Entscheidungsdatum
04.12.2018Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
AVG §62 Abs4Text
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Mag.a Mandl über Anregung des Herrn Fi. U., geb. 1974, Sta: Mazedonien, und des Herrn I. U., geb. 1978, Sta: Mazedonien, beide vertreten durch Rechtsanwälte GmbH, auf Berichtigung des Erkenntnisses vom 2.11.2017, VGW-151/074/9114/2017 und VGW-151/074/9116/2017 den
BESCHLUSS
gefasst:
I. Der mit Erkenntnis vom 2.11.2017 zu den Zahlen VGW-151/074/9114/2017 und VGW-151/074/9116/2017 verfasste Spruch wird in Punkt II. gemäß § 62 Abs. 4 AVG iVm § 17 VwGVG berichtigt wie folgt:
Dem Erst- und dem Zweit-Beschwerdeführer wird gemäß § 41 Abs. 2 Z 4 NAG je ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte“ (§ 8 Abs. 1 Z 1 NAG) erteilt. Dem Erst-Beschwerdeführer (Fi. U.) wird dieser Titel mit Gültigkeit bis 16.3.2019, dem Zweit-Beschwerdeführer (I. U.) wird dieser Titel für die Dauer von zwei Jahren erteilt.
II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
Begründung
Mit Schriftsatz vom 29.10.2018 wurde seitens der Beschwerdeführer dem Verwaltungsgericht Wien eine Anregung auf Berichtigung übermittelt. In dieser wird zusammengefasst ausgeführt, dass den Beschwerdeführern mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 2.11.2017 ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte“ (§ 8 Abs. 1 Z 1 NAG) für die Dauer von 12 Monaten je erteilt worden sei. Zu den Reisepässen der Beschwerdeführer sei betreffend des Erst-BF eine Gültigkeit bis 16.3.2019 und betreffend des Zweit-BF eine Gültigkeit bis 5.5.2020 festgestellt worden. Zum Zeitpunkt der Erlassung der Erkenntnisse sei bereits der mit FrÄG 2017, BGBl. I 145, neu eingefügte § 41 Abs. 5 NAG in Kraft getreten (§ 82 Abs. 23 NAG: 19.10.2017), nach dessen ersten Satz der Aufenthaltstitel für die Dauer von zwei Jahren auszustellen ist.
§ 20 Abs. 1 NAG bestimmt, dass befristete Aufenthaltstitel für die Dauer von 12 Monaten oder für die in diesem Bundesgesetz bestimmte längere Dauer auszustellen sind, es sei denn, es wurde jeweils eine kürzere Dauer des Aufenthaltstitels beantragt oder das Reisedokument weist nicht die entsprechende Gültigkeitsdauer auf. Diese (durch das FrÄG 2017 unverändert gebliebene) zur Begründung der Gültigkeitsdauer in den Erkenntnissen herangezogene Gesetzesstelle trifft daher auch auf die Rechtslage nach Inkrafttreten des FrÄG 2017 zu, wobei nunmehr die längere Dauer gemäß § 41 Abs. 5 NAG zur Anwendung gelange.
Gemäß § 62 Abs. 4 AVG kann die Behörde Schreib- und Rechenfehler oder diesen gleichzuhaltende, offenbar auf einem Versehen oder offenbar ausschließlich auf technisch mangelhaftem Betrieb einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten in Bescheiden jederzeit von Amts wegen berichtigen. Diese Bestimmung ist auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren anzuwenden.
Im vorliegenden Fall beruhe die Befristung der beiden erteilten Aufenthaltstitel mit 12 Monaten offenkundig auf einem Versehen. Die Entscheidungsgründe, insbesondere der Hinweis auf § 20 Abs. 1 NAG, würden durch eine Berichtigung des Spruchs des Erkenntnisses in Bezug auf die Befristung nicht tangiert. Es lägen die Voraussetzungen für die Berichtigung im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor (VwGH 22.2.2018, Ra 2017/09/0006).
Es werde somit angeregt, die Erkenntnisse jeweils durch Beschluss dahingehend abzuändern, dass in deren Spruchpunkt II. anstelle der Wendung „von 12 Monaten“ die Wendung „von 2 Jahren“ trete.
Hingewiesen werde, dass für den Erst-Beschwerdeführer nach Ausfertigung der Erkenntnisse am 24.10.2018 ein Reisepass mit Gültigkeitsdauer bis 22.10.2028 ausgestellt worden sei, dessen Kopie beiliege. Da das Verwaltungsgericht von der im Entscheidungszeitpunkt maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszugehen habe, könne die Gültigkeitsdauer dieses Reisepasses bei dem angeregten Berichtigungsbeschluss berücksichtigt werden, andernfalls wäre die Gültigkeitsdauer des dem berichtigten Erkenntnis zugrundeliegenden Reisedokumentes heranzuziehen.
Rechtlich folgt daraus:
Gemäß § 62 Abs. 4 AVG kann die Behörde jederzeit die darin genannten Unrichtigkeiten in Bescheiden berichtigen.
Gemäß § 17 VwGVG ist § 62 AVG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren anzuwenden.
Nach hA kommt der Partei auf die von Amts wegen vorzunehmende Berichtigung kein Rechtsanspruch zu. Es bleibt ihr allerdings unbenommen, eine amtswegige Berichtigung eines Bescheides nach § 62 Abs. 4 AVG anzuregen.
Die Beschwerdeführer haben mit gegenständlichem Schriftsatz eine solche Berichtigung angeregt.
Bei der Frage, ob die Voraussetzungen für eine Berichtigung gemäß § 62 Abs. 4 AVG vorliegen, handelt es sich in der Regel um eine bloße Rechtsfrage VwGH 14.9.1993, 90/07/0152 ua). Die Funktion einer Berichtigung erschöpft sich in der Feststellung (Klarstellung) des tatsächlichen Inhalts des berichtigten Bescheides schon zum Zeitpunkt seiner in berichtigungsbedürftiger Form erfolgten Erlassung (VwGH 14.10.2003, 2001/05/0632 ua).
Gegenständlich wurde am 2.11.2017 mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien den Beschwerdeführern der beantragte Aufenthaltstitel erteilt und wurde als Dauer der Gültigkeit 12 Monate anstelle von 2 Jahren ausgesprochen. Das Erkenntnis ist in Rechtskraft erwachsen.
Aufgrund des § 62 Abs. 4 AVG sollen besonders offenkundige Fehler der Behörde – die nicht der Willensbildung, sondern der Mitteilung des behördlichen Willens anhaften – im Dienste der Prozessökonomie auch außerhalb eines Rechtsmittelverfahrens (auch nach Rechtskraft des Bescheides) korrigiert werden können. Dadurch soll letztlich eine richtige Ausfertigung der Urkunde über den Bescheid zur Verfügung stehen (Hengstschläger/Leeb, AVG § 62, Rz 36, rdb.at).
Nach der Rechtsprechung des VwGH ist ein Bescheid berichtigungsfähig, wenn es sich, von Schreib- und Rechenfehlern abgesehen, um eine offenbar auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit handelt bzw. wenn abgesehen von Schreib- und Rechenfehlern die Unrichtigkeit auf einem Versehen beruht und offenkundig ist (Hengstschläger/Leeb, AVG § 62, Rz 42, rdb.at).
Eine auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit in diesem Sinn liegt dann vor, wenn in der ursprünglichen Entscheidung der Gedanke, den die Behörde offenbar aussprechen wollte, unrichtig wiedergegeben wurde, wenn also die zu berichtigende Entscheidung dem Willen der Behörde offenbar so nicht entsprochen, sondern sich diese deutlich erkennbar (bloß) im Ausdruck vergriffen hat (Hengstschläger/Leeb, AVG § 62, Rz 46, rdb.at).
Das Verwaltungsgericht Wien hat mit Erkenntnis vom 2.11.2017 die Aufenthaltstitel erteilt. In den Feststellungen wurde zur Dauer der Erteilung der Aufenthaltstitel die Gültigkeit der Reisepässe der Beschwerdeführer festgestellt. Auf § 20 Abs. 1 NAG wurde hingewiesen, welche Bestimmung für befristete Aufenthaltstitel eine nach dem NAG bestimmte längere Dauer des Aufenthaltstitels ebenso vorsieht wie eine Bezugnahme auf die Gültigkeit des Reisedokumentes; die längere Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels ist in § 41 Abs. 5 NAG normiert. Das Gericht hat demnach in der ursprünglichen Entscheidung seinen Gedanken, den Aufenthaltstitel für die gesetzlich vorgesehene Dauer von zwei Jahren zu erteilen, unrichtig wiedergegeben, weil es 12 Monate anstelle von 2 Jahren ausgesprochen hat, sodass von einem deutlich erkennbaren Vergreifen im Ausdruck auszugehen ist, zumal sich aus dem festgestellten Sachverhalt kein Anhaltspunkt ergibt, den Aufenthaltstitel lediglich für 12 Monate zu erteilen.
Offenkundig ist die Unrichtigkeit dann, wenn sie jene Personen, für die der Bescheid bestimmt ist, also die Parteien, klar erkennen können. Außerdem setzt die Offenkundigkeit im Sinne des § 62 Abs. 4 AVG voraus, dass die Behörde bei entsprechender Aufmerksamkeit den Fehler bereits bei Erlassung des Bescheides hätte vermeiden können, weil ein späteres Hervorkommen von Unrichtigkeiten nach den Bestimmungen über die Wiederaufnahme des Verfahrens zu behandeln sei (Hengstschläger/Leeb, AVG § 62, Rz 47, rdb.at).
Die Offenkundigkeit der Unrichtigkeit ist nach diesen Ausführungen ebenso gegeben, weil bereits bei Erlassung des Erkenntnisses bei entsprechender Aufmerksamkeit des Gerichtes der Fehler hätte vermieden werden können und sich aus dem gesamten festgestellten Sachverhalt kein Anhaltspunkt ergibt, dass das Gericht nicht für die Dauer von 2 Jahren die beantragten Aufenthaltstitel erteilen wollte. Weiters hätten die Parteien diese Unrichtigkeit klar erkennen können. Insbesondere ist neben den rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführern auch die belangte Behörde Partei des Verfahrens, der die Beauftragung bzw. Ausstellung der Aufenthaltstitel obliegt.
In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass ein Bescheid, dem eine offenbar auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit anhaftet, die einer Berichtigung nach § 62 Abs. 4 AVG zugänglich wäre, auch dann in der „richtigen“, d. h. von der Unrichtigkeit bereinigten Fassung zu lesen ist, wenn seine Berichtigung durch Bescheid unterblieben ist (VwGH 20.2.2003, 2002/07/0143 ua).
Nach der Rechtsprechung folgt aus der Einheit von berichtigtem und Berichtigungsbescheid, dass der Berichtigung rückwirkende Kraft zukommt. Im Ergebnis ist daher anzunehmen, dass die Berichtigung auf den Zeitpunkt der Erlassung des damit berichtigten Bescheides zurückwirkt (Hengstschläger/Leeb, AVG § 62, Rz 69 und Rz 71, rdb.at).
Aus den dargestellten Gründen war im Spruchpunkt II. die Dauer der Gültigkeit der Aufenthaltstitel für den Erst-Beschwerdeführer mit der Gültigkeit des Reisepasses und für den Zweit-Beschwerdeführer für die Dauer von zwei Jahren zu berichtigen und war der Anregung, die Sachlage im Entscheidungszeitpunkt heranzuziehen, d.h. die Gültigkeit des inzwischen verlängerten Reisepasses des Erst-Beschwerdeführers der Gültigkeitsdauer zu Grunde zu legen, nicht zu folgen. Aus Sicht des Gerichtes kommt der im berichtigen Erkenntnis getroffenen Feststellung zur Gültigkeit der Reisepässe im Zeitpunkt der Erlassung entscheidende Bedeutung zu.
Dass die Berichtigung nach der Rechtsprechung ausgeschlossen ist, weil sie eine nachträgliche Änderung des Spruchinhaltes des berichtigten Bescheides oder die Sanierung eines unterlaufenen Begründungsmangels bewirkt, liegt gegenständlich nicht vor. Bereits der berichtigte Spruch umfasste einen Ausspruch über die Dauer der Gültigkeit der erteilten Aufenthaltstitel und wird gegenständlich auch kein Begründungsmangel saniert, da die Dauer des Aufenthaltstitels unabhängig vom Zitat einer Gesetzesstelle gilt und die zur Dauer des Aufenthaltstitels erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen getroffen wurden.
Es war demnach das Erkenntnis vom 2.11.2017 spruchgemäß zu berichtigen.
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Berichtigung; Beschluss; berichtigungsfähiger Fehler; Offenkundigkeit; RückwirkungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.151.V.074.15896.2018Zuletzt aktualisiert am
28.01.2019