TE Lvwg Erkenntnis 2018/8/31 VGW-103/064/8637/2018

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Veröffentlicht am 31.08.2018
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Entscheidungsdatum

31.08.2018

Index

41/02 Melderecht

Norm

MeldeG §4 Abs1
MeldeG §15

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Wildpanner-Gugatschka über die Beschwerde des Herrn A. B., vertreten durch, Rechtsanwälte, gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 62, vom 17.05.2018, Zl. ..., mit welchem das Melderegister durch die Abmeldung des Beschwerdeführers gemäß § 15 iVm § 4 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das polizeiliche Meldewesen (Meldegesetz 1991 - MeldeG), BGBl. Nr. 9/1992, idgF, berichtigt wurde, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 9.8.2018,

zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid vom 17.5.2018 wurde das Melderegister durch Abmeldung des Beschwerdeführers von der Adresse Wien, C.-gasse, gemäß § 15 iVm § 4 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das polizeiliche Meldewesen (Meldegesetz 1991), BGBl. Nr. 9/1992 in der geltenden Fassung, amtswegig berichtigt. Als Begründung wurde darin auszugsweise Folgendes angeführt:

„Mit E-Mail vom 15.01.2018 teilte uns die Magistratsabteilung 6 – Erhebungs- und Vollstreckungsdienst mit, dass bei Hauserhebungen an der Adresse Wien, C.-gasse, am 24.11.2017 und am 12.01.2018 niemand angetroffen wurde. Der am 24.11.2017 befragte Nachbar von Tür 16 gab an, dass er schon seit zwei oder drei Monaten an der verfahrensgegenständlichen Adresse niemanden mehr gesehen habe.

Mit E-Mail vom 19.03.2018 teilte uns die Magistratsabteilung 6 – Erhebungs- und Vollstreckungsdienst mit, dass bei Hauserhebungen an der Adresse Wien, C.-gasse, am 23.02.2018 und am 19.03.2018 niemand angetroffen wurde. Der befragte Nachbar von Tür Nr. 13 gab bei beiden Erhebungen an, dass er schon längere Zeit an der verfahrensgegenständlichen Adresse niemanden mehr gesehen habe.

Durch diese Angaben haben wir in unserer Funktion als Meldebehörde davon Kenntnis erlangt, dass Herr A. B., der seit 17.03.1970 an der Adresse Wien, C.-gasse, mit Hauptwohnsitz gemeldet ist, dort nicht mehr wohnt.

Aufgrund der von uns an die Adresse D., E.-straße (Nebenwohnsitz seit 24.04.2007) versendeten Aufforderung zur Stellungnahme vom 22.03.2018 erschien Herr A. B. am 03.04.2018 bei uns und gab an, die meiste Zeit bei seiner Frau in D. zu wohnen bzw. von März bis Oktober/November in seinem Wohnmobil. Gelegentlich, ein- bis zweimal im Monat, würde er auch an seinem Hauptwohnsitz in Wien nach dem Rechten sehen und sich um die Post bzw. um die Bankgeschäfte […] kümmern. Dabei würde er auch von den Nachbarn wahrgenommen. Die Meldung halte er aufrecht, um die Wohnung (eine Wohnung von Wiener Wohnen) nicht zu verlieren.

Im Hinblick auf das Ergebnis der Erhebungen der Magistratsabteilung 6 – Erhebungs- und Vollstreckungsdienst an der Adresse Wien, C.-gasse, am 24.11.2017, am 12.01.2018, am 23.02.2018 und am 19.03.2018 sowie die von Herrn A. B. am 03.04.2018 bei seiner Vernehmung gemachten Angaben, dass er die meiste Zeit bei seiner Frau in D. bzw. von März bis Oktober/November in seinem Wohnmobil wohne und nur gelegentlich, ein- bis zweimal im Monat, seinen Hauptwohnsitz in Wien aufsuche, um sich um die Post bzw. seine Bankgeschäfte zu kümmern, steht für die Meldebehörde fest, dass Herr A. B. an der Adresse Wien, C.-gasse, nicht mehr wohnt.

[…]

Für die Meldebehörde steht auf Grund des Beweisverfahrens fest, dass Herr A. B. die gegenständliche Wohnung tatsächlich nicht mehr zum Wohnen oder Schlafen benützt, d.h. die gegenständliche Wohnung nicht mehr widmungsgemäß bewohnt. Wie Herr B. selbst angibt, hat seine Meldung nur den Grund, weiter über die gegenständliche Wohnung verfügen zu können.

Da Herr A. B. seiner Pflicht zur Abmeldung gemäß § 4 MeldeG nicht nachgekommen ist, ist das Melderegister durch amtswegige Abmeldung zu berichtigen.“

 

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vom 15.6.2018, in welcher insbesondere Folgendes vorgebracht wird:

„Der Beschwerdeführer ist seit sehr langer Zeit Mieter der Wohnung Wien, C.-gasse. Der Beschwerdeführer hat die Sommer der vergangenen Jahre zumeist in einem Wohnmobil an einem Badesee bei D. verbracht, wo der Beschwerdeführer die Sommermonate in der Natur genießt. Auch in den Sommermonaten ist es aber so, dass der Beschwerdeführer regelmäßig in die Wohnung C.-gasse kommt, um nach dem Rechten zu sehen. Er nimmt dann die Post mit, lüftet die Wohnung und hält die Wohnung auch sauber. In der Wohnung befinden sich auch zahlreiche Habseligkeiten und persönliche Gegenstände des Beschwerdeführers. So sind zahlreiche Kleidungsstücke und Bücher, sowie private Gegenstände in der Wohnung. In den Wintermonaten bewohnt er auch tatsächlich die Wohnung in Wien. Es ist keinesfalls davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer den Wohnsitz in Wien aufgegeben hat. Dies vor allem deshalb, weil sich – wie bereits vorgebracht – zahlreiche private Gegenstände wie Kleidungsstücke, Bilder, Fotos, Bücher, etc. in der Wohnung befinden, als auch aufgrund der Tatsache, dass er in den Wintermonaten in der Wohnung auch tatsächlich wohnt und sich in den Wintermonaten sein Lebensmittelpunkt in der Wohnung befindet. Auch in den Sommermonaten gibt er diesen Wohnsitz nicht auf.

Im Sinne der Judikatur des VwGH kann […] davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer die Wohnung mit der Adresse Wien, C.-gasse, weiterhin bestimmungsgemäß benutzt und deshalb die Unterkunft in der Wohnung im Sinne des § 4 Meldegesetzes nicht aufgegeben hat (vgl. VwGH 2002/05/0834, VwGH 2011/01/0206).

Die von der MA 6 durchgeführten Hauserhebungen am 15.1.2018 und 19.3.2018 vermögen nicht zu beweisen, dass der Beschwerdeführer seinen Wohnsitz aufgegeben hat. Festzuhalten ist, dass der Beschwerdeführer kein persönliches Verhältnis zu seinen Nachbarn in Wien aufgebaut hat und es äußerst unwahrscheinlich ist, dass man einander regelmäßig trifft. Der Beschwerdeführer ist Pensionist und hat einen anderen Lebensrhythmus als beispielsweise Studenten oder Werktätige. Allein aufgrund der Tatsache, dass Nachbarn des Beschwerdeführers diesen nicht häufig am Gang des Hauses sehen und er an diesen beiden Tagen zufälligerweise nicht in der Wohnung war, kann nicht darauf geschlossen werden, dass der Beschwerdeführer seinen Wohnsitz aufgegeben hat.

Tatsächlich hat der Beschwerdeführer sowohl nach objektiven, als auch nach subjektiven Gesichtspunkten seinen Wohnsitz weiterhin auch in Wien.“

Die Beschwerde wurde von der belangten Behörde am 28.6.2018, eingelangt am 3.7.2018, mit einer Stellungnahme vorgelegt, in welcher darauf hingewiesen wurde, dass der Beschwerdeführer persönlich am 3.4.2018 bei der belangten Behörde angab, dass er die meiste Zeit in D. bei seiner Frau bzw. von März bis Oktober/November in seinem Wohnmobil wohne und lediglich ein- bis zweimal im Monat an seinen Hauptwohnsitz in Wien komme, um nach dem Rechten zu sehen und sich um die Post und Bankgeschäfte zu kümmern. Er habe nicht einmal selbst behauptet, in der Wohnung zu übernachten. Die Meldung wolle er bloß aufrechterhalten, um die Wohnung (eine Wohnung von Wiener Wohnen) nicht zu verlieren. Der Beschwerdeführer habe – wie er am 3.4.2018 selbst angab – offensichtlich Angst, durch eine Abmeldung die Wohnung zu verlieren. Aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung sei im Übrigen davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer seinen Hauptwohnsitz in D. bei seiner Ehefrau habe, die ausschließlich in D. gemeldet sei. Aus diesen Gründen werde beantragt, die gegenständliche Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde verzichtet.

Am 9.8.2018 fand beim Verwaltungsgericht Wien eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an welcher der rechtsfreundliche Vertreter des Beschwerdeführers, der Beschwerdeführer selbst sowie seine als Zeugin geladene Ehegattin teilnahmen.

In der mündlichen Verhandlung erstattete der Beschwerdeführer folgendes Vorbringen:

„Ich lebe von März bis Oktober/November gemeinsam mit meiner Gattin in einem Wohnmobil in D.. Dieses befindet sich zwei bis drei Kilometer von der Wohnung meiner Gattin entfernt. Zwischendurch komme ich regelmäßig nach Wien, um mich um meine Wohnung zu kümmern. Von Dezember bis Februar lebe ich dauerhaft in meiner Wiener Wohnung. Meine Gattin ist noch berufstätig. Ihre Arbeitsstelle befindet sich in F.. In den Wintermonaten kommt sie regelmäßig nach Wien. Wir verbringen grundsätzlich das ganze Jahr über gemeinsam, da meine Gattin aber noch arbeitet, kann es auch vorkommen, dass wir einige Tage getrennt verbringen. Das sind jedoch nie mehr als zwei bis drei Tage.

Die Wohnung in D. ist eine Eigentumswohnung. Sie gehört meiner Gattin alleine. Meine Gattin kümmert sich auch alleine um diese Wohnung. Ich bezahle die Miete für meine Wohnung in Wien alleine. Um alles Finanzielle rund um die Wohnung in D. kümmert sich meine Gattin alleine.

Mein Sohn G. ist in der C.-gasse mit Hauptwohnsitz gemeldet und lebt dort auch dauerhaft. Ich sehe ihn, wenn ich die Wohnung aufsuche. Die Wohnung ist nicht untervermietet, das würde ich nicht niemals zulassen.

Nur ich und mein Sohn haben einen Schlüssel für die Wohnung. Diesen kann ich auch vorzeigen.

Ich habe einen Nachsendeauftrag eingerichtet, sodass mir die Post nach D. nachgeschickt wird. Dieser läuft über das ganze Jahr. Da meine Gattin auch im Winter in D. ist, sagt sie mir stets, wenn Post für mich gekommen ist.

Meine Gattin und ich pendeln oft auch im Winter gemeinsam zwischen Wien und D., aber nicht immer. In den Wintermonaten verbringe ich ca. 70 % meiner Zeit in Wien und ca. 30 % in D.. Ich übernachte in den Wintermonaten so gut wie immer in Wien.

Meine persönlichen Gegenstände, wie Kleidung und Toiletartikel habe ich sowohl in Wien als auch in D.. Die Wohnung in Wien ist voll ausgestattet.

Über Nachfrage, warum meine Nachbarn bei den Erhebungen durch die MA 6 angaben, mich schon seit zwei Jahren nicht mehr gesehen zu haben, gebe ich an, dass ich meine Nachbarn sehr wohl immer wieder sehe. Ich denke, dass diese Aussagen darauf zurück zu führen sind, dass ich ja sehr viel in D. bin und wenn ich mich in Wien aufhalte mich ruhig verhalte. Ich verbringe ja auch nicht den ganzen Tag in meiner Wohnung.

Meine Aussage vor der MA 62 am 03.04.2018 war so gemeint, dass ich von März bis Oktober/November in D. verbringe und nicht das ganze Jahr dort bin. Das wurde offenbar von der Behörde missverstanden.

Zum aktenkundigen Nachtrag zur Niederschrift vom 03.04.2018 (Aktenseite 10) gebe ich an, dass es nicht stimmt, dass ich gesagt habe, dass ich die Wohnung nicht als Hauptwohnsitz nutze. Was ich gemeint habe war, dass ich diese Wohnung niemals aufgeben würde. Es könnte ja in Zukunft passieren, dass ich sie brauche.

Meine Frau übernachtet auch manchmal in der Wohnung. Das kommt vor, wenn wir gemeinsam nach Wien kommen.

Ich möchte die Wohnung in Wien keinesfalls verlieren. Das ist auch der Grund, warum ich immer wieder herkomme. Es könnte ja sein, dass meine Ehe geschieden wird. In diesem Fall will ich eine Unterkunft haben. Ich schlafe auch in der Wohnung, auch damit ich diese behalten kann. Ich habe Geschwister in Wien, welche ich einmal im Jahr treffe. Dann kommt die ganze Familie zusammen. Wenn ich in Wien bin, gehe ich spazieren oder etwas Essen.“

Auf Befragen durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter ergänzte der Beschwerdeführer seine Aussage insoweit, als der Nachsendeauftrag das ganze Jahr über laufe, weil die halbjährliche Abbestellung einen zu großen administrativen Aufwand verursachen würde.

Die in der mündlichen Verhandlung als Zeugin einvernommene Ehegattin des Beschwerdeführers, Frau H. B., gab unter Wahrheitspflicht Folgendes an:

„Es ist richtig, dass ich und mein Gatte die Sommermonate in einem Wohnmobil in D. verbringen. Wir ziehen dort hin um, sobald es warm wird. Das kann im März der Fall sein oder auch erst im Juni. In dieser Zeit fährt mein Gatte immer wieder nach Wien und ist ein bis zwei Tage dort. Ich übernachte nie in Wien, wenn ich arbeite. Ich bin Vollzeit in F. berufstätig und fahre immer von D. an meine Arbeitsstätte.

Es ist nicht einzusehen, warum sich die Behörde nur auf die Aussagen der Nachbarn gestützt hat. Die Wohnanlage ist anonym.

Am Ende des Sommers (je nach Wetterlage) übersiedle ich wieder in meine Wohnung in D. und mein Gatte übersiedelt nach Wien. Am Wochenende fahre ich zu ihm.

Auch im Winter ist mein Mann unter der Woche oft in D.. Ich kann nicht angeben, wo er sich überwiegend aufhält. Auch eine ungefähre prozentuelle Angabe seines Aufenthalts kann ich nicht angeben. Es hängt davon ab, wie es sich ergibt.“

II. Sachverhalt

 

1. Das Verwaltungsgericht Wien legt seiner Entscheidung folgende Feststellungen zugrunde:

Der Beschwerdeführer ist seit 17.3.1970 mit Hauptwohnsitz an der Adresse Wien, C.-gasse, gemeldet. Die betreffende Wohnung ist eine, von Wiener Wohnen verwaltete, etwa 58 m2 große Gemeindewohnung. Neben dem Beschwerdeführer ist auch noch sein Sohn G. B., geboren am ...1975, mit Hauptwohnsitz an der gegenständlichen Adresse gemeldet.

Der Beschwerdeführer ist seit dem Jahr 2007 mit Frau H. B. verheiratet und seit 24.4.2007 ist bei ihr an der Adresse D., E.-straße, mit Nebenwohnsitz gemeldet. Diese Wohnung steht im alleinigen Eigentum von Frau B..

Der Beschwerdeführer verbringt die Sommermonate März bis Oktober bzw. November gemeinsam mit seiner Ehegattin in einem Wohnmobil in D., welches etwa zwei bis drei Kilometer von der Wohnung in D., E.-straße, entfernt liegt. Während dieser Zeit sucht er seine Wohnung in Wien, C.-gasse, regelmäßig auf, um diese zu lüften und sauber zu halten. Während der Sommermonate übernachtet der Beschwerdeführer nahezu durchgehend im Wohnmobil in D..

In den Wintermonaten Oktober bzw. November bis März übernachtet die Ehegattin des Beschwerdeführers unter der Woche stets in ihrer Eigentumswohnung in D., E.-straße, von wo sie zu ihrer Vollzeitarbeitsstelle in F. fährt. Während der dienstfreien Zeit (insbes. an den Wochenenden und im Erholungsurlaub) übernachtet Frau B. manchmal in der Wohnung ihres Ehegatten in Wien, C.-gasse.

In der Wohnung Wien, C.-gasse, befinden sich persönliche Gegenstände des Beschwerdeführers. In den Wintermonaten Oktober bzw. November bis März hält sich der Beschwerdeführer sowohl in der gegenständlichen Wohnung als auch in der Eigentumswohnung seiner Ehegattin in D., E.-straße, auf.

Der Beschwerdeführer und seine Ehegattin führen grundsätzlich das ganze Jahr über eine Wohngemeinschaft. In den Wintermonaten Oktober bzw. November bis März verbringen sie manchmal zwei bis drei Tage getrennt; und zwar wenn sich der Beschwerdeführer in Wien und seine Gattin in D. aufhalten.

Der Beschwerdeführer ist Pensionist. Er hat in Wien einen erwachsenen Sohn, welcher in der verfahrensgegenständlichen Wohnung hauptwohnsitzlich wohnhaft ist, sowie Geschwister, welche er einmal im Jahr trifft. Wenn er in Wien ist, geht er spazieren und auswärts essen.

 

Der Beschwerdeführer hat einen Nachsendeauftrag eingerichtet, sodass seine Post nach D. nachgeschickt wird. Dieser läuft das ganze Jahr über.

2. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Administrativakt der belangten Behörde, dem Beschwerdevorbringen und den Einvernahmen des Beschwerdeführers und seiner Ehegattin in der mündlichen Verhandlung am 9.8.2018. Dass der Beschwerdeführer während der Sommermonate März bis Oktober bzw. November gemeinsam mit seiner Ehegattin in einem Wohnmobil in D. lebt, wurde von ihm im verwaltungsbehördlichen und verwaltungsgerichtlichen Verfahren durchgehend angegeben und von seiner als Zeugin einvernommenen Ehegattin bestätigt. Strittig waren im gegenständlichen Verfahren daher lediglich seine Lebensumstände – insbesondere sein(e) Aufenthaltsort(e) – während der Wintermonate Oktober bzw. November bis März. Dass seine Ehegattin in den Wintermonaten hauptsächlich in ihrer Eigentumswohnung in D., E.-straße, übernachtet, hat sie in der mündlichen Verhandlung glaubwürdig angegeben.

Nicht restlos geklärt werden konnte die Frage, inwieweit der Beschwerdeführer in den Wintermonaten seine Zeit zwischen D. und Wien genau aufteilt. So gab er in der mündlichen Verhandlung einerseits an, dass er in den Wintermonaten so gut wie immer in Wien übernachte und ca. 70 % seiner Zeit in Wien verbringe. Andererseits gab er an, dass er und seine Gattin grundsätzlich das ganze Jahr über gemeinsam verbringen. Da seine Gattin noch arbeite, könne es jedoch vorkommen, dass sie einige Tage getrennt verbringen. Da seien jedoch nie mehr als zwei bis drei Tage. Seine Gattin übernachte manchmal in der Wohnung Wien, C.-gasse, wenn das Ehepaar gemeinsam nach Wien komme. Dazu im Widerspruch steht jedoch die Aussage von Frau B., wonach sie an den Wochenenden zu (nicht: mit) ihrem Ehegatten nach Wien fahre. Mit besonderem Nachdruck brachte die Zeugin vor, dass sie – weil sie in F. einer Vollzeitbeschäftigung nachgeht – nie in Wien übernachte, wenn sie am nächsten Tag Dienst habe. Damit steht auch ihre Aussage, wonach der Beschwerdeführer auch in den Wintermonaten oft unter der Woche in D. sei, im Einklang. Glaubhaft vorgebracht wurde der Zeugin zudem, dass sie nicht angeben könne, wo sich ihr Ehegatte in den Wintermonaten überwiegend aufhält, weil dies davon abhänge, „wie es sich ergibt“. Dies steht im Einklang einerseits mit seiner Stellung als Pensionist ohne besondere gesellschaftliche, familiäre oder sonstige Verpflichtungen. Es geht auch konform mit der Aussage des Beschwerdeführers, wonach er sowohl in seiner Wohnung in Wien als auch in der Eigentumswohnung seiner Ehegattin in D. persönliche Gegenstände wie Kleidung und Toilettenartikel habe.

 

III. Rechtliche Beurteilung

1. Anzuwendende Rechtsvorschriften:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über das polizeiliche Meldewesen (Meldegesetz 1991), BGBl. Nr. 9/1992 idF BGBl. I Nr. 32/2018, lauten:

„Begriffsbestimmungen

§ 1. (1) Unterkünfte sind Räume, die zum Wohnen oder Schlafen benutzt werden.

[…]

(4) Wohnungen sind Unterkünfte, soweit es sich nicht um Beherbergungsbetriebe handelt. Fahrzeuge und Zelte gelten dann als Wohnung, wenn sie im Gebiet derselben Gemeinde länger als drei Tage als Unterkunft dienen.

[…]

(6) Ein Wohnsitz eines Menschen ist an einer Unterkunft begründet, an der er sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, dort bis auf weiteres einen Anknüpfungspunkt von Lebensbeziehungen zu haben.

(7) Der Hauptwohnsitz eines Menschen ist an jener Unterkunft begründet, an der er sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, diese zum Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen zu machen; trifft diese sachliche Voraussetzung bei einer Gesamtbetrachtung der beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebensbeziehungen eines Menschen auf mehrere Wohnsitze zu, so hat er jenen als Hauptwohnsitz zu bezeichnen, zu dem er das überwiegende Naheverhältnis hat.

(8) Für den Mittelpunkt der Lebensbeziehungen eines Menschen sind insbesondere folgende Kriterien maßgeblich: Aufenthaltsdauer, Lage des Arbeitsplatzes oder der Ausbildungsstätte, Ausgangspunkt des Weges zum Arbeitsplatz oder zur Ausbildungsstätte, Wohnsitz der übrigen, insbesondere der minderjährigen Familienangehörigen und der Ort, an dem sie ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen, ausgebildet werden oder die Schule oder den Kindergarten besuchen, Funktionen in öffentlichen und privaten Körperschaften.

[…]

Unterkunft in Wohnungen; Anmeldung

§ 3. (1) Wer in einer Wohnung Unterkunft nimmt, ist innerhalb von drei Tagen danach bei der Meldebehörde anzumelden.

[…]

Unterkunft in Wohnungen; Abmeldung

§ 4. (1) Wer seine Unterkunft in einer Wohnung aufgibt, ist innerhalb von drei Tagen davor oder danach bei der Meldebehörde abzumelden.

Berichtigung des lokalen Melderegisters

§ 15. (1) Erhält die Meldebehörde vom Tod eines angemeldeten Menschen Kenntnis, hat sie die Abmeldung durchzuführen. Hat sie Grund zur Annahme, dass eine Meldung entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes vorgenommen oder unterlassen wurde, so hat sie die An- oder Abmeldung, in den Fällen des § 11 Abs. 1 auch die Ummeldung von Amts wegen vorzunehmen. Im übrigen hat sie das Melderegister, soweit es unrichtige oder unvollständige Meldedaten enthält, zu berichtigen. Die Berichtigung der Wohnsitzqualität einer Unterkunft (§ 1 Abs. 6 oder 7) ist nur nach einem Verfahren gemäß § 15 Abs. 7 oder nach einem Reklamationsverfahren (§ 17) zulässig; sie hat unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Weisung oder den Bescheid zu erfolgen.

[…]

(2) Von einer beabsichtigten An-, Ab- oder Ummeldung von Amts wegen hat die Meldebehörde den Meldepflichtigen zu verständigen und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Erhebt der Meldepflichtige gegen eine solche Maßnahme Einwendungen, so ist die An-, Ab- oder Ummeldung, falls die Einwendungen nicht berücksichtigt werden, mit Bescheid vorzunehmen.

[…]

(7) Ist ein Mensch mehr als einmal mit Hauptwohnsitz gemeldet, so hat er seinen Hauptwohnsitz an jener Unterkunft, an der er sich zuletzt mit Hauptwohnsitz angemeldet hat. An den anderen Unterkünften ist er durch den Landespolizeidirektor, sofern die betroffenen Gemeinden nicht im selben Bundesland liegen, durch den Bundesminister für Inneres von Amts wegen umzumelden; Abs. 2 gilt mit der Maßgabe, daß die Weisung an die betroffene Meldebehörde, ihr Melderegister zu berichtigen, zugleich mit der Verständigung des Betroffenen zu ergehen hat.“

2. Für die Annahme eines Hauptwohnsitzes bedarf es einer solchen Verdichtung der Lebensbeziehungen, dass bei Einbeziehung sämtlicher (also der gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und beruflichen) Lebensumstände des Betroffenen in die Betrachtung von einem „Mittelpunkt der Lebensbeziehungen“ gesprochen werden kann. Bei Vorliegen mehrerer Wohnsitze werden für den „Mittelpunkt der Lebensbeziehungen“ vor allem folgende Bestimmungskriterien maßgeblich sein: Aufenthaltsdauer, Lage des Arbeitsplatzes oder der Ausbildungsstätte, Ausgangspunkt des Weges zum Arbeitsplatz oder zur Ausbildungsstätte, Wohnsitz der übrigen, insbesondere der minderjährigen Familienangehörigen und der Ort, an dem sie ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen, ausgebildet werden oder die Schule oder den Kindergarten besuchen, Funktionen in öffentlichen und privaten Körperschaften. Es kommt somit auf eine Gesamtschau an: Am Wohnsitz muss nicht der Schwerpunkt der beruflichen, der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebensbeziehungen bestehen, sondern es muss sich bei Betrachtung des beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umfelds eines Menschen ergeben, dass er dort den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen hat (VwGH 21.5.1996, 95/11/0256). Für die Begründung des Hauptwohnsitzes ist einerseits der faktische Aufenthalt und andererseits der Wille („…in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht…“) erforderlich, die Unterkunft zum Mittelpunkt der Lebensbeziehungen zu machen (VwGH 28.2.2013, 2010/10/0004).

Der Beschwerdeführer hat in der Verhandlung glaubhaft angegeben, dass er die verfahrensgegenständliche Wohnung nicht verlieren möchte, weil er sie in Zukunft, im Fall einer Ehescheidung, möglicherweise als Unterkunft brauchen könnte. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind derartige, in Zukunft beabsichtigte oder erfolgende Änderungen der Lebensumstände nicht beachtlich, da jederzeit eine neue Meldung erfolgen kann bzw. muss (VwGH 27.2.2002, 2001/05/1163; 25.4.2002, 2001/05/1201). Zwar hält sich der Beschwerdeführer während der Wintermonate Oktober bzw. November bis März regelmäßig in der verfahrensgegenständlichen Wohnung auf und bewahrt dort persönliche Gegenstände wie Kleidung und Toilettenartikel auf. Er tut dies jedoch nicht mit der Absicht, dort seinen Lebensmittelpunkt einzurichten, sondern um die Wohnung im Fall einer eventuellen Scheidung seiner Ehe als Unterkunft zur Verfügung zu haben. Gegenwärtig lebt der Beschwerdeführer in ehelicher Lebensgemeinschaft mit seiner Gattin H. B.. Wenn nun feststeht, dass sich der Betroffene in ehelicher Lebensgemeinschaft befindet, dann ist davon auszugehen, dass die Ehegatten denselben Mittelpunkt haben, es sei denn, besondere Gründe sprechen für eine gegenteilige Annahme. Ein anderes Freizeitverhalten des in Pension befindlichen Betroffenen im Vergleich zum noch berufstätigen Partner rechtfertigt bei einer Gesamtbetrachtung im Sinne des § 1 Abs. 7 Meldegesetz 1991 grundsätzlich nicht die Annahme eines vom Ehepartner verschiedenen Hauptwohnsitzes (VwGH 13.11.2001, 2001/05/0941; s.a. 25.4.2002, 2001/05/1201). Vor dem Hintergrund, dass Frau H. B. das ganze Jahr über in D. lebt und nur „manchmal“ in der verfahrensgegenständlichen Wohnung übernachtet, ist grundsätzlich auszuschließen, dass der Lebensmittelpunkt des Beschwerdeführers in Wien liegt, zumal er in Wien keine intensiven familiären oder sonstigen Beziehungen pflegt. Daran vermag auch die Tatsache nichts zu ändern, dass sich der Beschwerdeführer in den Monaten Oktober bzw. November bis März regelmäßig in der verfahrensgegenständlichen Wohnung aufhält. Aus einer Gesamtbetrachtung der festgestellten Lebensumstände des Beschwerdeführers kommt das erkennende Gericht zur Schlussfolgerung, dass sein Lebensmittelpunkt gegenwärtig nicht in der Wohnung Wien, C.-gasse, liegt. Die belangte Behörde hat das Melderegister durch amtswegige Abmeldung des Beschwerdeführers von dieser Adresse daher zu Recht berichtigt.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Amtliche Abmeldung; Hauptwohnsitz; Lebensmittelpunkt; Mittelpunkt der Lebensbeziehungen; Berichtigung des Melderegisters; Unterkunft; Wohnung; Wohnbedürfnis, keine Befriedung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.103.064.8637.2018

Zuletzt aktualisiert am

30.01.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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