Norm
BDG 1979 §43 Abs1Schlagworte
Nichtbearbeiten von Postsendungen, fortgesetztes Delikt über mehrere Jahre, Verstoß gegen Zustellvorschriften, GeldstrafeText
D I S Z I P L I N A R E R K E N N T N I S
Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen hat durch MR Mag. Friedrich PAUL als Senatsvorsitzenden sowie MR Mag. Felix KOLLMANN und ADir Veronika SCHMIDT als weitere Mitglieder des Disziplinarsenates IV nach der am 12. Dezember 2018 in Anwesenheit der Disziplinaranwältin MR Mag. Ursula BACHMAIR, MBA und des Beschuldigten NN, vertreten durch den Beamten Kurt HOLZER, durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
NN
Beamter des Ruhestandes
ehem. Distributionsleiter der ZB XX
ist
s c h u l d i g.
Er hat als Distributionsleiter der Zustellbasis XX
1. nachfolgend angeführte Sendungen aus den Jahren 2000 bis 2017 nicht weiter bearbeitet, sodass diese anlässlich des Zusammenräumens seines Büros durch die Gebietsleiterin am 27. September 2017 aufgefunden wurden:
a.) einen Hybrid RSb mit der Nummer ….BBJ01817003180…., am 4. April 2017 von der Zustellerin T. mit dem Vermerk „Zustellhindernis“ übergeben,
b.) eine geöffnete Einschreibsendung, mit der Nummer ….1592250…., vom 3. Februar 2000, die 2 goldenen Eheringe enthielt und an die A. in XX gerichtet war,
c.) ein Kuvert mit Essensbons aus dem Jahr 2009, wobei aus der damaligen Übernahmsliste ersichtlich ist, dass dieses an den Mitarbeiter G. ausgehändigt hätte werden sollen und ein Kuvert mit Essensbons vom Mai 2004 für den Mitarbeiter H., das nicht an ihn ausgehändigt wurde,
d.) ein Essensbonkuvert vom April 2015 für die Mitarbeiterin F., das wegen Ausscheidens der Bediensteten an „Post Sozial“ zu retournieren gewesen wäre, und ein Kuvert mit Essenbons vom August 2016 für die ehemalige Mitarbeiterin S., welches ebenfalls an Post Sozial zurückgesendet hätte werden müssen,
2. im Archiv der Zustellbasis XX in mehreren Behältern nachfolgend angeführte Sendungen vermischt mit eigener Privatpost gelagert und nicht weiterbearbeitet zu haben, sodass diese Sendungen ebenfalls von der Gebietsleiterin am 27. September 2017 aufgefunden wurden:
a.) einen RSa Brief des Bezirksgerichtes XX, GZ ….68/03m-5,…., Empfängerin A., xx,xx.
b.) einen Hybrid RSb Brief des Bezirksgerichts Korneuburg, mit der Nummer ….BBJ11015001539…., vom 3. Mai 2015, Empfängerin A. KG, mit einem Nachsendevermerk vom 3. Mai 2015,
c.) einen RS-Brief mit der Geschäftszahl ..(…/6053)…. des Finanzamtes Gänserndorf/Mistelbach gerichtet an die Wohnungseigentümergemeinschaft LZ 3160, XX, XX, mit dem Hinterlegungsvermerk vom 15. April 2015,
d.) eine Einschreibsendung mit der Nummer ….037252…., gerichtet an die Schalterleitung der Postfiliale XX,
e.) ein Paket mit der Aufgabenummer …..090020040…., der Firma A., Postfach …, XX, vom 5. Jänner 2001, für die Empfängerin W., XX, XX,
f.) eine weitere Paketsendung mit der Nummer ….4990000092508…. von der Unternehmenszentrale der Österreichischen Post AG, gerichtet an die Zustellbasis XX,
g.) eine Postvollmacht des Postkunden W., XX, XX vom 6. Mai 2001, sowie eine Postvollmacht der Firma G. GmbH, in XX vom 13. April 2001,
3. insgesamt über 100 Stück teils geöffnete und teils noch ungeöffnete Briefsendungen aus den Jahren 1998 bis 2016 nicht ordnungsgemäß bearbeitet, sondern auf der Zustellbasis gelagert zu haben, sodass diese ebenfalls am 27. September 2017 dort aufgefunden und sichergestellt werden konnten,
4. einen für die Weihnachtsfeier der Zustellbasis XX bestimmten Geldbetrag in der Höhe von € 106,55 aus dem Getränkeautomat auf der Zustellbasis entnommen und für seine private Abschiedsfeier von der Zustellbasis verwendet zu haben,
5. für den in der Zustellbasis befindlichen Tresor dem Mitsperrer den
2. Tresorschlüssel in der Früh abgenommen zu haben und bis zum Dienstende somit im Besitz beider Tresorschlüssel gewesen zu sein, wodurch ein beträchtliches Sicherheitsrisiko entstand und
6. im Jahr 2017 auf der Zustellbasis XX keine IKS Prüfungen durchgeführt zu haben.
NN hat damit die Dienstpflichten eines Beamten nach dem Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, nämlich
seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zu Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen (§ 43 Abs.1 BDG 1979),
seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen (§ 44 Abs. 1 BDG 1979)
sowie
in seinem gesamten Verhalten auf das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben Bedacht zu nehmen (§ 43 Abs. 2 BDG 1979),
schuldhaft verletzt und dadurch Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 91 BDG 1979 begangen
Es wird daher über ihn gemäß § 126 Abs. 2 in Verbindung mit § 134 Abs. Z 2 BDG 1979 die
Disziplinarstrafe der
G e l d s t r a f e
in der Höhe von € 3.600
verhängt.
Gemäß § 127 Abs. 2 BDG 1979 wird die Abstattung der Geldstrafe in 36 Monatsraten bewilligt.
Gemäß § 117 Abs. 2 BDG 1979 wird festgehalten, dass keine Verfahrenskosten zu ersetzen sind.
B e g r ü n d u n g
NN, geboren am 2. Mai 1960, steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und wurde der Österreichischen Post AG zur Dienstleistung zugewiesen. Er stand seit
10. Februar 1986 im Postdienst und wurde seit 1998 als Leiter des damaligen Postamtes XX eingesetzt. Seit Mai 2004 war er als Distributionsleiter der Zustellbasis XX in Verwendung. Mit 1. September 2017 wurde auch auf der Zustellbasis XX das System „Teamwork 2018“ eingeführt und die Basis wurde von einem Gebietsleiter übernommen. NN versah seit diesem Zeitpunkt seinen Dienst auf der Zustellbasis XX. Mit Ablauf des
24. Oktober 2017 wurde NN vom Dienst freigestellt.
Als die neue Gebietsleiterin A. am 27. September 2017 das Büro des Distributionsleiters in der Zustellbasis XX zusammenräumen wollte, stieß sie auf die oben angeführten Sendungen. In weiterer Folge begab sie sich auch in das Archiv der Zustellbasis, wo sie weitere Postsendungen vorfand, die mit Privatpost durchmischt in Kisten lagerten. Insgesamt waren es 135 Sendungen die NN nicht bearbeitet oder weitergeleitet hat, sondern zum Teil noch ungeöffnet in den Kisten lagerte.
Niederschriftlich dazu vom Erhebungsdienst der Österreichischen Post AG am
24. Oktober 2017 befragt, gab NN im Wesentlichen an, die Postsendungen immer auf einen Stapel auf seinem Schreibtisch gelegt zu haben. Wenn dieser Stapel zu hoch geworden sei, hätte er einen neuen Stapel begonnen. Dadurch, dass auf die Postsendungen immer neue Sendungen daraufgelegt worden wäre, hätte er auf die darunterliegenden Sendungen vergessen. Anlässlich der Übersiedlung vom Gebäude des Postamtes in das Gebäude der Zustellbasis hätte er sämtlich Stapel genommen und in Bananenkisten verpackt. Auf der Zustellbasis hätte er die Stöße aber nicht mehr ausgeräumt, sondern im Büro in seinen Kästen bzw. im Archiv gelagert. Er wisse nicht, warum er die nunmehr aufgefundenen Sendungen damals nicht weitergeleitet bzw. bearbeitet hätte. Er gab aber zu, dass er für diese Sendungen verantwortlich gewesen wäre.
Hinsichtlich des Geldes aus dem Automatencatering gab NN an, dass ihm die gesamte Abschiedsfeier über € 600, -- gekostet hätte. Er hätte gedacht, dass das Geld nur im Zuge einer Feier zu verwenden ist und er es eben für die Abschiedsfeier genommen hätte. Die Mitarbeiter hätten von dieser Vorgangsweise nichts gewusst. Er wäre aber selbstverständlich bereit, das Geld zurückzuzahlen, sodass die Weihnachtsfeier 2017 daraus bezahlt werden könne.
Weiters gab NN auch an, dass er die Verantwortung für die nicht weitergeleiteten Essensbons übernehmen würde. Er hätte im Fall von S. und F. vergessen, die Essensbons an „Post Sozial“ zurückzuschicken. Die Essensbons für den Springer S. hätte er diesem sicher nachgeschickt, aber vergessen, die Einschreibnummer auf der Ausgabebestätigung einzutragen. Die Essensbons für Herrn H. und Herrn L. hätte er vergessen auszufolgen, weil die beiden Mitarbeiter zu der Zeit vermutlich auf Urlaub oder im Krankenstand gewesen wären.
Hinsichtlich der offenen Einschreibsendung vom 3. Februar 2000, die 2 Eheringe enthielt, gab NN zu, dass er die Verantwortung für die Weiterbearbeitung der Sendung gehabt hätte. Er hätte die Sendung damals auf den Stapel gelegt und in der Folge darauf vergessen. Auf Befragen, wer damals für den Schaden aufgekommen wäre, gab NN an, dass dies vermutlich die Österreichische Post AG gewesen wäre.
Dieser Sachverhalt ergibt sich aus der Disziplinaranzeige des Personalamtes Wien vom 8. Februar 2018 sowie der niederschriftlichen Einvernahme von NN am 24. Oktober 2017.
Da sich unter den aufgefundenen Sendungen auch RSa- und RSb- Briefe befanden und die Organe der Österreichische Post AG bei der Zustellung somit in der Hoheitsverwaltung tätig waren, wurde vom Erhebungsdienst unter der Zahl B5/14565/2017-Rau Anzeige bei der Polizeiinspektion Mistelbach erstattet. Mit Schreiben vom 7. März 2018 teilte die Staatsanwaltschaft Korneuburg mit, dass das gegen NN unter der Zahl 3 St 163/17x geführte Ermittlungsverfahren gem.
§ 190 Z 1 und 2 StPO eingestellt wurde, weil teils keine gerichtlich strafbaren Tatbestände vorlagen, teils ein entsprechender Vorsatz nicht nachgewiesen werden konnte.
Der Senat hat Folgendes erwogen:
Im Zuge der mündlichen Verhandlung am 12. Dezember 2018 zeigte sich NN
letztlich zu den einzelnen Tatvorwürfen voll geständig. Anfangs führte er noch aus, dass nicht sämtliche Unterlassungen zu seinem Zuständigkeitsbereich gehört hätten, dann führte er sein angebliches gewissenhaftes Arbeiten ins Treffen, da er sämtliche Erlässe und Arbeitsanweisungen auch physisch abgelegt habe, unter denen ein Teil der Postsendungen verloren gegangen wäre, bis letztlich mit den umgangssprachlichen Ausführungen, ein Papier-Messi zu sein, der sorglose Umgang mit anvertrauten Sendungen eingestanden wurde. Auch wenn NN zuzugestehen war, dass kein Bereicherungsvorsatz bestand, ist ein solches sich über mehrere Jahre hinziehendes Verhalten für eine Führungskraft der Österreichischen Post AG schon aus dem Gesichtspunkt der Vorbildfunktion untragbar.
Fakt ist, dass die gegenständlichen Sendungen im Büro des Distributionsleiters sowie im Archiv der Zustellbasis XX aufgefunden wurden und es Aufgabe von NN gewesen wäre, die Sendungen zu bearbeiten. Aufgrund der langen Erfahrung als Distributionsleiter kann Unwissenheit über das korrekte Vorgehen als Grund für die Nichtbearbeitung der Sendungen ausgeschlossen werden. Wie sich herausstellte, sind die vorgefundenen Sendungen auch nicht auf einen kurzen Zeitraum beschränkt, sondern ziehen sich die Nichtbearbeitungen über Jahre hinweg.
Erschwerend kommt hinzu, dass er nach eigenen Aussagen von seinem Vorgesetzten aufgefordert wurde, Ordnung zu schaffen. Dieser Aufforderung kam NN aber nicht nach. Es bedurfte erst einer Organisationsänderung, bis die Lagerung der unerledigten bzw. nicht vollständig bearbeiteten Sendungen im Archiv und den Büroräumlichkeiten des NN zu Tage getreten ist. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die meisten der unterlassenen Arbeitsschritte jederzeit hätten nachgeholt werden können, ohne dadurch die vorangehenden Unterlassungen eingestehen zu müssen.
Auch die mündlich am Verhandlungstag eingeholte Dienstbeurteilung des letzten Dienstvorgesetzten, wonach NN nur das Notwendigste getan hätte, anderen habe er seine Arbeit machen lassen und den Dingen ihren Lauf gelassen, bestätigte den gewonnenen Eindruck. Wenn NN eine wesentlich positivere Dienstbeurteilung seines früheren Vorgesetzten ins Treffen führt, muss dabei berücksichtigt werden, dass damals die unbearbeiteten Sendungen nicht bekannt waren und der Anlassfall der Erstellung ebenfalls problematisch, aber aus positiv zu bewertenden Motiven erfolgte.
NN hat durch das in Rede stehende Verhalten das ihm vom Dienstgeber entgegengebrachte Vertrauen gröblich verletzt und damit gegen die ihm auferlegten Dienstpflichten in schwerwiegender Weise verstoßen. Der objektive Unrechtsgehalt der NN angelasteten Dienstpflichtverletzungen ist dabei als schwerwiegend einzustufen, weil jeder Beamte wissen muss, dass klar definierte Weisungen, die für die Aufrechterhaltung des geordneten Dienstbetriebes unverzichtbar sind, einzuhalten sind.
Das Disziplinarrecht hat den Zweck, Beeinträchtigungen des Vertrauensverhältnisses, die durch Fehlverhalten der Beamtinnen und Beamten entstehen, zu beseitigen bzw. zu vermeiden.
Einerseits soll ein konstruktiver Gesinnungswandel (Einsicht) erreicht werden, der davon abhält, künftig weitere Dienstpflichtverletzungen zu begehen (Spezialprävention), andererseits muss mit dem Strafmittel auch ein Signal an andere Beamtinnen und Beamte gesetzt werden, diese von der Begehung ähnlicher Dienstpflichtverletzungen abzuhalten, beziehungsweise ihr normgerechtes Verhalten zu bestätigen (Generalprävention).
In spezialpräventiver Hinsicht war aber zu berücksichtigen, dass NN mit Ablauf des 30.11.2018 in den Ruhestand versetzt wurde und damit eine Wiederholungsgefahr nicht gegeben ist. Aus generalpräventiven Gründen bestand dennoch Handlungsbedarf, da klar zu stellen ist, dass eine derart gleichgültige Einstellung gegenüber den Dienstpflichten keinesfalls toleriert wird.
Für die Strafbemessung wurde mildernd das Geständnis herangezogen, auch wenn für den Senat anfangs nur geringe Einsicht des Beschuldigten erkennbar war.
Unter Abwägung der ausgeführten Erschwerungs- und Milderungsgründe ging der erkennende Senat im gegenständlichen Fall daher davon aus, dass die Verhängung einer Geldstrafe in Höhe von EUR 3.600,-- schuld- und tatangemessen ist. Dieses Strafausmaß sollte gerade noch ausreichend sein, um andere Bedienstete von gleichartigen Dienstpflichtverletzungen abzuhalten.
Bei der Strafbemessung wurden auch die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten angemessen berücksichtigt. NN, hat einen Ruhebezug von Euro 2.372 brutto/Monat, keinerlei Sorgepflichten, keine Kredite und auch keine Mietaufwendungen zu bestreiten.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zuletzt aktualisiert am
29.01.2019