Entscheidungsdatum
24.09.2018Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W248 2162125-2/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Dr. NEUBAUER über den Antrag vom XXXX des XXXX, StA. Afghanistan, vertreten durch die XXXX, auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX, Zl.XXXX abgeschlossenen Asylverfahrens:
A) Der Antrag auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX, Zl.XXXX, abgeschlossenen Asylverfahrens wird gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. XXXX (im Folgenden Antragsteller), ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden BFA) vom XXXX, XXXX, wurde der Antrag des Antragstellers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 57 AsylG wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Es wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Antragstellers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Weiters wurde ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Antragstellers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV).
3. Gegen den Bescheid des BFA vom XXXX, XXXX erhob der Antragsteller rechtzeitig Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
4. Am XXXX fand am Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, zu welcher der Antragsteller und seine Rechtsvertretung rechtzeitig geladen wurden.
5. Mit Erkenntnis vom XXXX, Zl. XXXX, wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde des Antragstellers gegen den Bescheid des BFA vom XXXX, XXXX ab.
6. Mit Schriftsatz vomXXXX, am Bundesverwaltungsgericht eingelangt am XXXX, stellte der Antragsteller einen Antrag auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX, Zl. XXXX, abgeschlossenen Asylverfahrens.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1 Feststellungen:
Der Antragsteller ist Staatsangehöriger von Afghanistan.
Die Identität des Antragstellers steht nicht fest; es handelt sich bei dem im Spruch genannten Namen um eine Verfahrensidentität.
Der Antragsteller stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom XXXX in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen. Gleichzeitig wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig ist. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX rechtskräftig abgewiesen.
Eine Revision an den VwGH wurde vom Antragsteller nicht eingebracht.
Mit Antrag vom XXXX, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am XXXX, begehrte der Antragsteller die Wiederaufnahme des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, weil nun neue Beweismittel vorliegen würden. Konkret würden die UNHCR Eligibility Guidelines for Assessing the International Protection Needs of Asylum-Seekers from Afghanistan vom 30.08.2018 Informationen enthalten, die zu einer anderen, für den Antragsteller günstigeren Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts geführt hätten. Besagte UNHCR Eligibility Guidelines for Assessing the International Protection Needs of Asylum-Seekers from Afghanistan seien im Verfahren vor dem BFA sowie dem Bundesverwaltungsgericht als Beweismittel noch nicht zur Verfügung gestanden, sodass sich die zum Nachteil des Antragstellers ausgefallene Beweiswürdigung nunmehr wesentlich ändern würde.
Die neuen UNHCR Guidelines seien geeignet, eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu begründen, da sie sich auf Tatsachen beziehen würden, welche bereits vor der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung vorgelegen wären.
Es ergehe daher der Antrag, das Verfahren zur Zl. XXXX wiederaufzunehmen.
Weiters möge das Bundesverwaltungsgericht unverzüglich mittels einstweiliger Anordnung vorläufig dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung nach dem Unionsrecht auf Gewährung eines vorübergehenden Aufenthaltsrechts bzw. auf Hintanhaltung der Abschiebung stattgeben, weil zusammengefasst dem Antrag auf Wiederaufnahme keine aufschiebende Wirkung zukomme bzw. dem Antragsteller bis zur Entscheidung über die Wiederaufnahme keine Rechtsposition einräume, die ihn vor einer drohenden Überstellung nach Afghanistan schützen würde. Der Antragsteller sei daher akut gefährdet, in seinen in Art. 3 EMRK und Art. 4 GRC garantierten Rechten verletzt zu werden. Die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes sei daher mangels nationaler Rechtsschutzmechanismen, aufgrund des unionsrechtlichen effet utile, geboten.
Dem Antrag wurden die UNHCR Eligibility Guidelines for Assessing the International Protection Needs of Asylum-Seekers from Afghanistan vom 30.08.2018 nicht beigelegt, allerdings auszugsweise daraus zitiert.
Der genaue Inhalt des Wiederaufnahmeantrages ergibt sich aus der Eingabe vom 12.09.2018, welche im Akt aufliegt.
2 Beweiswürdigung:
Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den vorliegenden Verwaltungsakt und den vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichts, einschließlich des rechtskräftigen Erkenntnisses XXXX vom XXXX sowie in den Antrag vom XXXX.
Dass die Identität des Antragstellers nicht feststeht, ergibt sich aus dem rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX und dem Umstand, dass kein unbedenkliches Identitätsdokument (Reisepass odgl.) vorgelegt wurde.
Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest. Das Bundesverwaltungsgericht ist in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.
3 Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da weder im BFA-VG noch im AsylG 2005 eine Senatsentscheidung vorgesehen ist, liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der BAO, des AgrVG, und des DVG und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist. Mit Fuchs (in Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, 2013, § 32 VwGVG, Anm. 13) ist der Systematik des VwGVG folgend anzunehmen, dass sämtliche Entscheidungen über Wiederaufnahmeanträge - als selbstständige Entscheidungen - in Beschlussform zu erfolgen haben (ebenso Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahren der Verwaltungsgerichte2, 2017, § 32 VwGVG K 29).
3.1 Zu Spruchpunkt A) Abweisung des Antrages
§ 32 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 2/2017, lautet:
"Wiederaufnahme des Verfahrens
§ 32. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn
1. das Erkenntnis durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder
2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten, oder
3. das Erkenntnis von Vorfragen (§ 38 AVG) abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde oder
4. nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren des Verwaltungsgerichtes die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.
(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen beim Verwaltungsgericht einzubringen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Erkenntnisses und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.
(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.
(4) Das Verwaltungsgericht hat die Parteien des abgeschlossenen Verfahrens von der Wiederaufnahme des Verfahrens unverzüglich in Kenntnis zu setzen.
(5) Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind die für seine Erkenntnisse geltenden Bestimmungen dieses Paragraphen sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse."
In der Regierungsvorlage zum Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013 (2009 Blg NR, XXIV. GP) ist festgehalten, dass die Bestimmungen über die Wiederaufnahme des Verfahrens und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im VwGVG weitgehend den Bestimmungen der §§ 69 bis 72 AVG mit den entsprechenden Anpassungen auf Grund der Einführung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz entsprechen. Durch den Ausschluss der Anwendung des IV. Teiles des AVG ist das AVG in diesem Bereich für unanwendbar erklärt worden, wobei aufgrund der inhaltlichen Übereinstimmung und ähnlichen Formulierung der Bestimmung des § 32 Abs. 1-3 VwGVG mit § 69 AVG die bisher ergangenen höchstgerichtlichen Entscheidungen sinngemäß anzuwenden sind bzw die bisherige Judikatur zu § 69 AVG herangezogen werden kann.
Aus dem Antrag muss hervorgehen, dass die Wiederaufnahme eines näher bezeichneten Verfahrens begehrt wird. Zumindest muss aus dem Inhalt der Eingabe hervorgehen, auf welches abgeschlossene Verfahren sich der Antrag auf Wiederaufnahme bezieht (vgl. zu § 69 AVG VwGH 18.03.1993, 92/09/0212).
Der Antragsteller begehrt die Wiederaufnahme des mit Erkenntnis vom XXXX, Zl. XXXX, abgeschlossenen Verfahrens gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG.
Voraussetzung für die Stellung eines Wiederaufnahmeantrages ist gemäß § 32 Abs. 1 VwGVG die Parteistellung im wiederaufzunehmenden Verfahren (vgl. zu § 69 Abs. 1 AVG VwGH 20.09.1994, 94/05/0209; 30.04.2008, 2007/04/0033; ferner Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren, 2013, VwGVG § 32 Anm. 4). Der Antragsteller hatte als Beschwerdeführer im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Parteistellung, sodass er grundsätzlich einen Wiederaufnahmeantrag stellen kann.
Der Wiederaufnahmeantrag ist gemäß § 32 Abs. 2 VwGVG binnen zwei Wochen ab dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller vom Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Erkenntnisses und vor der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst ab diesem Zeitpunkt schriftlich (§ 17 VwGVG iVm § 13 Abs. 1 AVG; vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren, 2013, VwGVG § 32 Anm. 12) beim Verwaltungsgericht einzubringen. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen (vgl. zu § 69 AVG VwGH 19.05.1993, 91/13/0099; 25.01.1996, 95/19/0003).
Die dreijährige Frist ab Erlassung des Erkenntnisses ist jedenfalls gewahrt, sodass ein Wiederaufnahmeantrag grundsätzlich gestellt werden kann.
Von den UNHCR Eligibility Guidelines for Assessing the International Protection Needs of Asylum-Seekers from Afghanistan vom 30.08.2018 hat der Antragsteller seinen eigenen Angaben zufolge am 31.08.2018 Kenntnis erlangt, sodass der Wiederaufnahmeantrag vom XXXX, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am XXXX, jedenfalls rechtzeitig und zulässig ist. Den Antragsteller trifft kein Verschulden an der Nichtvorlage im vorangegangenen Verfahren, da die UNHCR Eligibility Guidelines for Assessing the International Protection Needs of Asylum-Seekers from Afghanistan erst nach Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens herausgegeben wurden und der Antragsteller daher gar nicht früher Kenntnis davon erlangen konnte. Die diesbezügliche Angabe des Antragstellers ist daher plausibel.
Der Grund, auf den sich das Wiederaufnahmebegehren stützt, ist im Antrag konkretisiert und schlüssig darzulegen (vgl. zu § 69 AVG VwGH 20.09.1995, 93/13/0161; 26.03.2003, 98/13/0142; Fister/Fuchs/Sachs,
Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren, 2013, VwGVG § 32 Anm. 12).
Zur Begründung des Wiederaufnahmeantrages wurde im gegenständlichen Fall ausgeführt, dass in den UNHCR Eligibility Guidelines for Assessing the International Protection Needs of Asylum-Seekers from Afghanistan vom 30.08.2018 Informationen enthalten seien, die zu einer für den Antragsteller günstigeren Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts geführt hätten. Konkret werde in den UNHCR Eligibility Guidelines for Assessing the International Protection Needs of Asylum-Seekers from Afghanistan vom 30.08.2018 festgestellt, dass die afghanische Hauptstadt Kabul als innerstaatliche Fluchtalternative generell nicht (mehr) in Frage komme. Die UNHCR Eligibility Guidelines for Assessing the International Protection Needs of Asylum-Seekers from Afghanistan vom 30.08.2018 hätten zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts im wiederaufzunehmenden Verfahren noch nicht bestanden, weshalb es dem Antragsteller auch nicht möglich gewesen sei, diese im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorzubringen. Die Tatsachen, auf die sich die UNHCR Eligibility Guidelines for Assessing the International Protection Needs of Asylum-Seekers from Afghanistan vom 30.08.2018 stützen, wären bereits im zugrundeliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegen, sodass sie nach Ansicht des Antragstellers keinen Folgeantrag iSd § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005 zu begründen vermögen (vgl. S. 3 des Wiederaufnahmeantrags).
Der Antrag auf Wiederaufnahme erweist sich als nicht berechtigt, da die Voraussetzungen für die Wiederaufnahme des Verfahrens - die Wiederaufnahmegründe sind taxativ in § 32 Abs. 1 VwGVG aufgezählt - nicht vorliegen. Im gegenständlichen Fall stützt sich der Wiederaufnahmeantrag auf § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG.
Nach § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG rechtfertigen neu hervorgekommene Tatsachen und Beweismittel (also solche, die bereits zur Zeit des früheren Verfahrens bestanden haben, aber erst später bekannt wurden) - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - eine Wiederaufnahme des Verfahrens, wenn sie die Richtigkeit des angenommenen Sachverhalts in einem wesentlichen Punkt als zweifelhaft erscheinen lassen; gleiches gilt für neu entstandene Beweismittel, sofern sie sich auf nicht erst nach Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens entstandene Tatsachen beziehen (vgl. VwGH vom 08.09.2015, Ra 2014/18/0089 mwN).
Tatsachen und Beweismittel können also nur dann einen Grund für die Wiederaufnahme des abgeschlossenen Verfahrens darstellen, wenn sie bei Abschluss des seinerzeitigen Verfahrens schon vorhanden gewesen sind, ihre Verwertung der Partei aber ohne ihr Verschulden erst nachträglich möglich geworden ist (sogenannte "nova reperta"), nicht aber - mit der bereits genannten Ausnahme für Beweismittel, die sich auf bereits im Entscheidungszeitpunkt gegebene Tatsachen beziehen -, wenn es sich um erst nach Abschluss des seinerzeitigen Verfahrens neu entstandene Tatsachen und Beweismittel handelt (sogenannte "nova causa superveniens"; vgl. zB. VwGH 08.11.1991, 91/18/0101;
20.2.1992, 91/09/0196; 07.04.2000, 96/19/2240; 20.06.2001, 95/08/0036; 19.03.2003, 2000/08/0105 jeweils zu § 69 Abs. 1 Z 2 AVG;
siehe weiters Hengstschläger/Leeb, AVG, Bd. 4 [2009] § 69 Rz 28).
"Tatsachen" sind Geschehnisse im Seinsbereich, mit "Beweismittel" sind Mittel zur Herbeiführung eines Urteils über Tatsachen gemeint (VwGH 11.03.2008, 2006/05/0232; 16.11.2004, 2000/17/0022; 24.4.2007, 2005/11/0127 zur diesbezüglich gleichlautenden Bestimmung des § 69 Abs. 1 Z 2 AVG).
Sind Beweismittel erst nach Abschluss des Verfahrens (neu) entstanden, erfüllen sie die Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG generell nicht (vgl. VwGH 24.4.1986, 86/02/0048 zu § 69 Abs. 1 Z 2 AVG). Die UNHCR Eligibility Guidelines for Assessing the International Protection Needs of Asylum-Seekers from Afghanistan vom 30.08.2018 stellen zwar ein Beweismittel dar; da dieses Beweismittel allerdings erst nach rechtskräftigem Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens entstanden ist, ist es grundsätzlich nicht geeignet, eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu begründen, es sei denn, es bezieht sich auf Tatsachen, die nicht erst nach Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens entstanden sind (vgl. VwGH 08.09.2015, Ra 2014/18/0089, mwN).
Neu entstandene Tatsachen ("nova causa superveniens", "nova producta"), also Änderungen des Sachverhalts nach Abschluss des Verfahrens, erübrigen eine Wiederaufnahme des Verfahrens, weil in diesem Fall einem Antrag auf der Basis des geänderten Sachverhalts die Rechtskraft des bereits erlassenen Bescheids nicht entgegensteht (vgl. VwGH 21.9.2000, 98/20/0564). Bei Sachverhaltsänderungen, die nach der Entscheidung über einen Asylantrag eingetreten sind, ist kein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens, sondern allenfalls ein neuer Antrag (auf internationalen Schutz) zu stellen (vgl dazu VwGH 17.02.2006, 2006/18/0031; 07.04.2000, 96/19/2240, 20.06.2001, 95/08/0036; 18.12.1996, 95/20/0672; 25. 11. 1994, 94/19/0145; 25.10.1994, 93/08/0123; 19.02.1992, 90/12/0224 ua). Im gegenständlichen Fall war die auf Berichte zur Sicherheitslage in Afghanistan gestützte Behauptung des Antragstellers, nirgends in Afghanistan leben zu können, bereits im Verfahren bekannt. Auch die bis zum Entscheidungsdatum vorliegenden Tatsachen betreffend die Sicherheitslage in Afghanistan, die auch den vom Antragsteller zur Begründung des Wiederaufnahmeantrages genannten UNHCR Eligibility Guidelines for Assessing the International Protection Needs of Asylum-Seekers from Afghanistan vom 30.08.2018 zugrundeliegen, waren im Entscheidungszeitpunkt bekannt, da sie etwa auch im laufend aktualisierten Länderinformationsblatt der Staatendokumentation (dem Erkenntnis wurde das Länderinformationsblatt vom 21.12.2017 zugrundegelegt) berücksichtigt bzw ausgewertet werden. In der mündlichen Verhandlung wurden die damals aktuellen Länderinformationen, die auch in das Erkenntnis eingeflossen sind, mit dem Antragsteller und seiner Rechtsvertretung besprochen. Nach der mündlichen Verhandlung gab der Antragsteller mit Schreiben vom 12.02.2018 eine ausführliche Stellungnahme zu den vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderinformationen, insbesondere zum Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, ab. Es liegen daher gegenständlich keine neu hervorgekommenen Tatsachen ("nova reperta") iSd § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG vor, die zwar im bundesverwaltungsgerichtlichen Entscheidungszeitpunkt bereits vorgelegen wären, die aber der Antragsteller im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ohne sein Verschulden nicht vorbringen hätte können. Bei der nunmehr in den UNHCR Eligibility Guidelines for Assessing the International Protection Needs of Asylum-Seekers from Afghanistan vom 30.08.2018 vertretenen Ansicht, dass in der Hauptstadt Kabul generell keine zumutbare Fluchtalternative zur Verfügung stehe, handelt es sich nicht um eine Tatsache iSd § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG, sondern um eine rechtliche Beurteilung, die von anderen - keineswegs weniger seriösen - Quellen, die einen qualitätssichernden Objektivierungsprozess für die Gewinnung von Informationen zur Lage im Herkunftsstaat durchliefen (etwa EASO, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation), weder zum Entscheidungszeitpunkt geteilt wurde noch aktuell geteilt wird.
Schon aufgrund der bisherigen Überlegungen ist der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens abzuweisen, da weder neu hervorgekommene Tatsachen geltend gemacht werden, die der Antragsteller im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht hätte vorbringen können, noch ein Beweismittel neu hervorgekommen ist.
Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 32 VwGVG neben den bisher genannten Erfordernissen auch die Eignung der neuen Tatsachen oder Beweismittel voraussetzt, dass diese allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Ergebnis herbeigeführt hätten. Ob diese Eignung vorliegt, ist eine Rechtsfrage, die im Wiederaufnahmeverfahren zu beantworten ist; ob tatsächlich ein anderes Ergebnis des Verfahrens zustande kommt, ist sodann eine Frage, die im wiederaufgenommenen Verfahren zu klären ist (vgl. VwGH vom 19. April 2007, 2004/09/0159). Das Verwaltungsgericht hat im Wiederaufnahmeverfahren nicht abschließend darüber zu entscheiden, ob es tatsächlich im wiederaufzunehmenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu einer anderslautenden Entscheidung kommen wird. Ist für das Verwaltungsgericht aber erkennbar, dass es zu keiner anderslautenden Entscheidung kommen wird (kommen kann), dann ist die Wiederaufnahme nicht zu bewilligen (Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahren der Verwaltungsgerichte2, 2017, § 32 VwGVG K 17).
Tauglich ist ein Beweismittel als Wiederaufnahmegrund (ungeachtet des Erfordernisses des Neu-hervorgekommen-Seins) also nur dann, wenn es nach seinem objektiven Inhalt und unvorgreiflich der Bewertung seiner Glaubwürdigkeit die abstrakte Eignung besitzt, jene Tatsachen in Zweifel zu ziehen, auf welche das Bundesverwaltungsgericht entweder die den Gegenstand des Wiederaufnahmeverfahrens bildende Entscheidung oder zumindest die zum Ergebnis dieser Entscheidung führende Beweiswürdigung tragend gestützt hat (vgl. VwGH vom 19. April 2007, 2004/09/0159).
Das Erkenntnis XXXX des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX stützt sich nicht allein auf die UNHCR-Richtlinien Afghanistan vom 19.04.2016, sondern auf Berichte verschiedenster anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation in Afghanistan ergeben. Angesichts der Seriosität der Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen besteht für das Bundesverwaltungsgericht nach wie vor kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln, sodass sie den Feststellungen zur Situation in Afghanistan zu Grunde gelegt werden konnten.
Das dem Erkenntnis XXXX zugrundgelegte Länderinformationsblatt der Staatendokumentation mit Stand vom 21.12.2017 kommt hinsichtlich der Sicherheitslage in der Hauptstadt Kabul nach einer qualitätsgesicherten Analyse unterschiedlichster Quellen zu folgendem Ergebnis:
"Die Sicherheitslage in Afghanistan ist nach wie vor höchst volatil - der Konflikt zwischen regierungsfeindlichen Kräften und Regierungskräften hält landesweit an (UN GASC 20.12.2017). Zur Verschlechterung der Sicherheitslage haben die sich intensivierende Zusammenstöße zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften beigetragen (SIGAR 30.10.2017; vgl. SCR 30.11.2017).
Die afghanischen und internationalen Sicherheitskräfte verstärkten deutlich ihre Luftoperationen (UN GASC 20.12.2017; vgl. SIGAR 30.10.2017), die in 22 Provinzen registriert wurden. So haben sich im Berichtszeitraum der Vereinten Nationen (UN) Luftangriffe um 73% gegenüber dem Vorjahreswert erhöht (UN GASC 20.12.2017). Der Großteil dieser Luftangriffe wurde in der südlichen Provinz Helmand und in der östlichen Provinz Nangarhar erfasst (UN GASC 20.12.2017; vgl. SIGAR 30.10.2017), die als Hochburgen des IS und der Taliban gelten (SIGAR 30.10.2017). Verstärkte Luftangriffe hatten wesentliche Auswirkungen und führten zu hohen Opferzahlen bei Zivilist/innen und regierungsfeindlichen Elementen (UN GASC 20.12.2017). Zusätzlich ist die Gewalt in Ostafghanistan auf die zunehmende Anzahl von Operationen der ANDSF und der Koalitionskräfte zurück zu führen (SIGAR 30.10.2017).
[...]
Sicherheitsrelevante Vorfälle
Die Vereinten Nationen (UN) registrierten im Berichtszeitraum (15.9. - 15.11.2017) 3.995 sicherheitsrelevante Vorfälle; ein Rückgang von 4% gegenüber dem Vorjahreswert. Insgesamt wurden von 1.1.-15.11.2017 mehr als 21.105 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, was eine Erhöhung von 1% gegenüber dem Vorjahreswert andeutet. Laut UN sind mit 62% bewaffnete Zusammenstöße die Hauptursache aller sicherheitsrelevanten Vorfälle, gefolgt von IEDs [Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen], die in 17% der sicherheitsrelevanten Vorfälle Ursache waren. Die östlichen Regionen hatten die höchste Anzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen zu verzeichnen, gefolgt von den südlichen Regionen - zusammen wurde in diesen beiden Regionen 56% aller sicherheitsrelevanten Vorfälle registriert. Gezielte Tötungen und Entführungen haben sich im Vergleich zum Vorjahreswert um 16% erhöht (UN GASC 20.12.2017).
Laut der internationalen Sicherheitsorganisation für NGOs (INSO) wurden vom 1.1.-30.11.2017 24.917 sicherheitsrelevante Vorfälle in Afghanistan registriert (Stand: Dezember 2017) (INSO o.D.).
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(Grafik: Staatendokumentation gemäß Daten aus INSO o.D.)
Zivilist/innen
Im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des letzten Jahres registrierte die UNAMA zwischen 1.1. und 30.9.2017 8.019 zivile Opfer (2.640 Tote und 5.379 Verletzte). Dies deutet insgesamt einen Rückgang von fast 6% gegenüber dem Vorjahreswert an (UNAMA 10.2017); konkret hat sich die Anzahl getöteter Zivilist/innen um 1% erhöht, während sich die Zahl verletzter Zivilist/innen um 9% verringert hat (UN GASC 20.12.2017).Wenngleich Bodenoffensiven auch weiterhin Hauptursache für zivile Opfer waren - führte der Rückgang der Anzahl von Bodenoffensiven zu einer deutlichen Verringerung von 15% bei zivilen Opfern. Viele Zivilist/innen fielen Selbstmordattentaten, sowie komplexen Angriffen und IEDs zum Opfer - speziell in den Provinzen Kabul, Helmand, Nangarhar, Kandahar und Faryab (UNAMA 10.2017).
Zivile Opfer, die regierungsfreundlichen Kräften zugeschrieben wurden, sind um 37% zurückgegangen: Von insgesamt 849 waren 228 Tote und 621 Verletzte zu verzeichnen. Im Gegensatz dazu erhöhte sich die Anzahl ziviler Opfer, die regierungsfeindlichen Elementen zugeschrieben werden, um 7%: von den 1.150 zivilen Opfer starben 225, während 895 verletzt wurden. Die restlichen Opfer konnten keiner Tätergruppe zugeschrieben werden (UNAMA 10.2017).
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(UNAMA 10.2017)
High-profile Angriffe:
Am 31.10.2017 sprengte sich ein Selbstmordattentäter in der "Green Zone" der Hauptstadt Kabul in die Luft. Der angebliche Täter soll Quellen zufolge zwischen 12-13 Jahren alt gewesen sein. Mindestens vier Menschen starben bei dem Angriff und ein Dutzend weitere wurden verletzt. Dies war der erste Angriff in der "Green Zone" seit dem schweren Selbstmordattentat im Mai 2017 (BBC 31.10.2017; vgl. Telegraph 31.10.2017). der IS bekannte sich zu diesem Vorfall Ende Oktober 2017 (BBC 31.10.2017; vgl. Telegraph 31.10.2017; UN GASC 20.12.2017)
Am 20.10.2017 sprengte sich ein Angreifer in der Shia Imam Zamam Moschee in Kabul in die Luft; dabei wurden mindestens 30 Menschen getötet und 45 weitere verletzt. Der IS bekannt sich zu diesem Angriff (Independent 20.10.2017; vgl. BBC 21.10.2017; UN GASC 20.12.2017). In dem Distrikt Solaina, in der westlichen Provinz Ghor, wurde ebenso eine Moschee angegriffen - in diesem Fall handelt es sich um eine sunnitische Moschee. Die tatsächliche Opferzahl ist umstritten: je nach Quellen sind zwischen 9 und 39 Menschen bei dem Angriff gestorben (Independent 20.10.2017; vgl. NYT 20.10.2017; al Jazeera 20.10.2017).
Am 19.10.2017 wurde im Rahmen eines landesweit koordinierten Angriffes der Taliban 58 afghanische Sicherheitskräfte getötet: ein militärisches Gelände, eine Polizeistationen und ein militärischer Stützpunkt in Kandahar wären beinahe überrannt worden (Independent 20.10.2017; vgl. BBC 21.10.2017). Einige Tage vor diesem Angriff töteten ein Selbstmordattentäter und ein Schütze mindestens 41 Menschen, als sie ein Polizeiausbildungszentrum in der Provinzhauptstadt Gardez stürmten (Provinz Paktia) (BBC 21.10.2017). In der Woche davor wurden 14 Offiziere der Militärakademie auf dem Weg nach Hause getötet, als ein Selbstmordattentäter den Minibus in die Luft sprengte in dem sie unterwegs waren (NYT 20.10.2017). Die afghanische Armee und Polizei haben dieses Jahr schwere Verlusten aufgrund der Taliban erlitten (BBC 21.10.2017).
Am 7.11.2017 griffen als Polizisten verkleidete Personen/regierungsfeindliche Kräfte eine Fernsehstation "Shamshad TV" an; dabei wurde mindestens eine Person getötet und zwei Dutzend weitere verletzt. Die afghanischen Spezialkräfte konnten nach drei Stunden Kampf, die Angreifer überwältigen. Der IS bekannt sich zu diesem Angriff (Guardian 7.11.2017; vgl. NYT 7.11.2017; UN GASC 20.12.2017).
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(Guardian 7.11.2017)
Bei einem Selbstmordangriff im November 2017 wurden mindestens neun Menschen getötet und einige weitere verletzt; die Versammelten hatten einem Treffen beigewohnt, um den Gouverneur der Provinz Balkh - Atta Noor - zu unterstützen; auch hier bekannte sich der IS zu diesem Selbstmordattentat (Reuters 16.11.2017; vgl. UN GASC 20.12.2017)
[...]
Die Sicherheitslage ist beeinträchtigt durch eine tief verwurzelte militante Opposition. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädten und den Großteil der Distriktzentren. Die afghanischen Sicherheitskräfte zeigten Entschlossenheit und steigerten auch weiterhin ihre Leistungsfähigkeit im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand. Die Taliban kämpften weiterhin um Distriktzentren, bedrohten Provinzhauptstädte und eroberten landesweit kurzfristig Hauptkommunikationsrouten; speziell in Gegenden von Bedeutung wie z.B. Kunduz City und der Provinz Helmand (USDOD 12.2016). Zu Jahresende haben die afghanischen Sicherheitskräfte (ANDSF) Aufständische in Gegenden von Helmand, Uruzgan, Kandahar, Kunduz, Laghman, Zabul, Wardak und Faryab bekämpft (SIGAR 30.1.2017).
[...]
Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Transitrouten, Provinzhauptstädte und fast alle Distriktzentren (USDOD 12.2015). Aufständischengruppen planen oft Angriffe auf Gebäude und Individuen mit afghanischem und amerikanischem Hintergrund: afghanische und US-amerikanische Regierungseinrichtungen, ausländische Vertretungen, militärische Einrichtungen, gewerbliche Einrichtungen, Büros von Nichtregierungsorganisation, Restaurants, Hotels und Gästehäuser, Flughäfen und Bildungszentren (Khaama Press 13.1.2017). Nach einem Zeitraum länger andauernder relativer Ruhe in der Hauptstadt, explodierte im Jänner 2017 in der Nähe des afghanischen Parlaments eine Bombe; bei diesem Angriff starben mehr als 30 Menschen (DW 10.1.2017). Die Taliban bekannten sich zu diesem Vorfall und gaben an, hochrangige Beamte des Geheimdienstes wären ihr Ziel gewesen (BBC News 10.1.2017).
In der Provinz Kabul finden regelmäßig militärische Operationen statt (Afghanistan Times 8.2.2017; Khaama Press 10.1.2017; Tolonews 4.1.2017a; Bakhtar News 29.6.2016). Taliban Kommandanten der Provinz Kabul wurden getötet (Afghan Spirit 18.7.2016). Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften finden statt (Tolonews 4.1.2017a).
Regierungsfeindliche Aufständische greifen regelmäßig religiöse Orte, wie z.B. Moscheen, an. In den letzten Monaten haben eine Anzahl von Angriffen, gezielt gegen schiitische Muslime, in Hauptstädten, wie Kabul und Herat stattgefunden (Khaama Press 2.1.2017; vgl. auch: UNAMA 6.2.2017)."
Das derzeit aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation (Gesamtaktualisierung vom 29.06.2018, letzte Kurzinformation vom 11.09.2018) weist sogar eine noch größere Aktualität auf als die vom Antragsteller ins Treffen geführten UNHCR Guidelines und kommt aufgrund der Auswertung verschiedenster Quellen und insbesondere der in letzter Zeit verstärkten Anschlagstätigkeit in der Hauptstadt Kabul zu folgendem Ergebnis (Hervorhebung nicht im Original):
"Afghanistan ist nach wie vor mit einem aus dem Ausland unterstützten und widerstandsfähigen Aufstand konfrontiert. Nichtsdestotrotz haben die afghanischen Sicherheitskräfte ihre Entschlossenheit und wachsenden Fähigkeiten im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand gezeigt. So behält die afghanische Regierung auch weiterhin Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, die wichtigsten Verkehrsrouten und den Großteil der Distriktzentren (USDOD 12.2017). Zwar umkämpften die Taliban Distriktzentren, sie konnten aber keine Provinzhauptstädte (bis auf Farah-Stadt; vgl. AAN 6.6.2018) bedrohen - ein signifikanter Meilenstein für die ANDSF (USDOD 12.2017; vgl. UNGASC 27.2.2018); diesen Meilenstein schrieben afghanische und internationale Sicherheitsbeamte den intensiven Luftangriffen durch die afghanische Nationalarmee und der Luftwaffe sowie verstärkter Nachtrazzien durch afghanische Spezialeinheiten zu (UNGASC 27.2.2018)
Die von den Aufständischen ausgeübten öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffe in städtischen Zentren beeinträchtigten die öffentliche Moral und drohten das Vertrauen in die Regierung zu untergraben. Trotz dieser Gewaltserie in städtischen Regionen war im Winter landesweit ein Rückgang an Talibanangriffen zu verzeichnen (UNGASC 27.2.2018). Historisch gesehen gehen die Angriffe der Taliban im Winter jedoch immer zurück, wenngleich sie ihre Angriffe im Herbst und Winter nicht gänzlich einstellen. Mit Einzug des Frühlings beschleunigen die Aufständischen ihr Operationstempo wieder. Der Rückgang der Vorfälle im letzten Quartal 2017 war also im Einklang mit vorangegangenen Schemata (LIGM 15.2.2018).
Anschläge bzw. Angriffe und Anschläge auf hochrangige Ziele
Die Taliban und weitere aufständische Gruppierungen wie der Islamische Staat (IS) verübten auch weiterhin "high-profile"-Angriffe, speziell im Bereich der Hauptstadt, mit dem Ziel, eine Medienwirksamkeit zu erlangen und damit ein Gefühl der Unsicherheit hervorzurufen und so die Legitimität der afghanischen Regierung zu untergraben (USDOD 12.2017; vgl. SBS 28.2.2018, NZZ 21.3.2018, UNGASC 27.2.2018). Möglicherweise sehen Aufständische Angriffe auf die Hauptstadt als einen effektiven Weg, um das Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung zu untergraben, anstatt zu versuchen, Territorium in ländlichen Gebieten zu erobern und zu halten (BBC 21.3.2018).
Die Anzahl der öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffe hatte sich von 1.6. - 20.11.2017 im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des Vorjahres erhöht (USDOD 12.2017). In den ersten Monaten des Jahres 2018 wurden verstärkt Angriffe bzw. Anschläge durch die Taliban und den IS in verschiedenen Teilen Kabuls ausgeführt (AJ 24.2.2018; vgl. Slate 22.4.2018). Als Antwort auf die zunehmenden Angriffe wurden Luftangriffe und Sicherheitsoperationen verstärkt, wodurch Aufständische in einigen Gegenden zurückgedrängt wurden (BBC 21.3.2018); auch wurden in der Hauptstadt verstärkt Spezialoperationen durchgeführt, wie auch die Bemühungen der US-Amerikaner, Terroristen zu identifizieren und zu lokalisieren (WSJ 21.3.2018)." (vgl. aktuelles Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan, Gesamtaktualisierung vom 29.06.2018, letzte Kurzinformation vom 11.09.2018, S. 29).
Aus den vorliegenden Länderinformationen ist abzuleiten, dass die Lage in Afghanistan generell nach wie vor weder sicher noch stabil ist, dass jedoch hinsichtlich der Sicherheitslage zwischen den verschiedenen Provinzen und innerhalb der Provinzen zwischen den einzelnen Distrikten differenziert werden muss. Auch in der Hauptstadt Kabul sind hauptsächlich Bezirke, in denen sich high-level-targets befinden, von der vermehrten Anschlagstätigkeit regierungsfeindlicher Gruppierungen betroffen, während in reinen Wohngebieten für die Allgemeinbevölkerung eine drastisch erhöhte Anschlagsgefahr aus dem vorliegenden Berichtsmaterial nicht abgeleitet werden kann.
Nach wie vor gibt es Regionen, in denen eine relativ gute Sicherheitslage vorherrscht. Insbesondere in den großen Städten, die unter staatlicher Kontrolle stehen und die über die notwendige Infrastruktur und Möglichkeiten zur Sicherung des Lebensunterhalts verfügen (etwa Herat und Mazar-e Sharif) und in bestimmten Provinzen (etwa Balkh, Bamyan, Daikundi, Ghor und andere) wird die Sicherheitslage als vergleichsweise gut beschrieben. So hält etwa EASO (EASO-Länderleitfaden Afghanistan, abrufbar unter https://www.easo.europa.eu/sites/default/files/easo-country-guidance-afghanistan-2018.pdf [abgerufen am 21.09.2018], Juni 2018, S. 106 f) nach einer Beurteilung aus Juni 2018 eine innerstaatliche Fluchtalternative in den Städten Mazar-e-Sharif, Herat und Kabul für zumutbar für alleinstehende Männer, auch wenn es in dem Neuansiedlungsgebiet kein Unterstützungsnetzwerk gibt. So brächte die Situation der Neuansiedlung gewisse Härten mit sich, allerdings kann EASO zufolge der Schluss gezogen werden, dass derartige Personen in der Lage sind, ihre Grundbedürfnisse, Unterkunft und Hygiene sicherzustellen; dies sofern nicht aus deren persönlichen Umständen auf zusätzliche Vulnerabilitäten zu schließen ist. Die folgenden Umstände, die im gegenständlichen Fall im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geprüft wurden, wären in Betracht zu ziehen: Alter, Geschlecht, Familienstand, Gesundheitszustand, sozialer und wirtschaftlicher Hintergrund, Kenntnisse der lokalen Bedingungen, Unterstützungsnetzwerk und Religion. Soweit von Relevanz kann verfügbare Reintegrationsunterstützung auch als zusätzlicher Faktor berücksichtigt werden, welche vorübergehend zur Reintegration in Afghanistan beiträgt (EASO-Länderleitfaden Afghanistan, S. 105); doch auch die vom Antragsteller ins Treffen geführten UNHCR Eligibility Guidelines for Assessing the International Protection Needs of Asylum-Seekers from Afghanistan vom 30.08.2018, bei denen es sich nur um eine von vielen Quellen handelt und denen trotz ihrer unbestreitbaren Indizwirkung (zur Indizwirkung von UNHCR-Positionen vgl. etwa VwGH 16.01.2008, 2006/19/0182; 20.04.2006, 2005/01/0556 mwN) weder ein Absolutheitsanspruch noch eine rechtliche Verbindlichkeit zukommt, schließen eine Rückkehr nach Afghanistan und innerstaatliche Fluchtalternativen keineswegs von vornherein aus. So wird - fast wortident mit den vorhergehenden UNHCR-Richtlinien Afghanistan vom 19.04.2016, die im zugrundeliegenden Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht neben anderen Quellen herangezogen wurden, und im Einklang mit dem soeben zitierten EASO-Länderleitfaden Afghanistan - die Ansiedlung von alleinstehenden, leistungsfähigen Männern (und verheirateten Paaren im berufsfähigen Alter) ohne festgestellte spezifische Vulnerabilitäten in urbanen und semi-urbanen Umgebungen, die unter tatsächlicher staatlicher Kontrolle stehen und die über die notwendige Infrastruktur und Möglichkeiten zur Sicherung des Lebensunterhalts verfügen, selbst ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft unter bestimmten Voraussetzungen, die, bezogen auf den Antragsteller, im zugrundeliegenden Verfahren geprüft wurden, durchaus für möglich und zumutbar gehalten (vgl. UNHCR Eligibility Guidelines for Assessing the International Protection Needs of Asylum-Seekers from Afghanistan vom 30.08.2018, S. 112 [Hervorhebung nicht im Original]: "Against this background, UNHCR considers that a proposed IFA/IRA is reasonable only where the individual has access to (i) shelter, (ii) essential services such as sanitation, health care and education; and (iii) livelihood opportunities or proven and sustainable support to enable access to an adequate standard of living. Moreover, UNHCR considers an IFA/IRA as reasonable only where the individual has access to a support network of members of his or her (extended) family or members of his or her larger ethnic community in the area of prospective relocation, who have been assessed to be willing and able to provide genuine support to the applicant in practice. UNHCR considers that the only exception to the requirement of external support are single ablebodied men and married couples of working age without identified specific vulnerabilities as described above. In certain circumstances, such persons may be able to subsist without family and community support in urban and semi-urban areas that have the necessary infrastructure and livelihood opportunities to meet the basic necessities of life and that are under effective Government control"; vgl. in diesem Zusammenhang auch VwGH 23.01.2018, Ra 2018/18/0001-5 mit Hinweis auf UNHCR Richtlinien Nr. 4., Rz 22 ff und Marx, Handbuch zur Qualifikationsrichtlinie [2009], 226 ff). Dass der Antragsteller besondere Vulnerabilitäten aufweisen würde, die eine Ansiedlung in einer afghanischen Großstadt unzumutbar machen würden, ist weder im Verfahren vor dem BFA noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren hervorgekommen.
Die UNHCR Eligibility Guidelines for Assessing the International Protection Needs of Asylum-Seekers from Afghanistan vom 30.08.2018 vermögen lediglich zu beweisen, dass UNHCR - im Gegensatz etwa zu EASO - eine innerstaatliche Fluchtalternative in der Hauptstadt Kabul derzeit generell nicht (mehr) annimmt (vgl. S. 116: "UNHCR considers that given the current security, human rights and humanitarian situation in Kabul, an IFA/IRA is generally not available in the city"); dass der Antragsteller in allen Teilen seines Herkunftsstaats die Verletzung seiner Rechte nach Art. 2 und/oder 3 EMRK zu befürchten hätte, ist mit den neuen UNHCR Guidelines jedoch nicht unter Beweis gestellt. Vielmehr geht UNHCR auch in den neuen Guidelines davon aus, dass für junge, arbeitsfähige, gesunde Männer ohne festgestellte besondere Vulnerabilitäten eine Ansiedlung in den größeren afghanischen Städten, die unter staatlicher Kontrolle stehen und die über die notwendige Infrastruktur und Möglichkeiten zur Sicherung des Lebensunterhalts verfügen, sogar ohne bestehendes familiäres oder soziales Netzwerk unter gewissen Voraussetzungen möglich und auch zumutbar ist.
Selbst wenn man daher mit dem Antragsteller - entgegen etwa der Einschätzung von EASO - eine innerstaatliche Fluchtalternative in der Hauptstadt Kabul nicht annehmen möchte, wäre selbst nach den vom Antragsteller angeführten UNHCR Eligibility Guidelines for Assessing the International Protection Needs of Asylum-Seekers from Afghanistan vom 30.08.2018 eine Ansiedlung in anderen afghanischen urbanen und semi-urbanen Agglomerationen, die unter tatsächlicher staatlicher Kontrolle stehen und die über die notwendige Infrastruktur und Möglichkeiten zur Sicherung des Lebensunterhalts verfügen (insbesondere trifft das nach den im Entscheidungszeitpunkt herangezogenen, aber auch nach den aktuellen Länderinformationen, die im Fall der Wiederaufnahme des Verfahrens heranzuziehen wären, auf die Städte Herat und Mazar-e Sharif zu), aufgrund der persönlichen Umstände des Antragstellers, die im zugrundeliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren geprüft wurden, möglich und zumutbar. Auch wenn die UNHCR Eligibility Guidelines for Assessing the International Protection Needs of Asylum-Seekers from Afghanistan vom 30.08.2018 bereits im Zeitpunkt der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung (XXXX) existent und bekannt gewesen wären, hätten sie daher nicht zur Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder zur Zuerkennung subsidiären Schutzes geführt, sodass die Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG ("Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn [...] neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten ...") im gegenständlichen Fall auch diesbezüglich nicht erfüllt sind. Dass das Bundesverwaltungsgericht, "wären entsprechende Richtlinien bereits zu diesem Zeitpunkt [dem Zeitpunkt der Entscheidung] vorgelegen ... zu dem Schluss kommen" hätte "müssen, dass dem BF mangels einer IFA der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzusprechen gewesen wäre" (vgl. die Ausführungen im Wiederaufnahmeantrag, S. 8), trifft nicht zu.
Im Erkenntnis XXXX wurde dem Antragsteller nicht vorgeschrieben, sich in der Hauptstadt Kabul anzusiedeln, sondern lediglich aufgrund der zum Entscheidungszeitpunkt bekannten Quellen die Möglichkeit aufgezeigt, dies zu tun. Dass im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts von mehreren gleichermaßen in Frage kommenden innerstaatlichen Fluchtalternativen beispielhaft nur die Hauptstadt Kabul genannt wurde, ändert nichts daran, dass für den Antragsteller auch unter Heranziehung der UNHCR Eligibility Guidelines for Assessing the International Protection Needs of Asylum-Seekers from Afghanistan vom 30.08.2018 in Zusammenschau mit anderen aktuellen Quellen, die - soweit schon vorhanden - bereits im verwaltungsgerichtlichen Verfahren herangezogen wurden, innerstaatliche Fluchtalternativen bestehen und ihm diese aufgrund seiner persönlichen Umstände, die im Verfahren einer Einzelfallbeurteilung unterzogen wurden, auch zumutbar sind. Die sichere Erreichbarkeit etwa der Städte Herat und Mazar-e Sharif, die beide über internationale Flughäfen verfügen, ergibt sich z.B. aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation (sowohl aus der für das Erkenntnis XXXX vom XXXX herangezogenen als auch aus der aktuellen Version). Die neuen, vom Antragsteller genannten UNHCR Guidelines wären daher, selbst wenn sie bereits existiert hätten und bekannt gewesen wären, im gegenständlichen Fall nicht geeignet gewesen, "ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis" (vgl. § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG) herbeizuführen. Sie stellen nach einer ersten Prüfung im Wiederaufnahmeverfahren keine taugliche Grundlage dafür dar, die rechtliche Würdigung, dem Antragsteller stehe in Afghanistan eine zumutbare Fluchtalternative zur Verfügung, in Zweifel zu ziehen, da sie sich in den für die Zuerkennung subsidiären Schutzes wesentlichen, oben zitierten Teilen kaum von den im verwaltungsgerichtlichen Verfahren neben anderen aktuellen Quellen herangezogenen UNHCR-Richtlinien vom 19.04.2016 unterscheiden. Wäre das Beweismittel, auf das sich nun der Wiederaufnahmeantrag stützt, bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht vorgelegen, hätte es keine andere, im Ergebnis zur Zuerkennung von Asyl oder subsidiärem Schutz führende rechtliche Würdigung erfahren.
Aus dem Gesagten folgt sohin, dass die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX, Zl. XXXX, abgeschlossenen Verfahrens nicht vorliegen, sodass der Wiederaufnahmeantrag abzuweisen ist.
Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit dem Antrag auf Wiederaufnahme geklärt erschien und es sich bei der Einordnung, ob die Eignung eines vorgebrachten Wiederaufnahmegrundes vorliegt, um eine Rechtsfrage handelt (vgl. VwGH 19.04.2007, 2004/09/0159; Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013) § 32 VwGVG Anm. 9), konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben (vgl. VwGH 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018; VfGH 14.03.2012, U 466/11 ua.).
Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.
Mit der Abweisung des gegenständlichen Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag auf "Erlassung einer einstweiligen Anordnung nach dem Unionsrecht auf Gewährung eines vorübergehenden Aufenthaltsrechts bzw. auf Hintanhaltung der Abschiebung bis zur Entscheidung über den gegenständlichen Antrag auf Wiederaufnahme gem. § 32 VwGVG" (S. 11 des verfahrensgegenständlichen Antrags).
3.2 Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Wie bereits oben ausgeführt, wurde § 32 Abs. 1 bis 3 VwGVG nach den Materialien der Bestimmung des § 69 AVG nachempfunden, weshalb auf die einheitliche Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 69 AVG zurückgegriffen werden kann. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Aktualität, Beweismittel, innerstaatliche Fluchtalternative,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W248.2162125.2.00Zuletzt aktualisiert am
01.02.2019