TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/22 I412 2204152-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.10.2018
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Entscheidungsdatum

22.10.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34 Abs4
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs1
AVG §68
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I412 2158651-1/26E

I412 2158651-2/8E

I412 2158650-1/18E

I412 2204152-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Gabriele ACHLEITNER als Einzelrichterin über die Beschwerden von

1. XXXX StA. NIGERIA gegen die Bescheide des BFA, Regionaldirektion Niederösterreich a) vom 05.04.2017, Zl. XXXX (ERSATZENTSCHEIDUNG) und b) vom 12.07.2018, Zl. XXXX,

2. XXXX, StA Nigeria, gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Niederösterreich vom 04.04.2017, Zl. XXXX und

3. XXXX, StA Nigeria, gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Niederösterreich vom 12.07.2018, Zl. XXXX

alle vertreten durch: DIAKONIE FLÜCHTLINGSDIENST gemeinnützige GmbH Volkshilfe Flüchtlings - und MigrantInnenbetreuung GmbH p.A. ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe nach Durchführung mündlicher Verhandlungen am 22.02.2018 und 11.10.2018 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden (betreffend 1.a lediglich hinsichtlich der Spruchpunkte II. - IV.) als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Betreffend die Erstbeschwerdeführerin und den Drittbeschwerdeführer:

1. Die Erstbeschwerdeführerin reiste illegal in das Bundesgebiet ein, stellte am 27.10.2016 ihren ersten Antrag auf internationalen Schutz und brachte anlässlich der noch am selben Tag durchgeführten Ersteinvernahme vor, aus Nigeria geflohen zu sein, weil sie Angst vor der Boko Haram habe. Es sei überall zu Bombenanschlägen gekommen und viele Menschen seien dabei getötet worden.

2. Am 04.04.2017 vernahm die belangte Behörde die Beschwerdeführerin niederschriftlich ein, wobei sie die Richtigkeit ihres bisherigen Vorbringens bestätigte. Befragt nach ihren Fluchtgründen erklärte sie im Wesentlichen, dass die Boko Haram nach Abuja gekommen, alles niedergebombt und Leute umgebracht habe und sie deswegen ausgereist sei. Sie habe Angst vor der Boko Haram. Das sei ihr einziger Fluchtgrund gewesen. Weitere Gründe habe sie nicht.

3. Mit Bescheid vom 05.04.2017, Zl. XXXX, RD NÖ, wies die belangte Behörde den Antrag der Erstbeschwerdeführerin auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Nigeria (Spruchpunkt II.) ab. Zugleich erteilte sie der Erstbeschwerdeführerin keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen sie eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass ihre Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III.). Als Frist für die freiwillige Ausreise legte die belangte Behörde zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt IV.).

4. Gegen den Bescheid der belangten Behörde erhob die Erstbeschwerdeführerin, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, Steinergasse 3/12, 1170 Wien, mit dem per Fax bei der belangten Behörde am 02.05.2017 eingebrachten Schriftsatz fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

5. Am 06.07.2017 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit der Erstbeschwerdeführerin und ihrer Rechtsvertretung eine mündliche Beschwerdeverhandlung durch. Im Hinblick auf das im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung gewährte Parteiengehör sowie dem dort erstmaligen Vorbringen einer Schwangerschaft legte die Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 21.07.2017 entsprechende Dokumente (Untersuchungsbefund zur Schwangerschaft, Mutter-Kind-Pass) vor und verwies in Bezug auf die Länderberichte auf die Ausführungen im Beschwerdeschriftsatz vom 20.05.2017. Zudem wurde ausgeführt, dass eine Abschiebung der alleinerziehenden Beschwerdeführerin nach Nigeria unzulässig sei, weil sie dort möglicherweise in eine existenzbedrohende Lage gerate und diese Gefahr auch den Länderberichten zu entnehmen sei.

6. Mit Erkenntnis vom 02.08.2017, Zl. I411 2158651-1/13E, wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass es in Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides zu lauten habe: "Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für Ihre freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung".

7. Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 07.06.2018, E 3172/2017-12, wurde der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Beschwerde antragsgemäß aufschiebende Wirkung zuerkannt. Mit Erkenntnis vom 25.09.2018, bei der zuständigen Gerichtsabteilung eingelangt am 15.10.2018, GZ E 3172/2017-19, wurde das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes, soweit damit die Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria, gegen die Nichtzuerteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (§ 57 Asylgesetz 2005), gegen die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, gegen die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung und gegen die Festsetzung einer vierzehntägigen Frist zur freiwilligen Ausreise abgewiesen wird, aufgehoben. Im Übrigen - sohin soweit sich die Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten richtet, wurde die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

8. Am XXXX wurde der minderjährige Drittbeschwerdeführer geboren und für diesen ebenfalls ein Antrag auf internationalen Schutz eingebracht. Am 13.03.2018 wurde in der Erstbefragung vorgebracht, dass dieser keine eigenen Verfolgungsgründe habe.

9. Am 07.05.2018 wurde von der Erstbeschwerdeführerin ein Folgeantrag gestellt, zu dem diese im Rahmen der Erstbefragung angab, dass ihr Freund auch in Österreich als Asylwerber lebe. Sie habe mit diesem ein Kind bekommen und suche daher neuerlich um Asyl an. Die Erstbeschwerdeführerin gab an, keine neuen Fluchtgründe zu haben, außer, dass sie jetzt ein Kind habe.

10. Am 07.05.2018 fand betreffend den Drittbeschwerdeführer eine Einvernahme der Erstbeschwerdeführerin als gesetzliche Vertreterin durch die belangte Behörde statt, in dem diese angab, dass dessen Leben bei einer Rückkehr nach Nigeria in Gefahr wäre, da er gekidnapped werden könnte.

11. Am 11.07.2018 wurde die Erstbeschwerdeführerin von der belangten Behörde zu ihrem Folgeantrag einvernommen und gab erneut an, den neuerlichen Asylantrag wegen ihres Babys zu stellen. Ihr Freund und sie seien hierhergekommen und hätten sich niedergelassen um eine gute Familie zu gründen. Dies sei der Grund, warum sie um Asyl ansuche und äußerte erneut die Befürchtung, dieser könnte entführt werden, da das Kind nicht aus Afrika sei.

12. Mit Bescheiden vom 12.07.2018 wurden die (Folge-)Anträge der Erst- und des Drittbeschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Nigeria (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Zugleich wurde den Beschwerdeführern kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, gegen sie eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass ihre Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III.). Als Frist für die freiwillige Ausreise legte die belangte Behörde 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt IV.).

Betreffend den Zweitbeschwerdeführer:

13. Der Zweitbeschwerdeführer stellte am 27.10.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er mit einer Krise in Abuja begründete und dass er in Libyen Arbeit finden haben wollen. Befragt nach seinen Rückkehrbefürchtungen gab er vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes an: "Ich habe keine Befürchtungen, will aber trotzdem nicht zurück nach Nigeria". Er gab weiters an, gemeinsam mit seiner Freundin (der Erstbeschwerdeführerin) mit dem Zug nach Österreich gekommen zu sein.

14. In der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 04.04.2017 gab er zu Protokoll, dass er in Benin City bei seiner Großmutter und dann eine Zeit lang in Abuja gelebt habe. Als er nach Benin City zurückgekehrt sei, sei seine Großmutter verstorben und er habe sonst keine Angehörigen. Ein Freund habe ihm von Arbeit in Libyen erzählt und er habe dort dann als Schweißer gearbeitet. Nachgefragt, ob er Nigeria wegen der Arbeit verlassen habe, gab er an: "Ja. In Nigeria ging es mir nicht gut, ich brauchte einen Ort, wo ich arbeiten und meinen Lebensunterhalt verdienen kann.".

15. Mit dem Bescheid vom 04.04.2017, Zl. XXXX, wies die belangte Behörde den Antrag des Zweitbeschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem Zweitbeschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 2 Wochen {gemeint wohl 14 Tage) (Spruchpunkt IV.).

16. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 02.05.2017. Moniert wurden inhaltliche Rechtswidrigkeit und Verletzung von Verfahrensvorschriften. Es wurde vorgebracht, dass mit der "Krise" in Abuja die Bedrohung durch die Terrorgruppe Boko Haram gemeint gewesen sei und der Zweitbeschwerdeführer davor geflüchtet sei. Auch die Länderberichte seien mangelhaft und die Entscheidung sei zu schnell, nämlich am Tag der niederschriftlichen Einvernahme ergangen. Ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren habe in dieser kurzen Zeit nicht stattfinden können.

17. Vor dem Bundesverwaltungsgericht fand am 22.02.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, zu der einen Dolmetscherin für die englische Sprache, der Zweitbeschwerdeführer und seine Rechtsvertreterin erschienen sind.

18. Am 20.08.2018 wurden die Akten betreffend die Erst- und den Drittbeschwerdeführer von der belangten Behörde vorgelegt und fand am 11.10.2018 eine neuerliche mündliche Beschwerdeverhandlung statt, zu der sämtliche Beschwerdeführer und deren Rechtsberaterin sowie eine Dolmetscherin für die englische Sprache erschienen sind. Im Vorfeld wurde den Beschwerdeführern das aktuelle Länderinformationsblatt zu Nigeria übermittelt. Im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung wurde angeordnet, dass die im Spruch angeführten Beschwerdeverfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung gemäß § 39 Abs. 2 AVG iVm § 17 VwGVG und § 34 AsylG (Familienverfahren) verbunden werden.

19. Am 16.10.2018 wurde das Erstverfahren betreffend die Erstbeschwerdeführerin ebenfalls der Gerichtsabteilung I412 infolge Annexität der Rechtssachen neu zugeteilt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zu den Personen der Beschwerdeführer:

1.1.1. Zur Erstbeschwerdeführerin und Drittbeschwerdeführer:

Die Erstbeschwerdeführerin ist volljährig, Staatsangehörige von Nigeria und bekennt sich zum christlichen Glauben. Sie hält sich seit mindestens Oktober 2016 in Österreich auf.

Die Beschwerdeführerin spricht als Muttersprache Auchi. Sie kann sich auf Englisch ausreichend verständigen.

Ihre Identität steht nicht fest. Die Erstbeschwerdeführerin lebt mit ihrem Lebensgefährten, dem Zweitbeschwerdeführer, und dem gemeinsamen Sohn, dem am 16.02.2018 in Österreich geborenen Drittbeschwerdeführer, in einem gemeinsamen Haushalt und führt mit diesen ein Familienleben. Die Erstbeschwerdeführerin ist ledig, ebenso ihr Lebensgefährte. Sie leidet - wie auch ihr Sohn - weder an einer schweren Krankheit noch ist sie längerfristig pflege- oder rehabilitationsbedürftig.

Die Erstbeschwerdeführerin absolvierte in Nigeria eine dreijährige Grundschulausbildung, hat dort in einer zweijährigen Lehre den Beruf als Frisörin erlernt und sich damit ihren Lebensunterhalt erwirtschaftet.

Die Erstbeschwerdeführerin weist - von der Beziehung zu ihrem Lebensgefährten und ihrem Sohn abgesehen - keine soziale, integrative oder familiäre Verfestigung in Österreich auf. Sie verfügt hier über keine verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte.

Zudem ist sie der deutschen Sprache nicht mächtig. Sie besuchte einen Deutschkurs auf dem Sprachniveau A0 und gehört einer christlichen Kirchengemeinde an.

Die Erstbeschwerdeführerin verfügt in Nigeria über familiäre Anknüpfungspunkt (Mutter, Schwester).

Die Erstbeschwerdeführerin ist strafgerichtlich unbescholten. Sie bezieht Leistungen aus der Grundversorgung.

1.1.2. Zum Zweitbeschwerdeführer

Der volljährige Zweitbeschwerdeführerin ist ledig, Staatsangehöriger von Nigeria und bekennt sich zum christlichen Glauben. Er gehört der Volksgruppe der Edo an. Seine Identität steht nicht fest,

Er ist gesund und arbeitsfähig.

Der Zweitbeschwerdeführer reiste im Mai 2014 aus Nigeria nach Libyen aus, hielt sich dort etwa ein Jahr auf und gelangte schließlich - gemeinsam mit der Erstbeschwerdeführerin - über Italien nach Österreich.

Die Familie des Zweitbeschwerdeführers bestehend aus den Eltern und zwei Brüdern lebt in Nigeria. Er hat keinen Kontakt zu seinen Familienangehörigen. Die Großmutter, bei der er aufgewachsen ist, ist bereits verstorben. Der Zweitbeschwerdeführer besuchte 4 Jahre lang die Grundschule und arbeitete anschließend als Schweißer. Aufgrund seiner Arbeitserfahrung in Nigeria hat er eine Chance auch hinkünftig am nigerianischen Arbeitsmarkt unterzukommen.

Der Zweitbeschwerdeführer ist in Österreich vorbestraft. Er wurde vom Landesgericht XXXX am 13.03.2017, rechtskräftig am 17.03.2017, GZ XXXX, wegen unerlaubten Umganges mit Suchtgiften (§§ 27 Abs. 1 Z. 1 erster Fall, 27 Abs. 1 Z. 1 zweiter Fall, 27 Abs. 2a zweiter Fall SMG) zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren (Jugendstraftat) verurteilt. Von einer weiteren Verfolgung wegen § 27 Abs. 2 SMG wurde von der Staatsanwaltschaft XXXX am 16,01.2018 nach Ablauf der Probezeit und Erfüllung allfälliger Pflichten endgültig zurückgetreten (§ 38 Abs. 3 SMG).

Der Zweitbeschwerdeführer verkauft in Österreich eine Straßenzeitung, geht sonst keiner Beschäftigung nach und bezieht Leistungen von der staatlichen Grundversorgung in Niederösterreich.

Der Zweitbeschwerdeführer weist in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf.

1.2. Zu den Fluchtmotiven der Beschwerdeführer:

Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 25.09.2018, E 3172/2017-19, wurde die Behandlung der Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status der Asylberechtigten betreffend den ersten Antrag der Erstbeschwerdeführerin auf internationalen Schutz abgelehnt.

Dem Folgeantrag der Erstbeschwerdeführerin konnte kein neuer Sachverhalt entnommen werden, der zum Anlass zu nehmen wäre, ihr Fluchtvorbringen erneut inhaltlich zu prüfen.

Für den Zweit- und Drittbeschwerdeführer wurden keine glaubhaften und asylrelevanten Fluchtgründe vorgebracht.

Unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände konnte nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Nigeria der Gefahr einer Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung iSd GFK ausgesetzt waren oder ausgesetzt wären. Auch vermochten die Beschwerdeführerin keine Gründe glaubhaft zu machen, die gegen ihre Rückkehr in ihren Herkunftsstaat sprächen.

1.3. Zu den Feststellungen zur Lage in Nigeria:

Das politische System Nigerias orientiert sich stark am System der Vereinigten Staaten; in der Verfassungswirklichkeit dominieren der Präsident und die ebenfalls direkt gewählten Gouverneure. Die lange regierende People's Democratic Party (PDP) musste nach den Wahlen 2015 erstmals seit 1999 in die Opposition; seither ist die All Progressives' Congress (APC) unter Präsident Muhammadu Buhari an der Macht.

In Nigeria herrscht keine Bürgerkriegssituation, allerdings sind der Nordosten, der Middle Belt und das Nigerdelta von Unruhen und Spannungen geprägt. Für einzelne Teile Nigerias besteht eine Reisewarnung, insbesondere aufgrund des hohen Entführungsrisikos.

lm Norden und Nordosten Nigerias hat sich die Sicherheitslage verbessert; in den ländlichen Teilen der Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa kommt es aber weiterhin zu Anschlägen der Boko Haram. Es gelang den Sicherheitskräften zwar, Boko Haram aus den meisten ihrer Stellungen zu vertreiben, doch war es kaum möglich, die Gebiete vor weiteren Angriffen durch die Islamisten zu schützen. Der nigerianischen Armee wird vorgeworfen, im Kampf gegen Boko Haram zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben; die von Präsident Buhari versprochene Untersuchung blieb bisher aber folgenlos.

Das Nigerdelta (Bundesstaaten Ondo, Edo, Delta, Bayelsa, Rivers, Imo, Abia, Akwa Ibom und Cross River) ist seit Jahren von gewalttätigen Auseinandersetzungen und Spannungen rund um die Verteilung der Einnahmen aus den Öl- und Gasreserven geprägt. Von 2000 bis 2010 agierten in der Region militante Gruppen, die durch ein im Jahr 2009 ins Leben gerufene Amnestieprogramm zunächst beruhigt wurden. Nach dem Auslaufen des Programmes Ende 2015 brachen wieder Unruhen aus, so dass eine weitere Verlängerung beschlossen wurde. Die Lage hat sich seit November 2016 wieder beruhigt, doch bleibt sie volatil. Insbesondere haben Angriffe auf die Ölinfrastrukturen in den letzten zwei Jahren wieder zugenommen. Abgelegene Gebiete im Nigerdeita sind teils auch heute noch unter der Kontrolle separatistischer und krimineller Gruppen.

In Zentralnigeria (Middle Belt bzw. Jos Plateau) kommt es immer wieder zu lokalen Konflikten zwischen ethnischen, sozialen und religiösen Gruppen. Der Middle Belt bildet eine Brücke zwischen dem vorwiegend muslimischen Nordnigeria und dem hauptsächlich christlichen Süden. Der Ursprung dieser Auseinandersetzungen, etwa zwischen (überwiegend muslimischen nomadischen) Hirten und (überwiegend christlichen) Bauern, liegt oft nicht in religiösen Konflikten, entwickelt sich aber häufig dazu.

Die Justiz Nigerias hat ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und Professionalität erreicht, doch bleibt sie politischem Einfluss, Korruption und einem Mangel an Ressourcen ausgesetzt. Eine systematisch diskriminierende Strafverfolgung ist nicht erkennbar, doch werden aufgrund der herrschenden Korruption tendenziell Ungebildete und Arme benachteiligt. Das Institut der Pflichtverteidigung gibt es erst in einigen Bundesstaaten. In insgesamt zwölf nördlichen Bundesstaaten wird die Scharia angewendet, Christen steht es aber frei, sich einem staatlichen Gerichtsverfahren zu unterwerfen. Der Polizei, die durch geringe Besoldung und schlechte Ausrüstung eingeschränkt ist, wird oftmals die Armee zur Seite gestellt. Insgesamt ist trotz der zweifelsohne vorhandenen Probleme im Allgemeinen davon auszugehen, dass die nigerianischen Behörden gewillt und fähig sind, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten. Problematisch ist aber insbesondere, dass Gefangene häufig Folterung und Misshandlung ausgesetzt sind. Disziplinarrechtliche oder strafrechtliche Folgen hat dies kaum. Die Bedingungen in den Haftanstalten sind hart und lebensbedrohlich. Nigeria hält an der Todesstrafe fest, diese ist seit 2006 de facto ausgesetzt, wobei es in den Jahren 2013 und 2016 in Edo State aber zu einzelnen Hinrichtungen gekommen war. Die Regierung Buharis hat der Korruption den Kampf erklärt, doch mangelt es ihr an effektiven Mechanismen.

Die Menschenrechtssituation in Nigeria hat sich in den letzten 20 Jahren verbessert, schwierig bleiben aber die allgemeinen Lebensbedingungen. Die Versammlungsfreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert, wird aber gelegentlich durch das Eingreifen von Sicherheitsorganen bei politisch unliebsamen Versammlungen eingeschränkt. Die politische Opposition kann sich aber grundsätzlich frei betätigen; es gibt auch keine Erkenntnisse über die Verfolgung von Exilpolitikern durch die nigerianische Regierung. Gelegentlich gibt es aber, vor allem bei Gruppen mit sezessionistischen Zielen, Eingriffe seitens der Staatsgewalt. Dabei ist insbesondere die Bewegung im Süden und Südosten Nigerias zu nennen, die einen unabhängigen Staat Biafra fordert. Dafür treten sowohl das Movement for the Actualisation of the Sovereign State of Biafra (MASSOB) und die Indigenous People of Biafra (IPOB) ein. Seit der Verhaftung des Leiters des inzwischen verbotenen Radiosenders "Radio Biafra" im Oktober 2015 kommt es vermehrt zu Demonstrationen von Biafra-Anhänger, gegen die laut verschiedenen Berichten, unter anderem von Amnesty International, von den nigerianischen Sicherheitskräften mit Gewalt vorgegangen worden sein soll.

Im Vielvölkerstaat Nigeria ist Religionsfreiheit einer der Grundpfeiler des Staatswesens. Etwa 50% der Bevölkerung sind Muslime, 40 bis 45% Christen und der Rest Anhänger von Naturreligionen. Im Norden dominieren Muslime, im Süden Christen. Religiöse Diskriminierung ist verboten. In der Praxis bevorzugen die Bundesstaaten aber in der Regel die jeweils durch die lokale Mehrheitsbevölkerung ausgeübte Religion. Insbesondere in den Scharia-Staaten ist die Situation für Christen sehr schwierig. Die Toleranz zwischen den Glaubensgemeinschaften ist nur unzureichend ausgeprägt, mit Ausnahme der Voruba im Südwesten Nigerias, unter denen auch Ehen zwischen Christen und Muslimen verbreitet sind. Speziell in Zentralnigeria kommt es zu lokalen religiösen Auseinandersetzungen, die auch zahlreiche Todesopfer gefordert haben. In Nigeria gibt es auch noch Anhänger von Naturreligionen ("Juju"}; eine Verweigerung der Übernahme einer Rolle als Priester kann schwierig sein, doch wird dies nicht als Affront gegen den Schrein empfunden und sind auch keine Fälle bekannt, in denen dies zu einer Bedrohung geführt hätte. Im Süden Nigerias sind auch Kulte und Geheimgesellschaften vorhanden; insbesondere im Bundesstaat Rivers überschneiden sich Kulte häufig mit Straßenbanden, kriminellen Syndikaten etc. Mafiose

Kulte prägen trotz ihres Verbotes das Leben auf den Universitäten; es wird auch über Menschenopfer berichtet.

insgesamt gibt es (je nach Zählweise) mehr als 250 oder 500 Ethnien in Nigeria, Die wichtigsten sind die Hausa/Fulani im Norden, die Yoruba im Südwesten und die Igbo im Südosten. Generell herrscht in Nigeria Bewegungsfreiheit und ist Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie verboten. Allerdings diskriminieren Gesetze jene ethnischen Gruppen, die am jeweiligen Wohnort nicht eigentlich indigen sind. So werden etwa Angehörige der Volksgruppe Hausa/Fulani im Bundesstaat Plateau diskriminiert.

Generell besteht aufgrund des fehlenden Meldewesens in vielen Fällen die Möglichkeit, Verfolgung durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen. Dies kann aber mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen verbunden sein, wenn man sich an einen Ort begibt, in dem keinerlei Verwandtschaft oder Bindung zur Dorfgemeinschaft besteht.

Nigeria verfügt über sehr große Öl- und Gasvorkommen, der Großteil der Bevölkerung ist aber in der Landwirtschaft beschäftigt. Abgesehen vom Norden gibt es keine Lebensmittelknappheit. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung leben in absoluter Armut, Offizielle Arbeitslosenstatistiken gibt es nicht, allerdings gehen verschiedene Studien von einer Arbeitslosigkeit von 80% aus. Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige.

Die medizinische Versorgung ist mit jener in Europa nicht vergleichbar, sie ist vor allem im ländlichen Bereich problematisch. Leistungen der Krankenversicherung kommen nur etwa 10% der Bevölkerung zugute. In den Großstädten ist eine medizinische Grundversorgung zu finden, doch sind die Behandlungskosten selbst zu tragen. Medikamente sind verfügbar, können aber teuer sein.

Besondere Probleme für abgeschobene Asylwerber nach ihrer Rückkehr nach Nigeria sind nicht bekannt. Das "Decree 33", das eine Doppelbestrafung wegen im Ausland begangener Drogendelikte theoretisch ermöglichen würde, wird nach aktueller Berichtslage nicht angewandt.

Eine nach Nigeria zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in die Akten der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben der Beschwerdeführer vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in die bekämpften Bescheide und in die Beschwerdeschriftsätze sowie in das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria mit Stand 07.08.2017. Ebenso wurde in die Entscheidung betreffend die BF1 Einsicht genommen in den Akt des Bundesverwaltungsgerichts betreffend deren ersten Antrag auf internationalen Schutz, zu dem bereits eine Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 06.07.2017 stattgefunden hat.

Die belangte Behörde hat betreffend alle BF ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung der angefochtenen Bescheide die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde in den angefochtenen Bescheiden. Auch den Beschwerden vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen.

2.2. Zu den Personen der Beschwerdeführer:

2.2.1. Betreffend Erstbeschwerdeführerin und Drittbeschwerdeführer:

Der bisherige Aufenthalt der Erstbeschwerdeführerin leitet sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt und der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister ab.

Die Feststellungen zu ihrer Volljährigkeit, ihrem Familienstand, ihrer Staatsangehörigkeit und Konfession ergeben sich aus ihren diesbezüglichen glaubhaften Angaben vor der belangten Behörde und jenen in den Beschwerdeverhandlungen vor dem Bundesverwaltungsgericht. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, das Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person der Beschwerdeführerin aufkommen lässt.

Da die Erstbeschwerdeführerin den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente vorgelegt hat, steht ihre Identität nicht fest.

Die Feststellungen zur Schul- und Berufsausbildung der Erstbeschwerdeführerin und ihrer Beschäftigung zur Erwirtschaftung ihres Lebensunterhaltes in Nigeria sowie zu ihren familiären Anknüpfungspunkten gründen auf ihren diesbezüglich ebenfalls glaubhaften Angaben in den Beschwerdeverhandlungen vom 06.07.2017 und vom 11.10.2018.

In den Beschwerdeverhandlungen vom 06.07.2017 und vom 11.10.2018 gab die Erstbeschwerdeführerin an, dass sie nicht verheiratet sei, jedoch seit ihrer Ankunft in Österreich mit ihrem Lebensgefährten zusammenlebe, den sie auf ihrer Reise nach Österreich am Bahnhof in Verona kennen gelernt habe. Im Oktober 2016 sei sie gemeinsam mit diesem mit dem Zug nach Österreich gekommen, was sich angesichts des Asylverfahrens des Zweitbeschwerdeführers - er stellte ebenfalls am 27.10.2016 seinen Antrag auf internationalen Schutz - als sehr wahrscheinlich erweist.

Sie besuchte einen Deutschkurs auf dem Sprachniveau A0, eine Deutschprüfung hat sie bis dato nicht abgelegt. Sie ist Mitglied in einer christlichen Kirche. Bezüglich ihrer Deutschkursbesuches hat die Beschwerdeführerin im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlungen entsprechende Nachweise zur Vorlage gebracht. Einem Verein oder sonstigen Organisationen gehört sie nicht an und sie unterhält - von ihrem Lebensgefährten abgesehen - keine besonderen Beziehungen im Bundesgebiet.

Der gemeinsame Sohn der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers wurde am XXXX geboren, dieser ist den Angaben der Erstbeschwerdeführerin zufolge ebenso gesund wie sie selbst.

Die Erstbeschwerdeführerin hat - wie oben angeführt - bis dato keine Deutschprüfung absolviert und konnte sich die erkennende Richterin von den nicht vorhandenen Sprachkenntnissen der Beschwerdeführerin in der Beschwerdeverhandlung selbst überzeugen. Sie war während der gesamten Verhandlung auf die Dolmetscherin angewiesen.

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit der Erstbeschwerdeführerin leitet sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 01.08.2017 ab.

Die Erstbeschwerdeführerin spricht - wie aus den Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes hervorgeht - als Muttersprache Auchi. Sie gab in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vom 11.10.2018 erstmals an, nicht gut englisch zu sprechen. Es sind jedoch in sämtlichen Einvernahmen weder im Rahmen des Verfahrens zu ihrem ersten Antrag auf internationalen Schutz noch zum Folgeantrag Zweifel aufgetreten, dass sie sich in dieser Sprache nicht ausreichend verständigen könnte. Die mündliche Beschwerdeverhandlung am 11.10.2018 konnte in der Folge auch ohne Probleme in englischer Sprache durchgeführt werden. Am Ende der Einvernahme erklärte sie, den Dolmetscher verstanden zu haben; das Protokoll wurde auch der Rechtsvertreterin zur Durchsicht vorgelegt und von der Beschwerdeführerin unterschrieben.

2.2.1. Zum Zweitbeschwerdeführer:

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seinem Gesundheitszustand, seiner Arbeitsfähigkeit, seiner Herkunft, seiner Glaubens- und Volkszugehörigkeit sowie seiner Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde (Protokoll vom 04.04.2017) und dem Bundesverwaltungsgericht (Protokoll vom 22.02.2018 und 11.10.2018).

Aus dem Beschwerdevorbringen sind keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Zweitbeschwerdeführers aufgekommen. Dass der Beschwerdeführer in Österreich mit seiner Lebensgefährtin und dem Sohn in einer gemeinsamen Wohnung lebt, ergibt sich aus den Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht sowie aus einer Abfrage aus dem zentralen Melderegister.

Da der Zweitbeschwerdeführer den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegen konnte, steht seine Identität nicht zweifelsfrei fest.

Die Feststellung über die strafgerichtliche Verurteilung des Zweitbeschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 27.03.2018. Der Rücktritt von der Verfolgung einer weiteren Straftat ergibt sich aus der Verständigung der Staatsanwaltschaft XXXX vom 16.01.2018.

Die Feststellungen zu seiner gegenwärtigen Beschäftigung und seinem Bezug der Grundversorgung ergeben sich aus dem, dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden, am 27.03.2018 abgefragten Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem und seinen Angaben vor der belangten Behörde sowie vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Der Zweitbeschwerdeführer legte ebenfalls eine Kursteilnahmebestätigung betreffend einen Deutschkurs für das Sprachniveau A0 vor. Da der Beschwerdeführer keinerlei Unterlagen bzw. Bestätigungen über absolvierte Sprachprüfungen oder Mitgliedschaften in Vereinen und Organisationen vorgelegt hat und er selbst angibt, in Österreich keine Freunde zu haben und sich die erkennende Richterin von den mangelnden Deutschkenntnissen in den mündlichen Verhandlungen selbst überzeugen konnte, mussten die Feststellungen zur nicht vorhandenen Integration getroffen werden.

2.3. Zu den Fluchtgründen der Beschwerdeführer:

2.3.1 Betreffend die Erstbeschwerdeführerin und den Drittbeschwerdeführer:

Was die Erstbeschwerdeführerin betrifft, so wurde die Behandlung der Beschwerde gegen ihren ersten Antrag auf internationalen Schutz insoweit diese sich gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten richtet, vom Verfassungsgerichtshof in der eingangs zitierten Entscheidung abgelehnt.

In deren zweiten Antrag auf internationalen Schutz am 07.05.2018 wurde vorgebracht, sie wolle nicht nach Nigeria zurück wegen ihres Kindes (dem am 16.02.2018 geborenen Drittbeschwerdeführer). Sie sei wegen Boko Haram aus Nigeria geflüchtet und könne dort auf sich und ihr Kind nicht aufpassen. Auch in der Einvernahme vor der belangten Behörde betonte die Erstbeschwerdeführerin, den neuerlichen Asylantrag wegen ihres Kindes zu stellen und verwies im Wesentlichen auf die von ihr betreffend den Drittbeschwerdeführer geäußerte Gefahr, dieser könnte in Nigeria entführt werden, weil er nicht in Afrika geboren sei. Was das eigene Fluchtvorbringen betrifft, wurden von der Beschwerdeführerin keine inhaltlichen Neuerungen vorgebracht wurden, die eine Abkehr von der mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.08.2017 getroffenen Entscheidung rechtfertigen würden.

Daran vermag auch das Vorbringen in der Beschwerde bzw. im Rahmen der mündlichen Verhandlung nichts zu ändern, wonach sie Angst vor der Frau habe, die ihr die Ausreise finanziert habe.

Dieses (neue) Fluchtvorbringen weist keinen glaubhaften Kern auf. Im Übrigen waren diese Fluchtgründe der Beschwerdeführerin bereits bei der Stellung des ersten Antrages auf internationalen Schutz bekannt.

Was das Vorbringen betreffend den mj. Drittbeschwerdeführer betrifft, so ist auszuführen, dass auch hier kein Anlass besteht, an der Beweiswürdigung der belangten Behörde zu zweifeln, wonach die Ausführungen, dieser könnte Gefahr laufen, entführt zu werden bzw. mit dem Leben bedroht werden, aufgrund äußerst widersprüchlicher und oberflächlicher Angaben kein Glauben zu schenken war bzw. keine Asylrelevanz begründen.

Die Erstbeschwerdeführerin brachte bei der Befragung durch die belangte Behörde zunächst vor, nicht näher konkretisierte Personen könnten ihren Sohn entführen, da dieser nicht in Afrika geboren sei.

Nach der Judikatur der Straßburger Instanzen muss der Betroffene (bzw. im vorliegenden Fall dessen gesetzlicher Vertreter) die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer aktuellen und ernsthaften Gefahr schlüssig darstellen. Rein spekulative (und zudem widersprüchliche) Befürchtungen, wie sie die Erstbeschwerdeführerin zum Fluchtgrund ihres Sohnes geäußert hat, reichen ebenso wenig aus wie vage oder generelle Angaben bezüglich möglicher Verfolgungshandlungen.

Das Vorbringen betreffend den Zweitbeschwerdeführer blieb widersprüchlich, oberflächlich und inhaltsleer und war nicht geeignet, eine konkrete asylrelevante Bedrohung für den Drittbeschwerdeführer als Individuum aufzuzeigen. Dass in der Beschwerde bzw. in der mündlichen Beschwerdeverhandlung schließlich - in gesteigerter Weise - vorgebracht wurde, diese Gefahr könnte von der Frau ausgehen, die ihre Ausreise finanziert habe, und diese könnte jemand schicken, um ihr Kind zu entführen, ändert daran nichts.

Auch die Behauptung der Erstbeschwerdeführerin, dass diese sie überall finden würde, weil sie ein Foto von ihr gemacht habe und dieses für Vodoo verwenden wolle, um sie umzubringen, stellt sich als rechtlich nicht relevant dar, da sie keine Asylrelevanz begründet, weil eine religiös-fundierte subjektive Furcht, basierend auf dem Glauben an das Übernatürliche, keine Verfolgungshandlung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention darstellt. Die Angst der Erstbeschwerdeführerin, durch die Magie eines anderen gefunden bzw. dass in weiterer Folge ihr Kind getötet werden könnte, stellt zudem eine Bedrohung durch Privatpersonen dar und ist keine Verfolgung von staatlicher Seite aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung. Aus dem Länderbericht für Nigeria ergibt sich, dass die nigerianischen Behörden auch gewillt und fähig sind, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten. Die Beschwerdeführer könnten sich daher bei einer allfälligen Gefahr an die nigerianischen Behörden wenden, um von diesen Hilfe zu erhalten. Es wurde aber somit jedenfalls keine asylrelevante Verfolgung geltend gemacht.

Ebenfalls ist zu beachten, dass Nigeria, wie sich aus den Länderfeststellungen ergibt, über kein Meldewesen verfügt, sodass es den Beschwerdeführern ohne weiteres auch möglich wäre, in einem anderen Landesteil unterzutauchen und dort sesshaft zu werden, wo ein Auffinden durch diese Frau aufgrund des fehlenden Meldesystems beinahe unmöglich wäre.

Unter diesen Gesichtspunkten war auch dem in der Beschwerde vorgebrachten Antrag auf Einholung eines länderkundlichen Gutachtens, in Eventu einer Accordanfragebeantwortung zum Beweis dafür, dass vor allem außerhalb Nigerias geborene Babys besonders gefährdet sind, Opfer eines Ritualmords zu werden, nicht zu entsprechen.

2.3.2. Betreffend den Zweitbeschwerdeführer

In der Ersteinvernahme und vor der belangten Behörde gab dieser gleichbleibend an, dass es in Abuja eine "Krise" gegeben habe und er nach dem Tod seiner einzigen Bezugsperson, der Großmutter, das Land verlassen habe, um in Libyen Arbeit zu finden. Bis dahin nannte er ausschließlich wirtschaftliche Gründe für das Verlassen Nigerias. Erst in der Beschwerde wurde von der Rechtsvertreterin vorgebracht, dass der Beschwerdeführer mit "Krise" die Bedrohung durch die Terrorgruppe Boko Haram gemeint habe und vor dieser geflohen sei. Eine derartige Bedrohung wurde zuvor mit keinem Wort erwähnt und ist nach allgemeiner Lebenserfahrung davon auszugehen, dass ein Asylwerber, der bemüht ist, in einem Land Aufnahme und Schutz zu finden, in der Regel bestrebt ist, alles diesem wunschdienliche vorzubringen und zumindest die Kernfluchtgeschichte möglichst passend und gleichbleibend schildert, so dass der Behörde erkennbar ist, welche massiven Bedrohung er im Herkunftsland ausgesetzt ist. Dies ist im gegenständlichen Fall nicht gegeben, da der Beschwerdeführer zudem erst in der mündlichen Verhandlung angibt, dass seine Großmutter ermordet worden sei und nun auch er sich fürchtet, ebenfalls umgebracht zu werden. In der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde und auch im Beschwerdeschriftsatz gab er jeweils an, dass die Großmutter verstorben sei. Auch auf Nachfragen der erkennenden Richterin konnte der Zweitbeschwerdeführer keine genaueren Angaben oder Details zur angeblichen Ermordung der Großmutter machen. Er führte lediglich aus, dass er die Großmutter lange Zeit für seine Mutter gehalten habe und dass sie eine sehr böse Frau gewesen sei. Freundliche Nachbarn hätten Angst vor ihr gehabt. Umgebracht hätten sie "geheime Gerichte". Wer oder was damit gemeint ist, konnte er nicht darlegen. Er gab auch an, dass ihm die Leute seiner Ausreise geraten hätten, da er sonst selbst umkommen könnte. Eine konkrete Verfolgungshandlung schilderte er nicht. Außerdem gab er zunächst an, dass seine letzte Adresse vor der Ausreise Abuja gewesen sei, später gab er widersprüchlich an, von Benin City aus nach Libyen gereist zu sein.

Die Fluchtgeschichte präsentiert sich für das Bundesverwaltungsgericht als widersprüchlich und daher unglaubwürdig. Das gesteigerte Vorbringen erscheint konstruiert, um seine Fluchtmotive nicht ausschließlich auf wirtschaftliche Gründe stützen zu müssen.

Da der Zweitbeschwerdeführer in seiner Beschwerde und in der mündlichen Verhandlung keine weiteren asylrelevanten Fluchtgründe vorbrachte und sich seine Beschwerdebegründung darin erschöpfte, seine bisherige Geschichten nach wie vor aufrecht zu halten und sie noch zusteigen und Berichte über Boko Haram zu zitieren, ergibt sich die Feststellung, dass dem Beschwerdeführerin Nigeria keine asylrelevante Verfolgung droht.

2.4. Zum Herkunftsstaat:

3.3.2. Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat in Nigeria ergeben sich insbesondere aus den folgenden Meldungen und Berichten:

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AA - Auswärtiges Amt (21.11.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria

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AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): Nigeria - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Innenpolitik_node.html, Zugriff 6.7.2017

-

AA - Auswärtiges Amt (4.2017c): Nigeria - Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Wirtschaft_node.html, Zugriff 26.7.2017

-

AA - Auswärtiges Amt (24.7.2017): Nigeria - Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/NigeriaSicherheit.html, Zugriff 24.7.2017

-

AI - Amnesty International (6.2017): Submission To The United Nations Committee On The Elimination Of Discrimination Against Women,

https://www.ecoi.net/file_upload/1930_1500389874_int-cedaw-ngo-nga-27623-e.pdf, Zugriff 28.7.2017

-

AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Nigeria, http://www.ecoi.net/local_link/319680/458848_de.html, Zugriff 28.7.2017

-

AI - Amnesty International (24.11.2016): Sicherheitskräfte töten mindestens 150 friedliche Demonstrierende, https://www.amnesty.de/2016/11/22/nigeria-sicherheitskraefte-toeten-mindestens-150-friedliche-demonstrierende, Zugriff 13.6.2017

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BMEIA - Außenministerium (24.7.2017): Reiseinformationen - Nigeria,

http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/buergerservice/reiseinformation/a-z-laender/nigeria-de.html, Zugriff 24.7.2017

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BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Nigeria Country Report,

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Nigeria.pdf, Zugriff 6.7.2017

-

EASO - European Asylum Support Office (6.2017): EASO Country of Origin Information Report Nigeria Country Focus, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1496729214_easo-country-focus-nigeria-june2017.pdf, Zugriff 21.6.2017

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FFP - Fund for Peace (10.12.2012): Beyond Terror and Militants:

Assessing Conflict in Nigeria,

http://www.fundforpeace.org/global/library/cungr1215-unlocknigeria-12e.pdf, Zugriff 21.6.2017

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FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Nigeria, https://www.ecoi.net/local_link/341818/485138_de.html, Zugriff 26.7.2017

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FH - Freedom House (2.6.2017): Freedom in the World 2017 - Nigeria, http://www.refworld.org/docid/5936a4663.html, Zugriff 12.6.2017

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (7.2017a): Nigeria - Geschichte und Staat, http://liportal.giz.de/nigeria/geschichte-staat.html, Zugriff 2.8.2017

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2017b): Nigeria - Gesellschaft, http://liportal.giz.de/nigeria/gesellschaft.html, Zugriff 13.6.2017

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IOM - International Organization for Migration (8.2014): Nigeria - Country Fact Sheet,

https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/8628861/17247436/17297905/Nigeria_-_Country_Fact_Sheet_2014%2C_deutsch.pdf?nodeid=17298000&vernum=-2, Zugriff 21.6.2017

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ÖBA - Österreichische Botschaft Abuja (9.2016): Asylländerbericht Nigeria

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OD - Open Doors (2017): Nigeria, https://www.opendoors.de/christenverfolgung/weltverfolgungsindex/laenderprofile/2017/nigeria, Zugriff 14.6.2017

-

SBM - SBM Intel (7.1.2017): A Look at Nigeria's Security Situation,

http://sbmintel.com/wp-content/uploads/2016/03/201701_Security-report.pdf, Zugriff 24.7.2017

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UKHO - United Kingdom Home Office (8.2016b): Country Information and Guidance Nigeria: Women fearing gender-based harm or violence, https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/595734/CIG_-_Nigeria_-_Women.pdf, Zugriff 12.6.2017

-

USCIRF - United States Commission on International Religious Freedom (26.4.2017): Nigeria,

https://www.ecoi.net/file_upload/5250_1494486149_nigeria-2017.pdf, Zugriff 7.7.2017

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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