Entscheidungsdatum
23.10.2018Norm
AsylG 2005 §5 Abs1Spruch
W205 2162474-1/6E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. SCHNIZER-BLASCHKA über die Beschwerde des XXXX alias XXXX, geb. XXXX, StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für
Fremdenwesen und Asyl vom 03.06.2017, Zl: 1139442709-170013436- EAST
Ost, beschlossen:
A)
Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan, gelangte illegal in das österreichische Bundesgebiet und stellte am 03.01.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Nach der vorliegenden EURODAC-Treffermeldung stellte der Beschwerdeführer am 09.09.2016 in Bulgarien einen Antrag auf internationalen Schutz.
In Verlauf seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes vom 04.01.2017 brachte der Beschwerdeführer vor, dass er am XXXX geboren worden sei und acht Klassen der Grundschule in Afghanistan besucht habe. Er gehöre der Volksgruppe der Paschtunen an und sei sunnitischen Glaubens. Vor ca. fünf Monaten sei er aus Afghanistan illegal ausgereist. Er habe kein Reisedokument, das er vorlegen könne, allerdings könne er eine afghanische Geburtsurkunde beschaffen. Er sei schlepperunterstützt über den Iran und die Türkei nach Bulgarien gereist, wo er sich ungefähr drei Monate in einem Flüchtlingslager aufgehalten habe. Anschließend sei er über Serbien und Ungarn nach Österreich gekommen. Aus Afghanistan sei er geflüchtet, weil die Lage dort sehr schlecht sei und es keine Sicherheit gebe. Sein Bruder sei bei Auseinandersetzungen zwischen der Regierung und den Taliban sehr schwer verletzt worden und könne seither nicht mehr gehen. Die Familie des Beschwerdeführers sei auch von den Taliban bedroht worden.
Der Beschwerdeführer ist seit 19.01.2017 unbekannten Aufenthaltes.
Am 01.03.2017 richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: "BFA") ein Wiederaufnahmeersuchen gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO an Bulgarien, in welchem mitgeteilt wurde, dass der Beschwerdeführer sich in Österreich als Minderjähriger ausgegeben habe, was jedoch auf Grund seines Aussehens und wegen Mangels an Beweisen bezweifelt werde. Der Beschwerdeführer sei untergetaucht, weshalb keine Begutachtung zur Altersfeststellung möglich gewesen sei. Sollte der Beschwerdeführer wieder in Österreich aufhältig sein, werde er einer medizinischen Altersfeststellung unterzogen. Weiters werde um Informationen zur Asylantragstellung bzw. seiner angegebenen Daten in Bulgarien gebeten. Mit Schreiben vom 14.03.2017 stimmte die bulgarische Dublin Behörde der Wiederaufnahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO ausdrücklich zu und teilte mit, dass der Beschwerdeführer in Bulgarien angab am XXXX geboren worden zu sein.
Mit Verfahrensanordnung vom 29.05.2017 stellte das BFA fest, dass es sich beim Beschwerdeführer um eine volljährige Person handle. Dies ergebe sich aus der schriftlichen Mitteilung der bulgarischen Asylbehörde im Zuge des Dublin Verfahrens, laut welcher der Beschwerdeführer dort angegeben habe, am XXXX geboren worden zu sein. Wäre der Beschwerdeführer tatsächlich im Jahr XXXX geboren, hätte dies der Beschwerdeführer aller Voraussicht bereits bei den bulgarischen Behörden angegeben. Mit gegenständlicher Verfahrensanordnung erlösche die bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt bestehende Funktion des Rechtsberaters als gesetzlicher Vertreter des gegenständlichen Asylverfahrens.
In einem Aktenvermerk vom 31.05.2017 hielt das BFA fest, dass der Beschwerdeführer am 19.01.2017 die Betreuungsstelle verlassen habe und sein Verbleib seit diesem Zeitpunkt unbekannt sei, der Beschwerdeführer habe es unterlassen, dem Bundesamt seinen Aufenthaltsort oder eine Anschrift bekannt zu geben. Der Beschwerdeführer habe somit den Sachverhalt des Nichtmitwirkens am Verfahren gemäß § 28 Abs. 2 AsylG 2005 erfüllt, sodass im Zulassungsverfahren die 20-Tages Frist nicht gegolten habe.
2. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Bulgarien für die Prüfung des Antrages gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Bulgarien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).
Die Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in Bulgarien wurden im angefochtenen Bescheid im Wesentlichen folgendermaßen zusammengefasst (unkorrigiert und gekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):
Allgemeines zum Asylverfahren
Zuständig für das Asylverfahren ist die Staatliche Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat (State Agency for Refugees with the Council of Ministers, SAR). SAR untersteht budgetär dem bulgarischen Innenministerium, ist aber als Verwaltungsbehörde im Range eines Ministeriums direkt beim Ministerrat angesiedelt. SAR kann Asyl und subsidiären Schutz gewähren. Es gibt zusätzlich noch Schutzformen die der Staatspräsident (Asyl) bzw. der Ministerrat (temporärer Schutz) in außergewöhnlichen Fällen gewähren können (SAR 11.6.2015; vgl. AIDA 10.2015). Es existiert ein mehrstufiges Asylverfahren mit Beschwerdemöglichkeiten:
...
(AIDA 10.2015; für ausführliche Informationen siehe dieselbe Quelle)
Das Asylverfahren in Bulgarien wird von verschiedenen Seiten kritisiert, ebenso wie der Umstand der außerhalb des Asylinterviews angeblich mangelhaften, unregelmäßigen oder gar fehlenden Übersetzerleistungen, was seit September 2015 zu Verzögerungen bei der Registrierung geführt habe (ECRE/ELENA 2.2016).
Quellen:
-
AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and the Bulgarian Helsinki Committee (10.2015):
National Country Report Bulgaria, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_update.iv_.pdf, Zugriff 3.5.2016
-
ECRE/ELENA - European Council for Refugees and Exiles/European Legal Network on Asylum (2.2016): Research Note: Reception conditions, detention and procedural safeguards for asylum seekers and content of international protection status in Bulgaria, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457537998_research-note-reception-conditions-detention-and-procedural-safeguards-for-asylum-seekers-and-content-of-international-protection-status-in-bulgaria.pdf, Zugriff 10.5.2016
-
Eurostat (3.3.2016a): Statistics explained, File: Asylum applicants (including first time asylum applicants), Q4 2014 - Q4 2015.png,
http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:Asylum_applicants_(including_first_time_asylum_applicants),_Q4_2014_%E2%80%93_Q4_2015.png, Zugriff 31.3.2016
-
Eurostat (18.9.2015a): Statistics explained, File:First instance decisions by outcome and recognition rates, 1st quarter 2015.png, http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:First_instance_decisions_by_outcome_and_recognition_rates,_1st_quarter_2015.png, Zugriff 11.2.2016
-
Eurostat (18.9.2015b): Statistics explained, File:First instance decisions by outcome and recognition rates, 2nd quarter 2015.png, http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:First_instance_decisions_by_outcome_and_recognition_rates,_2nd_quarter_2015.png, Zugriff 11.2.2016
-
Eurostat (10.12.2015): Statistics explained, File:First instance decisions by outcome and recognition rates, 3rd quarter 2015.png, http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:First_instance_decisions_by_outcome_and_recognition_rates,_3rd_quarter_2015.png, Zugriff 22.2.2016
-
Eurostat (3.3.2016b): Statistics explained, File: First instance decisions by outcome and recognition rates, 4th quarter 2015.png, http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:First_instance_decisions_by_outcome_and_recognition_rates,_4th_quarter_2015.png, Zugriff 31.3.2016
-
SAR - State Agency for Refugees with the Council of Ministers (11.6.2015): Besprechung mit Vertretern von SAR, Protokoll
Dublin-Rückkehrer
Mit Jänner 2016 ist in Bulgarien eine Reihe von Gesetzesänderungen in Kraft getreten. Demzufolge ist ein Verfahren zu suspendieren, wenn sich der Antragsteller diesem für mehr als 10 Arbeitstage entzieht. Nach weiteren 3 Monaten ist das Verfahren zu beenden (Act Art. 14f.). Erscheint der Antragsteller binnen einer Frist von 6 Monaten ab Beendigung und bringt triftige Gründe für sein Fernbleiben vor, ist das Verfahren wiederzueröffnen. Die zuvor gebräuchliche 3-Monats-Regel für die Wiedereröffnung von Verfahren (siehe AIDA 10.2015), existiert nicht mehr. Ohne triftige Gründe für das Fernbleiben bleibt nur die Möglichkeit eines Folgeantrags, der aber als unzulässig gilt, wenn er keine neuen Elemente in Bezug auf den Antragsteller oder den Herkunftsstaat enthält (Act Art. 77 und 13).
Wenn der Antragsteller im Rahmen der Dublin-VO nach Bulgarien zurückkehrt und es wurde noch kein Asylantrag in Bulgarien gestellt, besteht die Möglichkeit einen Erstantrag zu stellen (VB 31.1.2012).
Wenn es bereits einen Antrag gab, aber das Verfahren des Dublin-Rückkehrers nicht inhaltlich geführt wurde, ist dieses jedenfalls wiederzueröffnen (Act Art. 77; vgl. SAR 17.5.2016a).
Sind mehr als 6 Monate seit Beendigung des Verfahrens vergangen, würde ein erneuter Antrag als Erstantrag gelten (und nicht als Folgeantrag), wenn er noch nicht inhaltlich behandelt worden ist (SAR 17.5.2016b).
ECRE hat im März 2016 erklärt, dass nahezu alle Dublin-Rückkehrer in Bulgarien Folgeantragsteller sind, da ihnen SAR bei Rückkehr eine "termination decision" aushändigt (ECRE 12.3.2016). Folgeantragsteller (außer Vulnerable) haben während der Zulässigkeitsprüfung ihres Folgeantrags (de iure 14 Tage) kein Recht auf Unterbringung, Sozialhilfe, Krankenversicherung/-versorgung und psychologische Hilfe (Act Art. 29 und 76b; vgl. ECRE/ELENA 2.2016).
Bei Antragstellern, deren suspendiertes Verfahren wiedereröffnet wird, weil es triftige Gründe für Ihr Fernbleiben gibt, ist laut Gesetz das Recht auf Krankenversicherung als fortdauernd (continuous) zu betrachten (Act Art. 29).
Quellen:
-
Act - Asylum and Refugees Act (amend. 22.12.2015), per E-Mail
-
AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and the Bulgarian Helsinki Committee (10.2015):
National Country Report Bulgaria, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_update.iv_.pdf, Zugriff 3.5.2016
-
ECRE - European Council on Refugees and Exiles (12.3.2016): Wrong counts and closing doors. The reception of refugees and asylum seekers in Europe,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/shadow-reports/aida_wrong_counts_and_closing_doors.pdf, Zugriff 6.5.2016
-
ECRE/ELENA - European Council for Refugees and Exiles/European Legal Network on Asylum (2.2016): Research Note: Reception conditions, detention and procedural safeguards for asylum seekers and content of international protection status in Bulgaria, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457537998_research-note-reception-conditions-detention-and-procedural-safeguards-for-asylum-seekers-and-content-of-international-protection-status-in-bulgaria.pdf, Zugriff 10.5.2016
-
SAR - State Agency for Refugees with the Council of Ministers (17.5.2016a): Auskunft SAR, per E-Mail
-
SAR - State Agency for Refugees with the Council of Ministers (17.5.2016b): Auskunft SAR, per E-Mail
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VB des BM.I in Bulgarien (31.1.2012): Bericht des VB, per E-Mail
Non-Refoulement
Die Europäische Kommission hat am 1. April 2014 bestätigt, dass gegen Bulgarien ein Vertragsverletzungsverfahren wegen des möglichen Refoulements von syrischen Flüchtlingen an der bulgarisch-türkischen Grenze begonnen wurde. Der erste Schritt des Vertragsverletzungsverfahrens ist der "Letter of formal notice", in dem das Land um seine Einschätzung des Problems gebeten wird (ECRE 4.4.2014). Am 23.9.2015 wurde wegen fehlender Reaktion auf die formal notice eine reasoned opinion an Bulgarien versendet (EK 23.9.2015).
2015 hat das bulgarische Innenministerium verlautbart, dass 6.400 Drittstaatsangehörigen aus Syrien, Irak und Afghanistan, die Einreise nach Bulgarien - zumeist aus der Türkei kommend - offiziell verwehrt worden ist. Durch diese Zahlen sieht AIDA die Vorwürfe bezüglich Refoulement, wie sie von verschiedenen NGOs und Beobachtern erhoben wurden, als bestätigt an (AIDA 10.2015).
Die Regierung gewährt einen gewissen Schutz vor Ausweisung oder Rückkehr von Flüchtlingen in Länder, wo ihr Leben oder ihre Freiheit aufgrund von Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder politischer Gesinnung bedroht wäre (USDOS 13.4.2016).
Es gibt eine Reihe von Berichten über gewaltsame "push-backs" an der Grenze zur Türkei (USDOS 13.4.2016; vgl. AI 24.2.2016; ECRE/ELENA 2.2016).
Quellen:
-
AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - Bulgaria,
https://www.ecoi.net/local_link/319743/458937_de.html, Zugriff 6.5.2016
-
AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and the Bulgarian Helsinki Committee (10.2015):
National Country Report Bulgaria, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_update.iv_.pdf, Zugriff 3.5.2016
-
ECRE - European Council on Refugees and Exiles (4.4.2014): Weekly Bulletin 4 April 2014, per E-Mail
-
ECRE/ELENA - European Council for Refugees and Exiles/European Legal Network on Asylum (2.2016): Research Note: Reception conditions, detention and procedural safeguards for asylum seekers and content of international protection status in Bulgaria, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457537998_research-note-reception-conditions-detention-and-procedural-safeguards-for-asylum-seekers-and-content-of-international-protection-status-in-bulgaria.pdf, Zugriff 10.5.2016
-
EK - Europäische Kommission (23.9.2015): Pressemitteilung: More Responsibility in managing the refugee crisis: European Commission adopts 40 infringement decisions to make European Asylum System work,
http://europa.eu/rapid/press-release_IP-15-5699_en.htm?locale=en, Zugriff 4.5.2016
-
USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Bulgaria, https://www.ecoi.net/local_link/322515/461992_de.html, Zugriff 6.5.2016
Versorgung
Unterbringung
Asylwerber haben Zugang zu grundlegender Versorgung (USDOS 13.4.2016).
Bulgarien verfügt über Unterbringungszentren in Sofia (Ovcha Kupel, Vrazhdebna und Voenna Rampa), Banya und Harmanli sowie über ein Transitzentrum (Pastrogor). Die Kapazität der Transit- und Unterbringungszentren liegt bei ca. 5.130 Plätzen, obwohl SAR (State Agency for Refugees with the Council of Ministers) behauptet bis zu
7.800 Menschen unterbringen zu können:
...
Die Unterbringungsbedingungen sind Berichten zufolge nicht zufriedenstellend, da sie sich nach Verbesserungen 2014 im Laufe des Jahres 2015 wieder verschlechtert haben. Es gibt in den Zentren zwei Mahlzeiten am Tag, außer für Kinder unter 18 Jahren, welche drei Mahlzeiten erhalten. Es gibt aber Kritik bezüglich Regelmäßigkeit und Qualität der Verpflegung (AIDA 10.2015; vgl. ECRE/ELENA 2.2016).
Im März 2015 wurde beschlossen, rückwirkend mit 1. Februar 2015 die Sozialhilfe für Asylwerber in Höhe von BGN 65,- (EUR 33,-) nicht mehr auszubezahlen. Hintergrund ist laut Auskunft der SAR, dass gemäß bulgarischem Asylgesetz Asylwerber während des Asylverfahrens das Recht auf Unterkunft und Nahrung haben und die BGN 65,- für die Versorgung mit Lebensmitteln bestimmt waren. Da die AW aber seit Februar 2014 in den Zentren der SAR warme Mahlzeiten erhalten, bestehe für die Auszahlung des Geldes keine Notwendigkeit mehr. Dagegen haben einige NGOs, nicht zuletzt angesichts der Beschwerden bezüglich Regelmäßigkeit und Qualität der Verpflegung, gerichtliche Beschwerde erhoben, welche noch anhängig ist (VB 10.8.2015; vgl. AIDA 10.2015, USDOS 13.4.2016, AI 24.2.2016).
AW in Bulgarien haben Anspruch auf Unterbringung und Versorgung während des gesamten Asylverfahrens, auch während der Beschwerdephase. Das umfasst Unterkunft, Verpflegung, Krankenversorgung und psychologische Hilfe. In der Praxis werden bei Platzknappheit mittellose AW prioritär in den Unterbringungszentren versorgt. Spezielle Bedürfnisse und Obdachlosigkeitsrisiko (Vorhandensein von Mitteln, Beruf und potentielle Jobaussichten, Zahl der Familienmitglieder und etwaige Vulnerabilität) werden in jedem Fall berücksichtigt. Nur Folgeantragsteller haben diese Rechte nicht, es sei denn, es handelt sich um Vulnerable (in der Praxis haben laut AIDA aber angeblich auch vulnerable Folgeantragsteller wegen des steten Zustroms neuer Antragsteller keinen Zugang zu Unterbringung und Versorgung) (AIDA 10.2015).
Wird die Unterbringung in einem Zentrum verweigert, ist das vor Gericht binnen 7 Tagen anfechtbar (AIDA 10.2015).
Es gibt weiterhin Bedenken bezüglich der Unterbringungsbedingungen von AW, vor allem betreffend Verpflegung, Unterbringung und medizinischer Versorgung (AI 24.2.2016).
Die Praxis, eine fixe externe Adresse vorzutäuschen, um außerhalb eines Zentrums leben zu können, existiert. Zahlen sind zu diesem Phänomen sind keine bekannt. SAR überprüft die Adressen nicht. SAR bemerkt das Vorliegen einer Scheinmeldung zumeist daran, dass auf die Post (Vorladungen etc.) nicht reagiert wird (SAR 11.6.2015).
Darüber hinaus sind noch die Schubhaftkapazitäten Bulgarien zu nennen. Das Land verfügt über zwei Schubhaftzentren: Busmantsi (400 Plätze), Lyubimets (300 Plätze) und das geschlossene Verteilerzentrum Elhovo (240 Plätze), von wo aus jene Personen weiterverteilt werden, die nach Aufgriff nach illegalem Grenzübertritt einen Asylantrag gestellt haben (AIDA 10.2015; vgl. ECRE/ELENA 2.2016). Es gibt Berichte, dass Haft bei der Einreise in Bulgarien ein strukturelles Problem ist und manche Staatsangehörige (2014: Marokkaner, Tunesier, Algerier; 2015: Ivorer, Malier, Inder, Pakistani, etc.) fast ihr gesamtes Asylverfahren in Haft absolvieren müssen, während das auf andere Nationalitäten nicht zutrifft (ECRE 12.3.2016; vgl. ECRE/ELENA 2.2016).
Quellen:
-
AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - Bulgaria,
https://www.ecoi.net/local_link/319743/458937_de.html, Zugriff 6.5.2016
-
AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and the Bulgarian Helsinki Committee (10.2015):
National Country Report Bulgaria, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_update.iv_.pdf, Zugriff 3.5.2016
-
ECRE - European Council on Refugees and Exiles (12.3.2016): Wrong counts and closing doors. The reception of refugees and asylum seekers in Europe,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/shadow-reports/aida_wrong_counts_and_closing_doors.pdf, Zugriff 9.5.2016
-
ECRE/ELENA - European Council for Refugees and Exiles/European Legal Network on Asylum (2.2016): Research Note: Reception conditions, detention and procedural safeguards for asylum seekers and content of international protection status in Bulgaria, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457537998_research-note-reception-conditions-detention-and-procedural-safeguards-for-asylum-seekers-and-content-of-international-protection-status-in-bulgaria.pdf, Zugriff 10.5.2016
-
SAR - State Agency for Refugees with the Council of Ministers (11.6.2015): Besprechung mit Vertretern von SAR, Protokoll
-
USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Bulgaria, https://www.ecoi.net/local_link/322515/461992_de.html, Zugriff 6.5.2016
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VB des BM.I in Bulgarien (10.8.2015): Bericht des VB, per E-Mail
Im Bescheid wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer keine heimatstaatlichen identitätsbezeugenden Dokumente vorgelegt habe. Die nunmehr festgestellten Alias -Geburtsdaten würden sich aus der Mitteilung des Dublin-Staats Bulgarien ergeben. Es handle sich um ein seit einigen Jahren regelmäßig zu beobachtendes Phänomen, dass Asylwerber im Rahmen der Asylantragsstellung in Österreich fälschlicherweise behaupten würden, minderjährig zu sein, um so eine Zulassung zum Verfahren im Bundesgebiet zu erwirken. Somit liege der Zweck und Grund solcher Altersangaben klar im Umstand, dass die Behörde die von ihnen gewünschten Rechtsakte setzen solle, welche sie letztlich in die Lage versetzen solle, in Europa den Staat seines Aufenthaltes abweichend von den zwingenden Bestimmungen der Dublin III VO frei wählen zu können. Der Beschwerdeführer habe weder unbedenkliche qualifizierte Identitätsdokumente, noch sonstige qualifizierte Bescheinigungen vorlegen können, aus denen sein angegebenes Alter ersichtlich sei bzw. glaubhaft erscheinen würde. Der Beschwerdeführer habe auch die polizeiliche Ladung für den 10.01.2017 persönlich übernommen, sei jedoch unentschuldigt nicht erschienen. Da der entscheidungsrelevante Sachverhalt feststehe und der Asylwerber sich dem Verfahren entzogen habe, könne ohne weitere Einvernahme des Beschwerdeführers eine Entscheidung getroffen werden. Der Beschwerdeführer habe gegen seine Mitwirkungspflichten verstoßen, indem er seine Betreuungsstelle verlassen habe, ohne eine neue Anschrift anzugeben. Festgehalten werde, dass der Beschwerdeführer auch nicht aus der Betreuungsstelle verwiesen worden sei. Es hätten sich im Verfahren auch keine Gründe ergeben, dass die Zuständigkeit Bulgariens wieder erloschen sei. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen, betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, welche die Gefahr einer Verletzung der EMRK im Falle einer Überstellung der beschwerdeführenden Partei ernstlich für möglich erscheinen lassen würden, sei im Verfahren nicht erstattet worden. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG sei daher nicht erschüttert worden und es habe sich kein Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben. In Bulgarien sei die ausreichende Versorgung für Asylwerber gewährleistet.
Mit Verfahrensanordnung vom 06.06.2017 wurde dem Beschwerdeführer die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe als Rechtsberater vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Verfügung gestellt.
Da die Verfahrenspartei im Bundesgebiet nicht mehr aufhältig war, wurde der Bescheid an den Beschwerdeführer persönlich gerichtet und gem. § 8 Abs. 3 iVm § 23 ZustellG ohne vorhergehenden Zustellversuch bei der Behörde hinterlegt.
Gem. § 23 Abs. 3 ZustellG erfolgte am 06.06.2017 ein Aushang aufgrund der Hinterlegung eines Schriftstückes im Akt. Die Hinterlegung im Akt fand am 06.06.2017 statt und gilt als Zustellung, der Beschwerdeführer wurde ersucht, das Schriftstück bis zum 20.06.2017 zu beheben.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich eine vom 20.06.2017 von der ARGE Rechtsberatung - Diakonie Volkshilfe verfasste Beschwerde, in welcher vorgebracht wurde, dass der Beschwerdeführer als Minderjähriger ins Bundesgebiet eingereist sei, wo er einen begründeten Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe und ihm die ARGE Rechtsberatung als gesetzlicher Vertreter zur Seite gestellt worden sei. Es wären keine Ladungen oder sonstige Informationen über Ermittlungsschritte an die gesetzliche Vertretung übermittelt worden und sei die gesetzliche Vertretung auch nicht über die Erteilung eines Konsultationsverfahrens informiert worden. Lediglich aus der ihr am 06.06.2017 zugestellten Verfahrensanordnung über die Bestellung zur Rechtsberaterin im Rechtsmittelverfahren sei der gesetzlichen Vertreterin bekannt geworden, dass der Beschwerdeführer offenbar in seiner Abwesenheit für volljährig erklärt und gegen ihn ein Bescheid erlassen worden sei. Zu keinem dieser Schritte sei je ein Parteiengehör erfolgt. Es werde daher - in eventu - gegen einen abweisenden Bescheid Beschwerde erhoben. Da nicht ersichtlich sei, auf welcher Grundlage sich die Sachlage geändert haben sollte und die Vertretung nie über ein Ende des Vertretungsverhältnisses informiert worden sei, sehe sich die ARGE nach wie vor als gesetzliche Vertreterin des Minderjährigen. Die Volljährigkeitserklärung sei nicht rechtmäßig erfolgt und sei über das Alter des Beschwerdeführers und somit auch über die Entlassung der gesetzlichen Vertretung aus ihrer Funktion nicht abschließend rechtskräftig abgesprochen habe. In § 10 BFA-VG ist geregelt, dass selbst für den Fall, dass sich ein Minderjähriger dem Verfahren entziehe, die bestellte gesetzliche Vertretung diese weiter innehabe, bis diese erstmals dem Jugendwohlfahrtsträger übertragen werden. Die ARGE Rechtsberatung bringe die gegenständliche Beschwerde zur Wahrung des Kindeswohles ein. Im gegenständlichen Verfahren sei das Alter des Beschwerdeführers ohne erkenntliche oder mitgeteilte Ermittlungen geändert und darüber hinaus offenbar auch ein zurückweisender Bescheid ergangen ohne den Beschwerdeführer oder dessen gesetzliche Vertretung jemals zu einer dieser Punkte im Rahmen des Parteiengehörs einvernommen zu haben. Erforderlichenfalls wären Bescheinigungsmittel auch von Amts wegen zu beschaffen, wenn dies nicht möglich sei, wäre das Verfahren keineswegs "als Strafmaßnahme" in Abwesenheit der Kinder negativ zu entscheiden, sondern wäre das Verfahren vielmehr einzustellen gewesen. Da der Bescheid ohne Ermittlungsverfahren erlassen worden sei, mangle es diesem an jeglicher Grundlage und sei daher zu beheben. So sei zur Feststellung des Alters auf § 13 BFA-VG zu verweisen, wonach bei Zweifel an der Minderjährigkeit im Rahmen einer multifaktoriellen Untersuchungsmethodik eine Altersdiagnose durchgeführt werden könne, sollten nach Einholung eines solchen Gutachtens weiterhin Zweifel bestehen. Eine Änderung des Alters des Beschwerdeführers hätte lediglich aufgrund einer Altersfeststellung erfolgen können. Darüber hinaus gelte der Grundsatz "in dubio pro minore", wonach im Zweifel von der Minderjährigkeit des Beschwerdeführers auszugehen sei. Der gesetzlichen Vertretung sei der derzeitige Aufenthaltsort des Beschwerdeführers nicht bekannt und weil die Frage des tatsächlichen Alters nicht geklärt sei, liege kein festgestellter Sachverhalt vor und sei das Verfahren einzustellen.
Die Beschwerde wurde vom Beschwerdeführer nicht unterschrieben und lag der Beschwerde auch keine Vollmacht der Diakonie Flüchtlingsdienst GmbH (ARGE Rechtsberatung) bei.
4. Mit hg. Beschluss vom 27.06.2017 wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
5. In einer Stellungnahme vom 28.06.2017 zur Bescheidbeschwerde führte das BFA an, dass im Zuge der Asylantragstellung aufgrund der behaupteten Minderjährigkeit des Beschwerdeführers die ARGE Rechtsberatung als gesetzliche Vertreterin im Zulassungsverfahren bestellt worden sei. Mit Verfahrensanordnung vom 05.06.2017 sei die Volljährigkeit des Beschwerdeführers festgestellt worden, womit die bestehende Funktion des Rechtsberaters als gesetzlicher Vertreter erloschen sei. Am 06.06.2017 sei der Bescheid durch Hinterlegung im Akt zugestellt worden, weil der Beschwerdeführer unbekannten Aufenthaltes sei und eine neuerliche Abgabestelle nicht habe festgestellt werden können. Schließlich sei mit Verfahrensanordnung vom 06.06.2017 die ARGE Rechtsberatung als Rechtsberater vor dem Bundesverwaltungsgericht amtswegig zur Seite gestellt worden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Afghanistans, reiste über den Iran und die Türkei illegal in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten ein und stellte am 09.09.2016 in Bulgarien einen Antrag auf internationalen Schutz. In weiterer Folge reiste er - ohne den Ausgang des Verfahrens abzuwarten - weiter in das österreichische Bundesgebiet und stellte hier am 03.01.2017 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Das BFA richtete am 01.03.2017 ein Wiederaufnahmeersuchen gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO an Bulgarien. Mit Schreiben vom 14.03.2017 stimmte die bulgarische Dublin Behörde der Wiederaufnahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO ausdrücklich zu.
Der Beschwerdeführer verfügt seit 19.01.2017 über keine aufrechte Meldeadresse im Bundesgebiet.
Der Beschwerdeführer war zum Zeitpunkt der Antragstellung in Österreich volljährig und wurde mit Verfahrensanordnung vom 29.05.2017 vom BFA für volljährig erklärt.
Der angefochtene Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 06.06.2017 durch Hinterlegung im Akt zugestellt. Gegen diesen Bescheid wurde durch die ARGE Rechtsberatung am 20.06.2017 per Fax beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Beschwerde erhoben, wobei ein Einschreiten als gesetzlicher Vertreter behauptet wurde. Eine gewillkürte Vollmacht wurde weder behauptet noch vorgelegt. Die ARGE Rechtsberatung stand vor Erhebung der Beschwerde auch nicht im Kontakt mit dem Beschwerdeführer, da ihr dessen Aufenthalt ebenso unbekannt war.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt.
Dass der Beschwerdeführer volljährig ist, beruht auf den von der Behörde durchgeführten Ermittlungsergebnissen, wonach der Beschwerdeführer in Bulgarien mit dem Geburtsdatum XXXX registriert wurde. Insbesondere legte der Beschwerdeführer keinerlei Beweismittel - etwa unbedenkliche Urkunden oder sonstige geeignete und gleichwertige Bescheinigungsmittel - vor, die sein in Österreich angegebenes Geburtsdatum mit XXXXbelegen könnten und konnte er auch nicht erklären, warum er in Bulgarien als Volljähriger auftrat. Dieser Umstand lässt den Schluss zu, dass der Beschwerdeführer seine tatsächliche Volljährigkeit zu verschleiern versuchte. Dadurch, dass sich der Beschwerdeführer dem Verfahren entzog, indem er knapp drei Wochen nach seiner Antragstellung in Österreich untertauchte ohne eine aktuelle Adresse anzugeben, war es der Behörde auch verwehrt, weitere Ermittlungsschritte zu setzen, insbesondere war es ihr auch nicht möglich, eine multifaktorielle Begutachtung hinsichtlich des Alters vorzunehmen.
Dass der Beschwerdeführer seit 19.01.2017 über keine aufrechte Meldeadresse im Bundesgebiet verfügt, ergibt sich aus dem zum Akt genommenen ZMR-Auszug vom 15.10.2018.
Dass der Beschwerde keine Vollmacht beigelegt wurde und ein etwaiges Vollmachtsverhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und dem Einschreiter auch nachträglich nicht nachgewiesen wurde, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt. Die bloße amtswegige Beigebung der ARGE Rechtsberatung als Rechtsberater lässt nicht auf ein aufrechtes Vollmachtsverhältnis schließen, darüber hinaus geht aus dem Beschwerdeschriftsatz, der "in eventu" erhoben wurde, klar hervor, dass die ARGE selbst keinerlei Kontakt zum Beschwerdeführer hatte.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Zurückweisung der Beschwerde
3.1. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist. Eine Zurückweisung durch Beschluss hat etwa im Falle des Fehlens der Parteistellung zu erfolgen (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2013, § 28 K 2).
Gemäß § 10 Abs. 1 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk.
Zur Altersfeststellung normiert § 13 Abs. 3 BFA-VG Folgendes:
"Gelingt es dem Fremden nicht, eine behauptete und auf Grund der bisher vorliegenden Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens zweifelhafte Minderjährigkeit, auf die er sich in einem Verfahren vor dem Bundesamt oder dem Bundesverwaltungsgericht beruft, durch unbedenkliche Urkunden oder sonstige geeignete und gleichwertige Bescheinigungsmittel nachzuweisen, kann das Bundesamt oder das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen einer multifaktoriellen Untersuchungsmethodik zur Altersdiagnose (§ 2 Abs. 1 Z 25 AsylG 2005) auch die Vornahme radiologischer Untersuchungen, insbesondere Röntgenuntersuchungen, anordnen. Jede Untersuchungsmethode hat mit dem geringst möglichen Eingriff zu erfolgen. Die Mitwirkung des Fremden an einer radiologischen Untersuchung ist nicht mit Zwangsmittel durchsetzbar. Bestehen nach der Altersdiagnose weiterhin begründete Zweifel, so ist zu Gunsten des Fremden von seiner Minderjährigkeit auszugehen."
Zu dieser Bestimmung führt das Erkenntnis des VwGH vom 25.02.2015, Ra 2014/20/0045, Folgendes aus:
"Die Bestimmung des § 13 Abs. 3 BFA-VG ist inhaltsgleich mit der mit dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2009 (FrÄG 2009), BGBl. I Nr. 122/2009, eingeführten und mit Ablauf des 31. Dezember 2013 außer Kraft getretenen Vorgängernorm des § 15 Abs. 1 Z 6 AsylG 2005. Zu letzterer führen die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (330 BlgNR 24. GP, 16f) Folgendes aus:
‚Die Praxis hat gezeigt, dass sich Fremde in Verfahren nach diesem Bundesgesetz oftmals auf die privilegierte Stellung eines Minderjährigen berufen, die behauptete Minderjährigkeit aber meist nicht durch unbedenkliche Urkunden oder sonstige geeignete und gleichwertige Bescheinigungsmittel nachweisen können. Somit hat die Frage der Altersdiagnose im Asylverfahren eine wichtige praktische Bedeutung. Dies trifft auch auf Verfahren nach dem FPG, NAG und StbG zu. Konkret ist eine behauptete Minderjährigkeit im Asylverfahren beim Vollzug der Dublin-Verordnung, bei der Anwendung von Rechtsschutzgarantien, bei der Familienzusammenführung sowie der Grundversorgung relevant. Die Entwicklung der letzten Jahre hat gezeigt, dass die Zahl dieser Fälle stetig steigt. Vielfach handelt es sich bei dieser Gruppe allerdings um bereits volljährige Fremde, die eine Minderjährigkeit lediglich behaupten. Z 6 normiert demgemäß nunmehr die Möglichkeit der Durchführung radiologischer Untersuchungen, insbesondere Röntgenuntersuchungen, im Rahmen einer multifaktoriellen Untersuchungsmethodik zur Altersdiagnose, wenn in einem Verfahren auf Grund der bisher vorliegenden Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens Zweifel an einer behaupteten Minderjährigkeit bestehen und der Fremde seine Minderjährigkeit nicht durch unbedenkliche Urkunden oder sonstige geeignete und gleichwertige Bescheinigungsmittel nachweisen kann. Aus dieser Bestimmung ergibt sich keine Beweislastumkehr oder ein Abgehen vom amtswegigen Ermittlungsgrundsatz. Die Untersuchungen können vom Bundesasylamt
oder vom Asylgerichtshof angeordnet werden ... Bei der Anordnung und
Vornahme einer radiologischen Untersuchung ist naturgemäß das Verhältnismäßigkeitsprinzip zu beachten. So wird eine Röntgenuntersuchung dann zu unterbleiben haben, wenn in der Person gelegene, insbesondere gesundheitliche Gründe (z. B. Schwangerschaft) dies gebieten. Festzuhalten ist weiters, dass Untersuchungen zur Altersdiagnose jedenfalls nicht anzuordnen sind, wenn es offensichtlich ist, dass der Betroffene noch minderjährig ist. Lediglich in Zweifelsfällen soll eine multifaktorielle Untersuchungsmethodik zur Altersdiagnose durchgeführt werden. Liegt nach einem darauf basierenden Gutachten weiterhin ein Zweifelsfall vor, ist zu Gunsten des Fremden von seiner Minderjährigkeit auszugehen ("in dubio pro minor"), wobei dieser Grundsatz selbstredend nicht ohne weiteres auf ein anderes, insbesondere nachfolgendes Verfahren in einer anderen Sache anzuwenden ist, so etwa wenn in einem Verfahren nach dem NAG Dokumente vorgelegt werden, die eine Volljährigkeit bescheinigen."
Diese Bestimmung impliziert eine Mitwirkungspflicht des Antragsstellers, sein behauptetes Alter zu belegen. Wie oben dargelegt, hat der Beschwerdeführer im Beschwerdefall weder geeignete Beweismittel zu seiner erstmals in Österreich behaupteten Minderjährigkeit vorgelegt noch ist er seiner Mitwirkungspflicht nachgekommen, sich allenfalls eigehenderen Untersuchungen zu unterziehen, weshalb die Behörde vor dem Hintergrund ihrer Ermittlungsergebnisse in der Beweiswürdigung zu Recht davon ausgegangen ist, dass hier kein Zweifelsfall vorliegt, sondern von der Volljährigkeit auszugehen ist. Diese Einschätzung wird auch vom BVwG - wie oben dargelegt - geteilt.
3.2. Entsprechend der oben getroffenen Feststellung, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits volljährig war, kommt eine gesetzliche Vertretung durch die Einschreiterin nicht in Betracht. Wie festgestellt, wurde die gegenständliche Beschwerde ausdrücklich ohne Bevollmächtigung durch den Beschwerdeführer eingebracht. Die Beschwerde war daher mangels Beschwerdelegitimation der Einschreiterin als unzulässig zurückzuweisen.
Der Vollständigkeit halber wird angemerkt, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Fehlen einer Vollmacht kein verbesserungsfähiges Formgebrechen im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG darstellt, da nur der Mangel des Nachweises, nicht aber der Mangel der Bevollmächtigung selbst behebbar ist (VwGH 19.02.2014, 2011/10/0014), weswegen auch kein Mängelbehebungsauftrag erging.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 Satz 1 B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten der angefochtenen Bescheide wiedergegeben.
Schlagworte
Beschwerdelegimitation, Volljährigkeit, Vollmacht, ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W205.2162474.1.00Zuletzt aktualisiert am
04.02.2019