Norm
BDG 1979 §43 Abs1Schlagworte
Nichtzustellen von Postsendungen, Lagerung von Postsendungen im Kellerabteil, Dienstauto, Verstoß gegen Zustellvorschriften, Verhandlung in Abwesenheit, Suspendierung, VerweisText
D I S Z I P L I N A R E R K E N N T N I S
Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen hat durch MR Mag. Friedrich Paul als Senatsvorsitzenden sowie MR Mag. Felix Kollmann und ADir Veronika Schmidt als weitere Mitglieder des Disziplinarsenates IV nach der am 22. November 2018 in Anwesenheit der Disziplinaranwältin MR Mag. Ursula Bachmair, MBA in Abwesenheit des Beschuldigten NN durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
NN
Zusteller in der Zustellbasis XX
ist
s c h u l d i g.
Er hat, zumindest seit 7. November 2016, im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit als Zusteller bei der Zustellbasis XX, Zustellbezirk …, nachstehend dargestellte Sendungen (bescheinigte, nicht bescheinigte Briefsendungen, Info.Post Sendungen) sowie Kleinpakete nicht vorschriftsgemäß zugestellt, sondern im Kellerraum seiner Wohnung und in seinem Privatauto abgestellt und gelagert sowie dadurch zahlreiche Kundenbeschwerden verursacht,
? insgesamt 2.621 Stück Info.Post Sendungen, darunter Auflieferungen der Gemeinde … und Auflieferungen der Firma XXXLutz,
? zwei eingeschriebene Sendungen, Aufgabenummer RH 249506… AT und RM 678840… CH für den Empfänger P., wohnhaft in …, aufgegeben am 27. Oktober 2016 und am 9. November 2016,
? 11 erfassungspflichtige – ausländische eingeschriebene – Sendungen,
? vier Kleinpakete mit folgenden Sendungsnummern
…..39802253778386….
….39802198266386….
…..318700….
…..718700….
? 271 Stück nicht bescheinigte Sendungen mit Aufgabedatum 24. Oktober bis 10. November 2016.
NN hat dadurch die Dienstpflichten eines Beamten nach dem Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979,
seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zu Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen (§ 43 Abs.1 BDG 1979),
in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt (§ 43 Abs. 2 BDG 1979)
sowie
seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nichts anderes bestimmt ist, zu befolgen (§ 44 Abs. 1 BDG 1979),
schuldhaft verletzt und dadurch Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 91 BDG 1979 begangen.
Es wird daher über ihn gemäß § 126 Abs. 2 in Verbindung mit § 92 Abs. 1 Z 1 BDG 1979 die
Disziplinarstrafe des
Verweises
verhängt.
Gemäß § 117 Abs. 2 BDG 1979 wird festgehalten, dass keine Verfahrenskosten zu ersetzen sind.
B e g r ü n d u n g
NN, geboren am xx.xx.1960, verheiratet, steht seit xx.xx.1983 im Postdienst.
Mit xx.xx.1987 wurde er zum Beamten ernannt.
Der Beamte wurde bis zu seiner Suspendierung als Zusteller in einem Gleitzeitdurchrechnungsmodell in der Zustellbasis XX verwendet.
Aus der Dienstbeurteilung vom 15. November 2016 geht im Wesentlichen hervor, dass der Beamte bis 24. Oktober 2016 ein gewissenhafter Mitarbeiter war und keine Auffälligkeiten festgestellt wurden. Seit diesem Zeitpunkt seien die Beschwerden massiv angestiegen, wobei Kunden reklamierten, keine Post bzw. Werbesendungen zu erhalten. Anlässlich eines Mitarbeitergespräches am 11. November 2016 wurde der Beamte mündlich ermahnt, sein Verhalten zu verbessern. Aufgrund weiterer Beschwerden musste eine Nachschau bei der Wohnadresse des Beamten hinsichtlich allfälliger Auffälligkeiten veranlasst werden.
Zum Sachverhalt:
Das Personalamt Innsbruck wurde durch die Konzernrevision, Erhebungsdienst West, K., mit Dienstzettel vom 15. November 2016 von nachstehendem Sachverhalt in Kenntnis gesetzt:
Der Erhebungsdienst wurde am 14. November 2016 vom Distributionsmanager K. informiert, dass bei der Zustellbasis 6890 XX seit 2. November 2016 insgesamt 9 Beschwerden über das Postkundenservice eingelangt seien, die alle dem Zustellbezirk 0110 zuzuordnen sind. Bei diesen Beschwerden ging es um den Vorwurf von Laufzeitverzögerungen und der Nichtzustellung von Postsendungen. Der Zustellbezirk … wird von NN. versorgt.
NN. bewohnt eine Naturalwohnung der Österreichischen Post AG im Gebäude der Postfiliale XX. Der Filialleiter der Postfiliale XX, NN,, wurde vom Erhebungsdienst ersucht, im Keller der Postfiliale Nachschau zu halten.
Im Zuge dieser Nachschau wurden insgesamt 2.621 Stück Info.Post Sendungen vom Zeitraum 3. November 2016 bis 10. November 2016 sowie 10 Stück nicht bescheinigte Großbriefe und 11 Stück ausländische eingeschriebene Sendungen vorgefunden.
Im Zuge weiterer Ermittlungen wurden im Privatfahrzeug des Beamten zwei eingeschriebene Sendungen, fünf Kleinpakete und 271 beanschriftete Sendungen mit Aufgabedatum 24. Oktober 2016 bis 10. November 2016 vorgefunden.
NN. gab anlässlich seiner niederschriftlichen Befragung am 14. November 2016 gegenüber dem Erhebungsdienst der Österreichischen Post AG an, insgesamt 2.621 Stück Info.Post Sendungen, 281 Stück nicht bescheinigte Sendungen, 13 eingeschriebene Sendungen sowie fünf Kleinpakete (Anmerkung: In weiterer Folge wurde vom Erhebungsdienst festgehalten, dass es sich um 4 Kleinpakete gehandelt habe) nicht ordnungsgemäß zugestellt zu haben. Weiters habe er die Info.Post Auflieferung „Lebenslust“, die er am 7. und 8. November 2016 zustellen hätte müssen, und die Auflieferung der Firma XXXLutz, welche am 9. November und 10. November 2016 zugestellt hätte werden müssen, zur Gänze nicht zugestellt. Er habe sämtliche Sendungen im Keller der Postfiliale XX gehortet und wollte sie „in den nächsten Tagen zur Altpapiersammlung geben bzw. dort entsorgen“. Er hätte es auch nicht mehr geschafft, diese Sendungen zuzustellen. Es wäre das erste Mal gewesen, dass er „Sendungen dort entsorgt hätte“.
Die 13 eingeschriebenen Sendungen, die fünf Kleinpakete sowie die 271 Stück nicht bescheinigten Briefe habe er nicht zugestellt, da die Empfänger am Ende seines Zustellbezirkes gelegen seien und er auf diese Weise Zeit ersparen wollte. Diese Sendungen hätte er zu einem späteren Zeitpunkt zugestellt.
Dem Beamten war bewusst, dass er alle beanschrifteten Sendungen (weiße Post) umgehend hätte zustellen müssen.
NN. hat gegenüber dem Erhebungsdienst betont, dass er aufgrund von Überlastung auf die „dumme Idee“ gekommen sei, die Briefsendungen nicht ordnungsgemäß zuzustellen und diese vorschriftswidrig im Keller der Postfiliale XX „zu verstecken“. Die ganze Angelegenheit tue ihm sehr leid, er wolle sich bei seinem Arbeitgeber entschuldigen und sei bereit, jeglichen Schaden zu ersetzen. Er versicherte, „in der Vergangenheit niemals Postsendungen weggeworfen bzw. im Altpapier entsorgt“ zu haben bzw. Postsendungen gehortet oder versteckt zu haben.
Am 9. März 2016 fand in der Zustellbasis XX eine Schulung zum Thema Prozessbeschreibung zum Arbeitsablauf für die Zustellung statt, wo unter anderem hinsichtlich Info.Post Sendungen ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass die „eigenmächtige Entsorgung von bezahlten Info.Post Sendungen (Altpapier liegenlassen, abstellen im Gebäude, einlegen in ein anderes Fach)“ einen strafrechtlichen Tatbestand darstellen würde und bei Zuwiderhandeln neben den dienstrechtlichen Konsequenzen auch strafrechtliche Konsequenzen zu erwarten wären.“ Dieses Schulungsthema sei NN. nachweislich am 10. März 2016 zur Kenntnis gebracht worden.
Der Sachverhalt ergibt sich aus der Disziplinaranzeige vom 5. Dezember 2016, der niederschriftlichen Einvernahme von NN. vom 14. November 2016, dem Dienstzettel des Erhebungsdienstes vom 15. November 2016 samt Fotos der nicht zugestellten Sendungen und Belege der Sendungsnachforschungen der eingeschriebenen Sendungen bzw. Kleinpakete sowie den SAP-Ausdrucken.
Am 24. März 2017 wurde vom zuständigen Senat VII der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen (BMF) eine mündliche Verhandlung in der gegenständchen Disziplinarsache nach ordnungsgemäßer Ladung des Beschuldigten (von diesem am 18. Jänner 2017 übernommen) - aufgrund des unentschuldigten Nichterscheinens des Beschuldigten und des Verteidigers - in Abwesenheit des Beschuldigten gemäß § 125a Abs.1 BDG 1979 durchgeführt. Zur subjektiven Tatseite wurde angeregt, die Erstellung eines fachärztlichen Gutachtens auf dem Gebiet der Psychiatrie und Neurologie zu veranlassen, ob und inwieweit das inkriminierte Verhalten auf eine psychische Erkrankung oder auf sonstige krankhafte Faktoren, wie Alkoholmissbrauch, zurückzuführen war. Die Dienstbehörde wurde um Unterstützung ersucht. Es erfolgte eine Vertagung auf unbestimmte Zeit.
In weiterer Folge beantragte der Beschuldigte seine Versetzung in den Ruhestand gemäß § 14 BDG 1979.
Nach Änderung der Senatszusammensetzung wurde vom zuständigen Senat IV der Disziplinarkommission beim BMF für 3. August 2018 eine mündliche Verhandlung in der gegenständlichen Disziplinarsache anberaumt.
NN. übernahm die mit RSA zugestellte Ladung am 16. Juli 2018.
Der bisherige Verteidiger teilte nach Zustellung der Ladung mit, dass er die Vertretung aufgrund seiner eigenen Pensionierung zurückgelegt hat.
NN. erschien unentschuldigt nicht zur Verhandlung, gemäß § 125a Abs.1 BDG 1979 fand die Verhandlung daher in Abwesenheit des Beschuldigten statt. Die Verhandlung wurde gemäß § 125 letzter Satz BDG 1979 wiederholt, da sich seit der zum Zeitpunkt letzten Verhandlung vom 24. März 2017 die Senatszusammensetzung geändert hat und zudem seit der Vertagung mehr als 6 Monate verstrichen waren.
Zur objektiven Tatseite wurde auf den Akteninhalt, insbesondere die Disziplinaranzeige vom 5. Dezember 2016, die niederschriftliche Einvernahme von NN. vom 14. November 2016 und den Dienstzettel des Erhebungsdienstes vom 15. November 2016 verwiesen, die vom Bereichsleiter BL West am 3. August 2018 übermittelte Aufstellung der Korridorstunden aus dem Jahr 2016, das Gutachten der PVA vom 4. Dezember 2017 einschließlich Einzelgutachten, Belehrung/Ermahnung des Beschuldigten durch den Dienstvorgesetzten vom 11. November 2016, Dienstbeurteilung durch den Vorgesetzten vom 15. November 2016.
Ursachen der Handlungen des Beschuldigten waren, nach seiner Aussage, eine Überforderung bzw. Überlastung.
Die dienstrechtlichen Daten wurden aus den im Akt befindlichen SAP-Ausdrucken übernommen.
Persönliche Verhältnisse: Verheiratet, 2 erwachsene Kinder, Ehefrau ist laut ärztlichem Gesamtgutachten der PVA vom 27. Jänner 2017 Hausfrau.
Bruttobezug: … Euro im Monat, Naturalwohnung (Sachbezugswert beträgt Euro 352,69) laut fernm. Auskunft von Herrn R./Personalamt Innsbruck vom 3. August 2018.
Die Disziplinaranwältin beantragte die Entlassung, im Wesentlichen mit der folgenden Begründung:
NN. habe seinen Antrag auf Versetzung in den Ruhestand erst am 26 Juni 2017, also erst 7 Monate nach Aufdeckung der Tat gestellt. Laut Stellungnahme des chefärztlichen Dienstes bei der PVA vom 4. Dezember 2017 liege beim Beschuldigten ein beginnendes amnestisches Syndrom, bei psychiatrischer und Verhaltensstörung durch Alkohol, Abhängigkeitssyndrom und angegebener Abstinenz seit November 2016 vor.
Dazu sei anzumerken, dass diese Abstinenz offensichtlich nach Aufdeckung der Tat erst angegeben sei, wobei im ärztlichen Gesamtgutachten vom 27. Juli 2017 unter Anamnese zu lesen sei, dass ein chronischer Alkoholkonsum vorliegen würde mit aktueller Abstinenz seit 2 Monaten. Unter derzeitigen Beschwerden sei dort zu lesen, dass der Beschuldigte angibt, dass sein Hauptproblem sein chronischer Alkoholkonsum sei, welcher seit über 30 Jahren bestehe, wobei er bei seinem Dienst als Postzusteller meist 2 Bier zu Mittag und 2 Bier am Abend getrunken habe.
Laut klinisch-neuropsychologischem Gutachten von Frau Dr. B. vom 10. Juli 2017, Seite 10, zeigt die kognitive Leistungsfähigkeit des Beschuldigten eine mittelgradige bis grenzwertig schwere Beeinträchtigung. Aus Sicht der Disziplinaranwältin sei die Schuldfähigkeit daher nicht aufgehoben.
Die Verhandlungsschrift über die mündliche Verhandlung vom 3. August 2018 wurde NN. mit RSa, vom Beschuldigten am 8. August 2018 übernommen, zugestellt, wobei NN. die Möglichkeit gegeben wurde, gemäß § 125a Abs. 4 BDG 1979 binnen einer Frist von 2 Wochen ab Zustellung des Verhandlungsprotokolls Stellung zu nehmen. Es erging weiters der Hinweis, dass nach Ablauf der Frist bzw. bei fristgerechtem Einlangen der Stellungnahme das Disziplinarerkenntnis in Schriftform ergehen werde.
NN. brachte trotz des Entlassungsantrages der Disziplinaranwältin keine Stellungnahme ein.
Am 22. November 2018 fand eine weitere mündliche Verhandlung in der gegenständlichen Disziplinarsache statt. Die Bezug habende Ladung (in welcher auf die Säumnisfolge hingewiesen wurde) war dem Beschuldigten mit RSa zugestellt und von diesem am 12. November 2018 übernommen worden. Der Beschuldigte erschien unentschuldigt nicht, daher wurde die Verhandlung in Abwesenheit des Beschuldigten durchgeführt (§ 125a Abs.1 BDG 1979).
Zur Fundierung der Einschätzung der Schuldfähigkeit von NN. durch den Senat wurde Herr Mag. Bernd Gamsjäger geladen. Weiters wollte der Senat einen weiteren Versuch unternehmen, sich persönlich ein Bild vom Beschuldigten zu machen, zumal die nicht erfolgte Reaktion auf den Entlassungsantrag der Disziplinaranwältin auch eine erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigung von NN.vermuten ließ.
Mag. G., Experte der Österreichischen Post AG auf dem Gebiet der Pensionierung von BeamtInnen und in dieser Funktion langjährig erfahren im Bereich des Ziehens von Schlussfolgerungen aus Gutachten der Pensionsversicherungsanstalt für Angestellte, wurde zur Frage der Schuldfähigkeit auf Basis der im Gegenstand Bezug habenden Stellungnahme des chefärztlichen Dienstes der Pensionsversicherungsanstalt, Landesstelle Vorarlberg, vom 4. Dezember 2017 (inkl. Ärztliches Gesamtgutachten zum Antrag auf Dienstunfähigkeit vom 1. Dezember 2017, Psychisch-geistiges Leistungsvermögen nach MELBA vom 10. November 2017, Klinisch-Neuropsychologisches Gutachten von Frau Dr. B. vom 10. November 2017, psychiatrische Gutachten von Dr. G. vom 22. November 2017) in der mündlichen Verhandlung am 22. November 2018 um seine Interpretation des Gutachtens auf Basis seines Erfahrungswissens und in der Zusammenschau mit anderen Gutachten ersucht. Insbesondere wurde er um Einschätzung gebeten, wie weit aus dem Gutachten auf die Schuldfähigkeit zum Tatzeitpunkt geschlossen werden könne.
Herr Mag. G. verwies auf das ärztliche Gutachten von 27. Juli 2017, auf die Stellungnahme des chefärztlichen Dienstes und auf das MELBA Gutachten, und legt in diesem Zusammenhang ein Auswertungsglossar für derartige Gutachten vor. Das MELBA Gutachten, welches sich der kognitiven Leistungsfähigkeit widmet, sei dabei gar nicht so entscheidend. Vielmehr sei den Unterlagen in der Gesamtschau zu entnehmen, dass durch übermäßigen Alkoholkonsum mittlerweile eine Verhaltensstörung eingetreten sei. Insbesondere verweise er auf die letzten drei Punkte des Leistungskalküls.
Punkt 1 Arbeitstempo: geringer Zeitdruck
Punkt 2 psychische Belastbarkeit: ist nicht mehr messbar
Punkt 3 geistiges Leistungsverhältnis: sehr einfach
Alleine diese drei Punkte sagen aus, dass im Vergleich mit anderen Gutachten die Beeinträchtigungen des Beschuldigten noch schwerwiegender seien. Solche Ausprägungen habe man ganz selten.
Die psychische Belastbarkeit sei im Gesamtrestleistungskalkül gar nicht ausgefüllt, weil sie so schwach sei, dass sie nicht einmal mehr messbar sei.
Hingewiesen wird auf das psychiatrische Gutachten von Dr. G. und auf das Gutachten von Dr. B.. Bei dem Gutachten von Dr. B. sei unter Punkt 9, ärztliche Beurteilung der Leistungsfähigkeit, auf den letzten Absatz Bezug zu nehmen.
In Zusammenschau der Befunde werde festgehalten, dass die cerebrale Belastbarkeit zu gering zur Aufnahme einer Arbeitstätigkeit am ersten Arbeitsmarkt ist (freier Arbeitsmarkt).
Arbeitstätigkeiten am zweiten Arbeitsmarkt, wofür er in Frage kommen würde, seien mit öffentlichen Geldern unterstützte Arbeitsplätze (Behindertenwerkstätten, etc.). Da gehe es nicht um Wertschöpfung, sondern um irgendeine Beschäftigung.
Eine solche Aussage kenne er aus seiner bisherigen Tätigkeit noch nicht.
Der Beschuldigte habe offensichtlich durch den langjährigen Alkoholkonsum - wie im Gutachten beschrieben - cerebrale Einschränkungen. Da liege eine sehr schwerwiegende Störung vor.
Zur Frage der Schuldfähigkeit:
Mag. G. hielt fest, er sei kein Facharzt, aber im Gutachten von Dr. B. sehe man auf Seite 4, dass der Beschuldigte zur kurzfristigen sowie längerfristigen Merkfähigkeit bezüglich Textwiedergabe schwer beeinträchtigt sei. Das heißt, er habe wirklich Schwierigkeiten, Denkleistungen zu vollbringen. Auf der Seite 5, wo es um Formen nachzeichnen gehe, werde ausgeführt, dass die kritische Kontrolle nicht in Takt sei. Fazit: Er könne sein Tun und Handeln nicht mehr kritisch hinterfragen.
Zu einem gewissen Grad könne ein Rest an Einsichtsfähigkeit, sein Unrecht zu erkennen, noch gegeben sein.
Aus der angeführten deutliche Stressintoleranz, die offensichtlich schon krankheitsbedingt sei, schließe Mag. G., wenn Stress auftritt, dass NN. damit einfach nicht mehr umgehen könne. Er könnte dann nicht mehr Herr seiner Sinne sein.
NN. habe mittelgradige Gedächtnisstörungen, Aufmerksamkeitsstörungen. Es dürften damals noch einige Belastungen dazu gekommen sein (Systemisierung, Weihnachtsverkehr, etc.). Er sei möglicherweise längere Zeit knapp unter der Grenze und dann sei alles auf einmal hervorgebrochen.
In Bestätigung der Conclusio des Vorsitzenden: Man könne also sagen, dass eine schwere Beeinträchtigung vorgelegen sei. Es kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass er damals die Tatseite erkannt habe und damit auch das subjektive Tatbild erfüllt sei. Dies wäre aber dann hart an der Grenze.
Die Disziplinaranwältin beantragte aufgrund der Ausführungen des Zeugen nur mehr eine schuldangemessene Bestrafung in Form einer Geldstrafe und nicht mehr die Entlassung.
Der Senat hat erwogen:
Die objektive Tatseite und die Verwerflichkeit der im Spruch des Einleitungsbeschlusses dargestellten Tathandlungen sind als gegeben angenommen.
Aus spezialpräventiver Sicht ist festzuhalten, dass die Tathandlungen gegen die Dienstpflichten eines Zustellers verstoßen haben und schwerwiegend sind. Allerdings hat der Senat nach Würdigung des Gutachtens der PVA vom 4. Dezember 2017, auch wenn es verzögert im Hinblick auf die Tatzeit verfasst wurde, sowie nach Würdigung der Zeugenaussage als erwiesen angenommen, dass die Schuldfähigkeit zum Tatzeitpunkt nur temporär und dann auch nur in sehr geringem Ausmaß gegeben war.
Für den Mitarbeiter spricht, dass er über viele Jahre eine gute Dienstleistung erbracht hat und erst zum Tatzeitpunkt eine negative Performance aufweist.
Der Alkoholkonsum im Vorfeld mit der eingestandenen Konsumation während der Dienstzeit, hat mit Sicherheit auch zur Forcierung der Krankheit beigetragen, wodurch es letztlich zu den Tathandlungen gekommen ist.
Der Senat hat aus der Thematik des gesamten Ergebnisses der Beweisaufnahme daher entschieden, die Disziplinarstrafe des Verweises auszusprechen.
Die Suspendierung wird somit aufgehoben.
Zuletzt aktualisiert am
29.01.2019