TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/27 W196 2154869-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.09.2018
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Entscheidungsdatum

27.09.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

W196 2154869-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Ursula SAHLING als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Somalia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.04.2017, Zl. 15-1068674804-150514732, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 01.08.2018 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3

und 57 AsylG, § 9 BFA-VG, §§ 46, 52 und 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Somalia, stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 17.05.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Am Tag der Antragstellung wurde der Beschwerdeführer einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen, wobei er angab, dass er Staatsangehöriger Somalias sei und moslemischen Glauben habe. Er beherrsche Somalisch in Wort und Schrift und habe in seinem Herkunftsland die Grundschule besucht. Seine Eltern und seine Geschwister würden in Somalia leben. Sein Onkel und seine Tante würden in England, wo genau seine Verwandten aufhältig seien, könne er nicht sagen. Zuletzt habe er in einem kleinen Dorf, 40 Kilometer von Mogadischu entfernt, gelebt. Im Jahr 2013 habe er den Entschluss zur Ausreise gefasst und sei mit dem Bus von Somalia nach Adis Abeba gereist. Folglich sei er mit einem Schlepper von Adis Abeba nach Libyen und mit einem Boot nach Italien gereist. Dies sei 2013 gewesen. Die Reise habe acht Monate gedauert, wobei er sich eine Woche in Italien aufgehalten habe.

Zu seinem Fluchtgrund brachte der Beschwerdeführer vor, dass in Somalia Bürgerkrieg herrsche und es viele Probleme gebe. Ein weiterer Grund sei die Armut. Auf die Frage, was er im Falle einer Rückkehr befürchte, gab der Beschwerdeführer an, dass er die bereits von ihm angeführten Probleme, wie Krieg und Armut, habe. Niemand habe ihn bedroht. Im Falle einer Rückkehr in seine Heimat habe er wieder finanzielle Probleme. Es könne sein, dass er umkomme, weil er zwischen die Fronten gerate. Zudem könne jederzeit eine Bombe irgendwo explodieren und man könne umkommen.

Nach dem Zulassungsverfahren erfolgte am 29.03.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Somalisch eine niederschriftliche Einvernahme. Dabei gab der Beschwerdeführer eingangs an, sich psychisch und physisch zur Durchführung der Einvernahme in der Lage zu fühlen, er habe bislang wahrheitsgemäße und vollständige Angaben getätigt. Er sei gesund, stünde nicht in ärztlicher Behandlung und nehme keine Medikamente ein. Befragt, ob der Beschwerdeführer zu seinen getätigten Angaben im Zuge der Befragung am 17.05.2015 etwas hinzufügen oder sagen wolle, was er noch nicht angeführt habe, gab der Beschwerdeführer an, dass er sich noch daran erinnern könne. Seine Angaben seine vollständig, er habe damals alles gesagt, mehr habe er nicht dazu anzuführen. Er habe die Wahrheit gesagt und gebe es keine anderen Gründe. Im Zuge der Datenaufnahme brachte der Beschwerdeführer vor, dass er aus Somalia, Mogadischu, stamme. Er gehöre dem Clan der Benadiri, Subclan Moorshe, Subsubclan Mahadu Amin an. Er sei ledig und habe moslemischen Glauben. Zuletzt habe er in Qoryooley gelebt. Sein Vater gehöre zum Clan der Benadiri, Subclan Moorshe an und würden seine Eltern sowie seine Geschwister in einem kleinen Ort außerhalb von Baidoa leben. Er habe im Zeitraum von 2006 bis 2013 die Grund- und Mittelschule besucht und zuletzt als Schuhputzer gearbeitet. Nachdem der Beschwerdeführer zu seiner Person und seinen Lebensumständen befragt wurde, verneinte er die Fragen, ob er in seiner Heimat vorbestraft oder Strafrechtsdelikte begangen habe, ob er von der Polizei, einer Staatsanwaltschaft, einem Gericht oder sonstigen Behörden gesucht würde. Auf die Frage, ob der Beschwerdeführer von den Behörden jemals angehalten, festgenommen oder verhaftet worden sei, bejahte der Beschwerdeführer und brachte vor, dass er Ende September 2013 in Mogadischu verhaftet worden sei. Die islamische Gruppe Al-Shabab habe ihm eine Bombe gegeben und hätte er in Mogadischu ein Selbstmordattentat verüben sollen, wobei er mit dem Gürtel um den Bauch zur Polizei gegangen sei und eine Selbstanzeige gemacht habe. Sie hätten ihm die Bombe weggenommen, ihn verhaftet und ins Gefängnis gebracht, wo er sechs Tage eingesperrt worden sei. Da er sich selbst gestellt habe, habe es keine Anklage gegeben. Die Frage, ob der Beschwerdeführer jemals Probleme mit den Behörden gehabt habe, verneinte er und sei er weder Mitglied einer politischen Gruppierung oder Partei gewesen. Von staatlicher Seite sei er weder aufgrund seiner politischen Gesinnung, seiner Rasse, seiner Religion oder aufgrund seiner Nationalität, seiner Volksgruppe oder der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt worden.

Dezidiert zu seinem Fluchtgrund befragt und aufgefordert den konkreten Grund, warum er seine Heimat verlassen habe chronologisch zu schildern, brachte der Beschwerdeführer vor, dass sein Großvater im Juli 2013 von Al-Shabaab getötet worden sei, da sein Opa ein Suffi gewesen; dies sei eine religiöse Gruppe. Sein Opa habe in einer Koranschule als Lehrer unterrichtet. Der Beschwerdeführer sei alleine in Qorooley gewesen und habe ca. eineinhalb Monate als Schuhputzer gearbeitet. Dann sei die Al-Shabaab gekommen hätten sie gemeint, dass der Beschwerdeführer mitkommen solle. Sie hätten ihm gedroht Probleme zu bekommen, sollte er nicht mitkommen. In den nächsten 20 Tagen sei er als Kämpfer trainiert und ihm beigebracht worden, wie er mit einer Waffe kämpfe. Während seines Aufenthaltes bei den Al-Shabaab seien am 22.09.2013 zwei Burschen davongelaufen, die von Al-Shabaab wieder zurückgebracht worden seien. Sie seien gefoltert worden und hätten behauptet, dass der Beschwerdeführer mitgemacht habe. Dem Beschwerdeführer sei der Finger an seiner linken Hand gebrochen worden und sei er mit einem Gurt an der Hand und den Beinen geschlagen worden. Nach diesen 20 Tagen hätte er einen Selbstmordanschlag in Mogadischu verüben sollen. Er sei von Qorooley nach Mogadischu mit dem Auto gebracht worden und hätte er an einer Kontrollstelle der Regierung die Bombe zünden sollen. Er sei mit dem Bus dorthin gefahren und hätte er mit einem Knopf am Gürtel die Bombe explodieren lassen sollen. Das habe er nicht getan, sondern sei er zur Polizei gegangen, die ihm den Gürtel entfernt und ins Gefängnis gebracht hätten. Dort sei er befragt worden und habe er seine Geschichte erzählt. Im Zuge der weiteren Befragung wurde der Beschwerdeführer zu seiner Volksgruppe, deren Bräuche und Besonderheiten befragt. Im Falle einer Rückkehr befürchte er aufgrund seiner Mitgliedschaft die Todesstrafe durch die Al-Shabaab. Über Vorhalt, weshalb der Beschwerdeführer im Zuge der Ersteinvernahme angegeben habe, dass in Somalia Bürgerkrieg herrsche und es viele Probleme gebe und ein weiterer Grund die Armut sei, gab der Beschwerdeführer an, dass er nicht so viel Zeit gehabt habe. Er sei nur gefragt worden, was es in Somalia gebe und was den Beschwerdeführer betreffe. Zu seinem Privat- und Familienleben und zu seiner Integration in Österreich befragt, brachte der Beschwerdeführer vor, dass er am Nachmittag [Anmerkung: wurde nach Rückübersetzung auf "Abend" korriegiert] in die Schule gehe und untertags gemeinnützig arbeite. Einer legalen Beschäftigung sei der Beschwerdeführer seit seiner Einreise nicht nachgegangen und beziehe er Leistungen aus der Grundversorgung. Er verfüge weder über einen Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule oder habe sonstige Kurse, Ausbildungen oder eine Schule besucht. Er sei weder Mitglied in einem Verein oder einer Organisation. In Österreich habe er viele Freund und Bekannte in Österreich; Familienangehörigen habe er keine.

Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde der Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Somalia gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Ferner wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Somalia gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Unter Spruchpunkt IV. wurde ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

Im Wesentlichen stellte die Behörde fest, dass der Beschwerdeführer weder aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Volksgruppenzugehörigkeit, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe noch politischen Gesinnung in seiner Heimat von staatlicher Seite verfolgt worden sei. Nicht festgestellt werden könne, dass der Beschwerdeführer von der Polizei im September 2013 in Mogadischu verhaftet worden sei. Auch eine persönliche Bedrohung durch Privatpersonen - durch Mitglieder der Al-Shabaab oder dem Clan der Abgal - habe nicht festgestellt werden können und seien die vom Beschwerdeführer angegebenen Gründe für das Verlassen seines Heimatlandes unglaubwürdig. Hierzu führte die Behörde in seiner Begründung aus, dass der Beschwerdeführer die Bedrohung in keiner Weise glaubhaft darstellen habe können. So würde sein Vorbringen zum Fluchtgrund massive Steigerungen aufweisen und stünden zur polizeilichen Erstbefragung im eindeutigen Widerspruch und habe er diese im Zuge der Erstbefragung mit keinem Wort erwähnt. Das Vorbringen des Beschwerdeführers sei zudem unplausibel, konstruiert und führte die Behörde in diesem Zusammenhang zahlreiche Widersprüche und Ungereimtheiten an. In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Spruchpunkt I. unter Verweis auf die Erörterungen im Rahmen der Beweiswürdigung, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen behaupteten Verfolgungsgründen die Glaubwürdigkeit abzusprechen sei, weshalb er eine Verfolgung aus dem in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen nicht glaubhaft machen habe können. Auch habe hinsichtlich der Lage in Mogadischu zum Entscheidungszeitpunkt nicht festgestellt werden können, dass selbst bei Vorliegen einer früheren Verfolgung durch Mitglieder der Al-Shabaab keine das gesamte Staatsgebiet des Herkunftsstaates des Beschwerdeführers betreffende Verfolgung durch selbige festgestellt werden könne. Vielmehr sei besonders mit Hinweis auf die Länderfeststellung festzustellen, dass in Somalia keine landesweite Bedrohung durch die Al-Shabaab bestehe und diese insbesondere aus ihrer Herkunftsstadt Mogadischu abgezogen worden seien. Des Weiteren sei dem Länderinformationsblatt zu entnehmen, dass Minderheitenangehörige nicht mehr aufgrund ihrer Zugehörigkeit marginalisiert oder belästigt würden. Zu Spruchpunkt II. folgerte die Behörde, dass das Bestehen einer Gefährdungssituation des Beschwerdeführers bereits unter Spruchpunkt I. geprüft und verneint worden sei. Darüber hinaus vermocht im Fall des Beschwerdeführer nichts darauf hinzuweisen, dass er im Fall seiner Rückkehr in seine Heimat einer konkreten Gefährdung durch die Staatsmacht unterliegen würde. Den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sei zudem zu entnehmen, dass es allein aufgrund der Stellung eines Asylantrages im Ausland zu keinen staatlichen Repressalien bei der Rückkehr nach Somalia komme. Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens seien auch keine Umstände hervorgekommen, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner persönlichen Eigenschaften oder der beruflichen oder sozialen Stellung einer erhöhten Gefährdung ausgesetzt bzw. im Falle einer Rückkehr ausgesetzt wäre und kam die Behörde zusammenfassend zudem Schluss, dass es dem Beschwerdeführer als gesunden, arbeitsfähigen, jungen Mann in seiner Heimat möglich sein sollte aus eigenem für seinen Unterhalt zu sorgen. Zudem wies die Behörde darauf hin, dass der Beschwerdeführer trotzt seines jungen Lebensalters nach seiner Ausreise aus seiner Heimat alleine und auf sich selbst gestellt über mehrere Jahre hinweg im Ausland ohne entsprechende Sprachkenntnisse behaupten und schlussendlich bis nach Österreich gelangen habe können, weshalb - auch aufgrund des Vorliegens von familiären Bindungen in der Heimat und mangels Anzeichen eiern psychischen/physischen Unreife - nicht von einer besonderen Schutzwürdigkeit im Vergleich zu anderen jungen, volljährigen Rückkehrern auszugehen sei. Aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers hätten sich auch keine Anhaltspunkte ergeben, dass die allgemeine Sicherheitslage für den Beschwerdeführer zu einer existenziellen Gefährdung bei einer Rückführung nach Somalia führen würden. Zu Spruchpunkt III. führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, dass sich keinerlei Anhaltspunkte ergeben hätten, die die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG rechtfertigen würden. Der Beschwerdeführer habe weder Verwandte, Familienangehörige oder Lebenspartner in Österreich, sodass davon auszugehen sei, dass er in Österreich kein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK führe. Auch sei kein schützenswertes Privatleben im Zuge des Verfahrens hervorgekommen. Da keine Gründe gemäß § 50 Abs. 1 bis Abs. 3 FPG ersichtlich seien, sei auszusprechen, dass die Abschiebung nach Somalia zulässig sei.

Mit Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.04.2017 wurde dem Beschwerdeführer für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer im Wege seiner ausgewiesenen Vertretung am 24.04.2017 fristgerecht Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Zum Sachverhalt wurde vorgebracht, dass der Beschwerdeführer aus Qoryooley stamme und dem Clan der Benadiri angehöre. Aus Somalia sei er geflohen, weil er von der Al-Shabaab entführt, gefangen gehalten, misshandelt und letztlich auch dazu angehalten worden war ein Selbstmordattentat im Namen der Al-Shabaab zu verüben, wobei ihm die Flucht, während er das Attentat hätte ausführen sollen, gelungen sei. Er sei zur nächstgelegenen Polizeistation gelaufen, die ihn sechs Tage eingesperrt hätten, da er einen Bombengürtel um den Bauch getragen habe und die Polizei den Auftrag, durch die Al-Shabaab ein Selbstmordattentat zu verüben, für unglaubwürdig erachtet hätten. Sie hätten gedacht, dass der Beschwerdeführer selbst den Selbstmordanschlag geplant habe. Nach seiner Freilassung aus dem Gefängnis habe der Beschwerdeführer die Flucht ergriffen, da er unmöglich in Somalia hätte bleiben können. Zu den im Rahmen der Beweiswürdigung des Bescheides ausgeführten Erwägung der Behörde hinsichtlich der Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers, wurde entgegnet, dass der Beschwerdeführer im Rahmen der ersten Befragung vom Dolmetscher angewiesen worden sei, dass er sich kurzfassen solle. Zudem entspreche es auch der Intention des Gesetztes, dass in der Erstbefragung auf die Fluchtgründe nicht näher eingegangen werden solle. Zudem sei nicht nachvollziehbar, wie die Behörde zu der Ansicht gelange, dass die Al-Shabaab es sich nicht leisten könne, unbedeutende Einzelziele zu verfolgen. Zudem verfüge die Al-Shabaab über ein durchaus ausgeklügeltes Netzwerk, das unabhängig jeglicher Ressourcenlage zum Einsatz komme und mit welcher sie in der Lage seien jede beliebige Einzelperson zu finden. Zudem wurde zum Selbstmordanschlag ausgeführt, dass dieser zunächst in der Stadt Afgoye geplant gewesen sei, was der Beschwerdeführer ebenfalls zu Protokoll gegeben habe, weshalb ihm der diesbezüglich vorgehaltene Widerspruch seitens der Behörde nicht nachvollziehbar sei. Zudem habe der Beschwerdeführer, was die Widersprüchlichkeit der angegebenen Daten betreffe, so habe der Beschwerdeführer ein Trauma und seither Erinnerungslücken. Da die Al-Shabaab nach wie vor in Mogadischu präsent sei und Anschläge verübe, sei die Ansicht der Behörde, dass sich der Beschwerdeführer in Mogadischu eine Existenz aufbauen könne entgegenzutreten und werde auf die Dürresituation in Somalia verwiesen.

Am 01.08.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Zuhilfenahme eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Somalisch statt, an der der Beschwerdeführer und sein Rechtsvertreter teilnahmen.

R: Aus welchen Gründen sind sie geflüchtet? Was genau ist passiert? Erzählen Sie bitte chronologisch und so detailreich wie möglich.

BF: Ich bin in Mogadischu geboren. Ich habe mit meiner Familie zusammengelebt, sie leben in Mogadischu. Mein Vater war ein Busfahrer, meine Mutter war eine Hausfrau. Mein Onkel war auch ein Busfahrer, er hatte einen Unfall, dabei starb ein Mann und drei andere wurden verletzt. Der verstorbene Mann und die drei weiteren Verletzten waren in einem Clan. Sie sind zu uns gekommen und haben zwei Onkel von mir getötet. Ich war das erste Kind meiner Familie. Mein Großvater väterlicherseits hat gesagt, er will mich nach Qorooley nehmen. Meine Großeltern haben früher auch in Mogadischu gewohnt, aber ich und meine Großeltern sind wegen dem Krieg nach Qorooley umgezogen. Meine restliche Familie ist nach Dooy gegangen. Es liegt bei Baidoa. Ich habe mit meinen Großeltern in Qorooley gelebt. Im Jahr 2002 starb meine Großmutter väterlicherseits. Ich habe die Schule besucht von 2006 bis 2013, es war die Volks - und Mittelschule. Im Jahr 2013, im Juli, haben die Al Shabaab meinen Großvater umgebracht, weil er ein Sufi war. Er war ein Koranlehrer. Die Al Shabaab Männer haben verlangt, dass er nicht mehr unterrichten darf. Aber mein Großvater hat gesagt, dass er nicht aufhören kann, weil er damit seinen Lebensunterhalt verdient. Bei diesem Vorfall war ich nicht anwesend, als ich nach Hause kam erzählte mir mein Großvater davon. Am selben Tag kamen die Al Shabaab um Mitternacht zu uns. Sie klopften an unsere Tür, ich und mein Großvater bekamen Angst. Mein Großvater machte die Tür auf, als er aufmachte, sagten sie er soll hinauskommen. Er hat sich angezogen und ist hinausgegangen. Er sagte ich soll ruhig bleiben. Nach einiger Zeit kam mein Großvater nicht zurück, ich habe große Angst bekommen. Ich war schockiert. Ich ging nach draußen und die Bauern kamen zu mir. Sie haben mich informiert, dass die Al Shabaab meinen Großvater getötet haben. Ich habe das nicht geglaubt und habe gesagt, dass ich es sehen will. Die Leute haben mich zu der Leiche meines Großvaters gebracht und ich habe es gesehen. Als ich es sah bin ich ohnmächtig geworden. Mein Großvater ist gestorben. In Qorooley war ich allein. Ich wusste nicht was ich machen soll. Ich habe Geld gesucht in unserer Wohnung und ich habe 150 000$ gefunden, das war im Portemonnaie meines Großvaters. Ich konnte nicht zu meiner Familie gehen, weil das Geld zu wenig war. Ich hatte keinen Kontakt zu meiner Familie, die Al Shabaab nahmen das Telefon meines Großvaters weg. Ich wurde ein Schuhputzer, am 25.07.2013. Ich habe diese Arbeit gemacht, damit ich überleben konnte. Ich habe diese Tätigkeit weiter ausgeübt bis am 03.09.2013. Eines Tages, es war Abendgebet, ich war in der Moschee. Ich bin hinausgegangen. Ich wollte nach Hause gehen, als ich auf dem Weg war kam hinter mir ein Mann der ein Auto fuhr. Er hat gehupt und gesagt, dass ich einsteigen soll. Er fragte mich, warum ich kein Mitglied von Al Shabaab wäre. Ich habe gesagt, dass ich das nicht will. Er hat gesagt, wenn ich kein Mitglied werde dann bekomme ich ein Problem. Er sagte, wenn ich ablehne ruft er den Chef Amir an. Ich habe große Angst bekommen, er entführte mich. Er hat mich nach Versoli gebracht, das ist ein Dorf in der Nähe von Qorooley. Wir haben geschlafen und in der Früh haben wir gebetet. Sie haben mir ein bisschen Frühstück gegeben. Sie haben begonnen zu predigen. Sie sagten, dass die Regierung Ungläubige sind und nicht die richtige Religion haben und wir müssen gegen die Regierung kämpfen. Sie haben uns trainiert, wir mussten laufen. Dann kam das Mittagsgebet, danach fingen sie an uns zu zeigen wie man ein Gewehr benutzt. Ich war dort ca. 20 Tage. Während dieser 20 Tage sind zwei junge Männer geflüchtet. Die Al Shabaab Männer haben sie wieder festgenommen. Die Al Shabaab Männer haben sich bei den Zurückgebliebenen beschwert, dass sie nicht sofort Alarm geschlagen haben. Sie haben uns geschlagen. Ich habe mir den kleinen, linken Finger gebrochen. Ich bin verletzt worden. Ich kann Ihnen meine Verletzungen zeigen. Ich bin übriggeblieben, weil die anderen irgendwo anders untergebracht wurden, weil ich der Jüngste war. Nach 20 Tagen kamen sie wieder zu mir und haben gesagt, ich soll ein Attentat in Afgooye verüben. Wir sind in Richtung Afgooye gefahren. Von Ceelasha Biyaha ist ein Checkpoint 15 Minuten entfernt und ich sollte dort den Anschlag verüben. Ich weiß es nicht, ob es genau 15 Minuten entfernt war, aber die Al Shabaab haben das gesagt. Der Autofahrer verlangte, dass ich am Checkpoint aussteigen soll. Als ich ausgestiegen bin war ich schockiert, ich habe den Soldaten die Bombe, die auf meinem Körper war, gezeigt. Als die Soldaten die Bombe gesehen haben sind sie zurückgelaufen und haben die Gewehre vorbereitet. Sie haben einen Experten geholt und sie haben die Bombe runtergenommen. Hingefahren bin ich mit einem Busfahrer, der hat nicht gesehen, dass ich eine Bombe habe. Den Soldaten habe ich die Bombe gezeigt. Die Soldaten haben mich ins Gefängnis gebracht. Als ich im Gefängnis war haben sie mich schlecht behandelt und geschlagen. Sie haben mich gefragt wer die Bombe gemacht hat und mit wem ich zu tun habe. Ich habe den Vorfall erzählt. Die Soldaten haben verlangt, dass ich den Namen von Amir nennen soll. Ich habe seinen Namen genannt und er heißt Abdul Qadir und sein Spitzname Shaamow. Die Soldaten haben erfahren, dass ich unschuldig bin. Ich war im Gefängnis für sechs Tage. Sie haben meine Familie gesucht und sie haben eine Person aus dem Clan meiner Mutter gefunden. Der Clan meiner Mutter ist Rahanweyne. Als dieser Mann zu mir ins Gefängnis gekommen ist habe ich die Freiheit bekommen. Dieser Mann hat meine Mutter kontaktiert und hat sie gefunden. Ich habe mein Problem meiner Mutter erzählt und gesagt, dass ich in Mogadischu bin. Ich habe meine Mutter gefragt, ob ich zu ihr kommen kann. Sie hat gesagt, ich kann nicht kommen, weil dort Al Shabaab auch sind. Der Rahanweyne Mann hat gesagt ich darf nicht bei ihm bleiben, weil die Al Shabaab nach mir suchen. Ich habe auch große Angst gehabt von dem Clan der meine Onkel getötet hat. Der Clan war Abgal. Der Rahanweyne Mann hat einen Schlepper organisiert und gesagt ich darf nicht mehr bei ihm bleiben, weil ich in Gefahr bin. Der Schlepper hat meine Reise organisiert und ich habe Somalia verlassen. Ich bin nach Addis Abeba gegangen. Der Schlepper hat mich begleitet bis Libyen.

RV: Sie waren ein Jahr alt, als Sie Mogadischu verlassen haben. Sie waren das älteste Kind.

BF: In diesem Moment war ich Einzelkind, weil ich das erste Kind war.

RV: Sie sind mit Ihrem Großvater gegangen und Ihre Eltern sind nach Dooy übersiedelt. Haben Sie Ihre Eltern besucht, oder haben Ihre Eltern Sie besucht?

BF: Nein. Wir haben nur telefonisch Kontakt gehabt.

R: Sie sind beim BFA gefragt worden, über Ihre Fluchtgründe, wovor Sie sich fürchten. Sie haben Al Shabaab mit keinem Wort erwähnt. Sie haben gesagt, dass sie Angst haben und nicht persönlich bedroht wurden. Ich frage mich, warum haben Sie damals nicht über Al Shabaab geredet?

BF: Die Referenten haben mich nur gefragt, wie die Situation im Heimatland ist. Aber sie hat mich nicht über meine Probleme gefragt. Ich habe dreimal "Moorshe" gesagt, aber sie hat es nicht verstanden. Moorshe ist mein Clan.

R: Warum haben Sie gesagt, dass Sie nicht persönlich bedroht wurden?

BF: Der Moorshe Clan haben einen eigenen Dialekt, wir sprechen einen eigenen Dialekt. Die Zeit war sehr knapp und sie haben mich nicht gefragt, was mich betrifft. Sie haben nur allgemein gefragt, ich habe nicht über meine Geschichte erzählt. Wir hatten verschiedene Dialekte, ich habe sie nicht verstanden und sie haben mich nicht verstanden. Das war ein Missverständnis und die Zeit war kurz.

D: Haben Sie mich gut verstanden?

BF: Ja.

R: Leben Sie mit der Mutter Ihres Kindes zusammen?

BF: Nein, ich wohne in einem Flüchtlingsheim. Ich darf nicht arbeiten, ich kann meine Familie nicht ernähren. Meine Freundin lebt in einer normalen Wohnung. Ich bekomme nur die Grundversorgung, ich kann meine Familie nicht ernähren. Ich habe keine Arbeitserlaubnis. Wenn ich eine positive Entscheidung bekomme kann ich mit meiner Familie leben. Ich habe regelmäßigen Kontakt mit meiner Frau und meinem Kind. Sie hat auch andere Kinder. Sie lebt mit ihren Kindern.

Der Beschwerdeführer legte im Laufe der mündlichen Verhandlung folgende Unterlagen vor:

* Geburtsurkunde;

* Schulbesuchsbestätigung vom 19.09.2017 über den Schulbesuch im Ausmaß von 22 Wochenstunden;

* Information vom Asylwerberheim vom 24.07.2018;

* Zwei Empfehlungsschreiben jeweils vom 24.07.2018 vor

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Somalia, gehört - wie sein Vater - der Volksgruppe der Benadiri, Subclan Moorshe an und bekennt sich zum moslemischen Glauben. Seine Identität steht nicht fest. Er ist in Mogadischu geboren. Sein Vater arbeitete in Mogadischu als Busfahrer und seine Mutter war Hausfrau bis die Eltern des Beschwerdeführers nach Dooy, nähe Baido verzogen sind. Der Beschwerdeführer lebte während seines ersten Lebensjahres gemeinsam mit seiner Familie in Mogadischu bis er im Jahr 1998 zu seinem Großvater nach Qoryooley gekommen ist, wo er bis zu seiner Ausreise gelebt hat. Seine Familie, seine Eltern und Geschwister, leben in Dooy nähe Baidoa. Der Beschwerdeführer hat telefonischen Kontakt zu seinen Eltern. Der Beschwerdeführer besuchte von 2006 bis 2013 die Grund- und Mittelschule, beherrscht Somalisch in Wort und Schrift und arbeitete er vor seiner Ausreise im Jahr 2013 als Schuhputzer. Der Beschwerdeführer verfügt über Familienmitglieder, Eltern, Geschwister sowie weitere Verwandte, in Somalia. Der Beschwerdeführer hielt sich im Zeitraum zwischen seiner Ausreise aus Somalia im Jahr 2013 und seiner Einreise nach Österreich im Jahr 2015 in verschiedenen Ländern, wie Äthiopien, Sudan, Libyen und eine Woche in Italien auf bzw. reiste durch diese Länder bevor er illegal in das österreichische Bundesgebiet einreiste und am 17.05.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat.

Nicht als Sachverhalt zugrunde gelegt werden sämtliche Angaben des Beschwerdeführers zur behaupteten Bedrohungssituation in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia.

Insbesondere wird nicht festgestellt, dass der Beschwerdeführer wegen seiner behaupteten Flucht vor Al Shabaab, als er einen Selbstmordanschlag hätte verüben sollen und damit zusammenhängend einer asylrelevanten Gefährdung, die von Al Shabaab ausgeht, ausgesetzt ist. Ebenso wenig wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer einer konkreten Verfolgung bzw. Bedrohung aufgrund eines Verkehrsunfalls verursacht durch seinen Onkel, wo ein Mann verstorben sei, und damit zusammenhängender Blutrache ausgesetzt ist, die asylrelevante Intensität erreicht. Der Beschwerdeführer hat mit seinem Vorbringen keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft gemacht.

Nicht festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer aus Gründen seiner Zugehörigkeit zu einer ethnischen Gruppe und/oder seines Clans bzw. seiner Glaubensrichtung oder aus sonst in seiner Person gelegenen Gründen (etwa wegen der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung) einer asylrelevanten Gefährdung ausgesetzt wäre. Auch eine drohende asylrelevante Verfolgung aus anderen Gründen ist nicht hervorgekommen und zwar weder aufgrund des Vorbringens des Beschwerdeführers noch aus amtswegiger Wahrnehmung.

Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer gesund ist.

Nicht festgestellt wird, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Somalia bzw. Mogadischu eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde. Bei einer Rückkehr nach Mogadischu, besteht für den Beschwerdeführer als gesunden, leistungsfähigen Mann im berufsfähigen Alter ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf keine Bedrohungssituation und liefe der Beschwerdeführer auch nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.

Der unbescholtene Beschwerdeführer lebt seit Antragstellung am 17.05.2015 auf der Grundlage einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz in Österreich. Ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht ist nicht ersichtlich. Der Beschwerdeführer bestreit seinen Lebensunterhalt im Rahmen der Grundversorgung und lebt in einem Flüchtlingsheim. Der Beschwerdeführer ist der Vater von XXXX , der am XXXX in Österreich geboren wurde. Es besteht kein gemeinsamer Wohnsitz des Beschwerdeführers mit der Kindesmutter oder dem Kind, jedoch regelmäßiger Kontakt. Es besteht kein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis. Der Beschwerdeführer hat einen Deutschkurs absolviert und ein ÖSD Deutsch-Zertifikat der Niveaustufe A2 vorgelegt. Zudem legte der Beschwerdeführer drei Schulbesuchsbestätigungen vom 22.02.2016, vom 01.03.2017 und vom 19.09.2017 vor. Seit September 2017 geht der Beschwerdeführer weder einer Weiter- oder Ausbildung nach. Zudem leistet der Beschwerdeführer am 16.09.2015 und am 20.10.2015 und im Zeitraum von März bis Mai 2017 gemeinnützige Tätigkeiten bei den Gebietskörperschaften und in seinem Asylheim.

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor. Es konnten keine Umstände festgestellt werden, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Somalia gemäß § 46 FPG unzulässig wäre.

1.2. Zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers wird auf die dem Beschwerdeführer anlässlich der Ladung zur mündlichen Beschwerdeverhandlung zur Kenntnis gebrachten Länderberichte verwiesen, aus welchen sich die verfahrensgegenständlich relevante Lage ergibt. Diese stellt sich auszugsweise wie folgt dar:

Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 3.5.2018: Überdurchschnittliche Niederschläge, bessere Versorgungssicherheit prognostiziert (betrifft: Abschnitt 21/Grundversorgung und Abschnitt 21.1/Dürresituation)

Schon in den vor der Gu-Regenzeit gemachten Prognosen zeichnete sich eine Entspannung der Situation ab, obwohl damals nur unterdurchschnittliche Regenmengen prognostiziert wurden. Anfang 2018 wurde für Februar-Juni 2018 prognostiziert, dass die Bevölkerung in folgende IPC-Stufen (Klassifizierung zur Sicherheit der Nahrungsmittelversorgung) einzuordnen sein wird: 56% Stufe 1 (minimal); 22% Stufe 2 (stressed); 18% Stufe 3 (crisis); 4% Stufe 4 (emergency); 0% Stufe 5 (famine). IDP-Lager in Südsomalia wurden durchwegs mit Stufe 3 IPC prognostiziert; Städte in Lower und Middle Shabelle, Bay und Jubaland mit Stufe 2; Mogadischu mit Stufe 1. Landesweit zeigt sich, dass die Bevölkerung in den Städten besser versorgt ist, als jene auf dem Lande (FAO 2018).

Verbesserungen bei Nahrungsmittelsicherheit und Ernährung sind auf die höhere Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln aus der Deyr-Ernte und aus der gestiegenen Milchproduktion zurückzuführen. Gleichzeitig wird die humanitäre Hilfe aufrechterhalten. Viele Haushalte können Nahrungsmittel mit von humanitären Akteuren zur Verfügung gestellten Geldmitteln oder Gutscheinen erwerben (FEWS 3.2018). Im ersten Quartal 2018 bezogen monatlich 1,84 Millionen Menschen humanitäre Hilfe. Im letzten Quartal 2017 waren es noch 2,5 Millionen gewesen. Insgesamt erreicht die Unterstützung rund 70% der Menschen die sich auf oder über Stufe 3 IPC befinden (FEWS 4.2018a). Auch im Jahr 2018 wird humanitäre Hilfe weiterhin in großem Ausmaß erforderlich sein (FEWS 3.2018).

Der bereits eingetretene Rückgang an Hunger ist auch im Vergleich der Daten der beiden Deyr-Regenzeiten 2016/17 und 2017/18 zu erkennen (FEWS 3.2018):

Nunmehr ist es im April 2018 in fast allen Landesteilen zu mittleren bis starken Regenfällen gekommen (FAO 27.4.2018). In fast ganz Somalia lag die Niederschlagsmenge der Gu-Regenzeit bis zum 20.4.2018 bei 200% des mehrjährigen Durchschnitts. Nur im Nordosten blieben die Niederschläge unterdurchschnittlich (FEWS 4.2018a). Allerdings werden die Niederschläge bis Juni weiter anhalten (FEWS 4.2018a; vgl. FAO 27.4.2018), auch wenn mit einem Rückgang der Niederschlagsmengen gerechnet wird (FEWS 4.2018a).

Für den Zeitraum Juni-September 2018 wurde eine deutliche Entspannung bei der Nahrungsmittelversorgung angekündigt. Nur noch für Hilfsorganisationen leicht zugängliche Gebiete im Nordwesten werden unter Stufe 4 IPC (emergency) eingestuft, der große Rest des Landes fällt in die Stufen 1-3, Süd-/Zentralsomalia gänzlich (bis auf IDP-Konzentrationen) in die Stufen 1-2 (FEWS 4.2018b).

Aufgrund der überdurchschnittlichen Niederschläge in der Gu-Regenzeit Anfang 2018 wird erwartet, dass sich die Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln in einigen Teilen Südsomalias noch weiter verbessern wird, als zu Jahresbeginn bereits prognostiziert. Zwar wurden in von Überflutungen betroffenen Gebieten Teile der Ernte vernichtet, jedoch sind die Bedingungen insgesamt so günstig, dass mit einer überdurchschnittlichen Ernte zu rechnen ist (FEWS 4.2018b). Die Felder befinden sich in gutem Zustand. In der Landwirtschaft gibt es Arbeitsmöglichkeiten auf Normalniveau (FEWS 4.2018a).

In den meisten Gebieten haben sich Weidegründe und Wasserverfügbarkeit verbessert (FEWS 4.2018a; vgl. FEWS 4.2018b), der Zustand der Tiere hat sich normalisiert. Allerdings bleibt die durchschnittliche Herdengröße noch hinter dem Normalzustand zurück. Arme Nomaden in Nord- und Zentralsomalia werden weiterhin über zu wenig Vieh verfügen. Dort wird Stufe 3 IPC (crisis) vermutlich weiter vorherrschen (FEWS 4.2018b).

Der Handelspreis für 1kg Sorghum ist in Baidoa im ersten Quartal 2018 um 37% eingebrochen, jener für 1kg Mais in Qoryooley um 32%. Auch bei armen Haushalten verbessert sich die Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln, sie haben nun auf normalem Niveau Zugang zu Arbeit in der Landwirtschaft und die Nahrungsmittelpreise haben sich ebenfalls normalisiert. Mit dem Tageseinkommen können nunmehr 10-18kg lokalen Getreides erstanden werden - 20%-60% mehr als noch vor einem Jahr (FEWS 4.2018a).

Zusätzlich zu den Niederschlägen fließen aus dem äthiopischen Hochland beträchtliche Mengen Wasser zu (FEWS 4.2018a; vgl. FAO 27.4.2018). Dadurch kam es in einigen Gebieten zu Überschwemmungen. Belet Weyne war besonders stark betroffen, 70% der Haushalte mussten ihre Häuser verlassen. In Qoryooley waren es 250 Haushalte. Außerdem betroffen waren einige Dörfer in Middle Juba und im Bezirk Wanla Weyne. Auch einige landwirtschaftlich genutzte Gebiete in Bay, Lower Juba, Togdheer und Hiiraan wurden überflutet (FEWS 4.2018a). Die Pegel der Flüsse werden vermutlich weiter steigen. Bisher sind rund 630.000 Menschen von Sturzfluten oder Überschwemmung betroffen, ca. 215.000 haben ihre Häuser verlassen müssen (davon 180.000 im Gebiet Belet Weyne). Andererseits verlassen manche IDPs die Lager, um von den Niederschlägen in ihrer ursprünglichen Heimat zu profitieren (UN OCHA 2.5.2018).

Quellen:

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FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (4.2018a): Somalia

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Food Security Outlook Update, http://fews.net/east-africa/somalia/food-security-outlook-update/april-2018, Zugriff 2.5.2018

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FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (4.2018b): Somalia

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Food Security Outlook Update, http://fews.net/east-africa/somalia, Zugriff 2.5.2018

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FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (3.2018): Somalia

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Food Security Outlook February to September 2018, http://fews.net/east-africa/somalia/food-security-outlook/february-2018, Zugriff 2.5.2018

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FAO FSNAU - Agentur der Food and Agriculture Organisation der UN (2018): IPC Map, http://www.fsnau.org/ipc/ipc-map, Zugriff 2.5.2018

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FAO SWALIM (27.4.2018): Somalia Rainfall Forecast - Issued: 27 April 2018,

https://reliefweb.int/map/somalia/somalia-rainfall-forecast-issued-27-april-2018, Zugriff 2.5.2018

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UN OCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (2.5.2018): OCHA Somalia Flash Update #3 - Humanitarian impact of heavy rains | 2 May 2018,

https://reliefweb.int/report/somalia/ocha-somalia-flash-update-3-humanitarian-impact-heavy-rains-2-may-2018, Zugriff 3.5.2018

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1. Politische Lage

Das Gebiet von Somalia ist de facto in drei unterschiedliche administrative Einheiten unterteilt: a) Somaliland, ein 1991 selbstausgerufener unabhängiger Staat, der von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt wird; b) Puntland, ein 1998 selbstausgerufener autonomer Teilstaat Somalias; c) das Gebiet südlich von Puntland, das Süd-/Zentralsomalia genannt wird (EASO 8.2014). Im Hinblick auf fast alle asylrelevanten Tatsachen ist Somalia in diesen drei Teilen zu betrachten (AA 1.1.2017).

Im Jahr 1988 brach in Somalia ein Bürgerkrieg aus, der im Jahr 1991 im Sturz von Diktator Siyad Barre resultierte. Danach folgten Kämpfe zwischen unterschiedlichen Clans, Interventionen der UN sowie mehrere Friedenskonferenzen (EASO 8.2014). Seit Jahrzehnten gibt es keine allgemeinen Wahlen auf kommunaler, regionaler oder zentralstaatlicher Ebene. Politische Ämter wurden seit dem Sturz Siad Barres 1991 entweder erkämpft oder unter Ägide der internationalen Gemeinschaft, hilfsweise unter Einbeziehung nicht demokratisch legitimierter traditioneller Strukturen (v.a. Clan-Strukturen) vergeben (AA 1.1.2017).

Im August 2012 endete die Periode der Übergangsregierung (BS 2016). Seit damals gibt es eine politische Entwicklung, die den Beginn einer Befriedung und Stabilisierung sowie eines Wiederaufbaus staatlicher Strukturen markiert. Am 1.8.2012 wurde in Mogadischu eine vorläufige Verfassung angenommen. Seitdem ist die Staatsbildung kontinuierlich vorangeschritten. Das im Dezember 2016 gewählte Parlament stellt dabei auch einen deutlichen demokratischen Fortschritt gegenüber dem 2012 gewählten Parlament dar. Während 2012 135 Clanälteste die Zusammensetzung bestimmten (AA 4.2017a; vgl. UNSC 5.9.2017), waren es 2016 über 14.000 Clan-Repräsentanten (UNHRC 6.9.2017) bzw. 13.000. Während die 54 Mitglieder des Oberhauses von den Parlamenten der Bundesstaaten gewählt wurden, wählten die o.g. Clan-Repräsentanten die 275 auf Clan-Basis ausgewählten Abgeordneten des Unterhauses (UNSC 9.5.2017).

Auch wenn es sich um keine allgemeine Wahl gehandelt hat, ist diese Wahl im Vergleich zu vorangegangenen Wahlen ein Fortschritt gewesen (DW 10.2.2017). Allerdings war auch dieser Wahlprozess problematisch, es gibt zahlreiche Vorwürfe von Stimmenkauf und Korruption (SEMG 8.11.2017). Im Februar 2017 wählte das neue Zweikammerparlament Mohamed Abdullahi Mohamed "Farmaajo" zum Präsidenten; im März bestätigte es Hassan Ali Kheyre als Premierminister (AA 4.2017a; vgl. UNSC 5.9.2017, SEMG 8.11.2017). Das Parlament bestätigte am 29.3.2017 dessen 69-köpfiges Kabinett (UNSC 9.5.2017).

Die Macht wurde friedlich und reibungslos an die neue Regierung übergeben (WB 18.7.2017). Somalia hat den Zustand eines failed state überwunden, bleibt aber ein fragiler Staat (AA 1.1.2017). Die Regierung stellt sich den Herausforderungen, welche Dürre und Sicherheit darstellen. Überhaupt hat die Regierung seit Amtsantritt gezeigt, dass sie dazu bereit ist, die Probleme des Landes zu beheben (UNSC 5.9.2017). Dabei mangelt es der Bundesregierung an Einkünften, diese sind nach wie vor von den wenigen in Mogadischu erzielten Einnahmen abhängig (SEMG 8.11.2017).

Außerdem wird die Autorität der Zentralregierung vom nach Unabhängigkeit strebenden Somaliland im Nordwesten sowie von der die Regierung aktiv bekämpfenden, radikal-islamistischen al Shabaab-Miliz in Frage gestellt. Außerdem gibt es aber keine flächendeckende effektive Staatsgewalt. Die vorhandenen staatlichen Strukturen sind fragil und schwach (AA 1.1.2017). Die föderale Regierung hat es bislang kaum geschafft, sich außerhalb Mogadischus durchzusetzen (ÖB 9.2016).

Allgemeine Wahlen sind für das Jahr 2020 (UNSC 9.5.2017) bzw. 2021 vorgesehen (UNSC 5.9.2017; vgl. UNNS 13.9.2017). Deren Durchführung wird aber maßgeblich davon abhängen, wie sich die Sicherheitslage entwickelt, ob sich Wahlkommissionen auch in den Bundesstaaten etablieren können und ob ein Verfassungsgericht eingerichtet wird (UNSC 5.9.2017).

Neue föderale Teilstaaten (Bundesstaaten)

Generell befindet sich das föderalistische System Somalias immer noch in einer frühen Phase und muss in den kommenden Jahren konsolidiert werden (UNSC 9.5.2017). Zwar gibt es in manchen Gebieten Verbesserungen bei der Verwaltung und bei der Sicherheit. Es ist aber ein langsamer Prozess. Die Errichtung staatlicher Strukturen ist das größte Problem, hier versucht die internationale Gemeinschaft zu unterstützen (BFA 8.2017).

Kaum ein Bundesstaat ist in der Lage, das ihm zugesprochene Gebiet tatsächlich unter Kontrolle zu haben. Bei den neu etablierten Entitäten reicht die Macht nur wenige Kilometer über die Städte hinaus (BFA 8.2017; vgl. NLMBZ 11.2017).

Während im Norden bereits die Gliedstaaten Somaliland und Puntland etabliert waren, begann mit dem international vermittelten Abkommen von Addis Abeba von Ende August 2013 der Prozess der Gliedstaatsgründung im weiteren Somalia, der nach der Gründung der Bundesstaaten Jubaland, South West State (SWS), Galmudug und Hirshabelle 2016 seinen weitgehenden Abschluss fand (AA 4.2017a). Offen ist noch der finale Status der Hauptstadtregion Benadir/Mogadischu (AA 4.2017a; vgl. UNSC 5.9.2017, BFA 8.2017).

Die Bildung der Bundesstaaten erfolgte im Lichte der Clan-Balance.

Rein technisch bedeutet dies: Galmudug und HirShabelle für die Hawiye; Puntland und Jubaland für die Darod; der SWS für die Rahanweyn; Somaliland für die Dir (BFA 8.2017).

Die Beziehungen zwischen der Bundesregierung und den Regierungen der Bundesstaaten sind angespannt, da es bei der Sicherheitsarchitektur und bei der Ressourcenverteilung nach wie vor Unklarheiten gibt (SEMG 8.11.2017). Außerdem hat der Schritt zur Föderalisierung zur Verschärfung von lokalen Clan-Spannungen beigetragen und eine Reihe gewalttätiger Konflikte ausgelöst. Die Föderalisierung hat zu politischen Kämpfen zwischen lokalen Größen und ihren Clans geführt (BS 2016). Denn in jedem Bundesstaat gibt es unterschiedliche Clankonstellationen und überall finden sich Clans, die mit der Zusammensetzung ihres Bundesstaates unzufrieden sind, weil sie plötzlich zur Minderheit wurden. Sie fühlen sich marginalisiert (BFA 8.2017).

Im Zuge der Föderalisierung Somalias wurden mehrere Teilverwaltungen (Bundesstaaten) neu geschaffen: Galmudug Interim Administration (GIA); die Jubaland Interim Administration (JIA); Interim South West State Administration (ISWA). Keine dieser Verwaltungen hat die volle Kontrolle über die ihr unterstehenden Gebiete (USDOS 3.3.2017). Außerdem müssen noch wichtige Aspekte geklärt und reguliert werden, wie etwa die Machtverteilung zwischen Bund und Ländern, die Verteilung der Einkünfte oder die Verwaltung von Ressourcen. Internationale Geber unterstützen den Aufbau der Verwaltungen in den Bundesstaaten (UNSC 5.9.2017).

1) Jubaland (Gedo, Lower Juba, Middle Juba): Im Jahr 2013 kam es zu einem Abkommen zwischen der Bundesregierung und Delegierten von Jubaland über die Bildung des Bundesstaates Jubaland. Im gleichen Jahr wurde Ahmed Mohamed Islam "Madobe" zum Präsidenten gewählt (USDOS 3.3.2017). Der JIA ist es gelungen, zumindest in Kismayo eine Verwaltung zu etablieren. Die Machtbalance in Jubaland wurde verbessert, seit die Ogadeni auch mit anderen Clans kooperieren und diese in Strukturen einbinden (BFA 8.2017).

2) South West State (SWS; Bay, Bakool, Lower Shabelle): Nach einer Gründungskonferenz im Jahr 2014 formierte sich im Dezember 2015 das Parlament des Bundesstaates South West State. Dieses wählte Sharif Hassan Sheikh Adam zum Übergangspräsidenten (USDOS 3.3.2017). Insgesamt befindet sich der SWS immer noch im Aufbau, die Regierungsstrukturen sind schwach, Ministerien bestehen nur auf dem Papier. Es gibt kaum Beamte, und in der Politik kommt es zu Streitigkeiten. Die Region Bakool ist besser an den SWS angebunden, als dies bei Lower Shabelle der Fall ist. Die Beziehungen von Lower Shabelle zur Bundesregierung und zum SWS sind kompliziert, der SWS hat dort kaum Mitsprache (BFA 8.2017).

3) HirShabelle (Hiiraan, Middle Shabelle): Bei der Bildung des Bundesstaates HirShabelle wurde längere Zeit über gestritten. Beide Regionen (Hiiraan und Middle Shabelle) haben erklärt, dass sie genügend Einwohner hätten, um jeweils einen eigenen Bundesstaat gründen zu können. Trotzdem wurden die Regionen fusioniert (BFA 8.2017). Im Jänner 2016 fand eine Konferenz zur Bildung eines Bundesstaates aus Hiiraan und Middle Shabelle statt. In der Folge wurde im Oktober 2016 der Bundesstaat Hirshabelle eingerichtet: Ein Parlament wurde zusammengestellt und ein Präsident - Ali Abdullahi Osoble - gewählt. Anführer der Hawadle haben eine Teilnahme verweigert (USDOS 3.3.2017). Das Kabinett wurde Mitte März 2017 vom Parlament bestätigt (BFA 8.2017; vgl. UNSC 9.5.2017). Der Großteil der Regierung von HirShabelle befindet sich in Mogadischu. Die Bildung des Bundesstaates scheint alte Clan-Konflikte neu angeheizt zu haben, die Hawadle fühlen sich marginalisiert (BFA 8.2017).

4) Galmudug (Galgaduud, Teile von Mudug): 2015 wurde eine Regionalversammlung gebildet und Abdikarim Hussein Guled als Präsident gewählt hat (EASO 2.2016). Die Regionalversammlung war von der Bundesregierung eingesetzt worden. Ausgewählt wurden die 89 Mitglieder von 40 Ältesten, welche wiederum 11 Clans repräsentierten. Die Gruppe Ahlu Sunna wal Jama'a (ASWJ), die Teile der Region Galgaduud kontrolliert, hat den Prozess boykottiert und eine eigene Verwaltung eingerichtet (USDOS 3.3.2017). Die GIA wird von Hawiye/Habr Gedir/Sa'ad dominiert (EASO 2.2016). Am 25.2.2017 trat der Präsident von Galmudug, Abdikarim Hussein Guled, zurück (UNSC 9.5.2017). Am 3.5.2017 wurde Ahmed Duale Geele "Xaaf" vom Regionalparlament von Galmudug zum neuen Präsidenten gewählt (UNSC 5.9.2017). Auch der neue Präsident hat noch keine Lösung mit der ASWJ herbeigeführt (UNSOM 13.9.2017).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (1.1.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

* AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): Somalia - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Somalia/Innenpolitik_node.html, Zugriff 13.9.2017

* BFA - BFA Staatendokumentation (8.2017): Fact Finding Mission Report Somalia. Sicherheitslage in Somalia. Bericht zur österreichisch-schweizerischen FFM, http://www.bfa.gv.at/files/berichte/FFM%20Report_Somalia%20Sicherheitslage_Onlineversion_2017_08_KE_neu.pdf, Zugriff 13.9.2017

* BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Somalia Country Report,

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf, Zugriff 20.11.2017

* DW - Deutsche Welle (10.2.2017): Kommentar: Farmajo, der neue Präsident Somalias - Wie viele Löcher hat der Käse? http://www.dw.com/de/kommentar-farmajo-der-neue-pr%C3%A4sident-somalias-wie-viele-l%C3%B6cher-hat-der-k%C3%A4se/a-37496267, Zugriff 24.11.2017

* EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Somalia Security Situation,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf, Zugriff 21.12.2017

* EASO - European Asylum Support Office (8.2014): South and Central Somalia: Country Overview,

http://www.ecoi.net/file_upload/90_1412334993_easo-2014-08-coi-report-somalia.pdf, Zugriff 21.11.2017

* NLMBZ - (Niederlande) Ministerie von Buitenlandse Zaken (11.2017):

Algemeen Ambtsbericht Zuid- en Centraal- Somalië, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1512376193_correctie-aab-zuid-en-centraal-somalie-2017-def-zvb.pdf, Zugriff 10.1.2018

* ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (9.2016): Asylländerbericht Somalia

* SEMG - Somalia and Eritrea Monitoring Group (8.11.2017): Report of the SEMG on Somalia,

https://www.un.org/ga/search/view_doc.asp?symbol=S/2017/924, Zugriff 14.11.2017

* UNHRC - UN Human Rights Council (6.9.2017): Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia http://www.refworld.org/docid/59c12bed4.html, Zugriff 11.11.2017

* UNNS - UN News Service (13.9.2017): Somalia facing complex immediate and long-term challenges, UN Security Council told, http://www.refworld.org/docid/59bfc8b34.html, Zugriff 11.11.2017

* UNSC - UN Security Council (5.9.2017): Report of the Secretary-General on Somalia,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1505292097_n1726605.pdf, Zugriff 8.11.2017

* UNSC - UN Security Council (9.5.2017): Report of the Secretary-General on Somalia,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1496910356_n1712363.pdf, Zugriff 10.11.2017

* UNSOM - United Nations Assistance Mission in Somalia (13.9.2017):

SRSG Keating Briefing to the Security Council, https://unsom.unmissions.org/srsg-keating-briefing-security-council-1, Zugriff 11.11.2017

* USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2016&dlid=265300, Zugriff 13.9.2017

* WB - World Bank (18.7.2017): Somalia Economic Update, http://documents.worldbank.org/curated/en/552691501679650925/Somalia-economic-update-mobilizing-domestic-revenue-to-rebuild-Somalia, Zugriff 20.11.2017

1.1. Puntland

Der so genannte Puntland State of Somalia hat sich 1998 mit internationaler Unterstützung konstituiert. Er strebt keine Unabhängigkeit von Somalia an. Es konnten einigermaßen stabile staatliche Strukturen etabliert werden (AA 1.1.2017; vgl. BS 2016). Die staatlichen Organe in Puntland sind insgesamt weniger fragil als die zentralstaatlichen (AA 1.1.2017). Dabei konnte Puntland die Verwaltungskapazitäten weiter ausbauen. Gleichzeitig ist Puntland auf Bundesebene ein wichtiger Akteur. Grundlegende staatliche Dienste (z.B. Infrastruktur, Behörden) sind in Puntland gegeben. Das Verwaltungssystem ist aber urban konzentriert und reicht nicht bis in entlegene Gebiete (BS 2016).

Im Jänner 2014 kam es zum dritten Mal zu einem friedlichen Machtwechsel an der Spitze von Puntland. Allerdings fand dieser Machtwechsel nicht auf der Grundlage einer allgemeinen Wahl statt (AA 1.1.2017). Zwar war eine solche geplant, doch wurde die Wahl aufgrund gewaltsamer Proteste abgesagt. Gewählt wurde Präsident Abdiweli Mohamed Ali "Gaas" im Prinzip von Ältesten (BS 2016). Das Parlament, das den Präsidenten wählte, war unter Einbeziehung traditioneller Strukturen mit Clan-Bezug von einem durch den vorherigen Präsidenten eingesetzten Auswahlausschuss ernannt worden (AA 1.1.2017). Dabei folgte die Wahl von Präsident Gaas dem Rotationsprinzip der drei Hauptclans von Puntland (BS 2016).

Obwohl das Parlament schon im Jahr 2012 eine Verfassung beschlossen hat, die ein Mehrparteiensystem vorsieht (USDOS 3.3.2017), hat Puntland noch keine wirklich demokratischen Strukturen geschaffen. Präsident und Parlament werden durch den Beschluss von Ältesten entschieden (BS 2016).

Politische Auseinandersetzungen werden in der Regel zwar nicht gewaltsam ausgetragen, aber die Sicherheitslage ist im Umfeld der Wahlen sehr angespannt. Staatliche Sicherheitskräfte agieren mit Sondervollmachten (AA 1.1.2017).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (1.1.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

* BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Somalia Country Report,

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf, Zugriff 20.11.2017

* USDOS - US Department of Stat

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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