Entscheidungsdatum
13.11.2018Norm
ABGB §268Spruch
I416 2208046-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Alexander BERTIGNOL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. am XXXX, StA. Nigeria, alias Demokratische Republik Kongo, vertreten durch RA XXXX als Erwachsenenvertreter, dieser vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst GmbH, als Mitglied der ARGE Rechtsberatung, Wattgasse 48/3 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.09.2018 Zl.1078111903-150867864/BMI-BFA_WIEN_AST_04 zu Recht erkannt:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen ins Bundesgebiet in das Bundesgebiet ein und stellte am 16.07.2015 unter dem Namen XXXX, geb. am XXXX, Staatsangehörigkeit Nigeria, einen Antrag auf internationalen Schutz. Zu seiner Fluchtroute führte er aus, dass er 2013 mit einem Boot von Nigeria aus in die Türkei eingereist sei. Er habe sich danach in Bulgarien, Ungarn und der Slowakei aufgehalten und habe in Ungarn und der Slowakei um Asyl angesucht, ob er auch in Bulgarien um Asyl angesucht habe, wisse er nicht. Schließlich sei er von der Slowakei ins Bundesgebiet eingereist. Bezüglich seiner Fluchtgründe führte er aus, dass seine Familie von einer terroristischen Gruppe angegriffen worden und seine Mutter dabei ums Leben gekommen sei. Er gab weiters an, dass solche gefährlichen Gruppen unschuldige Menschen töten würden und Mensch und Banken auch von diesen geraubt würden. Er sei auch von einem aus dieser Gruppe mit dem Tod bedroht worden. In seiner Heimatstadt gebe es sehr viele Bombenanschläge von der Terrorgruppe Boko Haram wobei auch sehr viele Menschen ums Leben gekommen seien. Sein Leben sei dort nicht mehr sicher gewesen aus diesem Grund habe er es auch verlassen. Im Falle seiner Rückkehr aber er Angst um sein Leben. Auf die Frage, ob es konkrete Hinweise gebe, dass ihm bei seiner Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe, die Todesstrafe drohen würde, oder er mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen habe, gab er wörtlich an: "Ja, man kann im Internet über die jetzige Lage in Nigeria nachschauen."
2. Mit Schreiben vom 11.02.2017 wurde eine Vollmacht des MigrantInnenvereines St. Marx - mit Verfahrensanordnung gemäß § 7 VwGVG vom 02.06.2016 wurde die Volljährigkeit des Beschwerdeführers festgestellt und sein Geburtsdatum für das weitere Verfahren mit
XXXX angegeben - vorgelegt.
3. Mit Schreiben der Rechtsvertretung vom 14.06.2017 wurde der belangten Behörde eine Krankmeldung für die am 19.06.2017 anberaumte Einvernahme übermittelt und ein fachärztlicher Befund bezüglich seines Gesundheitszustandes beigelegt.
4. Am 16.10.2017 wurde der Beschwerdeführer niederschriftlich einvernommen, wobei diese Einvernahme aufgrund des Zustandes des Beschwerdeführers abgebrochen werden musste. Im Rahmen dieser Einvernahme legte der Beschwerdeführer eine ärztliche Bestätigung des sozialpsychiatrischen Ambulatoriums XXXX vor, in dem ua darauf hingewiesen wurde, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner schweren psychischen Erkrankung aus psychiatrischer Sicht nicht in der Lage sei zielführende Angaben zu machen.
5. Der Beschwerdeführer wurde mit Ladung vom 06.08.2018 für eine neuerliche Einvernahme am 21.08.2018 im Wege seiner ausgewiesenen Rechtsvertretung geladen.
6. Mit Schreiben seiner Rechtsverletzung vom 13.08.2018 wurde der belangten Behörde ua. der Beschluss des BG Fünfhaus vom 03.08.2018 übermittelt, aufgrund dessen RA XXXX, zum Verfahrenssachwalter gemäß § 119 AußStrG bestellt wurde. Darin wird der obgenannte mit sofortiger Wirkung zum einstweiligen Sachwalter zur Besorgung folgender dringender Angelegenheiten bestellt - 1.) Vertretung vor Gerichten und Behörden, Dienststellen und Sozialversicherungsträger;
2.) Verwaltung von Einkünften, Vermögen und Verbindlichkeiten; 3.) Vertretung in Wohnungsangelegenheiten; - und festgestellt, dass die betroffene Person insoweit in ihren Rechtshandlungen beschränkt ist. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass nach Aktenlage und Anhörung der betroffenen Person, diese nicht in der Lage scheint alle ihre Angelegenheiten ohne Gefahr eines Nachteiles für sich selbst zu besorgen.
7. Am 21.08.2018 wurde dem Beschwerdeführer eine Ladung zu einer weiteren Einvernahme im Asylverfahren persönlich ausgehändigt.
8. Am 29.08.2018 wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde in Abwesenheit seiner Rechtsvertretung und seines gerichtlich bestellten Erwachsenenvertreters niederschriftlich einvernommen.
9. Mit Schriftsatz vom 17.09.2018, wurde seitens des bestellten Erwachsenenvertreters unter gleichzeitiger Übermittlung des Pflegschaftsbeschlusses des BG XXXX um Bekanntgabe des Verfahrensstandes ersucht.
10. Mit Bescheid vom 20.09.2018 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten "gemäß § 3 Absatz 1 iVm
§ 2 Absatz 1 Ziffer 13 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF" (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria "gemäß
§ 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG" (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen "gemäß § 57 AsylG" nicht erteilt (Spruchpunkt III.) "Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF" wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung "gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF" erlassen (Spruchpunkt IV.). Weiters wurde "gemäß § 52 Absatz 9 FPG" festgestellt, dass seine Abschiebung "gemäß § 46 FPG" nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V.). Eine Frist für seine freiwillige Ausreise wurde "gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG" mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgestellt (Spruchpunkt VI.). Dieser Bescheid wurde sowohl dem Erwachsenenvertreter als auch der gewillkürten Rechtsvertretung zugestellt.
11. Mit Verfahrensanordnung gemäß § 63 Abs. 2 AVG vom 21.09.2018 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH, als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48/3, in 1170 Wien als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.
12. Gegen den Bescheid der belangten Behörde erhob der Beschwerdeführer durch seinen bestellten Erwachsenenvertreter, dieser vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH, mit Schriftsatz vom 18.10.2018 inhaltliche Rechtswidrigkeit und die Verletzung von Verfahrensvorschriften. Begründend wurde im Wesentlichen zur Verletzung von Verfahrensvorschriften vorgebracht, dass für den Beschwerdeführer ein Erwachsenenvertreter bestellt sei und er nicht ohne diesen einvernommen hätte werden dürfen, darüberhinaus habe sich die belangte Behörde nicht mit dem Gutachten, in dem festgestellt worden sei, dass er an paranoider Schizophrenie leiden würde auseinandergesetzt. Weiters wurde ausgeführt, dass die belangte Behörde mangelhafte Ermittlungen betreffend des Vorliegens einer innerstaatlichen Fluchtalternative geführt habe und mangelhafte Länderberichte ihrer Entscheidung zugrunde gelegt habe. Auch wurde eine mangelhafte Auseinandersetzung mit den vorgelegten Beweismitteln bezüglich seines Gesundheitszustandes, sowie mangelhafte Feststellungen und mangelhafte Beweiswürdigung moniert und letztlich Ausführungen zur inhaltlichen Rechtswidrigkeit gemacht. Es werde daher beantragt, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, die angefochtene Entscheidung hinsichtlich Spruchpunkt I. beheben und dem Beschwerdeführer des Status des Asylberechtigten zuerkennen; in eventu die angefochtene Entscheidung hinsichtlich Spruchpunkt II. beheben und dem Beschwerdeführer des Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkennen; feststellen, dass die Abschiebung nach Nigeria auf Dauer unzulässig sei, sowie die erlassene Rückkehrentscheidung ersatzlos beheben; in eventu den angefochtenen Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG beheben und zur Erlassung eines neuerlichen Bescheides an die Behörde zurückverweisen.
13. Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 19.10.2018 vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Dieser ergibt sich bedenkenlos aus dem vorgelegten Verwaltungsakt.
Dem Beschwerdeführer wurde mit Beschluss des BG XXXX vom 03.04.2018 mit sofortiger Wirkung ein einstweiliger Sachwalter zur Vertretung vor Gerichten und Behörden, Dienststellen und Sozialversicherungsträger, zur Verwaltung von Einkünften, Vermögen und Verbindlichkeiten und zur Vertretung in Wohnungsangelegenheiten bestellt.
Dieser Beschluss wurde der belangten Behörde am 13.08.2018 durch die gewillkürte Rechtsvertretung des Beschwerdeführers nachweislich übermittelt.
Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer die Ladung für die niederschriftliche Einvernahme am 29.08.2018 am 21.08.2018 persönlich ausgefolgt. Nicht festgestellt werden kann, dass die belangte Behörde dem bestellten Erwachsenenvertreter bzw. der ausgewiesenen Rechtsvertretung eine Ladung zu dieser niederschriftlichen Einvernahme übermittelt hat.
Diese Feststellungen ergeben sich aus dem unbestritten gebliebenen Akteninhalt (AS 295-299 und AS 305).
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zur anzuwendenden Rechtslage:
Die maßgeblichen Bestimmungen des § 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 lauten:
"Erkenntnisse
§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
(4) Hat die Behörde bei ihrer Entscheidung Ermessen zu üben, hat das Verwaltungsgericht, wenn es nicht gemäß Abs. 2 in der Sache selbst zu entscheiden hat und wenn die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen ist, den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
(5) Hebt das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf, sind die Behörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.
(6) Ist im Verfahren wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG eine Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen, so hat das Verwaltungsgericht die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären und gegebenenfalls aufzuheben. Dauert die für rechtswidrig erklärte Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt noch an, so hat die belangte Behörde unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Zustand herzustellen.
(7) Im Verfahren über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG kann das Verwaltungsgericht sein Erkenntnis vorerst auf die Entscheidung einzelner maßgeblicher Rechtsfragen beschränken und der Behörde auftragen, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der hiermit festgelegten Rechtsanschauung binnen bestimmter, acht Wochen nicht übersteigender Frist zu erlassen. Kommt die Behörde dem Auftrag nicht nach, so entscheidet das Verwaltungsgericht über die Beschwerde durch Erkenntnis in der Sache selbst, wobei es auch das sonst der Behörde zustehende Ermessen handhabt.
(8) Durch die Aufhebung der angefochtenen Weisung tritt jener Rechtszustand ein, der vor der Erlassung der Weisung bestanden hat; infolge der Weisung aufgehobene Verordnungen treten jedoch dadurch nicht wieder in Kraft. Die Behörde ist verpflichtet, in dem betreffenden Fall mit den ihr zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.
Die maßgeblichen Bestimmungen des § 1503 Abs. 9 Ziffer 10 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB), JGS Nr. 946/1811, in der Fassung BGBl. I Nr. 58/2018 lauten:
Inkrafttreten und Übergangsbestimmungen
§ 1503. (9) Für das Inkrafttreten des 2. Erwachsenenschutz-Gesetzes, BGBl. I Nr. 59/2017 (2. ErwSchG), gilt Folgendes:
10. Sachwalter, die vor dem 1. Juli 2018 bestellt wurden, sind nach dem 30. Juni 2018 gerichtliche Erwachsenenvertreter. Für sie gelten die Vorschriften des sechsten Hauptstücks des ersten Teils in der Fassung des 2. ErwSchG, soweit in den Z 11 bis 14 nichts anderes bestimmt ist.
11. Die §§ 274 und 275 in der Fassung des 2. ErwSchG sind - außer in einem Erneuerungsverfahren nach Z 14 - auf gerichtliche Erwachsenenvertreter im Sinn der Z 10 nicht anzuwenden.
12. Bis zum 30. Juni 2019 besteht im Fall einer gerichtlichen Erwachsenenvertretung im Sinn der Z 10 auch ohne gerichtliche Anordnung im gesamten Wirkungsbereich des ehemaligen Sachwalters und nunmehrigen gerichtlichen Erwachsenenvertreters ein Genehmigungsvorbehalt im Sinn des § 242 Abs. 2 in der Fassung des 2. ErwSchG. Nach dem 30. Juni 2019 besteht für Personen, für die vor dem 1. Juli 2018 ein Sachwalter bestellt worden ist, nur ein Genehmigungsvorbehalt, wenn und soweit er gerichtlich angeordnet wird.
Die maßgeblichen Bestimmungen der §§ 9 und 19 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) BGBl. Nr. 51/1991, in der Fassung BGBl. I Nr. 58/2018 lauten:
Rechts- und Handlungsfähigkeit
§ 9. Insoweit die persönliche Rechts- und Handlungsfähigkeit von Beteiligten in Frage kommt, ist sie von der Behörde, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen.
§ 19. (1) Die Behörde ist berechtigt, Personen, die in ihrem Amtsbereich ihren Aufenthalt (Sitz) haben und deren Erscheinen nötig ist, vorzuladen.
(2) In der Ladung ist außer Ort und Zeit der Amtshandlung auch anzugeben, was den Gegenstand der Amtshandlung bildet, in welcher Eigenschaft der Geladene vor der Behörde erscheinen soll (als Beteiligter, Zeuge usw.) und welche Behelfe und Beweismittel mitzubringen sind. In der Ladung ist ferner bekanntzugeben, ob der Geladene persönlich zu erscheinen hat oder ob die Entsendung eines Vertreters genügt und welche Folgen an ein Ausbleiben geknüpft sind.
Die maßgebliche Bestimmung des § 9 Bundesgesetz über die Zustellung behördlicher Dokumente (ZustG) BGBl. Nr. 200/1982, in der Fassung BGBl. I Nr. 33/2018 lautet:
Zustellungsbevollmächtigter
§ 9. (1) Soweit in den Verfahrensvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können die Parteien und Beteiligten andere natürliche oder juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften gegenüber der Behörde zur Empfangnahme von Dokumenten bevollmächtigen (Zustellungsvollmacht).
(2) Einer natürlichen Person, die keinen Hauptwohnsitz im Inland hat, kann eine Zustellungsvollmacht nicht wirksam erteilt werden. Gleiches gilt für eine juristische Person oder eingetragene Personengesellschaft, wenn diese keinen zur Empfangnahme von Dokumenten befugten Vertreter mit Hauptwohnsitz im Inland hat. Das Erfordernis des Hauptwohnsitzes im Inland gilt nicht für Staatsangehörige von EWR-Vertragsstaaten, falls Zustellungen durch Staatsverträge mit dem Vertragsstaat des Wohnsitzes des Zustellungsbevollmächtigten oder auf andere Weise sichergestellt sind.
(3) Ist ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat die Behörde, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.
Zu A) Behebung des Bescheides
Einer Person, die psychisch krank oder geistig behindert ist und daher nicht in der Lage ist alle oder einzelne Angelegenheiten ohne Gefahr eines Nachteiles für sich selbst zu besorgen, ist gemäß § 273 ABGB auf Antrag oder von Amts wegen ein Sachwalter zu bestellen. Der dahingehende Beschluss des Außerstreitgerichtes wirkt insofern konstitutiv, als ab seiner Wirksamkeit die Prozessfähigkeit im dort umschriebenen Ausmaß keinesfalls mehr gegeben ist (VwGH 22.1.2003, 2000/08/0049; VwGH 23.04.1996, 95/11/0365), sondern der Pflegebefohlene innerhalb des Wirkungsbereiches des Sachwalters einem Unmündigen über sieben Jahre gleichsteht, also ohne ausdrückliche oder stillschweigende Einwilligung des Sachwalters nicht handeln kann (VwGH 20.02.2002, 2001/08/0192).
Mangelt einer Person die Prozessfähigkeit, so ist dies jedenfalls von der Behörde von Amts wegen wahrzunehmen. Mangelnde Prozessfähigkeit führt zur Unwirksamkeit verfahrensrechtlicher Akte der Behörde, dazu gehören auch Zustellungen, auch kann die prozessunfähige Person keine wirksamen Verfahrenshandlungen mehr setzen (siehe VwGH 11.10.2012, 2011/01/0231, VwGH 20.02.2013 2010/11/0062).
Im gegenständlichen Verfahren wurde mit Beschluss des BG XXXX für den Fremden ein Sachwalter gemäß § 120 AußStrG bestellt und hat die belangte Behörde davon nachweislich Kenntnis erlangt. Trotzdem hat die belangte Behörde dem Fremden die Ladung zur Einvernahme im Asylverfahren persönlich ausgehändigt, eine Zustellung der Ladung im Wege des Sachwalters erfolgte nicht.
Bezüglich der Personen für die Sachwalter bestellt sind gilt, dass sie gemäß § 280 iVm 268 Abs. 3 ABGB ohne dessen ausdrückliche Zustimmung (durchgehend) handlungs- und somit prozessunfähig sind (VwGH 13.10.2005, 2004/18/0221).
Hinsichtlich der erfolgten Änderung im Bereich der Erwachsenenvertretung, so löst das Erwachsenschutzgesetz die Bestimmungen über die Sachwalterschaft ab, ist für das gegenständliche Verfahren auszuführen, dass gemäß Ziffer 10 der Übergangsbestimmungen Sachwalter, die vor dem 1. Juli 2018 bestellt worden sind, nach dem 30. Juni 2018 als gerichtliche Erwachsenenvertreter gelten. Diese an die entsprechende Übergangsvorschrift im Sachwaltergesetz 1983 angelehnte Regelung (vgl. Art X: "Sachwalter ist, sofern das Gericht nicht anderes bestimmt, der bestellte Kurator oder Beistand.") folgt ebenfalls (siehe die Erläuterungen zu Z 4) dem Prinzip der "sukzessiven" intertemporalen Anknüpfung, wonach auf bestehende Vertretungsverhältnisse die neuen Vorschriften anzuwenden sind. Daraus folgt etwa, dass sich die gerichtliche Kontrolle über gerichtliche Erwachsenenvertreter im Sinn der Z 11 nach dem 30. Juni 2018 nach § 259 in der Fassung des 2. ErwSchG richtet. Darauf werden die Gerichte die Erwachsenenvertreter zweckmäßiger Weise (sollen unnötige Verbesserungsaufträge vermieden werden) rechtzeitig informieren.
In den Z 11 bis 14 werden - abweichend von diesem Grundsatz - einige spezielle Fragen geregelt. Nach Z 11 sind die §§ 274 und 275 in der Fassung des 2. ErwSchG auf gerichtliche Erwachsenenvertreter im Sinn der Z 10 nicht anzuwenden. Das bedeutet, dass das neue Regime der Berufung zum gerichtlichen Erwachsenenvertreter, insbesondere was die Frage der Zustimmung zur Bestellung betrifft, auf die aus ehemaligen Sachwalterschaften beruhenden "Altbeständen" zunächst nicht zur Anwendung kommt. Erst im Erneuerungsverfahren im Sinn der Z 14 sind die §§ 274 und 275. in der Fassung des 2. ErwSchG anzuwenden. Damit soll sichergestellt werden, dass der - auch personelle - "Umbau" der Sachwalterschaften in gerichtliche Erwachsenenvertretungen gut bewältigt werden kann.
Sohin ist davon auszugehen, dass der im Beschwerdeverfahren als Erwachsenenvertreter bezeichnete und als Sachwalter bestelle Rechtsanwalt, im Umfang des Beschlusses des Pflegschaftsgerichtes zur Vertretung berufen ist und somit keine Änderung seines Aufgabenbereiches erfolgt ist.
Darüberhinaus hat die belangte Behörde trotz aufrechter Vollmacht der gewillkürten Rechtsvertretung, diese weder geladen noch scheint eine sonstige Verständigung von der beabsichtigten niederschriftlichen Einvernahme auf. Dabei ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass ab dem Wirksamwerden einer Zustellvollmacht, eine Zustellung nur mehr an den Zustellbevollmächtigten erfolgen kann und eine Zustellung an den Vollmachtgeber selbst unwirksam ist. Dies gilt für alle Dokumente, auch für Dokumente mit einem spezifisch personenbezogenen Inhalt wie zB Ladungen (VwGH 27.05.2009, 2009/21/0014). Eine Heilung einer solchen unwirksamen Zustellung an eine prozessunfähige Person kann nur durch das tatsächliche Zustandekommen an den gesetzlichen Vertreter erfolgen. Eine solche ist jedoch aus dem Akt nicht ersichtlich.
Selbst unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Beschwerdeführer im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme befragt, ob er auch ohne "Assistent" bzw. Vertretung in der Lage sei treffende Angaben zu machen, kann nicht davon ausgegangen werden, dass damit der verfahrensrechtliche Akt der Zustellung als geheilt anzusehen wäre.
Dadurch, dass die belangte Behörde die Ladung in unzulässiger Weise dem Fremden persönlich ausgehändigt hat, hat sie wesentliche Verfahrensvorschriften verletzt und ihre weiteren Verfahrensschritte, nämlich die niederschriftliche Einvernahme und in Folge die Zugrundelegung der getätigten Angaben für die verfahrensgegenständliche Entscheidung der belangten Behörde, unabhängig davon, ob der Prozessunfähige in der Lage ist Wissenserklärungen abzugeben, mit Rechtswidrigkeit belastet.
Daran kann auch die seitens der belangten Behörde letztlich richtigerweise vorgenommene Zustellung ihrer Entscheidung an den Erwachsenenvertreter und die gesetzliche Vertretung nichts ändern.
Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z. 1 VwGVG unterbleiben, da bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist.
Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Asylverfahren, Behebung der Entscheidung, Erwachsenenvertreter,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:I416.2208046.1.00Zuletzt aktualisiert am
04.02.2019