Entscheidungsdatum
28.11.2018Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
W163 2201148-2/10E
Schriftliche Ausfertigung des am 23.08.2018 mündlich verkündeten Erkenntnisses
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Daniel LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von Herrn XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Nepal, vertreten durch XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.08.2018, Zahl XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
1. Verfahrensgang:
1.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein nepalesischer Staatsangehöriger, reiste am 20.10.2006 unrechtmäßig in Österreich ein und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG). Dabei gab er an, am 01.07.1984 geboren zu sein.
1.2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes (in der Folge BAA) vom 09.07.2007 wurde dieser Antrag gemäß §§ 3 und 8 AsylG abgewiesen und der BF gemäß § 10 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nepal ausgewiesen.
1.3. Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde wies der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 21.07.2011 als unbegründet ab.
1.4. Am 24.09.2014 stellte der BF beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA) einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 56 Abs. 1 AsylG.
1.5. Mit "Bescheid" vom 07.09.2015, Zahl XXXX, wies das BFA den Antrag des BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 AsylG ab.
1.6. Die dagegen eingebrachte Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG) mit Erkenntnis vom 16.11.2017, GZ: W222 XXXX als unzulässig zurück, da mangels einer Unterschrift durch den genehmigungsberechtigten Organwalter kein Bescheid vorgelegen sei.
1.7. Im fortgesetzten Verfahren vor dem BFA wurde der BF am 08.05.2018 niederschriftlich einvernommen. Er machte Angaben zu seinen Lebensumständen in Nepal und in Österreich. Auf die Abgabe einer Stellungnahme zu den ihm vorgelegten "aktuellen Länderfeststellungen zu Nepal" (offenbar das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des BFA, ohne Bezeichnung und Erstellungsdatum) verzichtete der BF.
Dem BF wurde zur Kenntnis gebracht, dass sein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß "§ 55 AsylG" abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung gegen ihn erlassen werde. Er halte sich unrechtmäßig in Österreich auf und habe das Bundesgebiet unverzüglich zu verlassen. Sollte er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, habe er mit Zwangsmaßnahmen (Schubhaft, Abschiebung) zu rechnen. Außerdem wurde ihm zur Kenntnis gebracht, dass er seit 01.11.2017 verpflichtet sei, sich selbst um ein Reisedokument zu kümmern, und ihm diese Verpflichtung auch mittels Mitwirkungsbescheid auferlegt werden könne.
1.8. Mit Bescheid des BFA vom 08.05.2018 wurde dem BF aufgetragen, gemäß § 46 Abs. 2a und 2b FPG zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments mitzuwirken, im Konkreten habe er binnen sieben Tagen ab Zustellung das beigelegte Formblatt zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates mit seinen richtigen Identitätsdaten komplett auszufüllen und an das BFA zu übermitteln. Wenn er diesem Auftrag ohne wichtigen Grund (Krankheit, Behinderung, andere wichtige Gründe) nicht Folge leiste, müsse er damit rechnen, dass eine Haftstrafe von 14 Tagen verhängt werde (Spruchpunkt I.) In Spruchpunkt II. wurde eine aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid gemäß § 13 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) ausgeschlossen.
1.9. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde durch das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 13.06.2018, GZ: W191 XXXX, hinsichtlich Spruchpunkt I. als unbegründet abgewiesen. Hinsichtlich des Spruchpunktes II. wurde der Beschwerde stattgegeben und dieser gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ersatzlos behoben.
1.10. Mit "Bescheid über Zwangsstrafe" des BFA vom 27.06.2018, Zl. XXXX, wurde gemäß § 5 VVG über den BF die für den Fall der Nichterfüllung angedrohte Haftstrafe von 14 Tagen verhängt.
1.11. Mit Bescheid des BFA vom 12.06.2018, Zl. XXXX, wurde der Antrag des BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK vom 24.09.2014 gemäß § 55 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG erlassen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemß § 46 FPG nach Nepal zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde als Frist für die freiwillige Ausreise vier Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt IV).
Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde war beim Bundesverwaltungsgericht unter der GZ: W169 XXXX anhängig.
1.12. Am 29.06.2018 wurde der BF vor dem BFA im Verfahren zur Erlassung eines Mitwirkungsbescheides niederschriftlich einvernommen.
1.13. Mit Bescheid des BFA vom 29.06.2018, Zl. XXXX, wurde der Beschwerdeführer verpflichtet, binnen fünf Tagen ab Zustellung das vorgelegte Formblatt zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates mit den richtigen Identitätsdaten komplett auszufüllen und dem BFA zu übermitteln, widrigenfalls über ihn eine Haftstrafe von 21 Tagen verhängt wird (Spruchpunkt I.) Der Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt II.) Der Bescheid wurde dem BF am 29.06.2018, um 09.40 Uhr zugestellt und war vollstreckbar.
1.14. Mit "Bescheid über Zwangsstrafe" des BFA vom 05.07.2018, Zl. XXXX, wurde gemäß § 5 VVG über den BF die für den Fall der Nichterfüllung angedrohte Haftstrafe von 21 Tagen verhängt.
1.15. Am 27.07.2018 wurde der BF vor dem BFA im Verfahren zur Erlassung eines Mitwirkungsbescheides niederschriftlich einvernommen.
1.16. Mit Bescheid des BFA vom 27.07.2018, Zl. XXXX, wurde der Beschwerdeführer verpflichtet, binnen fünf Tagen ab Zustellung das vorgelegte Formblatt zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates mit den richtigen Identitätsdaten komplett auszufüllen und dem BFA zu übermitteln, widrigenfalls über ihn eine Haftstrafe von 28 Tagen verhängt wird (Spruchpunkt I.) Der Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt II.) Der Bescheid wurde dem BF am 27.07.2018, 13.30 Uhr zugestellt und war vollstreckbar.
1.17. Mit verfahrensgegenständlichem "Bescheid über Zwangsstrafe" des BFA vom 02.08.2018, Zl. XXXX, wurde gemäß § 5 VVG über den BF die für den Fall der Nichterfüllung angedrohte Haftstrafe von 28 Tagen verhängt.
Begründend führte die belangte Behörde aus, dass der BF das Formblatt bis dato nicht ausgefüllt hat und seiner Verpflichtung nicht nachgekommen sei.
1.18. Gegen diesen Bescheid über die Zwangsstrafe wurde fristgerecht Beschwerde durch den bevollmächtigten Vertreter erhoben. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die Mitwirkung des Beschwerdeführers zur Erlangung eines Heimreisezertifikates oder Ersatzreisedokumentes nicht notwendig sei, da die Behörde jederzeit ermächtigt sei, bei der für den Fremden zuständigen ausländischen Behörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen einzuholen. Die Daten des Beschwerdeführers seien der Behörde bekannt. Ungeachtet der Bezeichnung als "Beugehaft" handle es sich um "Haft" als Freiheit beschränkende Maßnahme die den Bestimmungen des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit unterliegt, sowie den Bestimmungen des Art 5 EMRK bzw. der Entsprechung der Grundrechtecharta. Weiters wurde ausgeführt, dass es sich bei der Inhaftierung um eine Sanktion für die mangelnde Mitwirkung des Beschwerdeführers handle. Die Verhängung der Beugehaft in einem unbeschränkten Ausmaß widerspreche offensichtlich dem Verhältnismäßigkeitsprinzip und unterlaufe die Bestimmungen über das Höchstausmaß der zulässigen Haft.
1.19. Die Beschwerde und die bezughabenden Akten wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 17.08.2018 vorgelegt.
1.20. Das Bundesverwaltungsgericht führte in der gegenständlichen Rechtssache am 23.08.2018 eine mündliche Verhandlung durch, zu der der BF aus der Beugehaft vorgeführt wurde. An der Verhandlung nahmen der bevollmächtigte Vertreter des BF und ein Vertreter der belangten Behörde teil.
Im Anschluss an die mündliche Verhandlung verkündete das Bundesverwaltungsgericht das Erkenntnis.
1.21. Mit Schriftsätzen, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 28.08.2018, 22.10.2018 und 26.11.2018 beantragte der BF durch seinen gewillkürten Vertreter die schriftliche Ausfertigung des am 23.08.2018 mündlich verkündeten Erkenntnisses.
2. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die Beschwerde erwogen:
2.1. Feststellungen:
Der BF war ein Staatsangehöriger von Nepal und nicht österreichischer Staatsbürger.
Er verfügte über kein Aufenthaltsrecht in Österreich.
Der Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 09.07.2007, Zl. XXXX, abgewiesen und der BF nach Nepal ausgewiesen. Die Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 21.07.2011, Zl. C17 XXXX, als unbegründet abgewiesen. Mit Zustellung des Erkenntnisses mit 02.08.2011 lag eine durchsetzbare Ausweisungsentscheidung vor.
Der BF hat am 24.09.2014 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gestellt. Das BFA hat den Antrag abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung getroffen. Die dagegen erhobene Beschwerde war beim Bundesverwaltungsgericht unter der GZ: W169 XXXX anhängig.
Mit Bescheid des BFA vom 08.05.2018 wurde dem BF aufgetragen, gemäß § 46 Abs. 2a und 2b FPG zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments mitzuwirken, im Konkreten habe er binnen sieben Tagen ab Zustellung das beigelegte Formblatt zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates mit seinen richtigen Identitätsdaten komplett auszufüllen und an das BFA zu übermitteln. Wenn er diesem Auftrag ohne wichtigen Grund (Krankheit, Behinderung, andere wichtige Gründe) nicht Folge leiste, müsse er damit rechnen, dass eine Haftstrafe von 14 Tagen verhängt werde (Spruchpunkt I.). Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde durch das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 13.06.2018, GZ: W191 XXXX, hinsichtlich Spruchpunkt I. als unbegründet abgewiesen.
Mit "Bescheid über Zwangsstrafe" des BFA vom 27.06.2018, Zl. XXXX, wurde gemäß § 5 VVG über den BF die für den Fall der Nichterfüllung angedrohte Haftstrafe von 14 Tagen verhängt.
Am 29.06.2018 wurde der BF vor dem BFA im Verfahren zur Erlassung eines Mitwirkungsbescheides niederschriftlich einvernommen. Mit Bescheid des BFA vom 29.06.2018, Zl. XXXX, wurde der Beschwerdeführer verpflichtet, binnen fünf Tagen ab Zustellung das vorgelegte Formblatt zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates mit den richtigen Identitätsdaten komplett auszufüllen und dem BFA zu übermitteln, widrigenfalls über ihn eine Haftstrafe von 21 Tagen verhängt wird (Spruchpunkt I.) Der Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt II.) Der Bescheid wurde dem BF am 29.06.2018, um 09.40 Uhr zugestellt und war vollstreckbar.
Mit "Bescheid über Zwangsstrafe" des BFA vom 05.07.2018, Zl. XXXX, wurde gemäß § 5 VVG über den BF die für den Fall der Nichterfüllung angedrohte Haftstrafe von 21 Tagen verhängt.
Am 27.07.2018 wurde der BF vor dem BFA im Verfahren zur Erlassung eines Mitwirkungsbescheides niederschriftlich einvernommen. Mit Bescheid des BFA vom 27.07.2018, Zl. XXXX, wurde der Beschwerdeführer verpflichtet, binnen fünf Tagen ab Zustellung das vorgelegte Formblatt zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates mit den richtigen Identitätsdaten komplett auszufüllen und dem BFA zu übermitteln, widrigenfalls über ihn eine Haftstrafe von 28 Tagen verhängt wird (Spruchpunkt I.) Der Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt II.) Der Bescheid wurde dem BF am 27.07.2018, 13.30 Uhr zugestellt und war vollstreckbar.
Mit verfahrensgegenständlichem "Bescheid über Zwangsstrafe" des BFA vom 02.08.2018, Zl. XXXX, wurde gemäß § 5 VVG über den BF die für den Fall der Nichterfüllung angedrohte Haftstrafe von 28 Tagen verhängt. Der BF befand sich seit 13.07.2018 in Haft.
Der BF hat die von ihm geforderte Handlung, konkret das Ausfüllen des vorgelegten Formblatts zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates bis zur Verkündung dieser Entscheidung nicht vorgenommen.
Für die Erwirkung eines Heimreisezertifikates bedurfte es der eigenhändigen Unterschrift des BF.
2.2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und der Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichts sowie dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.
Die Feststellung, dass der BF die von ihm geforderte Handlung nicht vorgenommen hat stürzt sich auf die Angaben des BF in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Der BF hat die Frage, ob sich an seiner in den Einvernahmen vor dem BFA am 29.06.2018 und 27.07.2018 erklärten Haltung, nicht nach Nepal zurückkehren zu wollen und das Formblatt nicht auszufüllen, etwas geändert hätte, verneint.
Die Feststellung, dass es zur Erwirkung eines Heimreisezertifikates der eigenhändigen Unterschrift des BF bedürfe, stützt sich auf die Angaben des Vertreters der belangten Behörde in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendes Recht
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Gemäß § 1 VwGVG regelt dieses Bundesgesetz das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, des Agrarverfahrensgesetzes und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu Spruchteil A)
1. Gemäß § 46 Abs. 2 FPG hat ein zur Ausreise verpflichteter Fremder, der über kein Reisedokument verfügt und ohne ein solches seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen kann, - vorbehaltlich des Abs. 2a - bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem ein Reisedokument einzuholen und gegenüber dieser Behörde sämtliche zu diesem Zweck erforderlichen Handlungen, insbesondere die Beantragung des Dokumentes, die wahrheitsgemäße Angabe seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft sowie die Abgabe allfälliger erkennungsdienstlicher Daten, zu setzen, es sei denn, dies wäre aus Gründen, die der Fremde nicht zu vertreten hat, nachweislich nicht möglich.
Gemäß § 46 Abs. 2a FPG ist das Bundesamt jederzeit ermächtigt, bei der für den Fremden zuständigen ausländischen Behörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen (insbesondere Heimreisezertifikat oder Ersatzreisedokument) einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen auszustellen.
Macht das Bundesamt von seiner Ermächtigung gemäß § 46 Abs. 2a FPG Gebrauch, hat der Fremde an den Amtshandlungen des Bundesamtes, die der Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung oder der Ausstellung des Reisedokumentes gemäß § 97 Abs. 1 dienen, insbesondere an der Feststellung seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft, im erforderlichen Umfang mitzuwirken und vom Bundesamt zu diesem Zweck angekündigte Termine wahrzunehmen (Abs. 2a leg. cit).
Gemäß § 46 Abs. 2b FPG kann dem Fremden die Verpflichtung gemäß Abs. 2 oder 2a Satz 2 mit Bescheid auferlegt werden. Für die Auferlegung der Verpflichtung gemäß Abs. 2a Satz 2 gilt § 19 Abs. 2 bis 4 iVm § 56 AVG sinngemäß mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Ladung die Auferlegung der Verpflichtung tritt; ein solcher Bescheid kann mit einer Ladung vor das Bundesamt oder zu einer Amtshandlung des Bundesamtes zur Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung bei der zuständigen ausländischen Behörde verbunden werden (§ 19 AVG). § 3 Abs. 3 BFA-VG gilt.
Das Bundesamt ist gemäß § 3 Abs. 3 BFA-VG zur Vollstreckung der von ihm erlassenen Bescheide zuständig. Es gilt das Verwaltungsvollstreckungsgesetz. Die in diesem Bundesgesetz, im AsylG 2005 und im FPG eingeräumten besonderen Zwangsbefugnisse bleiben unberührt.
2. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies:
2.1. Die Beschwerde war zulässig. Sie wurde fristgerecht und formgerecht bei der belangten Behörde eingebracht.
2.2. Der Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 09.07.2007, Zl. XXXX, abgewiesen und der BF nach Nepal ausgewiesen. Die Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 21.07.2011, Zl. C17 XXXX, als unbegründet abgewiesen. Mit Zustellung des Erkenntnisses mit 02.08.2011 lag eine durchsetzbare Ausweisungsentscheidung vor.
Das Bundesamt verpflichtete den Beschwerdeführer gemäß § 46 Abs. 2a und 2b FPG iVm § 19 AVG zuletzt mit dem - nicht angefochtenen - infolge der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG vollstreckbaren Bescheid vom 27.07.2018, zugestellt am 27.07.2018, 13.00 Uhr, unter Androhung einer 28tägigen Haftstrafe, das vorgelegte Formblatt zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates binnen fünf Tagen mit seinen richtigen Identitätsdaten komplett auszufüllen und dem BFA zu übermitteln. Dem im Spruch genannten Bescheid über die Zwangsstrafe lag daher ein vollstreckbarer Bescheid zugrunde.
2.3. Gemäß § 5 VVG wird die Verpflichtung zu einer Duldung oder Unterlassung oder zu einer Handlung, die sich wegen ihrer eigentümlichen Beschaffenheit nicht durch einen Dritten bewerkstelligen lässt, dadurch vollstreckt, dass der Verpflichtete von der Vollstreckungsbehörde durch Geldstrafen oder durch Haft zur Erfüllung seiner Pflicht angehalten wird (Abs. 1).
Bei der Verpflichtung, ein Antragsformular mit den eigenen Daten auszufüllen und zu unterschreiben, handelte es sich um eine höchstpersönliche Verpflichtung iSd § 5 Abs. 1 VVG (so auch IA 2285/A BlgNR 25. GP 58).
Der BF wurde im - nicht angefochtenen - Bescheid vom 27.07.2018, zugestellt am 27.07.2018, 13.00 Uhr, verpflichtet, binnen 5 Tagen ab Zustellung das beigelegte Formblatt zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates mit seinen richtigen Identitätsdaten komplett auszufüllen und an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu übermitteln. Die vom BF zu erbringende Handlung war daher ausreichend genau bestimmt. Gegenteiliges wurde im Verfahren auch nicht behauptet.
2.4. Dem BF wurde eine Leistungspflicht binnen 5 Tagen ab Zustellung auferlegt. Es ist kein Grund hervorgekommen, der den BF daran gehindert hätte, den Antrag binnen der festgelegten Frist auszufüllen und dem BFA zu übermitteln, zumal sich der BF zum Zeitpunkt der Zustellung des angefochtenen Bescheides resultierend aus einem Vorverfahren in Beugehaft befand. Die im - nicht angefochtenen - Bescheid vom 27.07.2018, zugestellt am 27.07.2018, 13.00 Uhr, festgelegte Paritionsfrist kann nicht als zu kurz bewertet werden. Gegenteiliges wurde im Verfahren auch nicht behauptet.
2.5. Gemäß § 46 Abs. 2a FPG ist für den Fall der Nichterfüllung innerhalb der Paritionsfrist bereits im Verpflichtungsbescheid die Zwangsstrafe anzudrohen (IA 2285/A BlgNR 25. GP 59).
Das angedrohte Zwangsmittel ist gemäß § 5 Abs. 2 VVG beim ersten Zuwiderhandeln oder nach fruchtlosem Ablauf der für die Vornahme der Handlung gesetzten Frist sofort zu vollziehen. Gleichzeitig ist für den Fall der Wiederholung oder des weiteren Verzuges ein stets schärferes Zwangsmittel anzudrohen. Ein angedrohtes Zwangsmittel ist nicht mehr zu vollziehen, sobald der Verpflichtung entsprochen ist.
Dem Beschwerdeführer wurde im Spruch des Bescheides vom 27.07.2018 die Verhängung einer Haftstrafe von 28 Tagen für den Fall, dass er diesem Auftrag ohne wichtigen Grund nicht Folge leiste, angedroht. Die Zwangsstrafe war somit im Verpflichtungsbescheid angedroht.
2.6. Der BF hat in den niederschriftlichen Einvernahmen am 20.06.2018 und 27.07.2018 vor dem BFA ausdrücklich erklärt, er wolle nicht nach Nepal zurück und er werde das Formblatt nicht ausfüllen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht erklärte der BF, dass sich seine Haltung nicht geändert hätte.
Es ist im Verfahren nicht hervorgekommen, dass der BF verhindert oder es ihm unmöglich gewesen wäre, die ihm auferlegte Pflicht zu erfüllen und wurde dies im Verfahren und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht behauptet. Der Beschwerdeführer entsprach der Verpflichtung bis zur Verkündung des Erkenntnisses nicht.
2.7. Gemäß § 5 Abs. 2 VVG ist das angedrohte Zwangsmittel beim ersten Zuwiderhandeln oder nach fruchtlosen Ablauf der für die Vornahme der Handlung gesetzten Frist sofort zu vollziehen. Gleichzeitig ist für den Fall der Wiederholung oder des weiteren Verzuges ein stets schärferes Zwangsmittel anzudrohen. Die Zwangsmaßnahme kann auch mehrmals hintereinander angedroht bzw. so oft wiederholt werden, bis der im Bescheid konkret auferlegten Verpflichtung nachgekommen wird. Dafür muss die Zwangsstrafe aber von Seiten der Behörde stets neuerlich angedroht werden (siehe auch Stephan Klammer, Die Beugehaft nach dem FPG, Asyl- und Fremdenrecht, Jahrbuch 18, herausgegeben von Christian Filzwieser und Isabella Taucher, Seiten 149, 150, unter Verweis auf IA 2285/A 24.GP,59 und VwGH 09.10.2014, 2013/05/0110).
Gemäß § 5 Abs 3 VVG dürfen die Zwangsmittel in jedem einzelnen Fall an Geld den Betrag von 726 Euro, an Haft die Dauer von vier Wochen nicht übersteigen. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde für den Fall der Nichterfüllung eine Haftstrafe von 28 Tagen angedroht und diese übersteigt nicht die in § 5 Abs. 3 VVG vorgesehene Höchstdauer. Die Vorgangsweise der belangten Behörde, nach der Verhängung von Haftstrafen beginnend mit 14 Tagen, danach 21 Tagen nun 28 Tage zu verhängen, ist in Hinblick auf § 5 Abs. 2 dritter Satz VVG, demzufolge bei Wiederholung oder weiterem Verzug stets ein schärferes Zwangsmittel anzudrohen ist, nicht zu beanstanden, zumal das Zwangsmittel stets neuerlich angedroht wurde.
Dadurch, dass mit dem Bescheid über Zwangsstrafe dem Beschwerdeführer nicht für den Fall des weiteren Vollzuges ein schärferes Zwangsmittel angedroht wurde, war dieser nicht in seinen Rechten verletzt.
In Berücksichtigung des Umstandes, dass sich der BF bei Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits in Beugehaft befand, weil er seiner Verpflichtung wiederholt nicht nachgekommen war, konnte auch ein gelinderes, noch zum Ziel führendes Zwangsmittel, beispielsweise eine Geldleistung, im Sinne des § 2 VVG nicht zur Anwendung kommen.
Soweit in der Beschwerde die Auffassung vertreten wird, es handle sich um eine Haft, die den Bestimmungen des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit sowie den Bestimmungen des Art 5 EMRK unterliege, da die Inhaftierung eine Sanktion für die mangelnde Mitwirkung des BF sei, ist darauf hinzuweisen, dass der BF durch die Zwangsstrafe zur Erfüllung einer Verpflichtung angehalten wurde und es sich um ein Beugemittel handelt. Es ist im konkreten Fall nicht hervorgekommen, dass die verhängte Zwangsmaßnahme einen Strafcharakter aufweist, zumal der BF verpflichtet wurde, ein Antragsformular auszufüllen.
Soweit in der Beschwerde die Auffassung vertreten wird, es handle sich im konkreten Fall um eine Beugehaft in einem unbeschränkten Ausmaß ist auf die Ausführungen oben unter Punkt 2.7. zu verweisen.
Soweit in der Beschwerde sowie in der mündlichen Verhandlung seitens des bevollmächtigten Vertreters die Auffassung vertreten wird, die Beugehaft sei unverhältnismäßig, da der Behörde die Daten des BF bekannt seien und es keinen Sinn hätte, den BF zur Unterschriftsleistung zu zwingen, weil es an der Freiwilligkeit fehle, die von den nepalesischen Behörden verlangt werde, ist auf Folgendes hinzuweisen:
Aus den Angaben des Vertreters der belangten Behörde in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht ergibt sich, dass die nepalesische Botschaft in Wien auf die eigenhändige Unterschrift des Antragstellers im Antragsformular besteht und die Antragstellung im konkreten Fall an der Verweigerung der Unterschrift scheiterte. Zudem bedürfe es nach der Antragstellung eines "Interviews" bei der nepalesischen Botschaft, wenn keine Dokumente des Antragstellers vorgelegt werden können. Ob die Bemühungen zur Erlangung eines Heimreisezertifikates letztlich scheitern würden, wenn der Antragsteller beim "Interview" darlegt, die Unterschriftleistung unter Zwang vorgenommen zu haben, sei laut Angaben des Vertreters der belangten Behörde nicht mit Sicherheit zu beantworten, da beispielsweise den Herkunftsstaat Indien betreffend bekannt sei, dass auch bei monierter Ausreiseunwilligkeit Heimreisezertifikate in erheblicher Zahl ausgestellt werden, obwohl die Freiwilligkeit grundsätzlich Prämisse für die Ausstellung eines Heimreisezertifikates sei.
Daraus ergibt sich, dass allein der Umstand, dass der BF in Aussicht stellt, an nachfolgenden Handlungen, die für die Erlangung eines Heimreisezertifikates allenfalls notwendig sind, nicht mitzuwirken und seine Ausreiseunwilligkeit bei einem allfällig notwendigen "Interview" bei nepalesischen Botschaft darzulegen, nicht vermag, den für die Erlangung des Heimreisezertifikates seitens der belangten Behörde geforderten und notwendigen ersten Schritt, nämlich die Unterschriftsleistung auf dem Antragsformular und daraus resultierend das Beugemittel als unverhältnismäßig zu erkennen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Das Bundesverwaltungsgericht wich nicht von der wiedergegebenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die auf § 46 FPG übertragbar war, ab.
Schlagworte
gelinderes Mittel, Mitwirkungspflicht, ZwangsstrafeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W163.2201148.2.00Zuletzt aktualisiert am
04.02.2019