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E2D Assoziierung Türkei;Norm
ARB1/80 Art6;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des Ramazan CELIK in Hohenems, vertreten durch Dr. Gottfried Waibel, Rechtsanwalt in Dornbirn, Schulgasse 7, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Vorarlberg vom 22. Jänner 1997, Zl. LGSV/III/13113/1997 ABB 1661892, betreffend Zurückweisung der Berufung in einer Angelegenheit nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Collini Gesellschaft mbH als Arbeitgeberin beantragte am 17. Dezember 1996 beim Arbeitsmarktservice Dornbirn die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für den Beschwerdeführer (einen türkischen Staatsangehörigen) für die berufliche Tätigkeit als Metallarbeiter.
Diesen Antrag wies das Arbeitsmarktservice Dornbirn mit Bescheid vom 27. Dezember 1996 gemäß § 4 Abs. 6 und § 4 Abs. 1 AuslBG ab.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung und beantragte darin, den erstinstanzlichen Bescheid dahingehend abzuändern, daß "mit Bescheid der freien Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt für mich und sohin die Berechtigung zur sofortigen Arbeitsaufnahme bei der Firma Collini GesmbH festgestellt wird, allenfalls die Beschäftigungsbewilligung für mich für die Firma Collini GesmbH zu erteilen". Er machte in diesem Rechtsmittel im wesentlichen geltend, die Behörde erster Instanz hätte europarechtliche Gesichtspunkte berücksichtigen und derart zu dem Ergebnis gelangen müssen, daß der Beschwerdeführer nach Artikel 6 und 7 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates freien Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt habe.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 22. Jänner 1997 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 21 AuslBG wegen mangelnder Parteistellung zurückgewiesen.
Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, für die Entscheidung des Arbeitsmarktservice Dornbirn seien nicht in der Person der beantragten ausländischen Arbeitskraft gelegene Umstände, sondern die Überziehung der Landeshöchstzahl sowie die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes maßgebend gewesen. Gegenstand des bekämpften erstbehördlichen Bescheides sei einzig und allein die vom Arbeitgeber beantragte Beschäftigungsbewilligung gewesen. Der Verweis auf das Assoziationsabkommen sei verfehlt, zumal darüber von der Behörde erster Instanz nicht abgesprochen worden sei und von der belangten Behörde als Berufungsbehörde insoweit keine Sachentscheidung zu treffen sei. Dem Beschwerdeführer bleibe es freigestellt, bei der Behörde erster Instanz die bescheidmäßige Feststellung über das Vorliegen seiner behaupteten Rechte nach dem Assoziationsratsbeschluß Nr. 1/80 zu beantragen und nachzuweisen.
Gegen diesen Bescheid richtete sich die vorliegende Beschwerde.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt, daß "die belangte Behörde meine Berufung materiell behandelt und meinen Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides stattgibt". Er beantragt, den angefochtenen Bescheid nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gegenstand des Verwaltungsverfahrens war ausschließlich der Antrag der Arbeitgeberin auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG für den Beschwerdeführer. Die Behörde erster Instanz hat die von der Arbeitgeberin beantragte Beschäftigungsbewilligung gemäß § 4 Abs. 1 und § 4 Abs. 6 AuslBG versagt.
"Sache" des Berufungsverfahrens im Sinn des § 66 Abs. 4 AVG war solcherart ausschließlich die nach dem Abspruch der Behörde erster Instanz ausgesprochene Versagung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG. Die Berufungsbehörde wäre ohne entsprechenden bescheidmäßigen Abspruch der Behörde erster Instanz daher schon in Ermangelung einer funktionellen Zuständigkeit zur Entscheidung über den vom Beschwerdeführer erstmals in seiner Berufung gestellten Feststellungsantrag bzw. das Vorliegen der in seiner Berufung ins Treffen geführten Ansprüche nicht berechtigt gewesen. Ein Antrag auf Feststellung, die beantragte ausländische Arbeitskraft erfülle die Voraussetzungen im Sinn des Artikel 6 und/oder Artikel 7 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates, wurde von der antragstellenden Arbeitgeberin im vorliegenden Verfahren nicht gestellt.
Insoweit der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde meint, die (in der Berufung) erfolgte Geltendmachung der tatbestandlichen Voraussetzungen nach Artikel 6 und/oder Artikel 7 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates habe ihm im vorliegenden Verfahren Parteistellung im Sinn des § 21 AuslBG verschafft, ist zu erwidern, daß diese von ihm nach dem Assoziationsabkommen EWG-Türkei in Anspruch genommene Rechtsstellung für die Entscheidung in dem vom Arbeitgeber beantragten Verfahren auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG nicht maßgebend gewesen ist. Des weiteren wird bei dieser Argumentation übersehen, daß aus diesem vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Abkommen weder ein Anspruch auf Erteilung einer (konstitutiv wirkenden) Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG, noch viel weniger auf Einräumung einer Parteistellung im behaupteten Sinn für die beantragte türkische Arbeitskraft in einem über Antrag des (inländischen) Arbeitgebers eingeleiteten Verfahren auf Erlangung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG ableitbar ist. In diesem Zusammenhang ist klarzustellen, daß der Beschwerdeführer auch bei Zutreffen der von ihm behaupteten Assoziationsfreizügigkeit durch die dem antragstellenden Arbeitgeber versagte Beschäftigungsbewilligung nach dem - seiner Argumentation zufolge durch den Anwendungsvorrang europarechtlicher Bestimmungen des Assoziationsabkommens in seinem Fall nicht anwendbaren - AuslBG in einem subjektiv-öffentlichen Recht nicht verletzt sein kann (vgl. insoweit sinngemäß das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1996, Zl. 95/19/0424, sowie die hg. Beschlüsse vom 26. September 1996, Zl. 96/09/0274, und vom 22. Mai 1997, Zl. 96/09/0340). Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich zu der Klarstellung veranlaßt, dass die Berufung des Beschwerdeführers lediglich einen Abänderungsantrag enthält nicht aber einen eigenständigen Feststellungsantrag.
Eine vom Beschwerdeführer befürchtete Diskriminierung bzw. Schlechterstellung mit einem "Inländer" ist nicht erkennbar, sind doch Beschäftigungsbewilligungen nach dem AuslBG ausschließlich für einen Ausländer im Sinne dieses Gesetzes (vgl. §§ 2 Abs. 1 und 3 leg. cit.) und nicht für einen Inländer zu erteilen. Demzufolge regelt § 21 AuslBG auch ausschließlich die "Stellung des Ausländers im Verfahren". Die Zuerkennung der Parteistellung im Sinne dieser Gesetzesstelle ist - entgegen den Beschwerdebehauptungen - nicht von einer bestimmten ausländischen Staatsangehörigkeit, sondern davon abhängig, ob für die Entscheidung persönliche Umstände des Ausländers maßgeblich sind. Abgesehen von der behaupteten (für die Entscheidung im vorliegenden Bewilligungsverfahren nach dem AuslBG nicht maßgebliche) Assoziationsfreizügigkeit hat der Beschwerdeführer jedoch weder in seiner Berufung noch in seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof für die Entscheidung maßgebliche persönliche Umstände dargetan.
Es ist somit auch vor dem Hintergrund des Beschwerdevorbringens nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde im Beschwerdefall zu dem Ergebnis gelangte, daß die Berufung zurückzuweisen sei, weil dem Beschwerdeführer in dem vorliegenden, vom Arbeitgeber beantragten Bewilligungsverfahren keine Parteistellung im Sinn des § 21 AuslBG zugekommen ist.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Von der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden. Dem steht Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, nicht entgegen, weil nach dem Gegenstand der dem Beschwerdeverfahren zugrundeliegenden Verwaltungsangelegenheit aber die Parteistellung der ausländischen Arbeitskraft in einem Bewilligungsverfahren nach dieser Rechtsgrundlage nicht über civil rights (zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen) zu entscheiden war (vgl. auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 2. Juli 1993, VfSlg. 13505).
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 7. Juli 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997090050.X00Im RIS seit
20.11.2000