TE Bvwg Beschluss 2018/11/8 W255 2169464-2

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Veröffentlicht am 08.11.2018
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Entscheidungsdatum

08.11.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AVG §10
AVG §13 Abs3
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §17
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W255 2169464-2/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Ronald EPPEL, MA als Einzelrichter über den Antrag der ARGE Rechtsberatung, Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.08.2018, GZ W255 2169464-1/18E, rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens:

A)

Der Antrag auf Wiederaufnahme wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

1. Verfahrensgang:

1.1. Der afghanische Staatsangehörige XXXX , geb. XXXX , stellte am 22.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

1.2. Das BFA wies den Antrag von XXXX auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 10.08.2017, Zl. 1091941606-151601200, bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt II.). Das BFA erteilte XXXX keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und stellte fest, dass die Abschiebung von XXXX gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde für die freiwillige Ausreise eine Frist von "2 ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung" bestimmt (Spruchpunkt IV.).

1.3. Gegen den unter Punkt 1.2. genannten Bescheid erhob XXXX fristgerecht Beschwerde. Der Beschwerde wurde eine am 22.08.2017 von XXXX unterfertigte Vollmacht für die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe beigefügt.

1.4. Am 31.08.2017 langten die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein.

1.5. Am 13.10.2017 langte beim Bundesverwaltungsgericht ein Schreiben von Rechtsanwalt Mag. Robert BITSCHE ein, in dem dieser mitteilte, dass er von XXXX mit dessen weiteren Vertretung beauftragt worden sei und das bisherige Vollmachtsverhältnis (zur ARGE Rechtsberatung) hiermit aufgelöst werde.

1.6. Der BF wurde in weiterer Folge jeweils über seine ausgewiesene Rechtsvertretung, Rechtsanwalt Mag. Robert BITSCHE, für Verhandlungen vor dem Bundesverwaltungsgericht am 12.04.2018 und 09.08.2018 geladen.

1.7. Die für 12.04.2018 anberaumte Verhandlung wurde kurzfristig abgesagt, nachdem Rechtsanwalt Mag. Robert BITSCHE dem Bundesverwaltungsgericht am 11.04.2018 schriftlich mitteilte, dass XXXX erkrankt sei und den Verhandlungstermin nicht wahrnehmen könne.

1.8. In der Verhandlung vom 09.08.2018 gab XXXX bekannt, dass er nicht mehr von Rechtsanwalt Mag. Robert BITSCHE vertreten werde. Er werde von niemanden mehr vertreten und ersuche darum, künftig alle Schriftsätze zu seinen Handen zuzustellen.

1.9. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.08.2018, GZ W255 2169464-1/18E, wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 09.08.2018 die gegen den Bescheid des BFA vom 10.08.2017 erhobene Beschwerde gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 55, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG, und §§ 52, 55 FPG als unbegründet abgewiesen. Dies mit der Maßgabe, dass Spruchpunkt IV. zu lauten hat: "Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für Ihre freiwillige Ausreise 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung."

Das Erkenntnis wurde XXXX am 06.09.2018 zugestellt.

1.10. Am 14.09.2018 langte beim Bundesverwaltungsgericht ein Antrag auf Wiederaufnahme des zur GZ W255 2169464-1 geführten bzw. abgeschlossenen Verfahrens vom 13.09.2018 ein. In diesem Antrag wird als Wiederaufnahmewerber XXXX bezeichnet, der durch die ARGE Rechtsberatung, Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, vertreten werde. Eine Vollmacht war diesem Antrag nicht angeschlossen.

1.11. Mit Schreiben vom 30.10.2018 teilte das Bundesverwaltungsgericht der ARGE Rechtsberatung, Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, mit, dass XXXX dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 13.10.2017 mitgeteilt hat, dass sein bisheriges Vollmachtsverhältnis (zur ARGE Rechtsberatung) aufgelöst gelte und er fortan von Rechtsanwalt Mag. Robert BITSCHE vertreten werde.

Die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe wurde aufgefordert, dem Bundesverwaltungsgericht bekanntzugeben und ggfalls nachzuweisen, wann die ARGE Rechtsberatung (neuerlich) von XXXX bevollmächtigt wurde und dies konkret im Hinblick auf die Einbringung des Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens vom 13.09.2018.

1.12. Mit Schreiben vom 07.11.2018 teilte die ARGE Rechtsberatung Salzburg dem Bundesverwaltungsgericht mit, dass ihr seitens XXXX nicht mitgeteilt worden sei, dass er nicht mehr durch die ARGE Rechtsberatung vertreten werden wolle, weshalb die ARGE Rechtsberatung aufgrund der Vollmacht vom 22.08.2017 von einem aufrechten Vollmachtsverhältnis ausgehe. Diesem Schreiben wurde die von XXXX am 22.08.2017 unterfertigte Vollmacht beigelegt.

2. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

2.1. Feststellungen:

Der maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Verfahrensgang.

2.2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und der Einsichtnahme in den seitens des Bundesverwaltungsgerichts zur GZ W255 2169464-1 geführten Verwaltungsakt und ist unstrittig.

2.3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Zurückweisung des Antrages:

Gemäß § 10 Abs. 1 AVG können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, "juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften" vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ein, so ersetzt die Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis.

Gemäß § 10 Abs. 2 AVG richten sich Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs. 3 von Amts wegen zu veranlassen.

Dem Bundesverwaltungsgericht liegt ausschließlich die (im Verfahrensgang wiedergegebene) Vollmacht vor, die am 22.08.2017 von XXXX unterfertigt wurde und die die ARGE Rechtsberatung bevollmächtigte, XXXX im Rechtsmittelverfahren gegen den Bescheid des BFA vom 10.08.2017, Zahl 1091941606-151601200, zu vertreten.

Nach Unterfertigung dieser Vollmacht beauftragte XXXX Rechtsanwalt Mag. Robert BITSCHE mit seiner rechtsfreundlichen Vertretung und teilte dem Bundesverwaltungsgericht in Einem schriftlich mit, dass sein bisheriges Vollmachtsverhältnis zur ARGE Rechtsberatung als aufgelöst gelte.

In weiterer Folge gab XXXX gegenüber dem Bundesverwaltungsgericht an, dass er von niemandem mehr vertreten werde und nicht vertreten werden wolle.

Seitens der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe konnte trotz Aufforderung durch das Bundesverwaltungsgericht keine Vollmacht vorgelegt werden, die seitens XXXX nach seinen Erklärungen gegenüber dem Bundesverwaltungsgericht, wonach sein Vollmachtsverhältnis zur ARGE Rechtsberatung aufgelöst gelte und er nicht mehr vertreten werde, unterschrieben worden wäre.

Die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe konnte trotz Aufforderung durch das Bundesverwaltungsgericht auch keine sonstige schriftliche Erklärung des XXXX vorlegen, in der dieser etwa ge- und unterschrieben hätte, dass seine Vollmacht vom 22.08.2017 (doch) weiterhin bzw. wieder gelte und er neuerlich von der ARGE Rechtsberatung vertreten werden wolle.

Dem Schreiben der ARGE Rechtsberatung vom 07.11.2018 ist schließlich implizit zu entnehmen, dass offensichtlich seit längerem kein Kontakt zwischen XXXX und der ARGE Rechtsberatung besteht, zumal die ARGE vorbringt, dass sie von XXXX nie erfahren habe, dass dieser nicht mehr von der ARGE vertreten werden wolle, obwohl XXXX diesen Umstand dem Bundesverwaltungsgericht bereits am 13.10.2017 bekanntgegeben hat.

Gemäß § 13 Abs. 3 AVG iVm. § 17 VwGVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen das Verwaltungsgericht nicht zur Zurückweisung. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Das Fehlen einer Vollmacht stellt kein verbesserungsfähiges Formgebrechen im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG dar, da nur der Mangel des Nachweises, nicht aber der Mangel der Bevollmächtigung selbst behebbar ist (VwGH vom 19.02.2014, 2011/10/0014).

Mangels (aufrechter) Bevollmächtigung zur Stellung eines Wiederaufnahmeantrages durch XXXX war die ARGE Rechtsberatung, Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, nicht berechtigt, diesen für ihn zu stellen.

Davon ausgehend ist der von der ARGE Rechtsberatung, Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, getätigte Verfahrensakt ihr selbst zuzurechnen; in Bezug auf den vermeintlich Vertretenen war die von der ARGE Rechtsberatung, Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gesetzte Verfahrenshandlung unwirksam (VwGH vom 19.02.2014, 2011/10/0014).

Das Bundesverwaltungsgericht erlässt den Beschluss daher gegenüber der ARGE Rechtsberatung, Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, als Adressaten erlassen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Im vorliegenden Fall waren § 10 Abs. 2 AVG und § 13 Abs. 3 AVG und die dazu ergangene Rechtsprechung und Literatur heranzuziehen. Die gegenständliche Entscheidung richtet sich nach der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 13 Abs. 3 AVG und dessen Nichtanwendbarkeit beim Fehlen einer Vollmacht. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

Vollmacht, Wiederaufnahme, Wiederaufnahmeantrag, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W255.2169464.2.00

Zuletzt aktualisiert am

04.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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