Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr.
Kuras als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Tarmann-Prentner und Mag. Korn, den Hofrat Dr.
Stefula und die Hofrätin Mag. Wessely-Kristöfel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. M***** B*****, gegen die beklagte Partei Mag. B***** S*****, und den
Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei A***** S*****, vertreten durch Mag. Daniel Vonbank, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen 14.307,30 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Berufungsgericht vom 3. Juli 2018, GZ 3 R 158/18k-17, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Dornbirn vom 22. März 2018, GZ 35 C 107/17z-12, abgeändert wurde, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass das
Urteil des Erstgerichts samt der Kostenentscheidung wiederhergestellt wird.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.413,12 EUR (darin 235,52 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 2.448,90 EUR (darin 169,65 EUR Umsatzsteuer und 1.431 EUR Pauschalgebühr) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger und der Beklagte sind Rechtsanwälte. Der im Jahr 2011 verstorbene Vater des Beklagten war unter anderem Alleineigentümer der Liegenschaft EZ 82, *****. Erben waren die Witwe, der Beklagte, seine Schwester, der Nebenintervenient sowie zwei mj Neffen des Beklagten. Der Kläger vertrat im Verlassenschaftsverfahren die Interessen dieser Neffen. Die Beauftragung des Klägers hierzu erfolgte durch die Mutter der Neffen als deren gesetzliche Vertreterin und wurde pflegschaftsgerichtlich genehmigt. Eine Abrechnung der Kosten der Vertretung der Neffen durch den Kläger im Verlassenschaftsverfahren erfolgte im Pflegschaftsverfahren bislang nicht.
Über Jahre wurde versucht, eine einvernehmliche Aufteilung der Erbschaft durch ein Erbteilungsübereinkommen zu erzielen. Neben umfangreichen Korrespondenzen kam es zu mehreren Verhandlungen beim zuständigen Verlassenschaftsrichter. Der Kläger arbeitete bereits im Jahr 2013 einen Aufteilungsvorschlag aus. Der anwaltliche Vertreter der Witwe und der Schwester des Beklagten arbeitete im Jahr 2014 ebenfalls einen Entwurf für ein Erbteilungsübereinkommen aus, welcher hinsichtlich der Liegenschaft EZ 82 einen Wohnungseigentumsvertrag vorsah, der im Wesentlichen den Entwurf des Klägers übernahm. Auf Basis des Entwurfs jenes Rechtsanwalts arbeitete sodann der Beklagte einen Entwurf für ein Erbteilungsübereinkommen aus, sodass auch dieser Entwurf betreffend den Wohnungseigentumsvertrag vom Kläger ausgearbeitete Formulierungen enthielt. Keines dieser Erbteilungsübereinkommen kam zustande.
Am 2. 10. 2014 unterfertigten der Beklagte, der Kläger, die Witwe und die Schwester des Beklagten, nicht aber der Nebenintervenient, ein vom Kläger ausgearbeitetes Erbteilungsübereinkommen. Teil auch dieses Erbteilungsübereinkommens war in Hinsicht auf die Liegenschaft EZ 82 ein Wohnungseigentumsvertrag. Dessen Punkte I. und J. lauteten auszugsweise:
„I.
Kosten und Gebühren:
Alle mit der Errichtung und grundbücherlichen Durchführung der in dieser Urkunde enthaltenen Verträge verbundenen Kosten […] tragen, ungeachtet der bestehenden Solidarhaftung sämtlicher Vertragsparteien gegenüber […] dem Vertragsverfasser im Außenverhältnis, die Erben zur Gänze. […]
J.
Vollmacht:
Die Vertragsparteien beauftragen und bevollmächtigen hiermit unwiderruflich den Vertragsverfasser Rechtsanwalt Dr. M***** B*****, geboren am […], mit der Errichtung und grundbücherlichen Durchführung dieses Vertrages. […]“
Mangels Erbteilungsübereinkommens wurde nach Einantwortung im Verlassenschaftsverfahren des Vaters des Beklagten und nach Einantwortung der mittlerweile ebenso verstorbenen Witwe von den – dabei vom Kläger vertretenen – mj Neffen des Beklagten eine Klage zu 34 C 189/16z des Bezirksgerichts Dornbirn hinsichtlich der Liegenschaft EZ 82 gegen die anderen Erben (Beklagter, Schwester des Beklagten, Nebenintervenient) eingebracht. Das Verfahren endete mit einem Anerkenntnisurteil, dessen Spruch in der Hauptsache lautete:
„Die Erbengemeinschaft der klagenden Parteien zu je 1/8-Anteil einerseits und der zweit- bis viertbeklagten Parteien zu je 1/4-Anteil andererseits an dem mit Einantwortungsurkunde des BG Dornbirn vom 26. 11. 2014, 10 A 459/11-117, sowie durch Einantwortungsurkunde des BG Dornbirn vom 21. 4. 2017, 10 A 35/17p-47, eingeantworteten Nachlass nach dem am ***** 2011 verstorbenen W***** A***** S***** (***** 1939) sowie der am ***** 2017 verstorbenen M***** I***** S***** (***** 1939) hinsichtlich der EZ 82 bestehend aus GST-NR ***** wird durch die Begründung von Wohnungseigentum aufgehoben wie folgt:
Wohnungseigentumsvertrag
[…]“
Im Folgenden enthielt der Spruch einen Wohnungseigentumsvertrag, welcher in seinen Punkten I. und J. dieselben, oben wörtlich zitierten Klauseln über eine Kostentragung und eine Beauftragung und Bevollmächtigung des Klägers wie der im Erbteilungsübereinkommen des Jahres 2014 enthaltene Wohnungseigentumsvertrag enthielt. Die Kosten für das Realteilungsübereinkommen wurden von den mj Neffen im Vorprozess als vorprozessuale Kosten geltend gemacht. Das Berufungsgericht bestätigte im Vorprozess das erstinstanzliche Urteil in der Hauptsache, sprach aber den Ersatz der vorprozessualen Kosten nicht zu, da diese der ersten Prozessphase zuzurechnen seien und in dieser Prozessphase mit Kostenaufhebung vorzugehen sei.
Der Kläger begehrt für die Errichtung des Wohnungseigentumsvertrags vom Beklagten das Honorar unter Abzug eines Viertels für die von ihm vertretenen Neffen. Der Vertrag sei mangels Bereitschaft des Nebenintervenienten zur Unterfertigung zwar zunächst nicht zustandegekommen. Der Beklagte habe jedoch den Vertrag unterfertigt und damit den Kläger mit der Vertragserrichtung beauftragt. Der Wohnungseigentumsvertrag gelte im Übrigen jedenfalls aufgrund des Urteils in dem vom Kläger als rechtsfreundlichen Vertreter der Neffen gegen die anderen Erben, unter ihnen der Beklagte, angestrengten Vorprozess.
Der Beklagte wendet ein, dem Kläger keinen Auftrag erteilt zu haben. Der vom Kläger errichtete Vertrag sei zwar vom Beklagten unterfertigt worden und im Vertrag sei auch ein Honoraranspruch des Klägers vorgesehen gewesen, es hätten aber nicht alle vorgesehenen Vertragsparteien den Vertrag unterfertigt, sodass dieser nicht wirksam geworden sei. Nur unter der Bedingung des Wirksamwerdens des Vertrags habe sich der Beklagte zur Kostenerstattung gegenüber dem Kläger verpflichtet. Die Vertragserrichtung sei auftrags der Mandanten des Klägers, der beiden Neffen des Beklagten, erfolgt, weshalb sich der Kläger wegen seines Honorars an diese zu halten habe. Auf das über Anerkenntnis im Vorprozess ergangene Anerkenntnisurteil könne sich der Kläger nicht berufen, weil er an jenem Verfahren nicht als Partei, sondern als rechtsfreundlicher Vertreter der beiden Neffen, beteiligt gewesen sei. Im Übrigen sei der Klagsanspruch bereits im Vorprozess abgewiesen worden.
Der Nebenintervenient hielt der Klage entgegen, dass der dem Zahlungsbegehren zu Grunde gelegte, auf besondere Erschwernisse im Zuge der Errichtung verschiedener Vertragsentwürfe gestützte hundertprozentige Zuschlag zu dem tarifmäßigen Honorar nicht auf das Anerkenntnis gestützt werden könne.
Das Erstgericht verurteilte den Beklagten zur Zahlung des begehrten Honorars. Es stellte im Wesentlichen den eingangs gekürzt angeführten und dabei vom Obersten Gerichtshof um unstrittige, aus den Urkunden ersichtliche, Aspekte ergänzten Sachverhalt fest. Diesen Sachverhalt beurteilte das Erstgericht in rechtlicher Hinsicht dem Grunde nach dahin, dass der Beklagte im Vorprozess das Erbteilungsübereinkommen inklusive der Kostentragungsbestimmung anerkannt habe. Damit habe er die Kosten der Erstellung des Erbteilungsübereinkommens zu begleichen. Dass die Kosten für die Erstellung des Erbteilungsübereinkommens durch den Kläger von den mj Neffen des Beklagten im Vorprozess bereits als vorprozessuale Kosten in das Kostenverzeichnis aufgenommen worden seien, schade dem Kläger nicht. Zum einen sei er selbst nicht Partei dieses Verfahrens gewesen, zum anderen sei über die Kosten im Vorprozess in Folge Kostenaufhebung letztlich auch nicht erkannt worden.
Das Berufungsgericht gab der aus den Gründen der unrichtigen rechtlichen Beurteilung und der Mangelhaftigkeit des Verfahrens erhobenen Berufung des Beklagten Folge und wies die Klage ab. Unter Hinweis darauf, dass sich bereits die Rechtsrüge des Berufungswerbers im Ergebnis als berechtigt erweise, ließ das Berufungsgericht den Berufungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens unerledigt. In rechtlicher Hinsicht vertrat das Berufungsgericht die Ansicht, dass die im Erbteilungsübereinkommen enthaltene Kostentragungs-regelung offenkundig den Zweck verfolgt habe, die mit der Errichtung und (beabsichtigten) grundbücherlichen Durchführung des Vertrags verbundenen Kosten der Rechtsvertretung durch den Kläger auf sämtliche Vertragsparteien zu überwälzen. Die Vertragsbestimmung diene damit vorwiegend den Interessen der mj Neffen des Beklagten, in deren Auftrag die Vereinbarung zunächst errichtet worden sei. In einer solchen Regelung sei eine Erfüllungsübernahme iSd § 1404 Satz 1 ABGB zu erblicken. Der in diesem Vertragspunkt enthaltene Einschub „ungeachtet der bestehenden Solidarhaftung sämtliche Vertragsparteien gegenüber … dem Vertragsverfasser im Außenverhältnis“ vermöge eine unmittelbare Haftung der Vertragsparteien gegenüber dem Kläger nicht zu begründen, zumal der Wortlaut ausdrücklich auf eine „bestehende Solidarhaftung“ verweise, wobei jedoch offengelassen werde, auf welche Grundlage sich diese bestehende Solidarhaftung der Vertragsteile stützen sollte. Dem Kläger stehe gemäß § 1404 Satz 2 ABGB ein unmittelbarer Anspruch auf Ersatz von Vertragserrichtungskosten aus dem Erbteilungsübereinkommen gegenüber dem Beklagten nicht zu. Nichts anderes habe für das alternativ vom Kläger für die Begründung seines Anspruchs ins Treffen geführte Anerkenntnis im Vorverfahren zu gelten. Der Kläger selbst sei nicht Partei dieses Zivilprozesses gewesen. Daher könne auch aus dem dortigen Anerkenntnis des Beklagten eine unmittelbare Berechtigung des Klägers auf Bezahlung von Vertragserrichtungskosten durch den Beklagten nicht abgeleitet werden.
Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision nachträglich gemäß § 508 ZPO zu, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage fehle, ob die Unterfertigung einer Vertragsklausel wie in Punkt I. in Zusammenhalt mit einer Vertragsklausel zur Beauftragung des Vertragserrichters mit der Vertragserrichtung wie in Punkt J. des Erbteilungsübereinkommens vom 2. 10. 2014 in einem zunächst über Auftrag eines Vertragsteils errichteten Vertrag einen direkten Honoraranspruch des Vertragserrichters (auch) gegenüber der anderen Vertragspartei zu begründen vermag.
Gegen das Berufungsurteil richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und Aktenwidrigkeit mit dem Antrag auf Abänderung dahin, dass das klagsstattgebende Ersturteil wiederhergestellt werde.
Der Beklagte erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, der Revision nicht Folge zu geben.
Der Nebenintervenient beteiligte sich nicht am Revisionsverfahren.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zur Wahrung der Rechtssicherheit zulässig und auch berechtigt.
1. Gab die zweite Instanz einer Berufung Folge, hielt sie jedoch eine Erledigung der ebenso geltend gemachten Berufungsgründe der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen Beweiswürdigung für entbehrlich, so muss der Revisionsgegner die für seinen Prozessstandpunkt nachteiligen Feststellungen im Kontext mit dem Unterbleiben der Erledigung seiner Mängel- und Beweisrüge im Berufungsverfahren in der Revisionsbeantwortung rügen; andernfalls sind der Revisionserledigung die bereits vom Erstgericht getroffenen, vom Revisionsgegner in zweiter Instanz bekämpften entscheidungswesentlichen Feststellungen, auf die sich nunmehr der Revisionswerber beruft, zugrunde zu legen (9 ObA 39/18b [in Punkt 1.]; Zechner in Fasching/Konecny, Zivilprozessgesetze2 § 503 ZPO Rz 40 mwH; idS bereits ua 10 Ob 70/14p [in Punkt 1]; 9 ObA 120/15k [in Punkt 2.]; RIS-Justiz RS0119339; s auch RS0043144).
Der Beklagte erhebt in der Revisionsbeantwortung keine Rüge gegen das berufungsgerichtliche Verfahren. Der Oberste Gerichtshof hat seiner Entscheidung damit die erstinstanzlichen Feststellungen, auf die sich der Kläger in der Revision berufen hat, zugrundezulegen.
2.1.
Die Erfüllungsübernahme (interne Schuldübernahme, Belastungsübernahme) ist ein (interner) Vertrag zwischen dem Schuldner und einem Dritten, wonach sich letzterer ohne Rechtswirkungen für den Gläubiger dazu verpflichtet, dem Schuldner die wirtschaftliche Last abzunehmen, welche die Schuld in dessen Vermögen bildet (RIS-Justiz RS0033124 [T1]; Ertl in Rummel, ABGB3 § 1404 Rz 2 mwN; Neumayr in KBB5 § 1404 ABGB Rz 2). Erfüllungsübernahme liegt auch bei einem Versprechen, den Vertragspartner „gegenüber Dritten schad- und klaglos zu halten“, vor (
RIS-Justiz RS0016709; 9 Ob 69/17p [in Punkt 1.]).
Ebenso als Erfüllungsübernahme wird eine Vertragsbestimmung angesehen, nach der die Kosten der Vertragserrichtung zu Lasten einer Vertragspartei, zB des Käufers, gehen (RIS-Justiz RS0025493
). Liegt Erfüllungsübernahme vor, hat der Gläubiger gegenüber dem Übernehmer der Schuld gemäß der ausdrücklichen Anordnung in § 1404 Satz 2 ABGB kein Forderungsrecht. Es liegt ein „unechter Vertrag zugunsten Dritter“ vor (1 Ob 364/99g mwN; RIS-Justiz RS0017119).
2.2. Verpflichtet sich jemand in einem Vertrag mit dem Schuldner, dessen Verbindlichkeit bei einem Dritten zu tragen, kann es sich aber auch um einen Schuldbeitritt (kumulative Schuldübernahme) handeln.
Bei der kumulativen Schuldübernahme genügt nämlich ein Vertrag zwischen Altschuldner und Neuschuldner, der ein (echter) Vertrag zugunsten Dritter ist (RIS-Justiz
RS0017057; Thöni in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 § 1406 ABGB Rz 12; W. Faber in Schwimann/Kodek, ABGB4 §§ 1405 f ABGB Rz 7). Dem Gläubiger erwachsen hier (zufolge § 881 Abs 2 Satz 2 ABGB) im Zweifel unmittelbar Rechte aus dem Vertrag, wenn die Leistung hauptsächlich ihm zum Vorteil gereichen soll
(RIS-Justiz
RS0017057). Wesentlich ist, ob aufgrund der Vereinbarung der an dieser nicht beteiligte Dritte nicht nur Leistungsempfänger – in diesem Falle liegt ein unechter Vertrag zugunsten Dritter vor – sondern
Forderungsberechtigter sein soll (RIS-Justiz RS0017149; vgl für Deutschland BGH IX ZR 167/96, NJW 1997, 2388: „[…] wenn der Rechtsanwalt als Vertreter des Mandanten zur Abgeltung seines Vergütungsanspruchs gegen diesen eine Gebührenvereinbarung mit dessen Vertragsgegner schließt, womit dieser es übernimmt, den Honoraranspruch zu begleichen. Der Vertragsgegner tritt damit, wenn dem Anwalt ein eigener Rechtsanspruch gegen diesen eingeräumt wird, der Honorarverbindlichkeit des Auftraggebers in der Form des Vertrages zugunsten eines Dritten bei.“).
2.3. Ob Erfüllungsübernahme (unechter Vertrag zugunsten Dritter) oder Schuldbeitritt (echter Vertrag zugunsten Dritter) vorliegt, ist – vgl § 881 Abs 2 Satz 1 ABGB – nach Wortlaut, Natur und Zweck des Vertrags zu beurteilen (P. Bydlinski, Glosse zu 4 Ob 530/88 in ÖBA 1988/125 [1237 f]; Dullinger in Rummel/Lukas, ABGB4 § 881 Rz 10 mwH):
2.3.1. Der Zweck der Erfüllungsübernahme liegt nur in der Sicherung des Schuldners gegen dessen Inanspruchnahme durch seinen Gläubiger (4 Ob 530/88 = ÖBA 1988/125 [P. Bydlinski]; 1 Ob 605/95; Ertl in Rummel, ABGB3 § 1404 Rz 2; Dullinger in Rummel/Lukas, ABGB4 § 881 Rz 10; Neumayr in KBB5 § 1404 ABGB Rz 2). Bei der Erfüllungsübernahme geht es dem Schuldner darum, von einer eigenen – schon vor Vereinbarung der Erfüllungsübernahme zumindest dem Grunde nach bestehenden (Ertl in Rummel, ABGB3 § 1404 Rz 2; vgl auch
RIS-Justiz
RS0033124) – Verpflichtung befreit zu werden (Parapatis, Der Vertrag zugunsten Dritter [2011] 159). So ist die von einem Vertragspartner übernommene Verpflichtung zur (endgültigen) Zahlung des für die Vertragserrichtung angefallenen Anwaltshonorars – weil sie die Freistellung des anderen Vertragspartners intendiert – eine Erfüllungsübernahme (1 Ob 557/82 = MietSlg 34.297 = HS 13.270), weshalb zufolge § 1404 Satz 2 ABGB der Kostengläubiger aus einer solchen Vertragsbestimmung kein unmittelbares Recht auf Bezahlung seiner Vertretungskosten gegen den Übernehmer hat (
RIS-Justiz
2.3.2. Schuldbeitritt durch echten Vertrag zugunsten Dritter (nämlich des Gläubigers) ist hingegen anzunehmen, wenn – zumindest hauptsächlich (§ 881 Abs 2 Satz 2 ABGB) – die Sicherstellung des Gläubigers bezweckt ist (Dullinger in Rummel/Lukas, ABGB4 § 881 Rz 10 mwN).
2.4. Im vorliegenden Fall war der Kläger zunächst allein für die Neffen des Beklagten rechtsfreundlich tätig und errichtete in deren Auftrag das Erbteilungsübereinkommen bzw den darin enthaltenen Wohnungseigentumsvertrag. Folglich schuldeten ihm zunächst nur die Neffen das Honorar für die Vertragserrichtung. Mit der im Erbteilungsübereinkommen unter der Überschrift „Wohnungseigentumsvertrag“ und sodann wortgleich im Spruch des Anerkenntnisurteils unter derselben Überschrift enthaltenen Klausel „Alle mit der Errichtung und grundbücherlichen Durchführung der in dieser Urkunde enthaltenen Verträge verbundenen Kosten […] tragen, ungeachtet der bestehenden Solidarhaftung sämtlicher Vertragsparteien gegenüber [...] dem Vertragsverfasser im Außenverhältnis, die Erben zur Gänze.“ sollte hiervon Abweichendes geregelt werden. Aus der Klausel ergibt sich deutlich, dass nicht nur die beiden Neffen, sondern alle am Rechtsgeschäft Beteiligten dem Kläger für die Vertragserrichtung haften sollten, und zwar nicht anteilig, sondern „zur Gänze“. Wenn die Klausel von einer „bestehenden Solidarhaftung“ spricht, wurde – entgegen dem Berufungsgericht – hierdurch die volle Haftung aller Vertragsparteien gegenüber dem Kläger verdeutlicht.
Die in Rede stehende Klausel bezweckte damit nicht primär eine Entlastung der Neffen. Eine Entlastung geht mit der Klausel für die Neffen lediglich insofern einher, als diese letzten Endes (nach Vornahme allfälliger Regresse nach § 896 Satz 1 ABGB) bloß – aber immerhin – ihren Anteil an den Vertragserrichtungskosten endgültig selbst zu tragen haben. Zweck der Klausel ist vielmehr in erster Linie und aus den Worten „solidarisch“ und „zur Gänze“ ersichtlich eine Besicherung des Vertragserrichters. Ihm sollten für sein Honorar nicht mehr nur die Neffen als seine ursprünglichen Auftraggeber, sondern alle als Partei in den Genuss des Vertrags Kommenden haften. Die Klausel ist damit die Vereinbarung eines Schuldbeitritts der anderen (vorgesehenen) Vertragsparteien zur weiterhin bestehenden Haftung der Neffen für die Vertragserrichtungskosten; die Vereinbarung ist eine solche zugunsten des klagenden Vertragserrichters iSd § 881 ABGB.
3.1.
Solange die
Unterschriften aller Miteigentümer einschließlich derjenigen, zu deren Gunsten Wohnungseigentum eingeräumt werden soll, nicht vorliegen, gilt nach der Rechtsprechung das Rechtsgeschäft nicht als zustandegekommen
(RIS-Justiz RS0017243 [T1]). Auch zum Erbteilungsübereinkommen ist ständige Rechtsprechung, dass dieses der Einstimmigkeit bedarf (RIS-Justiz RS0012311; 6 Ob 79/12d [in Punkt 1.1.]).
Das Erbteilungsübereinkommen bzw der darin enthaltene Wohnungseigentumsvertrag wurde 2014 nicht von allen Erben unterfertigt. Dies würde an sich dazu führen, dass der Wohnungseigentumsvertrag als nicht zustandegekommen qualifiziert werden müsste und folglich auch die in Rede stehende Kostentragungsklausel nicht als Vertrag zugunsten des Klägers iSd § 881 ABGB angesehen werden könnte.
3.2. Es ist aber zu beachten, dass die Neffen gegen die anderen Erben, unter ihnen der Beklagte, eine Erbteilungsklage einbrachten. Sie machten dabei von der Möglichkeit Gebrauch, in das (Real-)Teilungsbegehren einen Teilungsvorschlag aufzunehmen (RIS-Justiz RS0004270 [T2]; 2 Ob 41/11k [in Punkt 1.2.]). An einen von einer Partei erstatteten Teilungsvorschlag ist das Gericht grundsätzlich nicht gebunden (RIS-Justiz RS0004282 [T2]; Klicka in Angst/Oberhammer, EO3 § 351 Rz 1). Bei einem vom Kläger im Urteilsbegehren gemachten Teilungsvorschlag handelt es sich auch nicht um ein echtes Klagebegehren (RIS-Justiz RS0113832 [T13]). Die Erstattung konkreter
Teilungsvorschläge durch die Parteien hat aber die Konsequenz, dass das Prozessgericht darüber zu verhandeln hat und die Durchführung nicht dem Exekutionsgericht im Verfahren nach § 351 EO überlassen kann (RIS-Justiz
RS0113832 [T9]). Sind im Teilungsurteil Teilungsmodalitäten (Teilungsregeln, Teilungsanordnungen) enthalten, so binden diese (auch) die Parteien (3 Ob 8/13t [in Punkt 2.7. mwH] = RIS-Justiz RS0116634 [T1]).
Im vorliegenden Fall erging ein Anerkenntnisurteil, dessen Spruch die Aufhebung der Erbengemeinschaft betreffend die Liegenschaft EZ 82 durch den von den Neffen vorgeschlagenen (und vom Kläger ausgearbeiteten) Wohnungseigentumsvertrag vorsieht. Die Parteien des Vorprozesses sind damit an den Wohnungseigentumsvertrag samt der in Rede stehenden Kostentragungsregelung gebunden.
4.1. Urteile entfalten unter Umständen Tatbestandswirkung. Die Tatbestandswirkung eines Urteils – oder eines anderen der Rechtskraft und Vollstreckbarkeit teilhaften individuellen staatlichen Hoheitsakts – ist anzunehmen, wenn dieser Willensakt rechtliche Voraussetzung für andere privatrechtliche Ansprüche zwischen denselben oder anderen Parteien ist (1 Ob 545/95 = JBl 1996, 463 [Deixler-Hübner]). Das Urteil hat eine rein materielle Wirkung in dem Sinne, dass die Existenz des Urteils eine Tatsache wie jede andere ist und daher zur Voraussetzung eines Tatbestands gemacht werden kann, bei dessen Verwirklichung bestimmte Rechtsfolgen eintreten (RIS-Justiz RS0107338 [T24]; Klicka in Fasching/Konecny3 III/2 § 411 ZPO Rz 169).
Hier liegt aufgrund des Urteils im Vorprozess ein Wohnungseigentumsvertrag zwischen dem Beklagten und den anderen Parteien des Vorprozesses vor. Die im Wohnungseigentumsvertrag enthaltene Kostentragungsregel erfüllt den Tatbestand des § 881 ABGB. Es liegt damit eine Tatbestandswirkung des Urteils im Vorprozess vor.
4.2. Der hier vorliegende Schuldbeitritt in Gestalt eines Vertrags zugunsten eines Dritten – des Klägers – bringt für den Gläubiger (Kläger) keine Gefahren und stellt ihn nur besser (Neumayr in KBB5 §§ 1405 f ABGB Rz 3). Wenn davon ausgegangen wird, dass eine Tatbestandswirkung nur soweit eingreifen könne, als der durch die Tatbestandswirkung Betroffene in dem vorangegangenen Verfahren zu der von der Tatbestandswirkung betroffenen Frage rechtliches Gehör hatte (Klicka in Fasching/Konecny3 III/2 § 411 ZPO Rz 169, 172 mwH), hat dies nicht den Fall vor Augen, dass die Tatbestandswirkung für den am fremden Prozess nicht Beteiligten ausschließlich begünstigend ist. Ist die Tatbestandswirkung des fremden Urteils für den Dritten ausschließlich begünstigend, besteht keine Veranlassung, den Dritten durch Art 6 MRK zu schützen (vgl zu einer anderen Konstellation, in der eine Tatbestandswirkung des fremden Urteils trotz mangelnder Beteiligung des Dritten im Hinblick auf Art 6 MRK unbedenklich ist, Musger, Verfahrensrechtliche Bindungswirkungen und Art 6 MRK – Teil 1, JBl 1991, 420 [426 f]).
Im vorliegenden Fall ergibt sich somit zusammengefasst aus dem Spruch des Urteils des Vorprozesses, dass zwischen dem Beklagten und den übrigen Personen des Vorprozesses ein Vertragsverhältnis des Inhalts des im Spruch enthaltenen Wohnungseigentumsvertrags besteht. Dessen Vertragsklausel über die Kostentragung erfüllt den Tatbestand des § 881 ABGB.
5. Dass der Klagsanspruch ausgehend vom festgestellten Wert der Liegenschaft überhöht ist, hat der Beklagte im Verfahren nicht behauptet. Er trat auch nicht substantiiert der Berechnung des eingeklagten Honorars unter Zugrundelegung eines Erschwerniszuschlags von 100 % entgegen. Im Übrigen kann zur Höhe des Klagebegehrens auf die Ausführungen im Ersturteil verwiesen werden (Seiten 8 f).
6. Aus der Verweigerung des Ersatzes der Kosten der Vertragserrichtung im Vorprozess ist für den Beklagten nichts zu gewinnen, zumal es diesbezüglich im Vorprozess um einen Anspruch der dort klagenden Neffen ging, hier streitgegenständlich aber ein auf § 881 ABGB gestützter Anspruch des klagenden Vertragsverfassers ist.
7. Schon aufgrund der gebotenen Qualifikation der in Rede stehenden Klausel als Vertrag zugunsten des Klägers iSd § 881 ABGB erweist sich damit das Klagebegehren als berechtigt. Auf die Frage, ob der Beklagte den Kläger auch unmittelbar ein Mandat erteilte, sei es durch die Unterfertigung des Erbteilungsübereinkommens, sei es durch seine Unterwerfung unter das Klagebegehren im Vorprozess, beides angesichts der jeweils vorgesehenen weiteren Klausel, wonach alle Vertragsparteien dem Kläger Auftrag und Vollmacht erteilen, ist damit nicht mehr einzugehen. Weil bereits die Rechtsrüge des Revisionswerbers durchschlägt ist auch auf die weiters geltend gemachten Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der Aktenwidrigkeit nicht mehr einzugehen.
In Stattgebung der Revision war das klagsstattgebende Ersturteil wiederherzustellen.
8. Die Kostenentscheidung gründet auf § 41 ZPO iVm § 50 ZPO. Weil keine Berufungsverhandlung verrichtet wurde, gebührt gemäß § 23 Abs 9 RATG für die Berufungsbeantwortung nur der dreifache Einheitssatz. Weil sich der Nebenintervenient in den Rechtsmittelverfahren nicht beteiligt hat, kommt es zu keinem Streitgenossenzuschlag nach § 15 RATG bzw § 19a GGG an (RIS-Justiz RS0036223; Obermaier, Kostenhandbuch3 Rz 3.25 f). Die Gerichtsgebühr wurde vom Kläger auch nur ohne den Zuschlag nach § 19a GGG eingezogen.
Textnummer
E123872European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0080OB00150.18V.1219.000Im RIS seit
01.02.2019Zuletzt aktualisiert am
14.10.2019