von den Behauptungen des Asylwerbers auszugehen ist und es in diesem Zusammenhang nicht auf die Frage der Glaubwürdigkeit der Angaben ankommt (VwGH 22.05.2003, 2000/20/0051).

Wie sich aus dem Sachverhalt ergibt, stützt der Beschwerdeführer seinen Antrag auf internationalen Schutz auf die Lage der Kurden in der Türkei und die Angst vor dem Militärdienst. Der Beschwerdeführer hat damit Verfolgungsgründe vorgebracht.

Die belangte Behörde hat somit in völliger Verkennung der Rechtslage der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 1 Z 4 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Es war daher der Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides ersatzlos zu beheben. Der Beschwerde kommt somit die aufschiebende Wirkung zu.

Im gegenständlichen Verfahren war ein Vorgehen gemäß § 59 Abs. 1 letzter Satz AVG zulässig, da die Entscheidung über Spruchpunkt VI. spruchreif war und die Trennung auch zweckmäßig erscheint.

Über die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. bis V. des angefochtenen Bescheides ergeht eine gesonderte Entscheidung.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die hier anzuwendenden Regelungen erweisen sich als klar und eindeutig (vgl. dazu auch OGH 22.3.1992, 5 Ob 105/90; vgl. zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage trotz fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).

Schlagworte

aufschiebende Wirkung, Behebung der Entscheidung, ersatzlose
Behebung, Fluchtgründe, Glaubhaftmachung, Glaubwürdigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:L524.2204258.1.00

Zuletzt aktualisiert am

04.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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