TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/15 W241 1417270-3

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Veröffentlicht am 15.10.2018
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Entscheidungsdatum

15.10.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70 Abs3

Spruch

W241 1417270-3/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. HAFNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Pakistan, vertreten durch RA Dr. Andreas WALDHOF, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.03.2018, Zl. 540315510-171072163, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 67 Abs. 1 und 2, 70 Abs. 3 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge: BF) stellte am 14.12.2010 nach illegaler Einreise einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesasylamts vom 22.12.2010 abgewiesen und der BF nach Pakistan ausgewiesen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde vom Asylgerichtshof am 02.02.2011 als unbegründet abgewiesen.

1.2. Der BF wurde am 12.04.2011 sowie am 16.08.2011 wegen illegalen Aufenthalts nach § 120 FPG angezeigt. Am 16.08.2011 wurde über den BF die Schubhaft verhängt, aus der er am 10.11.2011 entlassen wurde, da kein Heimreisezertifikat erlangt werden konnte. Am 21.05.2012 sowie am 27.04.2014 wurde der BF erneut wegen illegalen Aufenthalts angezeigt. Am 14.04.2014 wurde er bei einer illegalen Arbeitsaufnahme betreten.

1.3. Der BF stellte am 18.07.2014 einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid vom 12.07.2016 wurde der Antrag wegen entschiedener Sache zurückgewiesen, einen Rückkehrentscheidung erlassen und die Frist für die freiwillige Ausreise aberkannt. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (in der Folge BVwG) vom 12.09.2016, L508 1417270-2/4E, wurde die Beschwerde gegen diesen Bescheid als unbegründet abgewiesen.

1.4. Am 04.10.2016 stellte der BF beim Magistrat Wien (MA 35) einen Antrag auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte als Ehegatte einer EWR-Bürgerin.

1.5. Mit Schreiben vom 28.11.2016 teilte der BF dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) mit, dass er am 23.09.2016 eine slowakische Staatsangehörige geheiratet habe, und beantragte die Aufhebung der Rückkehrentscheidung.

Eine Anfrage an das Standesamt ergab, dass sich der BF bei der Eheschließung mit einem pakistanischen Reisepass, ausgestellt am 24.08.2016, ausgewiesen hatte.

1.6. Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens durch die Landespolizeidirektion Wien wurde von der StaatsanwaltschaftXXXXam 23.01.2017 ein Strafantrag wegen des Eingehens einer Aufenthaltsehe nach § 117 Abs. 1 und 4 FPG gestellt. Im Zuge der Hauptverhandlung vor dem BG XXXX am 09.05.2017 übernahmen der BF und seine Ehefrau die Verantwortung für die ihnen vorgeworfene Tat. Das Verfahren wurde daraufhin für eine Probezeit von zwei Jahren eingestellt.

1.7. Der BF wurde am 08.08.2017 durch das BFA einvernommen. Am 07.02.2018 wurden zwei Zeugen vom BFA befragt.

1.8. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 23.03.2018 wurde gegen den BF gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein befristetes Aufenthaltsverbot für die Dauer von drei Jahren erlassen (Spruchpunkt I.) sowie gemäß § 70 Abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.). Einer Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).

Begründend führte das BFA aus, dass sich der BF unter Zuhilfenahme einer Aufenthaltsehe mit einer slowakischen Staatsangehörigen ein Aufenthaltsrecht für das Bundesgebiet habe verschaffen wollen. Er sei nach Abschluss seines Asylverfahrens illegal im Bundesgebiet verblieben und habe einen weiteren unbegründeten Asylantrag gestellt. Er habe bei der Eheschließung einen Reisepass vorgelegt, obwohl er angegeben hätte, keinerlei Dokumente aus Pakistan zu besitzen, und mit den von ihm angegebenen Daten kein Heimreisezertifikat hätte erlangt werden können. Er habe sich seiner Festnahme am 16.08.2011 durch Flucht zu entziehen versucht. Der BF stelle daher eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar.

1.9. Gegen diesen Bescheid erhob der BF am 17.04.2018 fristgerecht Beschwerde.

1.10. Nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens durch die MA 35, der Einvernahme des BF, seiner Ehefrau und mehrerer Zeugen wurde der Antrag des BF vom 04.10.2016 auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte mit Bescheid vom 16.05.2018 zurückgewiesen. Es liege eine Aufenthaltsehe im Sinne des § 30 iVm § 54 Abs. 7 NAG vor.

1.11. Der BF wurde am 11.07.2018 nach Pakistan überstellt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF stellte am 14.12.2010 nach illegaler Einreise einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesasylamts vom 22.12.2010 abgewiesen und der BF nach Pakistan ausgewiesen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde vom Asylgerichtshof am 02.02.2011 als unbegründet abgewiesen.

1.2. Der BF wurde mehrmals wegen illegalen Aufenthalts angezeigt und einmal bei der illegalen Arbeitsaufnahme betreten.

1.3. Der BF musste aus der Schubhaft entlassen werden, da kein Heimreisezertifikat erlangt werden konnte.

1.4. Der BF ehelichte am 23.09.2016 die slowakische Staatsangehörige XXXX, geb. XXXX. Die Ehegatten sind eine Aufenthaltsehe eingegangen. Anlässlich der Eheschließung legte der BF einen pakistanischen Reisepass vor.

1.5. Der BF ist gesund und erwerbsfähig. Im Bundesgebiet war der BF als Zeitungszusteller tätig, über eine Beschäftigungsbewilligung verfügte er nicht. Er hat einen Deutschkurs auf dem Niveau A2 absolviert. Er hat keinerlei österreichische Freunde, er ist nicht Mitglied in Vereinen oder sonstigen Organisationen, ein soziales Engagement weist der BF nicht auf. Er war an der gleichen Wohnadresse wie XXXX gemeldet. Darüber hinaus besteht zwischen den Gatten kein Naheverhältnis.

1.6. Der BF hat in Pakistan eine Schul- und Berufsausbildung absolviert. Seine Eltern, zwei Brüder und eine Schwester leben in Pakistan.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen 1.1, 1.2. und 1.3. ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellung zur Heirat mit einer slowakischen Staatsangehörigen beruht auf der im Akt aufliegenden Heiratsurkunde. Die Feststellung, dass der BF mit seiner Ehefrau eine Aufenthaltsehe eingegangen ist und mit ihr kein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK führte, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt der MA 35 sowie dem Gerichtakt des BG XXXX.

Die MA 35 kam nach Durchführung eines gründlichen Ermittlungsverfahrens, welches auch die Einvernahme mehrerer Zeugen umfasste, zu dem Schluss, dass eine Aufenthaltsehe vorliegt. Der Bescheid vom 16.05.2018, XXXX, enthält eine ausführliche diesbezügliche Beweiswürdigung und blieb unbekämpft.

Der BF und seine Ehefrau übernahmen im Rahmen der Gerichtsverhandlung am BG XXXX am 09.05.2017, XXXX, die Verantwortung für die ihnen vorgeworfene Tat und ersuchten um eine diversionelle Erledigung, woraufhin das Verfahren unter Verhängung einer Probezeit von zwei Jahren eingestellt wurde.

Angesichts des Schuldeingeständnis des BF vor dem BGXXXX und dem ausführlichen Ermittlungsverfahren der MA 35 besteht für das erkennende Gericht kein Grund, an der Schlussfolgerung der belangten Behörde, dass eine Aufenthaltsehe vorliegt, zu zweifeln. In der Beschwerde wurde lediglich vorgebracht, dass der BF mit seiner Frau ein Eheleben führe, und als Beweis für das Zusammenleben der Eheleute auf die vom BF genannten Zeugen verwiesen. Diese Zeugen wurden jedoch sowohl vom BFA als auch von der MA 35 einvernommen. Am Zusammenleben der Eheleute wurde auch nicht gezweifelt, ein Familienleben konnte jedoch aufgrund der zahlreichen Widersprüche in den Aussagen und der lückenhaften Kenntnisse über den jeweiligen Ehepartner weder vom BG XXXX noch von der MA 35 oder vom BFA festgestellt werden.

Die Feststellungen 1.5. und 1.6. betreffend seine Angehörigen in Pakistan, seine Integration im Bundesgebiet, seine Kenntnisse der deutschen Sprache und seine Erwerbstätigkeit ergeben sich aus den insoweit glaubwürdigen Angaben des BF in den verschiedenen Einvernahmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1.1. § 67 FPG lautet auszugsweise:

"Aufenthaltsverbot

§ 67 (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) [...]

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist beginnt mit Eintritt der Durchsetzbarkeit zu laufen."

§ 23 EheG lautet:

"Namensehe und Staatsangehörigkeitsehe

(1) Eine Ehe ist nichtig, wenn sie ausschließlich oder vorwiegend zu dem Zweck geschlossen ist, der Frau die Führung des Familiennamens des Mannes oder den Erwerb der Staatsangehörigkeit des Mannes zu ermöglichen, ohne daß die eheliche Lebensgemeinschaft begründet werden soll.

(2) Die Ehe ist jedoch als von Anfang an gültig anzusehen, wenn die Ehegatten nach der Eheschließung fünf Jahre oder, falls einer von ihnen vorher verstorben ist, bis zu seinem Tode, jedoch mindestens drei Jahre, als Ehegatten miteinander gelebt haben, es sei denn, daß bei Ablauf der fünf Jahre oder zur Zeit des Todes des einen Ehegatten die Nichtigkeitsklage erhoben ist."

3.1.2. Die neuere Rechtsprechung wendet den Nichtigkeitsgrund des § 23 EheG analog auch auf Fälle der Eheschließung zum Zweck der Erlangung der unbeschränkten Aufenthaltsmöglichkeit im Inland oder des ungehinderten Zutrittes zum inländischen Arbeitsmarkt ("Aufenthalts- und Arbeitsbewilligungsehen") an (Stabentheiner in Rummel ABGB3 § 23 EheG, Stand 01.01.2002, rdb.at).

Die Nichtigerklärung einer Ehe gemäß § 23 EheG stellt keine Voraussetzung für die Feststellung des Bestehens einer Scheinehe dar und spricht das Unterbleiben einer solchen Nichtigerklärung nicht gegen die Beurteilung einer solchen Ehe (VwGH 21.01.2013, Zl. 2012/23/0040).

Einem Fremden, der mit einem in Österreich lebenden, sein unionsrechtliches Recht auf Freizügigkeit in Anspruch nehmenden EU-Bürger aufrecht verheiratet ist (unabhängig davon, ob die Ehe als Scheinehe zu qualifizieren ist), kommt die Rechtsposition als begünstigter Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs. 4 Z 11 FPG zu (vgl. E 7. April 2011, 2011/22/0005). Insofern trifft es zwar zu, dass das formell aufrechte Bestehen der Ehe maßgeblich ist. Das steht der Wahrnehmung einer Scheinehe aber nicht entgegen, sondern bedeutet nur, dass sich die Konsequenzen dieser Scheinehe nach den für begünstigte Drittstaatsangehörige geltenden Regeln bestimmen. Insbesondere käme etwa die Erlassung eines Aufenthaltsverbots nach § 67 Abs. 1 FPG, weil auf Grund des persönlichen Verhaltens des begünstigten Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist, in Betracht (vgl. E 21.02.2013, 2011/23/0647). Aber auch die Versagung eines Visums ist auf dieser Basis (nach § 21 Abs. 2 Z 7 FPG; dass das VwG verfehlt den Versagungsgrund nach § 21 Abs. 2 Z 2 FPG herangezogen hat, verletzt den Fremden fallbezogen nicht in Rechten) zulässig (vgl. E 19.06.2008, 2007/21/0266; E 26.03.2015, Ro 2014/22/0026).

Das Eingehen einer Aufenthaltsehe rechtfertigt die Annahme nach § 67 FPG (vgl. VwGH 22.01.2013, 2011/18/0003; 12.03.2013, 2012/18/0228).

3.1.3. Aufgrund obenstehender Erwägungen steht für das BVwG in Übereinstimmung mit der entsprechenden Beurteilung durch die belangte Behörde fest, dass es sich bei der zwischen dem BF und seiner Gattin geschlossenen Ehe um eine Aufenthaltsehe handelt, die den Zweck verfolgt, dem BF eine Aufenthaltsmöglichkeit im Bundesgebiet zu verschaffen, wobei keine Absicht bestand und besteht, eine eheliche Lebensgemeinschaft zu begründen, womit die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 67 FPG geboten ist. (vgl. hiezu VwGH 21.02.2013, 2011/23/0647; 29.03.2012, 2012/23/0023 mwN).

3.2.1. § 9 BFA-VG lautet:

"Schutz des Privat- und Familienlebens

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.-die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.-das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.-die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.-der Grad der Integration,

5.-die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.-die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.-Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.-die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.-die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden, wenn

1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, es sei denn, eine der Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes von mehr als fünf Jahren gemäß § 53 Abs. 3 Z 6, 7 oder 8 FPG liegt vor, oder

2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."

3.2.2. Es ist daher nunmehr eine individuelle Abwägung der betroffenen Interessen vorzunehmen, um festzustellen, ob der Eingriff als verhältnismäßig - auch im Sinne des Art. 8 EMRK - angesehen werden kann:

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung des Privat- und Familienlebens, der Wohnung und des Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Entsprechend der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (in Folge: EGMR) als auch jener des Verfassungsgerichtshofes muss der Eingriff hinsichtlich des verfolgten legitimen Ziels verhältnismäßig sein.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des EGMR sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Ausweisung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des bzw. der Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren sowie die Frage zu berücksichtigen, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (vgl. VfSlg. 18.224/2007, 18.135/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (EGMR, Maslov/Österreich, 23.06.2008, 1638/03, RN 63). In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration der Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Der Begriff des "Familienlebens" besteht unabhängig vom nationalen Recht (EGMR, Marckx/Belgien, 13.06.1979, Serie A Nr. 31 , §§ 31 und 69). Folglich gilt, dass die Frage, ob ein "Familienleben" besteht, im Wesentlichen eine Frage der Tatsachen ist und von den tatsächlich bestehenden engen familiären Bindungen abhängt (K./Vereinigtes Königreich, Nr. 11468/85, Kommissionsentscheidung vom 15. Oktober 1986, DR 50). Der Begriff "Familie" in Art. 8 bezieht sich nicht allein auf eheliche Verbindungen, sondern kann auch andere de facto "Familienbande" mitumfassen, wenn die Parteien außerhalb einer Ehe zusammenleben (EGMR, Johnston und andere/Irland, 18.12.1986, Serie A Nr. 112, § 56).

3.2.3. Ein schützenswertes Familienleben im Bundesgebiet im oben dargestellten Sinn liegt gegenständlich nicht vor, da es sich bei der aufrechten Ehe des BF um eine Aufenthaltsehe (Scheinehe) handelt. Zudem konnten keine Anhaltpunkte für ein tatsächlich bestehendes Ehe- bzw. Familienleben zwischen dem BF und seiner Gattin ausgemacht werden, hiezu sei auf die beweiswürdigenden Erwägungen verwiesen.

Die aufenthaltsbeendende Maßnahme könnte daher allenfalls lediglich in das Privatleben des BF eingreifen.

Geht man nun im vorliegenden Fall von einem bestehenden Privatleben des BF in Österreich aus, fällt die gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotene Abwägung zu Lasten des BF aus und stellt das Aufenthaltsverbot jedenfalls keinen unzulässigen Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK dar:

Bei der Beurteilung der Frage, ob er in Österreich über ein schützenswertes Privatleben verfügt, spielt die zeitliche Komponente eine zentrale Rolle, da - abseits familiärer Umstände - eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541).

Der Verwaltungsgerichtshof geht bei einem dreieinhalbjährigen Aufenthalt im Allgemeinen von einer eher kürzeren Aufenthaltsdauer aus (vgl. Chvosta, ÖJZ 2007/74 unter Hinweis auf die VwGH 08.03.2005, 2004/18/0354; 27.03.2007, 2005/21/0378), und geht im Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/10/0479, davon aus, "dass der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte".

Der BF hält sich seit Dezember 2010 im Bundesgebiet auf. Dieser Aufenthalt war jedoch nach Abschluss seines ersten Asylverfahrens im Februar 2011 bis zur Stellung eines zweiten Asylantrags im Juli 2014 und seit Abschluss dieses zweiten Verfahrens im September 2016 illegal, sodass die lange Aufenthaltsdauer des BF nicht zu seinen Gunsten ausschlagen kann. Zudem sind keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine tatsächliche, fortgeschrittene Integration des BF hervorgekommen, aufgrund derer das Vorliegen eines schützenswerten Privatlebens anzunehmen wäre.

Ein allenfalls verursachter Eingriff in sein Recht auf Privatleben ist jedenfalls insofern iSd Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt, als das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung sein Interesse an einem weiteren Verbleib in Österreich überwiegt.

Der EGMR hat in seiner langjährigen Rechtsprechung zu Ausweisungen Fremder wiederholt ausgesprochen, dass die EMRK Fremden nicht das Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem bestimmten Land garantiert und die Konventionsstaaten im Allgemeinen nicht verpflichtet sind, die Wahl des Aufenthaltslandes durch Einwanderer zu respektieren und auf ihrem Territorium die Familienzusammenführung zu gestatten. Dennoch könne in einem Fall, der sowohl die Achtung des Familienlebens, als auch Fragen der Einwanderung betrifft, der Umfang der staatlichen Verpflichtung, Familienangehörigen von im Staat ansässigen Personen Aufenthalt zu gewähren, - je nach der Situation der Betroffenen und dem Allgemeininteresse - variieren (vgl. z.B. EGMR 05.09.2000, 44328/98, Solomon v. Niederlande; 09.10.2003, 48321/99, Slivenko v. Lettland; 22.04.2004, 42703/98, Radovanovic v. Österreich; 31.01.2006, 50435/99, da Silva und Hoogkamer v. Niederlande; 31.07.2008, 265/07, Darren Omoregie ua v. Norwegen).

Der BF stellte zwei unbegründete Asylanträge, hielt sich nach Abschluss seiner beiden Asylverfahren unrechtmäßig in Österreich auf, wurde mehrmals wegen illegalen Aufenthalts angezeigt und suchte seinen Aufenthalt schließlich durch das Eingehen einer Aufenthaltsehe (Scheinehe) mit einer EWR-Bürgerin zu legalisieren. Damit verstieß er fortlaufend gegen fremdenpolizeiliche Bestimmungen.

Die Dauer des gegenständlichen Verfahrens übersteigt auch nicht das Maß dessen, was für ein rechtsstaatlich geordnetes, den verfassungsrechtlichen Vorgaben an Sachverhaltsermittlungen und Rechtschutzmöglichkeiten entsprechendes Verfahren angemessen ist.

Der BF verfügt über stärkere Bindungen zum Herkunftsstaat: Er hat dort den weit überwiegenden Teil seines Lebens verbracht. Er wurde in Pakistan sozialisiert und spricht eine Landessprache als Muttersprache. Zudem leben seine Eltern, zwei Brüder und eine Schwester in Pakistan.

Im Gegensatz dazu ist er in Österreich kaum integriert: Der BF besitzt geringe Deutschkenntnisse und hat keine Deutschprüfungen absolviert oder sonstige Bildungsmaßnahmen in Anspruch genommen. Eine legale Erwerbstätigkeit hat er nicht ausgeübt, zudem besteht keine wesentliche kulturelle oder soziale Integration. Es ist nicht hervorgekommen, dass der BF sich während seines Aufenthalts in wirtschaftlicher Hinsicht durch legale Erwerbstätigkeit eine tragfähige Existenz aufgebaut hätte oder er selbsterhaltungsfähig wäre. Wenn Fremde selbständig als Zeitungszusteller arbeiten und so für ihren Unterhalt sorgen, ist in dieser Tätigkeit keine entscheidungserhebliche berufliche Integration zu sehen (VwGH 07.05.2015, Zl. 2013/22/0030; vgl. E 17.04.2013, 2013/22/0042). Das Bestehen starker sozialer Bindungen oder einer sonstigen Eingliederung in Österreich sind nicht hervorgekommen. Zudem spricht das Verhalten des BF (Eingehen einer Aufenthaltsehe) gegen eine gelungene Eingliederung.

Das Interesse des BF an der Aufrechterhaltung seiner allenfalls bestehenden privaten Kontakte ist noch zusätzlich dadurch geschwächt, als ihm bewusst sein musste, dass sein Aufenthalt im Bundesgebiet unrechtmäßig war und er nun seinen Aufenthalt lediglich durch das Eingehen einer Aufenthaltsehe (Scheinehe) zu legitimieren suchte.

Den schwach ausgeprägten privaten Interessen des BF an einem weiteren Aufenthalt in Österreich stehen die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (z.B. VwGH 16.01.2001, 2000/18/0251).

Die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, die sich insbesondere im Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften sowie darin manifestieren, dass das FPG und NAG nicht zur Umgehung der allgemeinen Regelungen eines geordneten Zuwanderungswesens dienen darf, wiegen im vorliegenden Fall schwerer als die Interessen des BF am Verbleib in Österreich.

Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes war daher im vorliegenden Fall dringend geboten und ist auch nicht unverhältnismäßig (vgl. VwGH 25.02.2010, 2009/21/0142; 18.03.2010, 2010/22/0023).

3.3. Zur Dauer des Aufenthaltsverbotes:

Den diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Bescheid kann nicht entgegengetreten werden. Der BF versuchte seine Abschiebung nicht nur durch das Eingehen einer Aufenthaltsehe, sondern auch durch Stellung eines zweiten unbegründeten Asylantrags zu verhindern. Darüber hinaus gab er widerholt an, über keine Identitätsdokumente zu verfügen, weshalb im Jahr 2011 kein Heimreisezertifikat von der pakistanischen Botschaft erlangt werden konnte. Um die Aufenthaltsehe eingehen zu könne, war es dem BF jedoch offenbar problemlos möglich, einen Reisepass ausstellen zu lassen. Selbst nachdem der BF und seine Gattin, nachdem sie dies zeitweise heftig bestritten hatten, im Strafverfahren bereits zugestanden hatten, eine Aufenthaltsehe eingegangen zu sein, bestritt der BF dennoch im weiteren gegenständlichen Verfahren, eine Aufenthaltsehe eingegangen zu sein.

Sein Verhalten zeigt eine fortgesetzte Missachtung der österreichischen Rechtsordnung auf, sodass insgesamt betrachtet die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in der Dauer von drei Jahren geboten ist. Die dreijährige Dauer des Aufenthaltsverbotes übersteigt zudem nicht jene für Fälle des § 53 Abs. 2 FPG vorgesehene Frist, sodass hier kein Wertungswiderspruch entsteht.

3.4. Zum Durchsetzungsaufschub nach § 70 FPG (Spruchpunkt III.):

§ 70 FPG lautet:

"Ausreiseverpflichtung und Durchsetzungsaufschub

§ 70 (1) Die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot werden spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.

(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

(4) Der Durchsetzungsaufschub ist zu widerrufen, wenn

1. nachträglich Tatsachen bekannt werden, die dessen Versagung gerechtfertigt hätten;

2. die Gründe für die Erteilung weggefallen sind oder

3. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige während seines weiteren Aufenthaltes im Bundesgebiet ein Verhalten setzt, das die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebietet."

Im gegenständlichen Fall ergibt sich, wie oben ausführlich dargelegt, die Notwendigkeit der Erlassung eines Aufenthaltsverbots. Angesichts der wiederholten Verstöße des BF gegen fremdenrechtliche Vorschriften und seines langjährigen illegalen Aufenthalts war eine sofortige Ausreise des BF geboten.

3.5. Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung:

Das BFA hat der Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG aberkannt. Der Beschwerde wurde die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht zuerkannt. Tatsächlich hat der BF keine Verletzung von Art. 8 EMRK durch seine Abschiebung glaubhaft machen können.

Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann das Bundesamt einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn die sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit geboten ist.

Wie oben ausgeführt, stellte das Verhalten des BF eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung dar, da er wiederholt gegen fremdenrechtliche Vorschriften verstieß und seine Abschiebung nach Pakistan mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln zu verhindern versuchte.

3.6. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Der Verwaltungsgerichtshof (Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018) hielt in diesem Zusammenhang fest, dass sich die bisher zu § 67d AVG ergangene Rechtsprechung auf das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten erster Instanz insoweit übertragen lässt, als sich die diesbezüglichen Vorschriften weder geändert haben noch aus systematischen Gründen sich eine geänderte Betrachtungsweise als geboten darstellt.

Die in § 24 Abs. 4 VwGVG getroffene Anordnung kann nach dessen Wortlaut nur zur Anwendung gelangen, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist. Schon deswegen kann - entgegen den Materialien - nicht davon ausgegangen werden, diese Bestimmung entspräche (zur Gänze) der Vorgängerbestimmung des § 67d Abs. 4 AVG. Zudem war letztgenannte Norm nur auf jene Fälle anwendbar, in denen ein verfahrensrechtlicher Bescheid zu erlassen war. Eine derartige Einschränkung enthält § 24 Abs. 4 VwGVG nicht (mehr).

Für den Anwendungsbereich der vom BFA-VG 2014 erfassten Verfahren enthält § 21 Abs. 7 BFA-VG 2014 eigene Regelungen, wann - auch:

trotz Vorliegens eines Antrages - von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden kann. Lediglich "im Übrigen" sollen die Regelungen des § 24 VwGVG anwendbar bleiben. Somit ist bei der Beurteilung, ob in vom BFA-VG erfassten Verfahren von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden kann, neben § 24 Abs. 1 bis 3 und 5 VwGVG in seinem Anwendungsbereich allein die Bestimmung des § 21 Abs. 7 BFA-VG 2014, nicht aber die bloß als subsidiär anwendbar ausgestaltete Norm des § 24 Abs 4 VwGVG, als maßgeblich heranzuziehen.

Mit Blick darauf, dass der Gesetzgeber im Zuge der Schaffung des § 21 Abs. 7 BFA-VG 2014 vom bisherigen Verständnis gleichlautender Vorläuferbestimmungen ausgegangen ist, sich aber die Rechtsprechung auch bereits damit auseinandergesetzt hat, dass sich jener Rechtsrahmen, in dessen Kontext die hier fragliche Vorschrift eingebettet ist, gegenüber jenem, als sie ursprünglich geschaffen wurde, in maßgeblicher Weise verändert hat, geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG 2014 enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" nunmehr folgende Kriterien beachtlich sind:

-

der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und

-

bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen

-

die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und

-

das BVwG diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen

-

in der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüberhinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht bleibt wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.

Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Der Sachverhalt ist zusammengefasst, wie dargestellt, aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen (entspricht der bisherigen Judikatur zum § 67d AVG, wobei darauf hinzuweisen ist, dass § 24 VwGVG dem aufgehobenen § 67d AVG entspricht).

Was das Vorbringen des BF in der Beschwerde betrifft, so findet sich in dieser kein Tatsachenvorbringen, welches zu einem anderen Verfahrensausgang führen könnte. Es hat sich daher aus Sicht des BVwG keine Notwendigkeit ergeben, den als geklärt erscheinenden Sachverhalt mit dem BF näher zu erörtern (vgl. VwGH 23.01.2003, 2002/20/0533, VwGH 01.04.2004, 2001/20/0291).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. insb. zur Begründung eines Aufenthaltsverbotes durch das Eingehen einer Aufenthaltsehe VwGH 22.01.2013, 2011/18/0003; 12.03.2013, 2012/18/0228); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen.

Schlagworte

Aufenthaltsehe, Aufenthaltsverbot, öffentliches Interesse, Scheinehe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W241.1417270.3.00

Zuletzt aktualisiert am

04.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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