TE Bvwg Beschluss 2018/12/6 G310 2173957-1

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Veröffentlicht am 06.12.2018
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Entscheidungsdatum

06.12.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
FPG §52 Abs4
VwGVG §28 Abs3

Spruch

G310 2173957-1/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Gaby WALTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX,geb. am XXXX, StA. Mazedonien, vertreten durch Dr. Helmut BLUM, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.09.2017, Zl. XXXX, betreffend die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbots, beschlossen:

A) In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid

aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheids an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B) Die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

Verfahrensgang und Sachverhalt:

Anlässlich seiner Verhaftung am XXXX.2017 wurde der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 12.05.2017 darüber in Kenntnis gesetzt, dass im Falle einer Verurteilung beabsichtigt wird, aufenthaltsbeenden Maßnahmen zu setzen. Dem BF wurde die Möglichkeit gewährt, sich dazu zu äußern.

Eine entsprechende Stellungnahme langte am 26.05.2017 beim BFA ein. Daraus geht unter anderem hervor, dass der BF im Mai 2015 legal in das Bundesgebiet eingereist sei. Seine Gattin, eine deutsche Staatsbürgerin, lebe in Deutschland.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 23.08.2017, XXXX, wurde er wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1, 5. Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten verurteilt, wobei ein Teil der Freiheitsstrafe von 12 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Mit dem oben angeführten Bescheid wurde gegen den BF gemäß § 52 Abs. 4 FPG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Mazedonien festgestellt (Spruchpunkt II.), gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist von zwei Wochen für die freiwillige Ausreise eingeräumt (Spruchpunkt III.), und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.). Begründend führte das BFA unter anderem aus, dass der BF, welcher über einen Aufenthaltstitel verfügt, die österreichische Rechtsordnung missachtet habe, indem er Suchtgifthandel betrieben und in weiterer Folge dafür gerichtlich verurteilt worden sei. Er weise keinerlei nennenswerte familiäre Bindungen und somit kein schützenwertes Familienleben in Österreich auf. Das Einreiseverbot wurde mit der strafgerichtlichen Verurteilung des BF begründet.

Das BFA führte keine Erhebungen bezüglich des Vorbringens des BFs, mit einer deutschen Staatsbürgerin verheiratet zu sein, durch. Aufgrund welcher Erwägungen das BFA davon ausging, dass es sich beim BF um einen Drittstaatsangehörigen handelt, kann dem Bescheid nicht entnommen werden.

Mit Schriftsatz vom 29.09.2017 erhob die rechtsfreundliche Vertretung des BF fristgerecht Beschwerde. Darin wird abermals die Ehe mit einer deutschen Staatsbürgerin erwähnt, welche nach der Inhaftierung des BF (vorübergehend) nach Deutschland zurückgekehrt sei, da sie in Österreich keine Arbeit gefunden habe.

Das BFA legte die Verwaltungsakten und die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden BVwG) vor, wo diese am 19.10.2017 einlangten. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 16.10.2018 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung G302 abgenommen und der Gerichtsabteilung G310 zugewiesen (Einlangen in der Gerichtsabteilung: 05.11.2018).

Am 27.06.2018 langte eine Beschwerdenachreichung beim BVwG ein. Demnach wurde die Ehe des BF, geschlossen am XXXX.2016, mit

Endbeschluss des Amtsgerichtes XXXX, vom XXXX.2018, Az.: XXXX geschieden.

Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Sachverhalt ergibt sich aus dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des Gerichtsakts des BVwG. Entscheidungswesentliche Widersprüche liegen nicht vor.

Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG (Bescheidbeschwerden) in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z 1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z 2).

Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, wenn die Voraussetzungen des Abs 2 nicht vorliegen, im Verfahren über Bescheidbeschwerden in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist dann an die rechtliche Beurteilung gebunden, von der das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Gemäß § 28 Abs. 4 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, wenn es nicht in der Sache selbst zu entscheiden hat und wenn die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen ist, für den Fall, dass die Behörde bei ihrer Entscheidung Ermessen zu üben hat, den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen. Die Behörde ist auch in diesem Fall an die rechtliche Beurteilung gebunden, von der das Verwaltungsgericht in seinem Beschluss ausgegangen ist.

Die Zurückverweisungsmöglichkeit gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG ist eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte. Eine Aufhebung des Bescheides kommt nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht oder seine Feststellung durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher insbesondere dann in Betracht, wenn die Behörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Behörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden.

Die Verwaltungsgerichte haben nicht nur bei Vorliegen der in den Z 1 und Z 2 des § 28 Abs. 2 VwGVG genannten Voraussetzungen in der Sache selbst zu entscheiden, sondern nach Maßgabe des § 28 Abs. 3 VwGVG grundsätzlich auch dann, wenn trotz Fehlens dieser Voraussetzungen die Verwaltungsbehörde dem nicht unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht (VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063). Wenn die Behörde den entscheidungswesentlichen Sachverhalt unzureichend festgestellt hat, indem sie keine für die Sachentscheidung brauchbaren Ermittlungsergebnisse geliefert hat, ist eine Zurückverweisung gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zulässig (VwGH 28.03.2017, Ro 2016/09/0009).

Ausgehend von diesen Grundsätzen liegen hier die Voraussetzungen für eine Sachentscheidung durch das Gericht nicht vor. Weder steht der maßgebliche Sachverhalt fest noch würde seine Feststellung durch das BVwG die Prozessökonomie fördern. Es liegen vielmehr erhebliche Ermittlungslücken vor, die Erhebungen notwendig machen, die das BFA als Spezialbehörde rascher und effizienter nachholen kann. So wurden trotz aktenkundiger Hinweise auf eine Ehe des BFs mit einer deutschen Staatsangehörigen keine Erhebungen dahin vorgenommen, ob es sich beim BF allenfalls um einen begünstigten Drittstaatsangehörigen im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 11 FPG handelt; in diesem Fall wären gegen ihn nicht eine Rückkehrentscheidung und ein Einreisverbot zu verhängen, sondern es wäre die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nach § 67 FPG oder einer Ausweisung nach § 66 FPG zu prüfen.

Das BFA ging jedoch ohne jegliche Auseinandersetzung mit den Aussagen des BFs davon aus, dass es sich beim ihm um einen Drittstaatsangehörigen handle. Darüber hinaus wurde zwar im Bescheid erwähnt, dass der BF über einen Aufenthaltstitel vom Magistrat XXXX, Zl. XXXX, gültig bis 13.06.2021, verfügt. Hätte das BFA aber weitreichender ermittelt, wäre es zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich um eine Aufenthaltskarte eines Angehörigen eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers handelt. Dies indiziert ebenfalls die Rechtsposition des BF als begünstigter Drittstaatsangehöriger.

Dadurch hat es das BFA unterlassen, den relevanten Sachverhalt umfassend zu ermitteln und festzustellen. Im angefochtenen Bescheid wurde nicht dargelegt, auf Basis welcher Beweismittel und welcher beweiswürdigenden Überlegungen das BFA zu dem Schluss kam, dass der BF ein Drittstaatsangehöriger sei. Auf der Grundlage der bisherigen Ermittlungen ist keine rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes möglich; dieser ist vielmehr in wesentlichen Teilen ergänzungsbedürftig.

Unter diesen Gesichtspunkten leidet der angefochtene Bescheid unter eheblichen Ermittlungsmängeln., weswegen es weder zu einer Kostenersparnis noch zu einer Verfahrensbeschleunigung führt, wenn das BVwG die Erhebungen selbst vornimmt.

Das BFA wird im fortgesetzten Verfahren, auch unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich erfolgten Scheidung, hinreichende Ermittlungsschritte hinsichtlich des nunmehrigen Aufenthaltsstatus des BF zu setzen haben, um anschließend auf dieser erweiterten Grundlage eine mangelfrei begründete Sachenentscheidung zu treffen.

Der angefochtene Bescheid ist somit gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückzuverweisen.

Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG, weil schon aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Aufenthaltstitel, Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht,
Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung, Rückkehrentscheidung,
strafrechtliche Verurteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:G310.2173957.1.00

Zuletzt aktualisiert am

04.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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