Entscheidungsdatum
29.11.2018Norm
AsylG 2005 §11Spruch
W150 2169997-1/4E
W150 2170004-1/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. KLEIN als Einzelrichter über die Beschwerden von (1.) Herrn XXXX, geb. am XXXX1959, StA. SYRIEN, und (2.) Frau XXXX, geb. am XXXX1963, StA. SYRIEN, gegen die Spruchteile I. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.07.2017, Zlen. (1.) XXXX/BMI-BFA_SZB_RD und (2.)XXXX zu Recht:
A)
Den Beschwerden wird stattgegeben und XXXX sowie XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, der Status von Asylberechtigten zuerkannt.
Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX und XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Erstbeschwerdeführer (BF1) und die Zweitbeschwerdeführerin (BF2) stellten am 22.10.2016 nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz.
2. Am 24.10.2016 wurde der BF1 durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Erstbefragung unterzogen. Zusammengefasst gab er an, dass er in XXXX geboren worden und verheiratet sei. Der BF1 gehöre der Volksgruppe der Araber an und bekenne sich zur muslimischen Religion (genauer: er sei Sunnite). Er habe sechs Jahre lang die Grundschule und nachfolgend sechs Jahre lang eine höhere Schule besucht. Absolviert habe er des Weiteren zwei Jahre Vorstudiumszeit. Er sei ausgebildeter Lehrer und habe diesen Beruf auch ausgeübt. Seine Ehefrau, zwei Söhne sowie eine Tochter des BF1 befänden sich ebenfalls in Österreich. Er sei vier Monate vor der Befragung von Damaskus aus in die Türkei gereist, wo er sich für zwei Monate aufgehalten habe. Diese Ausreise sei illegal erfolgt, seinen Reisepass habe er verloren. Befragt zu seinem Fluchtgrund gab der BF1 an, dass in Syrien die Sicherheitslage aufgrund des herrschenden Krieges sehr gefährlich sei, seine Kinder seien bereits ein Jahr vor den Eltern geflohen. Bei einer Rückkehr befürchte er getötet zu werden. Vorgelegt wurde ein syrischer Personalausweis.
Ebenfalls am 24.10.2016 wurde die Zweitbeschwerdeführerin (BF2) durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Erstbefragung unterzogen. Sie gab an, dass sie verheiratet sie, der Volksgruppe der Kurden angehöre und Sunnitin sei. Sie habe zwölf Jahre lang die Grundschule und danach vier Jahre lang an der Universität eine Lehrerinnenausbildung absolviert. Zuletzt habe sie den Beruf einer Lehrerin ausgeübt. Die Familie und die Fluchtroute betreffend tätigte die BF2 idente Angaben zu denen des BF1, außer dass sie angab, dass sie sich nach der Einreise in die Türkei vier Monate dort aufgehalten hätten. Sie sei illegal aus Syrien ausgereist. Von den Schleppern habe sie einen gefälschten deutschen Personalausweis erhalten. Ihren Fluchtgrund betreffend gab die BF2 an, dass sie in Syrien und besonders in dem Stadtteil, in dem sie ihrer Arbeit nachgegangen - also unterrichtet habe - von Kriegshandlungen betroffen gewesen sei. In diesem Bezirk sei jeden Tag geschossen worden. Ihr sei trotz dieser Gefahr die Abhaltung des Unterrichtes vorgeschrieben worden. Sie habe auch keine Eltern und Verwandte in Syrien mehr. Vorgelegt wurde ein syrischer Personalausweis.
3. Am 29.05.2017 wurde der BF1 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) niederschriftlich einvernommen. Im Rahmen dieser Befragung gab der BF1 an, dass er seit 16.07.1987 mit der BF2 sowohl traditionell als auch standesamtlich verheiratet sei. Sie hätten vier Kinder gemeinsam, drei befänden sich in Österreich, eine Tochter sei in XXXX verheiratet. Er habe zwölf Jahre lang die Schule besucht, diese mit Matura abgeschlossen und habe danach zwei Jahre lang die Hochschule "im Bereich XXXX" besucht und sei dann als Lehrer tätig gewesen. Seinen Wehrdienst habe er von 1984 bis 1987 abgeleistet, eine aktuelle Einberufung sei nicht erfolgt. Syrien verlassen habe er wegen des Krieges, zwei seiner Söhne seien im wehrdienstfähigen Alter gewesen, er habe es geschafft, diese außer Landes - nach Österreich - zu bringen. Nachdem die Söhne Syrien verlassen hätten, sei auf den BF1 Druck ausgeübt worden, die Behörden hätten ihn aufgesucht und auch mitgenommen, er sei beschuldigt worden, dass er seine Söhne außer Landes gebracht habe um dadurch die Freie Syrische Armee zu unterstützen. Vor seiner Ausreise habe er sich nicht verstecken müssen, er habe aber "nur in Vorsicht gelebt". Als fluchtauslösendes Ereignis gab der BF1 an, dass er von den Behörden mitgenommen worden sei, er sei auch beim zweiten Mal, etwa ein Monat vor der Ausreise, geschlagen worden. Wer genau ihn mitgenommen habe, wisse er nicht, da ihm die Augen verbunden worden seien. Die Personen seien als Soldaten verkleidet gewesen, der BF1 vermeine, dass sie vom Geheimdienst gewesen seien, aber Soldatenuniformen getragen hätten. Die Flucht sei von Syrien in die Türkei erfolgt, dort hätten die BF ca. zwei Monate verbracht bevor sie mit einem Flugzeug direkt nach Österreich gereist seien. Er sei in Syrien von der Regierung bedroht worden, auch im kurdischen Teil Syriens sei die Regierungstruppen noch aktiv. Er habe bei der erfolgten Erstbefragung nicht über Übergriffe berichtet, da ihm dieser Rahmen nicht geboten worden sei und er noch die syrischen Einvernahmen im Hinterkopf gehabt habe. Vorgelegt wurde ein Familienbuch im Original.
Anschließend an die Befragung des BF1 wurde auch die BF2 vor dem BFA einvernommen. Sie gab die Familienverhältnisse betreffend dasselbe an, wie schon der BF1 in seiner Befragung angegeben hatte. Zu ihrer Berufserfahrung befragt gab die BF2 an, dass sie Lehrerin und nachfolgend Direktorin an einer höheren Schule gewesen sei. Einen Wehrdienst habe sie nicht geleistet und eigene Fluchtgründe habe sie nicht. Syrien verlassen habe sie wegen der allgemeinen Lage und wegen ihres Mannes und auch wegen ihrer Tochter, diese habe die Universität besucht und die BF2 habe Angst um sie gehabt. Ihr Ehemann - der BF1 - sei von den Behörden belästigt worden, weil er die gemeinsamen Söhne ins Ausland gebracht habe. Nach ihrer Ausreise aus Syrien hätte die BF2 mit dem BF1 und der mitgereisten Tochter zwei Monate in der Türkei verbracht und sei von dort aus mit dem Flugzeug nach Österreich gereist. Angesprochen auf die Divergenz zur Aussage in der Erstbefragung - dort gab die BF2 an, dass sie vier Monate in der Türkei verbracht habe - gab die BF2 an, dass sie damit meinte, dass sie vor der endgültigen Ausreise aus Syrien noch zwei Monate in XXXX verbracht hätten.
4. Mit Bescheiden vom 25.07.2017 - zugestellt am 31.07.2017 - wies das BFA die Anträge des BF1 und der BF2 auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde dem BF1 und der BF2 der Status von subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihnen gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt (Spruchpunkt III.).
Den BF1 betreffend wurde zu seiner Person und seinen Fluchtgründen durch das BFA Folgendes festgehalten: Seine Identität stehe fest. Er habe Syrien Ende Juni 2016 in Richtung Türkei verlassen. Von dort aus sei er am 22.10.2016 per Flugzeug illegal unter Verwendung eines falschen Reisedokumentes in Österreich eingereist. Er sei verheiratet und habe vier Kinder. Er habe in Syrien zwölf Jahre die Schule besucht und anschließend ein zweijähriges Hochschulstudium absolviert. Asylausschlussgründe hätten keine festgestellt werden können. Eine Bedrohung durch den syrischen Staat habe nicht festgestellt werden können, es habe auch nicht festgestellt werden können, dass der BF1 im gesamten Staatsgebiet Syriens von irgendjemandem verfolgt oder bedroht worden sei. Er habe Syrien wegen der allgemeinen Lage und der Tatsache, dass sich drei seiner Kinder in Österreich befinden verlassen.
Dem Bescheid die BF2 betreffend sind die Feststellungen zu ihrer Person und ihren Fluchtgründen wie folgt zu entnehmen: Ihre Identität stehe fest, sie habe vier Jahre lang Englisch studiert. Sie habe keine eigenen Gründe für das Verlassen Syriens, ihre Gründe würden sich auf die ihres Ehemannes beziehen.
5. Gegen die oben angeführten Bescheide erhoben der BF1 und die BF2 fristgerecht am 25.08.2017 Beschwerde und begründete diese zusammengefasst damit, der BF1 aufgrund der Außerlandesbringung seiner wehrdienstfähigen Söhne und die BF aufgrund ihrer Tätigkeit - der BF1 sei Lehrer bei der Behörde und die BF2 Direktorin an einer höheren Schule gewesen - einer Verfolgung ausgesetzt sein könnten, da sie ohne Ausreisegenehmigung Syrien verlassen hätten. Weiters seien die BF aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Kurden einer Verfolgung ausgesetzt.
6. Die belangte Behörde legte, datiert mit 04.09.2017 - eingelangt am 07.09.2017 -, die Beschwerden - ohne von der Möglichkeit von Beschwerdevorentscheidungen Gebrauch zu machen - dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage der erhobenen Anträge auf internationalen Schutz vom 22.10.2016, der Einvernahmen des BF1 und der BF2 durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und des BFA, der Beschwerde gegen die angefochtenen Bescheide des BFA, der im Verfahren vorgelegten Dokumente, der Einsichtnahme in die bezughabenden Verwaltungsakten, in das Zentrale Melderegister, Fremdeninformationssystem, Strafregister und Grundversorgungs-Informationssystem werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:
1.1. Zu den BF:
Die BF tragen die im Spruch angeführten Namen und sind zu den dort jeweils angegebenen Daten geboren. Sie sind syrische Staatsangehörige sunnitischen Glaubens und gehören der Volksgruppe der Kurden an.
Der BF1 und die BF2 sind sowohl traditionell als auch behördlich registriert verheiratet. Die Ehe bestand schon im Herkunftsland.
Die BF waren in Syrien als Lehrer bzw. die BF2 auch als Direktorin tätig. Sie haben Syrien illegal, d.h. ohne eine Ausreisegenehmigung zu besitzen, verlassen.
Es droht daher dem BF1 bzw. der BF2 im Falle einer Rückkehr nach Syrien eine Freiheits- bzw. Geldstrafe aufgrund der nicht genehmigten Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses in Syrien und der nachfolgenden illegalen - d.h. ohne eine Ausreisegenehmigung zu besitzen - Ausreise, welche im Falle der Verhängung einer Freiheitsstrafe mit unverhältnismäßiger unmenschlicher Behandlung einhergehen kann.
Der BF1 wurde vom Landesgericht Salzburg am 09.05.2017 wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§223 Abs. 2, 224 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Wochen verurteilt. Diese wurde unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
Die BF2 wurde am 08.02.2018 vom Landesgericht Salzburg aufgrund des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach den §§223 Abs. 2, 224 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten verurteilt. Diese wurde unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
Die BF leben in Österreich als subsidiär Schutzberechtigte.
1.2. Zur im vorliegenden Fall relevanten Situation in Syrien:
1.2.1. Aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Syrien (25.01.2018):
Politische Lage
Die Familie al-Assad regiert Syrien bereits seit über 50 Jahren, seit Hafez al-Assad 1963 mit fünf anderen Offizieren einen Staatsstreich durchführte und sich dann 1971 als der Herrscher Syriens ernannte. Nach seinem Tod im Jahr 2000 übernahm sein Sohn, der jetzige Präsident Bashar al-Assad diese Position. Seit dieser Zeit haben Vater und Sohn keine politische Opposition geduldet. Jegliche Versuche eine politische Alternative zu schaffen wurden sofort unterbunden, auch mit Gewalt (USCIRF 26.4.2017). 2014 wurden Präsidentschaftswahlen abgehalten, welche zur Wiederwahl von Präsident Assad führten (USDOS 3.3.2017). Bei dieser Wahl gab es erstmals seit Jahrzehnten zwei weitere mögliche, jedoch relativ unbekannte, Kandidaten. Die Präsidentschaftswahl wurde nur in den von der Regierung kontrollierten Gebieten abgehalten, wodurch ein großer Teil der syrischen Bevölkerung nicht an der Wahl teilnehmen konnte. Die Wahl wurde als undemokratisch bezeichnet. Die syrische Opposition bezeichnete sie als "Farce" (Haaretz 4.6.2014; vgl. USDOS 13.4.2016).
Die syrische Verfassung sieht die Baath-Partei als die regierende Partei vor und stellt sicher, dass sie die Mehrheit in allen Regierungs- und Volksverbänden hat (USDOS 3.3.2017). Am 13.4.2016 fanden in Syrien Parlamentswahlen statt. Das Parlament wird im Vier-Jahres-Rhythmus gewählt, und so waren dies bereits die zweiten Parlamentswahlen, welche in Kriegszeiten stattfanden (Reuters 13.4.2016; vgl. France24 17.4.2017). Die in Syrien regierende Baath-Partei gewann gemeinsam mit ihren Verbündeten unter dem Namen der Koalition der "Nationalen Einheit" 200 der 250 Parlamentssitze. Die syrische Opposition bezeichnete auch diese Wahl, welche erneut nur in den von der Regierung kontrollierten Gebieten stattfand, als "Farce". Jeder der 200 Kandidaten auf der Liste der "Nationalen Einheit" bekam einen Parlamentssitz. Die Vereinten Nationen gaben an, die Wahl nicht anzuerkennen (France24 17.4.2016). Die Verfassungsreform von 2012 lockerte die Regelungen bezüglich der politischen Partizipation anderer Parteien. In der Praxis unterhält die Regierung jedoch noch immer einen mächtigen Geheimdienst- und Sicherheitsapparat zur Überwachung von Oppositionsbewegungen, die sich zu ernstzunehmenden Konkurrenten zur Regierung Assads entwickeln könnten (FH 1.2017)
Seit 2011 tobt die Gewalt in Syrien. Aus anfangs friedlichen Demonstrationen ist ein komplexer Bürgerkrieg geworden, mit unzähligen Milizen und Fronten. Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weit verbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 10.8.2016). Die Arabische Republik Syrien existiert formal noch, ist de facto jedoch in vom Regime, von der kurdischen Partei der Demokratischen Union (PYD) und von anderen Rebellen-Fraktionen oder dem sogenannten Islamischen Staat (IS) kontrollierte Gebiete aufgeteilt (BS 2016). Der IS übernahm seit 2014 vermehrt die Kontrolle von Gebieten in Deir ez-Zour und Raqqa, außerdem in anderen Regionen des Landes und rief daraufhin ein "islamisches Kalifat" mit der Hauptstadt Raqqa aus (USDOS 3.3.2017). Mitte des Jahres 2016 kontrollierte die syrische Regierung nur ca. ein Drittel des syrischen Staatsgebietes, inklusive der "wichtigsten" Städte im Westen, in denen der Großteil der Syrer, die noch nicht aus Syrien geflohen sind, leben (Reuters 13.4.2016). Verschiedene oppositionelle Gruppen mit unterschiedlichen Ideologien und Zielen kontrollieren verschiedene Teile des Landes. Vielfach errichten diese Gruppierungen Regierungsstrukturen bzw. errichten sie wieder, inklusive irregulär aufgebauter Gerichte (USDOS 3.3.2017). Seit 2016 hat die Regierung große Gebietsgewinne gemacht, jedoch steht noch beinahe die Hälfte des syrischen Territoriums nicht unter der Kontrolle der syrischen Regierung. Alleine das Gebiet, welches unter kurdischer Kontrolle steht wird auf etwa ein Viertel des syrischen Staatsgebietes geschätzt (DS 23.12.2017; vgl. Standard 29.12.2017).
Russland, der Iran, die libanesische Hisbollah-Miliz und schiitische Milizen aus dem Irak unterstützen das syrische Regime militärisch, materiell und politisch. Seit 2015 schickte Russland auch Truppen und Ausrüstung nach Syrien und begann außerdem Luftangriffe von syrischen Militärbasen aus durchzuführen. Während Russland hauptsächlich auf von Rebellen kontrollierte Gebiete abgezielt, führt die von den USA geführte internationale Koalition Luftangriffe gegen den IS durch (FH 27.1.2016; vgl. AI 24.2.2016).
Im Norden Syriens gibt es Gebiete, welche unter kurdischer Kontrolle stehen und von den Kurden Rojava genannt werden (Spiegel 16.8.2017). 2011 soll der damalige irakische Präsident Jalal Talabani ein Übereinkommen zwischen der syrischen Regierung, der iranischen Regierung und der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), deren Mitglieder die PYD gründeten, vermittelt haben: Im September 2011 stellte der iranische Arm der PKK, die Partei für ein Freies Leben in Kurdistan (Partiya Jiyana Azad a Kurdistanê - PJAK), ihren bewaffneten Kampf gegen den Iran ein. Etwa zur selben Zeit wurde die PYD in Syrien neu belebt. Informationen zahlreicher Aktivisten zufolge wurden bis zu zweihundert PKK-Kämpfer aus der Türkei und dem Irak sowie Waffen iranischer Provenienz nach Syrien geschmuggelt. Aus diesem Grundstock entwickelten sich die Volksverteidigungseinheiten (YPG). Ausgestattet mit einem bewaffneten Flügel begann die PYD, die kurdische Bevölkerung davon abzuhalten, sich effektiv an der Revolution zu beteiligen. Demonstrationen wurden aufgelöst, Aktivisten festgenommen, Büros des Kurdischen Nationalrats in Syrien, einer Dachorganisation zahlreicher syrisch-kurdischer Parteien, angegriffen. Auf diese Weise musste die syrische Armee keine "zweite Front" in den kurdischen Gebieten eröffnen und konnte sich auf die Niederschlagung der Revolution in anderen Gebieten konzentrieren. Als Gegenleistung zog das Baath-Regime Stück für Stück seine Armee und seinen Geheimdienst aus den überwiegend kurdischen Gebieten zurück. In der zweiten Jahreshälfte 2012 wurden ?Afrin, ?Ain al-?Arab (Kobanî) und die Dschazira von PYD und YPG übernommen, ohne dass es zu erwähnenswerten militärischen Auseinandersetzungen mit der syrischen Armee gekommen wäre (ES BFA 8.2017). Im März 2016 wurde die Democratic Federation of Northern Syria ausgerufen, die sich über Teile der Provinzen Hassakah, Raqqa und Aleppo und auch über Afrin erstreckte. Afrin steht zwar unter kurdischer Kontrolle, ist jedoch nicht mit dem Rest des kurdischen Gebietes verbunden (ICC 4.5.2017; vgl. IRIN 15.9.2017). Das von der PYD in den kurdischen Gebieten etablierte System wird von der PYD als "demokratische Autonomie" bzw. "demokratischer Konföderalismus" bezeichnet. "Demokratischer Konföderalismus" strebt danach, die lokale Verwaltung durch Räte zu stärken, von Straßen- und Nachbarschaftsräten über Bezirks- und Dorfräte bis hin zu Stadt- und Regionalräten. "Demokratischer Konföderalismus" muss somit als Form der Selbstverwaltung verstanden werden, in der Autonomie organisiert wird. Die Realität sieht allerdings anders aus. Tatsächlich werden in "Rojava" Entscheidungen weder von den zahlreichen (lokalen) Räten getroffen, noch von Salih Muslim und Asya Abdullah in ihrer Funktion als Co-Vorsitzende der PYD, stattdessen liegt die Macht bei der militärischen Führung im Kandilgebirge, die regelmäßig hochrangige Parteikader nach Syrien entsendet (ES BFA 8.2017 und ICC 4.5.2017). In den kurdischen Gebieten haben die Bürger durch die PYD auch Zugang zu Leistungen, wobei die Partei unter anderem die Bereitstellung von Leistungen nutzt, um ihre Macht zu legitimieren. Die Erbringung öffentlicher Leistungen variiert jedoch. In Gebieten, in denen die PYD neben Behörden der Regierung existiert, haben sich zahlreiche Institutionen entwickelt und dadurch wurden Parallelstrukturen geschaffen. In Gebieten in denen die PYD mehr Kontrolle besitzt, bleibt die Macht in der Hand der PYD zentralisiert, trotz den Behauptungen der PYD die Macht auf die lokale Ebene zu dezentralisieren (CHH 8.12.2016).
Noch sind die beiden größeren von Kurden kontrollierten Gebietsteile voneinander getrennt, das Ziel der Kurden ist es jedoch entlang der türkischen Grenze ein zusammenhängendes Gebiet unter ihre Kontrolle zu bringen (Spiegel 16.8.2016). Der Ton zwischen Assad und den an der Seite der USA kämpfenden syrischen Kurden hat sich in jüngster Zeit erheblich verschärft. Assad bezeichnete sie zuletzt als "Verräter". Das von kurdischen Kämpfern dominierte Militärbündnis der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) konterte, Assads Regierung entlasse "Terroristen" aus dem Gefängnis, damit diese "das Blut von Syrern jeglicher Couleur vergießen" könnten (Standard 29.12.2017).
1.2.2. Aus "Relevante Herkunftslandinformationen zur Unterstützung der Anwendung des UNHCR-Länderleitfadens für Syrien - Feststellung des internationalen Schutzbedarfs von Asylsuchenden aus Syrien - "illegale Ausreise" aus Syrien und vernwandte Themen":
Ausreise aus Syrien
...
Im Prinzip steht es syrischen Staatsangehörigen frei, mit ihrem syrischen Pass (oder bei einer Ausreise in den Libanon: mit gültigem Personalausweis) über alle funktionsfähigen Grenzübergänge, einschließlich dem Flughafen Damaskus, das Land zu verlassen. Syrische Staatsangehörige müssen eine Ausreisegebühr in einer Höhe zahlen, die vom Ausreisepunkt (Landgrenze oder Flughafen) abhängt. Auf Grundlage von Gesetz Nr. 18 aus dem Jahr 2014 kann die Ausreise oder Rückkehr ohne gültigen Pass oder ohne die erforderliche Genehmigung oder über einen nicht genehmigten Ausreisepunkt je nach Umständen des Einzelfalls Freiheits- und/oder Geldstrafen nach sich ziehen. Es ist nicht klar, ob das Gesetz tatsächlich angewandt wird und ob Personen, die aus dem Ausland zurückkehren, gemäß Gesetz Nr. 18 von 2014 einer Strafverfolgung ausgesetzt waren.
Personen der folgenden Kategorien benötigen eine Reiseerlaubnis, um das Land legal zu verlassen:
a) Staatsbedienstete
Staatsbedienstete genießen keine unbeschränkte Reisefreiheit, sondern brauchen eine Ausreisegenehmigung des jeweiligen Ministeriums. Je nach ihrer Position kann eine solche Genehmigung mit bestimmten Auflagen verknüpft sein, bis hin zu einer erforderlichen "Vorgenehmigung" bei Anträgen auf Ausstellung eines Passes.
...
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen zur Person und den Familienverhältnissen der BF basieren auf deren Angaben sowie den vorgelegten Dokumenten (u.A. syrische Personalausweise und Familienbuch).
Die BF haben bei allen Befragungen von Anfang an im Wesentlichen übereinstimmende Angaben gemacht.
Das Datum der Antragstellung und die Ausführungen zum Verfahrensverlauf ergeben sich aus dem Akteninhalt.
Die Feststellung, dass der BF1 sowie die BF2 in Syrien als Lehrer bzw. als Direktorin tätig waren ergibt sich daraus, dass diese Tatsache gleichbleibend bereits vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, vor dem BFA und auch in der erhobenen Beschwerde vorgebracht wurde und dass kein berechtigter Grund besteht an dieser Angabe zu zweifeln.
Wie aus dem in den Feststellungen angeführten UNHCR-Papier hervorgeht, steht es prinzipiell syrischen Staatsangehörigen frei mit ihrem syrischen Pass über alle funktionierenden Grenzübergänge Syrien zu verlassen. Hier ist anzumerken, dass die BF angeben, keinen syrischen Reisepass zu besitzen, sondern nur im Besitze von Personalausweisen sind. Weiters ist diesem Papier zu entnehmen, dass bestimmte Personen eine Reiseerlaubnis benötigen um das Land legal zu verlassen. Die BF waren in Syrien als Lehrer bzw. als Direktorin an einer Schule tätig, weswegen davon ausgegangen wird, dass die BF Staatsbedienstete gewesen sind, welche eine solche Reiseerlaubnis benötigt hätten. Staatsbedienstete genießen in Syrien keine unbeschränkte Reisefreiheit, sondern benötigen eine Ausreisegenehmigung des zuständigen Ministeriums. Dass den BF eine solche erteilt worden sei, kam im ganzen Verfahren nicht zu Tage. Es ist festzuhalten, dass eine illegal - d.h. ohne Ausreisegenehmigung - erfolgte Ausreise aus Syrien Freiheits- oder Geldstrafen nach sich ziehen kann.
Aus diesen Ausführungen ergibt sich, dass den BF mit hinreichender Wahrscheinlichkeit aufgrund der illegal erfolgten Ausreise bei einer Rückkehr eine Verfolgung bzw. Bestrafung von Seiten der syrischen Regierung droht.
Die strafrechtlichen Verurteilungen des BF1 und der BF2 ergeben sich aus den im Akt befindlichen bzw. dem Bundesverwaltungsgericht übermittelten Urteilsausfertigungen.
2.2. Die Feststellungen zur Situation in Syrien beruhen auf den genannten (aktualisierten Quellen) sowie den "Relevanten Herkunftslandinformationen zur Unterstützung der Anwendung des UNHCR-Länderleitfadens für Syrien" vom Februar 2017. Angesichts der Seriosität dieser Quellen und der Plausibilität deren Aussagen besteht für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund, an deren Richtigkeit zu zweifeln.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da eine Senatsentscheidung in den einschlägigen Bundesgesetzen nicht vorgesehen ist, liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt habe.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß " 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Die Beschwerde wurde fristwahrend erhoben und es liegen auch die anderen Prozessvoraussetzungen vor.
3.1. Zu Spruchpunkt A)
3.1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Asylantrag gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder wegen Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der RL 2004/83/EG des Rates verweist). Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.
Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) - deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben - ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."
Zentraler Aspekt des Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. zB VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 25.01.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 28.03.1995, 95/19/0041; 23.07.1999, 99/20/0208; 26.02.2002, 99/20/0509 mwN; 17.09.2003, 2001/20/0177; 28.10.2009, 2006/01/0793) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 mwN).
Von mangelnder Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe Dritter präventiv zu schützen (VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793; 19.11.2010, 2007/19/0203). Für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht - unter dem Fehlen einer solchen ist nicht "zu verstehen, dass die mangelnde Schutzfähigkeit zur Voraussetzung hat, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht" (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256) -, kommt es darauf an, ob jemand, der von dritter Seite (aus den in der GFK genannten Gründen) verfolgt wird, trotz staatlichem Schutz einen - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteil aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat (vgl. VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 im Anschluss an Goodwin-Gill, The Refugee in International Law² [1996] 73; weiters VwGH 26.02.2002, 99/20/0509 mwN; 20.09.2004, 2001/20/0430; 17.10.2006, 2006/20/0120; 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793; 19.11.2010, 2007/19/0203). Für einen Verfolgten macht es nämlich keinen Unterschied, ob er auf Grund staatlicher Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten hat oder ob ihm dieser Nachteil mit derselben Wahrscheinlichkeit auf Grund einer Verfolgung droht, die von anderen ausgeht und die vom Staat nicht ausreichend verhindert werden kann. In diesem Sinne ist die oben verwendete Formulierung zu verstehen, dass der Herkunftsstaat "nicht gewillt oder nicht in der Lage" sei, Schutz zu gewähren (VwGH 26.02.2002, 99/20/0509). In beiden Fällen ist es dem Verfolgten nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohlbegründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen (vgl. VwGH 22.03.2000, 99/01/0256; 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793; 19.11.2010, 2007/19/0203).
Wenn Asylsuchende in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen insoweit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen, bedürfen sie nicht des Schutzes durch Asyl (vgl. zB VwGH 24.03.1999, 98/01/0352 mwN; 15.03.2001, 99/20/0036). Damit ist nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, sondern vielmehr, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen - mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeit innerhalb des Herkunftsstaates - im gesamten Herkunftsstaat auswirken muss (VwSlg. 16.482 A/2004). Das Zumutbarkeitskalkül, das dem Konzept einer "internen Flucht- oder Schutzalternative" (VwSlg. 16.482 A/2004) innewohnt, setzt daher voraus, dass der Asylwerber dort nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal auch wirtschaftliche Benachteiligungen dann asylrelevant sein können, wenn sie jede Existenzgrundlage entziehen (VwGH 08.09.1999, 98/01/0614, 29.03.2001, 2000/20/0539; 17.03.2009, 2007/19/0459).
3.1.2. Die BF würden nach den getroffenen Feststellungen im Falle einer Rückkehr nach Syrien vom Regime mit hinreichender Sicherheit aufgrund der Tatsache, dass sie als Beamten das Land ohne eine erforderliche Ausreisegenehmigung verlassen haben, festgenommen und angehalten werden. Es liegt daher eine der Schwere und Art nach asylrelevante Verfolgung aus einem asylrelevanten Grund vor.
Im Ergebnis ist bei der gebotenen prognostischen Beurteilung der Verfolgungsgefahr und bei Gesamtbewertung aller risikobegründenden Faktoren ein erhebliches Risiko für die BF, vom syrischen Regime aus den dargelegten Gründen verfolgt zu werden - und damit das Vorliegen der "maßgeblichen Wahrscheinlichkeit" der Verfolgung im Sinne der verwaltungsgerichtlichen Judikatur - zu bejahen.
Auf die weiteren Vorbringen - wie dieses, dass der BF1 aufgrund der Außerlandesbringung seiner wehrdienstfähigen Söhne bedroht und festgehalten worden sei, sowie die Eigenschaft der BF als Zugehörige zur Volksgruppe der Kurden - war nicht näher einzugehen, da den BF schon aufgrund des oben angeführten Grundes der Status von Asylberechtigten zuzuerkennen war.
Eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative besteht nicht; die Annahme ebendieser würde im Widerspruch zum aufgrund der derzeitigen Situation in Syrien bereits gewährten subsidiären Schutz stehen (vgl. etwa VwGH 25.3.2015, Ra 2014/18/0168; VwGH 29.6.2015, Ra 2014/18/0070).
3.1.3. Zusammenfassend ergibt sich, dass sich der BF1 sowie die BF2 aus wohl begründeter Furcht vor Verfolgung außerhalb Syriens aufhalten und dass auch keiner der in Art. 1 Abschnitt C, D oder F der GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt. Die Verurteilungen des BF1 und der BF2 jeweils aufgrund eines Vergehens, sind nicht im Sinne eines Ausschlussgrundes zu interpretieren.
Der Beschwerde ist daher stattzugeben und dem BF1 sowie der BF2 gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status von Asylberechtigten zuzuerkennen.
Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 war mit dem Ausspruch der Gewährung des Status von Asylberechtigten gleichzeitig festzustellen, dass den BF von Gesetzes wegen somit die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
3.1.4. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, zumal der entscheidungsrelevante Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt war. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 VwGVG kann - soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist - das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.
Im vorliegenden Fall ergibt sich, dass aus dem Akteninhalt des Verwaltungsaktes in Verbindung mit der Beschwerde der maßgebliche Sachverhalt als geklärt anzusehen ist. Auch die gebotene Aktualität ist unverändert gegeben, zumal die dem Bescheid zugrunde gelegten Länderfeststellungen - ergänzt um aktuellere Feststellungen - unverändert die zur Beurteilung des konkreten Falls notwendige Aktualität aufweisen.
Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die hier anzuwendenden Regelungen erweisen sich als klar und eindeutig (vgl. dazu auch OGH 22.3.1992, 5 Ob 105/90; vgl. zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage trotz fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).
Die Stattgabe der Beschwerden hinsichtlich des Spruchpunktes I. der angefochtenen Bescheide ergeht in Anlehnung an die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005, in der jeweiligen Fassung.
Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Asylgewährung, asylrechtlich relevante Verfolgung, Asylverfahren,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W150.2169997.1.00Zuletzt aktualisiert am
01.02.2019