TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/10 I403 1424680-3

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Veröffentlicht am 10.12.2018
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Entscheidungsdatum

10.12.2018

Norm

BFA-VG §18 Abs3
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.8
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70 Abs3
VwGVG §24 Abs2
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

I403 1424680-3/4Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX (alias XXXX), StA. Nigeria (alias Ghana), vertreten durch Rechtsanwalt Edward DAIGNEAULT, gegen Spruchpunkt III. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.10.2018, Zl. 810787508/180233565, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und dieser ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte am 26.07.2011 unter Verwendung einer falschen Identität einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 19.07.2016 abgewiesen wurde. Zugleich wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und ein Einreiseverbot von 5 Jahren ausgesprochen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.08.2016, Zl. I408 1424680-1 als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerdeführer verließ Österreich am 21.12.2016 freiwillig.

Der Beschwerdeführer kehrte wieder nach Österreich zurück und wurde am 09.03.2017 nach Nigeria abgeschoben. Am 02.02.2018 wurde ihm die Einreise nach Österreich am Luftweg verwehrt.

Am 05.03.2018 gab der Beschwerdeführer im Wege seines gewillkürten Vertreters dem BFA bekannt, dass er mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet sei, die von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht habe. Ihr gemeinsames Kind sei am XXXX geboren worden. Er selbst verfüge über einen spanischen Aufenthaltstitel. Am 01.03.2018 habe er bei der Niederlassungsbehörde einen Antrag auf eine Aufenthaltsbewilligung gestellt. Er beantrage die Gegenstandslosigkeit des Einreiseverbotes.

Mit Verständigung von der Beweisaufnahme informierte das BFA am 08.03.2018, dass durch die Eigenschaft des Beschwerdeführers als Drittststaatsangehörigen der Erlassung einer Rückkehrentscheidung und damit dem bestehenden Einreiseverbot die Grundlage entzogen sei, dass er aber aufgrund seiner zwei Verurteilungen nach dem SMG aus den Jahren 2012 und 2013 eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle, zumal es weitere Anzeigen gegen den Beschwerdeführer geben würde. Daher sei die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes geplant.

Mit Stellungnahme der gewillkürten Vertretung vom 27.03.2018 wurde erklärt, dass vom Beschwerdeführer keine aktuelle Gefahr ausgehe.

Am 27.07.2018 wurde der Beschwerdeführer für einige Stunden festgehalten und ins Polizeianhaltezentrum gebracht. Diese Festnahme und Anhaltung wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 09.08.2018, Zl. W252 2202111-1 für rechtswidrig erklärt.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.08.2018 wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 67 Abs. 1 und 2 Fremdenpolizeigesetz ein auf die Dauer von 4 Jahres befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 70 Abs. 3 FPG wurde ihm kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.). Im Spruchpunkt III. wurde einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Dagegen wurde fristgerecht am 10.11.2018 Beschwerde erhoben und beantragt, die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, die Ehefrau einzuvernehmen und ein kinderpsychologisches Gutachten einzuholen, den Bescheid ersatzlos zu beheben bzw. jedenfalls einen Durchsetzungsaufschub bis zum 31.08.2019 zu gewähren, da seine Ehefrau am XXXX das zweite gemeinsame Kind erwarte. Inhaltlich wurde darauf verwiesen, dass die Verurteilungen einige Jahre zurückliegen würden, dass der Beschwerdeführer zuletzt unbegründet festgenommen worden, dass er nicht mittellos sei, sondern das Kind betreue und dafür von seiner Ehefrau "Naturalunterhalt" bekomme und dass es unmöglich sei, das Familienleben mit einem Kind von Nigeria aus aufrechtzuerhalten. Die belangte Behörde habe es unterlassen, den Beschwerdeführer persönlich anzuhören und daher etwa nicht in Erfahrung gebracht, dass eine neuerliche Schwangerschaft vorliege.

Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 05.12.2018 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Nigeria. Er ist seit XXXX mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet, die von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat. Am XXXX wurde das gemeinsame Kind geboren, seine Ehefrau erwartet ein weiteres Kind.

Der Beschwerdeführer ist begünstigter Drittstaatsangehöriger und in Besitz einer spanischen Aufenthaltsgenehmigung.

Der Beschwerdeführer wurde 2012 zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 5 Monaten und 2013 zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt, beide Male wegen Vergehen nach dem Suchtmittelgesetz.

Eine Gefährdung seiner Person im Falle einer Rückkehr nach Nigeria wurde vom Beschwerdeführer bzw. seinem Rechtsvertreter nicht vorgebracht.

Der Beschwerdeführer bzw. seine Ehefrau wurden im gegenständlichen Verfahren vom BFA nicht einvernommen.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Das BFA hatte der Beschwerde gegen den Bescheid die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG aberkannt, wonach bei begünstigten Drittstaatsangehörigen die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden kann, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Das BFA hatte im angefochtenen Bescheid die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer immer wieder im Suchtmittelbereich straffällig und bereits zweimal rechtskräftig verurteilt worden sei. Daher sei ein Einreiseverbot erlassen worden und habe er sich deswegen kürzlich in Untersuchungshaft befunden. Er verfüge über keine ausreichenden Existenzmittel und gehe keiner Erwerbstätigkeit nach; der Beschwerdeführer habe die Ehe im vollen Bewusstsein des Bestehens eines Einreiseverbotes geschlossen. Die Fortführung seines Familienlebens sei ihm auch aus seinem Heimatland aus zumutbar.

Im Gegensatz zur Bestimmung des Abs. 2 ist die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 3 BFA-VG nicht zwingend, sondern sie setzt eine Abwägung der für und gegen die zu treffende Anordnung sprechenden Interessen aus. Aus dem Verfahrensakt des BFA ergibt sich aber nicht, dass dieses beispielsweise die erneute Schwangerschaft der Ehefrau des Beschwerdeführers berücksichtigt hätte. Insbesondere hat das BFA im Verfahren eine persönliche Einvernahme des Beschwerdeführers wie auch seiner Ehefrau unterlassen, was aber sowohl zur Feststellung einer von ihm ausgehenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit wie auch zur Beurteilung des Familienlebens (bzw. der Konsequenzen eines Aufenthaltsverbotes für dasselbe) notwendig gewesen wäre. Dies wird nun vom Bundesverwaltungsgericht im Rahmen einer mündlichen Verhandlung vorzunehmen sein.

Daher war im gegenständlichen Fall die aufschiebende Wirkung der Beschwerde nicht abzuerkennen, insbesondere um auszuschließen, dass die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes Art 8 EMRK verletzt.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG entfallen.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK, Aufenthaltsverbot,
aufschiebende Wirkung, Behebung der Entscheidung, Ehe,
Einreiseverbot, Ermessen, ersatzlose Behebung, Gefährdung der
Sicherheit, Interessenabwägung, öffentliche Ordnung, öffentliche
Sicherheit, Privat- und Familienleben, Recht auf Freizügigkeit,
Rückkehrentscheidung, Suchtmitteldelikt, Untersuchungshaft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I403.1424680.3.00

Zuletzt aktualisiert am

04.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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