TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/17 I403 2115798-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.12.2018
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Entscheidungsdatum

17.12.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs3
AsylG 2005 §55 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §52 Abs3
FPG §52 Abs9
FPG §55
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I403 2115798-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Benin, vertreten durch Rechtsanwalt Edward DAIGNEAULT, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.10.2018, Zl. 1073288509 - 10826767 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer reiste illegal nach Österreich ein und stellte am 12.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.09.2015 abgewiesen wurde. Zugleich wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und die Zulässigkeit der Abschiebung nach Benin festgestellt. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.10.2016 mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29.11.2016, Zl. W226 2115798-1/9E als unbegründet abgewiesen.

Am 06.06.2018 brachte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) ein. Beigelegt waren ein Mietvertrag vom 23.10.2017, eine Bestätigung über die Absolvierung eines Erste-Hilfe-Grundkurses vom 07.03.2018, die Geburtsurkunde des Beschwerdeführers sowie sein A2 und sein B1-Zeugnis.

Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 04.07.2018 wurde dem Beschwerdeführer vom BFA mitgeteilt, dass die Abweisung seines Antrages und die Erlassung einer Rückkehrentscheidung geplant sei. Er wurde auf die Möglichkeit der Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme hingewiesen.

In einer schriftlichen Stellungnahme seines Rechtsanwaltes vom 26.07.2018 wurde darauf verwiesen, dass der Beschwerdeführer sich in Benin von einer Geisterwelt bedroht fühle, so dass eine Rückkehr aus Gründen des Art. 3 EMRK unzumutbar sei. In Österreich fühle er sich sicher, habe sich einen Freundeskreis aufgebaut, Deutsch gelernt und sei er auch in der Altenbetreuung und als Nachhilfelehrer tätig. Aufgrund der geringfügigen Beschäftigung sei er auch sozialversichert; er werde von einer österreichischen Familie unterstützt und bestünde hier eine "familienähnliche" Beziehung. In einer Stellungnahme vom 09.09.2018 schildern XXXX und XXXX, dass sie den Beschwerdeführer wie einen eigenen Sohn aufgenommen hätten.

Mit Bescheid des BFA vom 31.10.2018, zugestellt am 06.11.2018, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf eine Aufenthaltsberechtigung zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 1 AsylG abgewiesen. Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt I.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Benin zulässig ist (Spruchpunkt II.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt III.).

Gegen den Bescheid wurde im Wege der rechtsfreundlichen Vertretung fristgerecht am 03.12.2018 Beschwerde erhoben.

Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 10.12.2018 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Benin und muslimischen Glaubens. Er gehört der Volksgruppe der Yoruba an. Der unbescholtene Beschwerdeführer ist ledig.

Der Beschwerdeführer leidet an keinen gesundheitlichen Einschränkungen; er ist erwerbsfähig.

Vor seiner Ausreise lebte der Beschwerdeführer in Porto-Novo. In Benin halten sich seine Eltern, Geschwister und sonstigen Verwandten auf. Der Beschwerdeführer besuchte die Schule und erwarb ein IT-Diplom.

Der Beschwerdeführer befindet sich seit Juni 2015 in Österreich. Seit Rechtskraft des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29.11.2016, mit dem sein Antrag auf internationalen Schutz abgewiesen wurde, hält sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig in Österreich auf.

Der Beschwerdeführer hat keine Familie in Österreich, er führt hier auch keine Beziehung. Allerdings hat er eine sehr enge Freundschaft zu einer österreichischen Familie geknüpft, welche ihm eine Unterkunft zur Verfügung stellt und ihn auch sonst unterstützt. Der Beschwerdeführer ist ehrenamtlich beim Roten Kreuz im Bereich der Altenpflege tätig. Daneben gibt er Nachhilfeunterricht in Französisch und hilft anderen beim Umgang mit Computern bzw. Mobiltelefonen. Der Beschwerdeführer spricht Deutsch auf Niveau B1 und hat einen Erste-Hilfe-Grundkurs abgeschlossen. Der Beschwerdeführer ist in Österreich krankenversichert.

1.3. Zur Situation in Benin:

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat der Beschwerdeführer ist auf Basis des "Länderinformationsblattes der Staatendokumentation" zu Benin festzustellen:

Politische Lage

Benin ist Anfang der neunziger Jahre ein friedlicher Übergang von diktatorischen zu demokratischen Verhältnissen gelungen, der auch beispielhaft für andere afrikanische Staaten war. Seitdem befindet sich das Land in einem langsamen Demokratisierungsprozess. Die Demokratie bedarf weiterhin der Konsolidierung, staatliche Institutionen müssen gestärkt werden (AA 4.2017a). Benin bleibt eine der stabilsten Demokratien im subsaharischen Afrika nach der Durchführung mehrerer freier und fairer Wahlen seit dem Übergang zur Demokratie im Jahr 1991 (FH 2017).

Benin ist eine Republik und hat ein parlamentarisches Präsidialsystem mit Volkssouveränität, freien und geheimen Wahlen und Parteienpluralismus. Viele Elemente und Institutionen sind dem französischen Präsidialsystem entlehnt. Die als ein Resultat der Nationalkonferenz entwickelte und am 11.12.1990 verkündete neue Verfassung gilt als Kompromiss zwischen amerikanischer und französischer Verfassung und begründet die Republik Benin als parlamentarisches Präsidialsystem mit Volkssouveränität, freien und geheimen Wahlen, Parteienpluralismus, Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung (GIZ 3.2017a; vgl. AA 4.2017a). Achtung der Menschenrechte und Demokratie sind Kernelemente, auf denen die Verfassung beruht (AA 4.2017a).

Die Exekutive hat aufgrund der starken Stellung des Präsidenten besonderes Gewicht. Der Präsident, seit dem 6.4.2016 Patrice Guillaume Athanase Talon, ist zugleich Staatsoberhaupt, Regierungschef und Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Er hat das Initiativrecht für Gesetze und Referenden und kann Notstandsdekrete mit Gesetzeskraft erlassen. Sein Veto kann das Inkrafttreten bereits vom Parlament verabschiedeter Gesetze verzögern. Der Präsident wird für eine Amtszeit von fünf Jahren direkt gewählt, zuletzt im März 2016 (AA 4.2017a; vgl. GIZ 3.2017a). Präsident Talon hat erklärt, dass er das Amt nur eine Amtszeit ausüben wird (AA 4.2017a).

Gesetzgebungsorgan ist die Assemblée Nationale, ein mit 83 Abgeordneten besetztes Ein-Kammer-Parlament, dessen Abgeordnete für vier Jahre direkt gewählt werden. Die letzte Wahl fand am 26.4.2015 statt (GIZ 3.2017a).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): Benin - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/benin-node/-/209036, Zugriff 18.12.2017

-

FH - Freedom House (2017): Freedom in the World 2017 - Benin, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2017/benin, Zugriff 18.12.2017

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH (3.2017a): Benin - Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/benin/geschichte-staat/, Zugriff 18.12.2017

Sicherheitslage

Benin kann als relativ stabil bezeichnet werden (EDA 18.12.2017). Vor dem Hintergrund der UN-Militärintervention in Mali und deren Unterstützung auch durch die beninische Regierung sowie der Beteiligung Benins an der regionalen Bekämpfung der Gruppe Boko Haram kann derzeit nicht ausgeschlossen werden, dass es in Benin zu Aktivitäten terroristischer Gruppen kommt (AA 18.12.2017). Mit dem wachsenden Einfluss und den zunehmenden Aktivitäten der Boko Haram in Nigeria und anderer terroristischer Gruppierungen hat sich das Entführungs- und Anschlagsrisiko in Benin erhöht (EDA 18.12.2017). Die Kriminalitätsrate hat sich in letzter Zeit deutlich erhöht. Vereinzelt kommt es zu bewaffneten Angriffen im Straßenverkehr (sog. "Carjacking") und Überfälle auf Fahrzeuge aller Art. Einbrüche und Überfälle mit Waffengewalt haben zugenommen (AA 18.12.2017).

Das französische Außenministerium markiert auf der Karte mit Gefährdungseinschätzungen die südlichen, westlichen und zentralen Regionen als gelb (erhöhte Aufmerksamkeit) sowie die nordöstliche Region (nördlicher Teil der Grenzgebiete zu Nigeria, die Grenze zu Niger, östlicher Teil der Grenzgebiete zu Burkina Faso) als orange bzw. rot (Reisen nur bei Vorliegen wichtiger Gründe bzw. formelle Reisewarnung) (FD 18.12.2017).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (18.12.2017): Benin - Reise- und Sicherheitshinweise,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/BeninSicherheit_node.html, Zugriff 18.12.2017

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EDA - Eidgenössisches Department für auswärtige Angelegenheiten (18.12.2017): Reisehinweise für Benin, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/benin/reisehinweise-fuerbenin.html, Zugriff 18.12.2017

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FD - France Diplomatie (18.12.2017): Conseils aux Voyageurs - Benin,

https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays/benin/, Zugriff 18.12.2017

Rechtsschutz/Justizwesen

Die Verfassung und das Gesetz gewährleisten eine unabhängige Justiz, aber die Regierung respektiert dies nicht immer. Staatsanwälte werden von der Regierung ernannt und sind somit politischen Einflüssen ausgesetzt. Jedoch sind keine Fälle bekannt, bei denen der Ausgang eines Gerichtsverfahrens bereits vorbestimmt gewesen wäre. Das Justizsystem ist für Korruption anfällig. In den vergangenen Jahren unternahm die Regierung jedoch Bemühungen im Kampf gegen die Korruption, u.a. mit der Schaffung einer Antikorruptionsbehörde und Amtsenthebung und Verhaftung von korrupten Beamten. Die Verfassung sieht das Recht auf einen fairen Prozess vor, aber Ineffizienz und Korruption behindern die Ausübung dieses Rechts. Das Rechtssystem basiert auf französischem Zivilrecht und auf lokalem Gewohnheitsrecht. Für jeden Angeklagten gilt das Recht der Unschuldsvermutung. Sämtliche Rechte der Beschuldigten in einem Gerichtsverfahren werden allen Bürgern seitens der Regierung ohne Diskriminierung gewährt (USDOS 3.3.2017).

Wichtige Organe der Judikative sind das Verfassungsgericht, der Oberste Gerichtshof und der Hohe Gerichtshof. Das Verfassungsgericht wacht über die Einhaltung der Verfassung und die Verfassungsmäßigkeit aller Gesetze, Verordnungen und Erlässe und ist für Menschenrechtsfragen zuständig. Es hat sich in den letzten Jahren im Prinzip als Kontrollinstanz bewährt, allerdings wurde ihm zu große Nähe zur Regierung vorgehalten. Wie sich das unter der neuen Regierung entwickelt, bleibt abzuwarten. Der Oberste Gerichtshof ist die höchste richterliche Instanz in allen Fragen des öffentlichen und privaten Rechts, während der Hohe Gerichtshof für Verfahren gegen den Präsidenten oder Minister im Rahmen ihrer Amtsführung zuständig ist (AA 4.2017).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): Benin - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/benin-node/-/209036, Zugriff 18.12.2017

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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Benin,

https://www.ecoi.net/local_link/337120/479889_de.html, Zugriff 18.12.2017

Sicherheitsbehörden

Die Polizei untersteht dem Innenministerium und ist in erster Linie für die Durchsetzung des Gesetzes und die Aufrechterhaltung der Ordnung in urbanen Gebieten verantwortlich. Die Gendarmerie untersteht dem Verteidigungsministerium und erfüllt dieselbe Funktion in ländlichen Gebieten. Ein internes Generalinspektorat ist für die Untersuchung von Polizeivorfällen zuständig. Beim Militär übernehmen diese Aufgaben sogenannte Disziplinarräte, wobei Zivilgerichte für die Verfolgung von Übergriffen durch das Militär zuständig sind. Die Polizei ist unzureichend ausgebildet und ausgestattet. Seitens der Regierung wird versucht, dieser Situation durch Rekrutierung von mehr Beamten, Errichtung von mehr Polizeistationen und Modernisierung der Ausrüstung entgegenzusteuern, jedoch blieben Probleme bestehen, darunter Straffreiheit (USDOS 3.3.2017).

Quellen:

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Benin,

https://www.ecoi.net/local_link/337120/479889_de.html, Zugriff 18.12.2017

Allgemeine Menschenrechtslage

Die Menschenrechtslage ist insgesamt zufriedenstellend (AA 4.2017a). Die Pressefreiheit ist per Verfassung und auch in der Praxis weitgehend gewährleistet (USDOS 3.3.2017; vgl. AA 4.2016a, FH 2016), allerdings berichten die staatlichen Fernseh- und Rundfunkmedien noch immer überwiegend aus Regierungssicht. Einrichtungen der Zivilgesellschaft kommen gerade in den privaten Medien regelmäßig und angemessen zu Wort; staatliche Behinderungen zivilgesellschaftlicher Aktivitäten sind nicht bekannt (AA 4.2017a). Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit ist per Verfassung wie auch in der Praxis üblicherweise gewährleistet. Versammlungen müssen genehmigt werden, die Genehmigungen werden üblicherweise erteilt. Veranstaltungen werden fallweise nicht genehmigt, wenn die öffentliche Ordnung gefährdet scheint (USDOS 3.3.2017). Nicht genehmigte politische Veranstaltungen werden üblicherweise toleriert (USDOS 3.3.2017; vgl. FH 2016). Es gibt keine staatliche Repression (AA 4.2017a) und die Organisation "Freedom House" bescheinigt dem Land als einem von wenigen in Afrika politische und zivile Freiheit (AA 4.2017a; vgl. FH 2016).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): Benin - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/benin-node/-/209036, Zugriff 18.12.2017

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FH - Freedom House (2016): Benin Country Report - Freedom in the World 2016,

https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2016/benin, Zugriff 18.12.2017

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Benin,

https://www.ecoi.net/local_link/337120/479889_de.html, Zugriff 18.12.2017

Grundversorgung und Wirtschaft

Benin, eines der ärmsten Länder der Welt (AA 4.2017b; vgl. GIZ 3.2017c), hat 2016 ein statistisch erfasstes Pro-Kopf-Jahres-Einkommen von etwa 803 USD erzielt (nach 2015: 780 USD). Das Bruttoinlandsprodukt betrug im Jahr 2015 circa 8,3 Milliarden USD. 2016 ist die Wirtschaft Benins um etwa 4,6 Prozent gewachsen, etwas langsamer als im Vorjahr (+5,0 Prozent). Angesichts des weiterhin stabilen hohen Bevölkerungswachstums (2014: 2,8 Prozent) ist eine spürbare Verbesserung der Armutsbekämpfung erschwert. Nötig wären mindestens rund 7 Prozent Wirtschaftswachstum (AA 4.2017b). Etwas mehr als ein Drittel der knapp zehn Millionen Beniner lebt unterhalb der Armutsgrenze (AA 4.2017b; vgl. GIZ 3.2017c). Insbesondere in ländlichen Bereichen ist die Armut mit rund 50 Prozent der Bevölkerung besonders stark. Rund 44 Prozent der Beniner sind jünger als 15 Jahre. Die Lebenserwartung beträgt laut dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) 59,3 Jahre (AA 4.2017b). Die Wirtschaft ist stark von Weltmarktpreisen für Baumwolle abhängig, Analphabetismus und Bildungsschwäche behindern die wirtschaftliche Entwicklung (GIZ 3.2017c).

Die Wirtschaft Benins ist vor allem von der Landwirtschaft und dem Handel mit den Nachbarländern abhängig. Im industriellen Sektor sind lediglich die Zementherstellung und die Entkernung der Baumwolle erwähnenswert. Die Herstellung einfacherer Gebrauchsgüter oder die Textilindustrie spielen eine untergeordnete Rolle. In den letzten Jahren konnte die industrielle Goldproduktion gesteigert werden und auch die Förderung von Erdöl steht kurz bevor. Rund zwei Drittel der Bevölkerung arbeitet in der Landwirtschaft und erwirtschaften etwa ein Drittel des Bruttoinlandsproduktes. Baumwolle ist das Hauptexportgut und hat somit den wichtigsten Stellenwert in der beninischen Wirtschaft. Als Transitland profitiert Benin hauptsächlich über den Hafen beim Handel von Waren. Schätzungen zufolge werden jedoch 90 Prozent des Wirtschaftsgeschehens dem informellen Sektor zugeschrieben. Der Handel am Straßenrand, Benzinschmuggel und andere Aktivitäten werden in keiner offiziellen Statistik erfasst. Dadurch entgehen dem Staat wichtige Einnahmen, allerdings sichert der informelle Sektor eine Art Grundversorgung (GIZ 3.2017c).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (4.2017b): Benin - Wirtschaft, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/benin-node/-/208986, Zugriff 18.12.2017

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH (3.2017c): Benin - Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/benin/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 18.12.2017

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Identität sowie Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem vorgelegten Personalausweis.

Die Feststellungen der Glaubens- und Volksgruppenzugehörigkeit, der Lebensumstände, der familiären Anknüpfungen im Benin, des Gesundheitszustandes sowie der Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers gründen sich auf den unwidersprochen gebliebenen Feststellungen im Bescheid der belangten Behörde, welche auf Basis der Aussagen des Beschwerdeführers vor dem BFA getroffen wurden.

Dass der Beschwerdeführer in Österreich über keinerlei familiäre Anknüpfungspunkte verfügt, ergibt sich ebenfalls aus seinen Angaben anlässlich seiner Einvernahme durch die belangte Behörde. Dass der Beschwerdeführer eine sehr enge Beziehung zur Familie XXXX führt, ergibt sich aus den eingebrachten Stellungnahmen, dem Beschwerdeschriftsatz und dem Empfehlungsschreiben der Familie vom 09.09.2018.

Die Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers auf B1-Niveau ergeben sich aufgrund des vorgelegten Zertifikats.

Die Feststellung über die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich.

Zu den zur Feststellung der Lage im Herkunftsstaat ausgewählten Quellen im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation wird angeführt, dass es sich hierbei um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen als auch nicht-staatlichen Ursprungs handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten, von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen, diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um kritische Sachverhalte geht, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteinahme unterstellt werden kann. Zudem werden auch Quellen verschiedener Menschenrechtsorganisationen herangezogen, welche oftmals das gegenteilige Verhalten aufweisen und so gemeinsam mit den staatlich-diplomatischen Quellen ein abgerundetes Bild ergeben. Bei Berücksichtigung dieser Überlegungen hinsichtlich des Inhaltes der Quellen, ihrer Natur und der Intention der Verfasser handelt es sich nach Ansicht der erkennenden Richterin bei den Feststellungen im angefochtenen Bescheid um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material (vgl. VwGH, 07.06.2000, Zl. 99/01/0210). Der Beschwerdeführer trat den Quellen und deren Kernaussagen im Beschwerdeverfahren auch nicht entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Zum Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK sowie zur Erlassung der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung (plus)" zu erteilen, wenn dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist.

Wird durch eine Rückkehrentscheidung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung gem. § 9 Abs. 1 BFA-VG zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens iS des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des/der Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl- Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Für die Person des Beschwerdeführers bedeutet das in concreto:

Der Beschwerdeführer hält sich seit etwa dreieinhalb Jahren in Österreich auf; während seines Asylverfahrens (vom 12.06.2015 bis zur Rechtskraft des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29.11.2016) war er vorläufig aufenthaltsberechtigt. Allerdings kam er danach seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach. Der Beschwerdeführer hat spätestens nach Abschluss seines Asylverfahrens gewusst, dass er Österreich verlassen muss, kam dem aber nicht nach.

In der Beschwerde wird behauptet, dass der Beschwerdeführer im Bundesgebiet geduldet sei, da er am 15.08.2017 einen Antrag auf Ausstellung einer Duldungskarte gestellt habe und die belangte Behörde bislang keine Maßnahmen gesetzt habe. Warum daraus geschlossen werden kann, dass von einer Duldung ausgegangen werden kann, ist für die erkennende Richterin nicht ersichtlich. Unabhängig von der Frage des Vorliegens der Voraussetzungen für eine Duldung muss aber darauf hingewiesen werden, dass eine Duldung keinen rechtmäßigen Aufenthalt darstellt und sich daher daraus keine Relevanz für das gegenständliche Verfahren ergibt.

Der Beschwerdeführer führt in Österreich kein Familienleben. Auch wenn der Beschwerdeführer durchaus beachtenswerte Integrationsschritte (B1-Prüfung, ehrenamtliche Tätigkeit) gesetzt hat und enge Freundschaften geknüpft hat, liegt letztlich doch keine umfassende Verankerung im Bundesgebiet vor und hat er diese Integrationsschritte größtenteils im Rahmen eines rechtswidrigen Aufenthalts im Bundesgebiet gesetzt.

Der Beschwerdeführer hat den Großteil seines Lebens im Benin verbracht und seine Heimat erst vor rund 4 Jahren verlassen; es ist davon auszugehen, dass er noch Bindungen zur Heimat hat und sich wieder schnell integrieren kann.

Unter Berücksichtigung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/01/0479 zu einem dreijährigen Aufenthalt im Bundesgebiet oder auch Erkenntnis vom 15.12.2015, Ra 2015/19/0247 zu einem zweijährigem Aufenthalt in Verbindung mit dem Umstand, dass der Beschwerdeführer mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet war), des Verfassungsgerichtshofes (29.11.2007, B 1958/07-9, wonach im Fall eines sich seit zwei Jahren im Bundesgebiet aufhältigen Berufungswerbers die Behandlung der Beschwerde wegen Verletzung des Art. 8 EMRK abgelehnt wurde; ebenso 26.04.2010, U 493/10-5 im Falle eines fünfjährigen Aufenthaltes) und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (siehe etwa EGMR, 08.04.2008, Nnyanzi v. UK, 21878/06) muss angesichts der kurzen Dauer des Inlandsaufenthaltes von etwa dreieinhalb Jahren davon ausgegangen werden, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers das Interesse an der Achtung seines Privat- und Familienlebens überwiegt.

Angesichts des Fehlens eines Familienlebens, der nicht vorhandenen Integration am Arbeitsmarkt und der kurzen Aufenthaltsdauer kann nicht davon ausgegangen werden, dass seine privaten Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung überwiegen.

Es sind - unter der Schwelle des Art. 2 und 3 EMRK - aber auch die Verhältnisse im Herkunftsstaat unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens zu berücksichtigen, so sind etwa Schwierigkeiten beim Beschäftigungszugang oder auch Behandlungsmöglichkeiten bei medizinischen Problemen bzw. eine etwaigen wegen der dort herrschenden Verhältnisse bewirkte maßgebliche Verschlechterung psychischer Probleme auch in die bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorzunehmende Interessensabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen (vgl. dazu VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119). Eine diesbezüglich besonders zu berücksichtigende Situation liegt aber nicht vor; beim Beschwerdeführer sind keine besonderen Vulnerabilitäten gegeben.

Hinsichtlich seiner strafrechtlichen Unbescholtenheit ist auszuführen, dass dies nach Judikatur weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen darstellt (VwGH 21.01.1999, 98/18/0420), da der VwGH davon ausgeht, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält.

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich daher, dass die im angefochtenen Bescheid angeordnete Rückkehrentscheidung keinen ungerechtfertigten Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben darstellt.

Vor diesem Hintergrund überwiegen die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung die privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet, sodass der damit verbundene Eingriff in sein Privatleben nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes als verhältnismäßig qualifiziert werden kann. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich daher, dass die im angefochtenen Bescheid angeordnete Rückkehrentscheidung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Herkunftsstaat Benin keinen ungerechtfertigten Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben darstellt. Somit war zu Recht kein Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 vergeben worden und eine Rückkehrentscheidung verhängt worden.

Die Beschwerde war daher hinsichtlich des Spruchpunktes I. gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.

3.2. Zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

Gem. § 52 Abs. 9 FPG hat die belangte Behörde mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gem. § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

In der Beschwerde wurde eine mögliche Verletzung der in Art. 3 EMRK geschützten Rechte behauptet und dafür auf die Furcht des Beschwerdeführers vor Voodoo und übernatürlichen Kräften verwiesen. In diesem Zusammenhang verweist das Bundesverwaltungsgericht darauf, dass im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens über einen Antrag gemäß § 55 AsylG 2005 nicht in eine abschließende Prüfung eines allfälligen Gefährdungsszenarios eingestiegen werden kann (VwGH, 31. August 2017, Ra 2016/21/0367 sowie 5. Oktober 2017, Ra 2017/21/0157). Es ist nicht Aufgabe des BFA bzw. des BVwG, im Verfahren zur Erlassung einer fremdenpolizeilichen Maßnahme letztlich ein Verfahren durchzuführen, das der Sache nach einem Verfahren über einen Antrag auf internationalen Schutz gleichkommt. Darüber hinaus handelt es sich um kein substantiiertes Vorbringen; soweit die Furcht vor übernatürlichen Geschehnissen vorgebracht wird, handelt es sich dabei erstens um keine wohlbegründete Furcht und war dies zudem Gegenstand des vorangegangenen Asylverfahrens, das rechtskräftig mit einer abweisenden Entscheidung beendet worden war. Auch die mögliche Gefahr einer existenzbedrohenden Notlage für den Fall einer Rückkehr in den Benin war im Vorverfahren geprüft und verneint worden. Eine Änderung des diesbezüglichen Sachverhalts wurde nicht behauptet.

Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.

3.3. Zur Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):

Im angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt. Dass besondere Umstände, die der Beschwerdeführer bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hätte, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen würden, wurde nicht vorgebracht.

Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.

4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (VwGH 28.05.2014, 2014/20/0017). Eine mündliche Verhandlung ist bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen des Revisionswerbers vor dem VwG durchzuführen (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/06/0050, mwN). Eine mündliche Verhandlung ist ebenfalls durchzuführen zur mündlichen Erörterung von nach der Aktenlage strittigen Rechtsfragen zwischen den Parteien und dem Gericht (VwGH 30.09.2015, Ra 2015/06/0007, mwN) sowie auch vor einer ergänzenden Beweiswürdigung durch das VwG (VwGH 16.02.2017, Ra 2016/05/0038). § 21 Abs 7 BFA-VG 2014 erlaubt andererseits das Unterbleiben einer Verhandlung, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (VwGH 23.11.2016, Ra 2016/04/0085; 22.01.2015, Ra 2014/21/0052 ua). Diese Regelung steht im Einklang mit Art 47 Abs 2 GRC (VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/0022).

Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist - aufgrund des Umstandes, dass zwischen der Entscheidung durch die belangte Behörde und jener durch das Bundesverwaltungsgericht nur etwa sieben Wochen liegen - die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze angeschlossen. Es lagen keine strittigen Sachverhalts- oder Rechtsfragen vor und es waren auch keine Beweise aufzunehmen. Daher konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden.

In der Beschwerde wurde insbesondere kritisiert, dass der Beschwerdeführer bzw. die ihm freundschaftlich verbundene Familie nicht vom BFA einvernommen wurden. Dazu ist festzuhalten, dass das Parteiengehör durch das BFA gewahrt wurde, indem der Beschwerdeführer mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme hinsichtlich der beabsichtigten Rückkehrentscheidung verständigt wurde und er zur Beantwortung von Fragen zu seiner Integration sowie zur Vorlage von entsprechenden Belegen aufgefordert wurde. Das Bundesverwaltungsgericht muss sich allerdings dem BFA dahingehend anschließen, dass angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer und der Verweigerung, seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen, die vorgelegten Integrationsnachweise in Form eines B1-Zeugnisses und der Bestätigung einer ehrenamtlichen Tätigkeit zu keiner anderen Entscheidung führen konnten. Dies gilt auch für die - auch für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht beantragte - Einvernahme von zwei Personen, zu denen er ein enges "familienähnliches" Verhältnis hat.

Es besteht in der österreichischen Rechtsordnung im fremdenpolizeilichen Verfahren keine so eindeutige gesetzliche Regelung hinsichtlich der Verpflichtung der persönlichen Einvernahme wie in Asylverfahren (§ 19 AsylG 2005). Die erkennende Richterin verkennt dabei aber nicht, dass es generell erforderlich ist, sich einen persönlichen Eindruck vor Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen zu verschaffen. Allerdings könnte im gegenständlichen Fall angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer, der fehlenden Integration am Arbeitsmarkt, der fehlenden Vulnerabilität und dem fehlenden Familienleben ein persönlicher Eindruck zu keinem anderen Ergebnis führen.

Im gegenständlichen Fall ist auch zu berücksichtigen, dass dem Verfahren ein Verfahren über einen Antrag auf internationalen Schutz vorangegangen war, in dem der Beschwerdeführer sowohl durch das BFA wie auch durch das Bundesverwaltungsgericht befragt worden war. Dazu stellte der Europäische Gerichtshof fest, dass es unter solchen Umständen nicht untersagt ist, einen Drittstaatsangehörigen speziell bezüglich einer Rückkehrentscheidung nicht anzuhören, wenn die Behörde, nachdem sie am Schluss eines Verfahrens, in dem sein Recht auf Anhörung in vollem Umfang gewahrt wurde, die Rechtswidrigkeit seines Aufenthalts im Hoheitsgebiet festgestellt hat, beabsichtigt, ihm gegenüber eine solche Entscheidung zu erlassen; dies gilt unabhängig davon, ob die Rückkehrentscheidung erst nach der Versagung eines Aufenthaltstitels ergeht (EuGH, 5.11.2014, Rs C-166/13, Mukarubega).

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Abschiebung, Asylverfahren, Aufenthaltsberechtigung,
Aufenthaltsberechtigung plus, freiwillige Ausreise, Frist,
Interessenabwägung, öffentliche Interessen, Privat- und
Familienleben, private Interessen, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I403.2115798.2.00

Zuletzt aktualisiert am

04.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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