Entscheidungsdatum
22.10.2018Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
G313 2165465-1/26E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Birgit WALDNER-BEDITS als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Serbien, vertreten durch: Mag. Stefan ERRATH, Rechtsanwalt, 1030 Wien, gegen Spruchpunkt III. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.07.2017, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 22.02.2018 zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und angefochtener Spruchpunkt III. des Bescheides vom 07.07.2017 aufgehoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 AsylG 2005 nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA_VG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 53 Abs. 1 Z. 1 FPG erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs. 1 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig ist (Spruchpunkt II.), gemäß § 53 Abs. 2 Z. 6 FPG gegen den BF ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.), und gemäß § 18 Abs. 2 Z. 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung aberkannt (Spruchpunkt IV.).
2. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Dabei wurde ausdrücklich nur das gegen den BF verhängte befristete Einreiseverbot in Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides angefochten.
3. am 26.07.2017 langte beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt ein. Die belangte Behörde merkte an, auf die Teilnahme an einer mündlichen Beschwerdeverhandlung zu verzichten.
4. Mit Aktenvermerk des BVwG vom 28.07.2017 wurde gegenständlicher Beschwerde nicht die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
5. Am 20.02.2018 wurde am BVwG, Außenstelle Graz, eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Die Ladung zu dieser Verhandlung wurde dem BF zuhanden seines Vertreters am 16.01.2018 zugestellt. Das daraufhin vom Rechtsvertreter des BF erhobene und am 19.02.2018 nachmittags beim BVwG eingelangte Vertagungsgesuch ein Monat nach der Ladung war damit begründet, dass die beantragte Wiedereinreisebewilligung nach § 27a FPG von der Österreichischen Botschaft (noch nicht) ausgestellt worden sei. Der RV des BF wurde davon in Kenntnis gesetzt, dass die Verhandlung danach stattfinden wird. Trotzdem ist der RV nicht zur Verhandlung erschienen. In der Beschwerdeverhandlung wurde daher nur die ohne Ladung erschienene nunmehrige Ehegattin des BF einvernommen.
Auf Nachfragen der Richterin, warum der RV des BF nicht erschienen sei, gab die Ehegattin an, dass der RV meinte, er sei bei der mündlichen Verhandlung nicht unbedingt von Nöten, die Ehegattin könne die gestellten Fragen beantworten.
6. Mit Erkenntnis des BVwG vom 04.05.2018 wurde die Beschwerde des BF als unbegründet abgewiesen.
7. Dagegen wurde fristgerecht Revision erhoben.
8. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30.08.2018, Zl. Ra 2018/21/0129-4, wurde das angefochtene Erkenntnis des BVwG vom 04.05.2018 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der BF ist serbischer Staatsangehöriger und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des
1.2. Der BF weist im Bundesgebiet - mit kurzfristigen Meldeunterbrechungen dazwischen - im Zeitraum von August 2015 bis Juli 2017 Wohnsitzmeldungen im Bundesgebiet auf. Am 09.05.2017 ist er freiwillig aus dem Bundesgebiet ausgereist, und wurde nach Wiedereinreise in das österreichische Bundesgebiet am 12.07.2017 auf dem Luftweg in sein Herkunftsland "Serbien" abgeschoben.
1.3. Der BF hat im August 2017 seine Freundin, mit welcher er sich im Mai 2017 an ein Kinderwunschzentrum wegen geplanter In-vitro-Fertilisation gewandt hat, in Serbien geheiratet. Der BF und seine Ehegattin führten in Österreich trotz getrennten Wohnsitzen laut Angaben der Ehegattin in der mündlichen Verhandlung eine nähere Beziehung.
In Vorbereitung auf die seiner Ehegattin nunmehr bevorstehenden In-vitro-Fertilisation wurden ihr im Februar 2018 entsprechende Medikamente verordnet.
1.4 Der BF besitzt keine Aufenthaltsberechtigung im Bundesgebiet. Seine Ehegattin ist im Besitz einer bis April 2020 gültigen "Rot-Weiß-Rot Karte plus".
1.5. Der BF wurde im Bundesgebiet im Jänner 2016 wegen Gefährdung der körperlichen Sicherheit, fahrlässiger Körperverletzung und Urkundenunterdrückung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Wochen, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, verurteilt.
1.6. Der BF war im Bundesgebiet nie erwerbstätig, ist jedoch im Besitz einer im Februar 2018 ausgestellten "Einstellungszusage". Seine nunmehrige Ehegattin ging im Bundesgebiet ab 02.05.2015 einigen - nur kurzfristigen und teilweise nur geringfügigen - Beschäftigungen nach, steht nunmehr seit 11.09.2017 in einem aufrechten Beschäftigungsverhältnis und hat im Zeitraum von Oktober 2016 bis September 2017 Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezogen.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.
2.2. Der oben festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens, sowie den Feststellungen in der mündlichen Verhandlung.
2.2.1. Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität (Namen, Geburtsdatum) und Staatsangehörigkeit des BF getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen und diese wiederum auf einen im Verfahren vorgelegten Reisepass.
2.2.2. Die Feststellungen zur familiären Beziehung zu seiner Ehegattin ergeben sich aus dem vorliegenden Akteninhalt:
Dass der BF seine Freundin am XXXX08.2017 in Serbien geheiratet hat, ergibt sich aus einer diesbezüglichen beim BVwG am 14.11.2017 eingelangten Heiratsurkunde (AS 25).
Die Ehegattin des BF erklärte in mündlicher Verhandlung am 20.02.2018, dass sie nach gemeinsam beschlossener In - vitro Fertilisation zusammengezogen seien, und am XXXX08.2017- in Belgrad - geheiratet hätten. Sie berichtete in der Verhandlung weiter, dass ihrem für 05.07.2017 vorgesehenen Termin wegen anstehender In-vitro-Fertilisation die Abschiebung ihres "Ehegatten" zuvorgekommen sei. Aus der Aktenlage ist jedoch kein im Juli 2017 vorgesehener "Krankenhaustermin" ersichtlich. Dass der BF mit seiner Freundin im Mai 2017 in einem Kinderwunschzentrum wegen beabsichtigter In-vitro-Fertilisation vorstellig war, ergab sich hingegen aus einer dem Verwaltungsakt einliegenden dies bescheinigenden - nicht unterschriebenen - Einverständniserklärung (AS 93f).
Die Ehegattin des BF brachte in mündlicher Verhandlung am 20.02.2018 vor, seit "ca. eineinhalb bis zwei Jahren" mit dem BF "zusammen" zu sein. Dass keine gemeinsame Wohnsitzmeldung erfolgte, wurde von ihr damit begründet, nicht gewusst zu haben, "dass man sich anmelden muss".
In einer dem Verwaltungsakt einliegenden schriftlichen Einverständniserklärung zur Behandlung der BF mit in-vitro Fertilisation in einem Kinderwunschzentrum vom 19.05.2017 ist unter dem Unterpunkt "Zustimmungserklärung" unter "Familienstand" angeführt:
"Frau XXXX und Herr XXXX bestätigen, dass sie miteinander verheiratet sind.
oder
Frau XXXX und Herr XXXX leben in einer aufrechten eheähnlichen Lebensgemeinschaft. Sie bestätigen, dass entsprechend der Bestimmungen des § 8 Abs. 1 Fortpflanzungsgesetz ein Notariatsakt innerhalb der letzten 24 Monate angelegt wurde und sie über alle rechtlichen Umstände und Folgen dieser von ihnen begehrte Behandlung vom Notar aufgeklärt wurden."
Unter dem Unterpunkt "Kostenübernahme" wurde festgehalten, dass beide - die damalige Freundin und nunmehrige Ehegattin des BF und der BF selbst bestätigen, ca. € 2.300,-- Behandlungskosten zu übernehmen.
Diese zwischen einem Kinderwunschzentrum und dem BF und seiner damaligen Freundin und nunmehrigen Ehegattin geschlossene Einverständniserklärung hat offensichtlich zu ihrer Eheschließung am XXXX08.2017 geführt.
2.2.3. Die Feststellungen zu den Wohnsitzmeldungen des BF und seiner Ehegattin im Bundesgebiet beruhen auf diese Personen betreffenden Melderegisterauszügen.
2.2.4. Dass der BF im Mai 2017 freiwillig aus dem Bundesgebiet ausgereist ist und nach Wiedereinreise im Juli 2017 erneut in das Herkunftsland des BF abgeschoben wurde, ergab sich ebenso aus einer Einsicht in das Zentrale Fremdenregister wie die Tatsache, dass die Ehegattin des BF nunmehr im Besitz einer von XXXXgültigen "Rot-Weiß-Rot Karte plus" ist.
2.2.5. Die wegen geplanter in-vitro Fertilisation bei der Ehegattin des BF bereits eingeleitete medikamentöse Therapie teilte das betreffende Kinderwunschzentrum dem BVwG nach Anfrage im Februar 2018 per E-Mail mit.
2.2.6. Die Feststellung, dass der BF im Bundesgebiet nie einer Erwerbstätigkeit nachgegangen ist, ergab sich ebenso aus einer Einsichtnahme in das AJ-WEB Auskunftsverfahren wie die Feststellung zur bisherigen Erwerbstätigkeit seiner Freundin im Bundesgebiet.
2.2.7. Die Feststellung zur strafrechtlichen Verurteilung des BF beruht auf einen Strafregisterauszug.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
3.1. Zum Einreiseverbot:
3.1.1. Der mit "Einreiseverbot" betitelte § 53 FPG lautet wie folgt:
"§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
(1a) (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)
(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige
1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;
2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;
3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;
4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;
5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;
6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;
7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;
8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder
9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.
(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn
1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;
2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;
3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;
4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;
5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);
7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder
8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.
(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.
(5) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.
(6) Einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht."
Mit dem in Beschwerde gezogenen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides vom 07.07.2017 verhängte die belangte Behörde gegen den BF ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot.
Die belangte Behörde stützte das gegen den BF mit angefochtenem Bescheid erlassene befristete Einreiseverbot auf § 53 Abs. 2 Z. 6 FPG und demnach auf unzureichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhaltes des BF im Bundesgebiet.
Der BF war im Bundesgebiet nie erwerbstätig und konnte nur eine im Februar 2018 ausgestellte Einstellungszusage vorweisen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 30.80.2018, Zl. Ra 2018/21/0129-4, begründend ausführt, ist die aus der Verwirklichung dieses Tatbestandes grundsätzlich abzuleitende Gefährdung öffentlicher Interessen vorliegend jedoch "deshalb reduziert, weil der BF gegenüber seiner nunmehrigen Ehegattin - auch nach serbischem Recht (Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Serbien, S. 27) - einen Unterhaltsanspruch hat."
Die Ehegattin des BF geht im Bundesgebiet bereits seit Dezember 2016 Beschäftigungen im Bundesgebiet nach und steht seit Juli 2018 in einem laufenden Arbeitsverhältnis mit nunmehr geringfügiger Beschäftigung. Davor - auch zum Zeitpunkt gegenständlich angefochtener Entscheidung des BVwG von Mai 2018 - ging sie seit Anfang März 2018 einer laufenden Beschäftigung bei einem anderen Dienstgeber nach.
Zum gegenständlichen Zeitpunkt kann aufgrund der geringfügigen Beschäftigung der Ehegattin des BF mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nicht davon ausgegangen werden, dass sie ihren Ehegatten - den BF - zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes verhelfen kann.
Der Tatbestand nachXXXX Z. 6 FPG ist im gegenständlichen Fall somit erfüllt.
Wie die belangte Behörde anführt, indiziert die Erfüllung dieses Tatbestandes gemäß § 53 Abs. 2 das Vorliegen einer Gefährdung für die Öffentlichkeit. Bei der Bemessung ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und aufgrund konkreter Feststellungen eine Beurteilung der Gefährlichkeitsprognose vorzunehmen. Bei dieser Beurteilung kommt es nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung oder des Vorliegens der sonstigen genannten Tatbestandsvoraussetzungen an, sondern auf das diesen zugrundeliegenden Fehlverhalten, die Art und Schwere der zugrundeliegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild (VwGH 19.2.2013, 2012/18/0230).
Die rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung des BF wegen Gefährdung der körperlichen Sicherheit, fahrlässiger Körperverletzung und Urkundenunterdrückung von 2016 umfasst eine Freiheitsstrafe von sechs Wochen, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren.
Hinsichtlich dieser strafrechtlichen Verurteilung des BF im Bundesgebiet ist, wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 30.08.2018, Zl. Ra 2018/21/0129-4, anführt, von einer nur geringfügigen aktuellen Gefährdung öffentlicher Interessen seitens des BF auszugehen, weshalb die kriminellen Machenschaften des BF bei der nach § 53 Abs. 2 FPG durchzuführenden Interessensabwägung nicht besonders zu Lasten des BF berücksichtigt werden können.
Wie bereits die belangte Behörde in ihrem im Spruch angeführten Bescheid anführt, kann sich die Behörde bei der Beurteilung der Notwendigkeit sowie bei der Bemessung des Einreiseverbotes nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen zurückziehen, sondern ist insbesondere auch die Intensität der privaten und familiären Bindungen zu Österreich einzubeziehen (VwGH 7.11.2012, 2012/18/0057).
Im gegenständlichen Fall war von einer ab 2016 im Bundesgebiet bestandenen Nahebeziehung des BF zu seiner Ehegattin iSv Art. 8 EMRK und auch nach Abschiebung des BF nach Serbien von einer über Kommunikationsmittel und Besuche durch die Ehegattin des BF weiterhin aufrechtgehaltenen intensiven Beziehung auszugehen.
Wie vom Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 30.08.2018, Zl. Ra 2018/21/0129-4, wird auch in gegenständlicher Entscheidung davon ausgegangen, dass ein Einreiseverbot in das Privat- und Familienleben des BF eingreift.
Dass tatsächlich kein Eingriff vorliegt, kann laut Verwaltungsgerichtshof bereits auf Basis der Feststellungen des BVwG in vorangegangener Entscheidung von Mai 2018 nicht angenommen werden, hält sich die Ehegattin des BF doch rechtmäßig im Bundesgebiet auf, geht sie in Österreich auch einer Beschäftigung nach und wurde die zusammen mit dem BF mit einem Kinderwunschzentrum vereinbarte In - vitro Fertilisation der Ehegattin des BF bereits medikamentös vorbereitet. Dass es noch keine "gemeinsame Wohnsitznahme" gegeben hat, spielt nämlich jedenfalls nur eine untergeordnete Rolle (VwGH 28.6.2011, 2011/01/0106).
Dieser Eingriff in das in Österreich bestehende, durch die Abschiebung des BF im Juli 2017 vorerst unterbrochene, Familienleben des BF ist jedenfalls mit Berücksichtigung des VwGH-Erkenntnisses nicht verhältnismäßig.
Der Beschwerde war somit stattzugeben und das von der belangten Behörde erlassene befristete Einreiseverbot war somit wegen einer Beziehung zwischen dem BF und seiner Ehegattin mit Art. 8 EMRK - Intensität spruchgemäß zu beheben.
4. Entfall einer mündlichen Verhandlung
Da im gegenständlichen bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides aufzuheben ist, konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entfallen.
Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Schlagworte
Einreiseverbot, Privat- und FamilienlebenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:G313.2165465.1.01Zuletzt aktualisiert am
04.02.2019