TE Lvwg Erkenntnis 2018/12/6 LVwG-S-1857/001-2018

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.12.2018
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Entscheidungsdatum

06.12.2018

Norm

AWG 2002 §1 Abs3
AWG 2002 §2 Abs1
AWG 2002 §2 Abs3
AWG 2002 §15 Abs3
AWG 2002 §79 Abs1 Z1
AWG 2002 §79 Abs2 Z3
VStG 1991 §19
VStG 1991 §20

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Binder als Einzelrichterin über die Beschwerde des A, ***, ***, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Melk vom 03. Juli 2018, Zl. ***, betreffend die zu den Spruchpunkten 1. und 2. erfolgten Bestrafungen nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte 1. und 2. als unbegründet abgewiesen.

2.   Der Beschwerdeführer hat bezogen auf die Spruchpunkte 1. und 2. des angefochtenen Straferkenntnisses einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von 130,-- Euro zu leisten.

3.   Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz
(B-VG) nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§§ 50 und 52 Abs. 1, 2 und 8 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG

§§ 19 und 64 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG

Zahlungshinweis:

Der Beschwerdeführer wird darauf hingewiesen, dass er bezogen auf die Spruchpunkte 1. und 2. des angefochtenen Straferkenntnisses den Strafbetrag in der Höhe von 650,-- Euro sowie die Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens in der Höhe von 65,-- Euro sowie des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens in der Höhe von 130,-- Euro, insgesamt 845,-- Euro, gemäß § 54b Abs. 1 VStG binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Erkenntnisses unter Berücksichtigung auf das angeschlossene Beiblatt der Bezirkshauptmannschaft Melk zu bezahlen hat.

Entscheidungsgründe:

1.   Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Melk vom 03. Juli 2018,
Zl. ***, wurde der Beschwerdeführer wie folgt für schuldig erkannt:

„Sie haben folgende Verwaltungsübertretungen begangen:

Zeit:

15.09.2016, 14:00 Uhr

Ort:

Gemeindegebiet ***, *** (nähere Tatorangaben siehe Tatbeschreibung)

Tatbeschreibung:

1.   Sie haben in ***, KG ***, Parzellen Nr. ***, ***, *** und *** nicht gefährliche Abfälle gelagert, obwohl Abfälle außerhalb von hiefür genehmigten Anlagen oder für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden dürfen. Am 15.09.2016 wurde folgender Abfall vorgefunden: Größere Mengen Baurestmasse, Dachplatten, Reifen, diverser Sperrmüll, Metall in Form von Fahrzeugteilen, ausrangierte landwirtschaftliche Geräte, Folien.

2.   Sie haben in ***, KG ***, Parzellen Nr. ***, ***, ***, *** und *** gefährliche Abfälle gelagert, obwohl gefährliche Abfälle außerhalb von hiefür genehmigten Anlagen nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden dürfen. Zum angeführten Zeitpunkt wurde folgender Abfall vorgefunden: Altfahrzeuge wie Personenkraftwagen, Traktoren, ein Bagger (PKW's, Traktoren und Bagger nicht trockengelegt von den Betriebsmitteln; enthalten Motor- und Getriebeöl).

3.   Sie haben in Ihrem Wald in der KG ***, Grundstücksnummer *** großflächig Abfall in Form von Folien und Bauschutt abgelagert. Sie haben damit eine Waldverwüstung bewirkt, obwohl jede Waldverwüstung verboten ist. Dieses Verbot richtet sich gegen jedermann. Eine Waldverwüstung liegt vor, wenn durch Handlungen oder Unterlassungen die Produktionskraft des Waldbodens wesentlich geschwächt oder gänzlich vernichtet wird.

4.   Sie haben dem Verbot des § 6 Z.1 NÖ Naturschutzgesetz 2000 zuwidergehandelt, da Sie außerhalb vom Ortsbereich auf den Parzellen Nr. ***, ***, *** und ***, alle KG ***, folgende Abfälle außerhalb von hiefür genehmigten Anlagen gelagert haben, wobei es sich nicht um eine in der ordnungsgemäßen Land- und Forstwirtschaft übliche oder eine kurzfristige, die Dauer von einer Woche nicht überschreitende Lagerung gehandelt hat: Größere Mengen Baurestmasse, Dachplatten, Reifen, diverser Sperrmüll, Metall in Form von Fahrzeugteilen, ausrangierte landwirtschaftliche Geräte, Folien.

5.   Sie haben dem Verbot des § 6 Z.3 NÖ Naturschutzgesetz zuwidergehandelt, da Sie außerhalb vom Ortsbereich einen Wohnwagen und ein Mobilheim im Grünland außerhalb von einem nach den Bestimmungen des NÖ Campingplatzgesetzes genehmigten Campingplatz abgestellt haben. Einen Wohnwagen auf der Parzelle Nr. ***, KG *** und ein Mobilheim auf der Parzelle Nr. ***, KG ***.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

zu 1.   § 79 Abs. 2 Ziffer 3 i.V.m. § 15 Abs. 3 Ziffer 1 AWG 2002

zu 2.   § 79 Abs. 1 Ziffer 1 i.V.m. § 15 Abs. 3 Ziffer 1 AWG 2002

zu 3.   § 174 Abs. 1 lit. a Punkt 3 Forstgesetz i.V.m. § 16 Abs. 1 FG

zu 4.   § 6 Z.1, § 36 Abs.1 Z.2 NÖ Naturschutzgesetz 2000

zu 5.    § 6 Z.3, § 36 Abs.1 Z.2 NÖ Naturschutzgesetz 2000

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt:

Geldstrafen von

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafen von

Gemäß

zu  225,00

9 Stunden

§ 79 Abs. 2 Abfallwirtschaftsgesetz BGBl. I Nr. 102/2002 i.V.m. § 20 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VS

zu  425,00

4 Stunden

§ 79 Abs. 1 Abfallwirtschaftsgesetz BGBl. I Nr. 102/2002 i.V.m. § 20 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VS

zu  70,00

4 Stunden

§ 174 Abs. 1 Schlusssatz Ziffer 1 Forstgesetz

zu  70,00

5 Stunden

§ 36 Abs.1 Einleitungssatz NÖ Naturschutzgesetz 2000

zu  70,00

5 Stunden

§ 36 Abs.1 Einleitungssatz NÖ Naturschutzgesetz“

 

 

 

Weiters wurde der Rechtsmittelwerber zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verpflichtet.

In ihrer Begründung verwies die belangte Behörde auf die Anzeige der Polizeiinspektion *** vom 28. September 2016. Die dem Beschwerdeführer angelasteten Verwaltungsübertretungen hätten auf Grund der Wahrnehmung und Fotodokumentation des umweltkundigen Polizeiorgans des Bezirkes ***, der Organe der Polizeiinspektion *** sowie der technischen Gewässeraufsicht der Bezirkshauptmannschaft Melk im Zusammenhang mit seinen eigenen Angaben als erwiesen angenommen werden können.

Zur Strafhöhe führte die Strafbehörde als mildernd das Geständnis und die durchgeführte Entfernung sämtlicher Altfahrzeuge sowie größtenteils sonstiger Abfallgegenstände an. Erschwerend wären keine Umstände gewesen. Die Strafe zu den Spruchpunkten 1. und 2. wurde von der Verwaltungsbehörde unter Anwendung des § 20 VStG festgesetzt, weil sie ein beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe gegenüber den Erschwerungsgründen annahm.

2.   Zum Beschwerdevorbringen:

In der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde brachte der Beschwerdeführer vor, dass er glaube, dass man ihm mit dem Vorwurf der Waldverwüstung Unrecht tue. Es werde davon ausgegangen, dass die alten Geräte Abfälle seien, für ihn und seine Brüder seien es aber noch brauchbare Teile (Oldtimerteile). Diese seien nicht weggeworfen, sondern zwischengelagert worden. Seine Aufgabe als Bergbauer sei es seit Jahren, die Landschaft zu erhalten. Es sei leider passiert, dass für das Zusammenräumen wenig Aufmerksamkeit geblieben sei, da er große Probleme mit Käferholz gehabt habe. Da ihm die körperliche und seelische Belastung anscheinend zu viel geworden sei, habe er im September 2017 einen Schlaganfall erlitten und sei sechs Wochen im Rollstuhl gewesen und durch eine linksseitige Lähmung nicht mobil gewesen. Er sei auf die Hilfe anderer angewiesen. Er habe dadurch seinen Bergbauernhof aufgeben müssen, diesen verpachtet und müsse nun mit einer Mindestpension das Auslangen finden. Da er seither nichts mehr arbeiten könne habe er der Forderung noch nicht ganz nachkommen können. Da er sich durch seine Behinderung schwer tue, die nötige Körperpflege durchzuführen, habe ihm die Gemeinde aus dem Hilfsfonds für eine Dusche Unterstützung angeboten. Durch den Abtransport von Altautos auf der Gemeindestraße sei der Alteisen-Laster verunglückt, und es sei für die Reparaturkosten der Straße für ihn ein Betrag von
€ 3.000,-- angefallen, nämlich sein Güterwegeerhaltungsanteil, den er auch noch zu bezahlen habe. Er leide weiters an Bluthochdruck und müsse eine ganze Reihe von Medikamenten einnehmen. Der Beschwerdeführer ersuchte, von der Bestrafung abzusehen.

3.    Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich führte am 20. November 2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in welcher durch die Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsstrafakt sowie in jenen des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich Beweis erhoben wurde. Weiters erfolgte die Einvernahme des B als Zeuge. Trotz ordnungsgemäßer Zustellung der Ladungen erschienen weder der Beschwerdeführer noch ein Vertreter der belangten Behörde, sodass die Verhandlung in Abwesenheit der Parteien durchgeführt wurde.

4.   Feststellungen:

Zumindest am 15. September 2016, 14.00 Uhr, lagerte der Beschwerdeführer auf den in seinem Eigentum befindlichen Grundstücken Nr. ***, ***, *** und *** der KG *** größere Mengen an Baurestmassen, Dachplatten, Reifen, diversen Sperrmüll, Metall in Form von Fahrzeugteilen, ausrangierte landwirtschaftliche Geräte und Folien. Weiters lagerte er mehrere nicht mehr fahrtaugliche Personenkraftwagen, Traktoren und einen Bagger, welche zu diesem Zeitpunkt noch Betriebsmittel enthielten, insbesondere Motoröle, Kühlflüssigkeiten und Bremsflüssigkeiten, und kann deshalb eine Gefährdung von Boden und Gewässer durch diese Lagerungen nicht ausgeschlossen werden. Die Karosserien dieser Fahrzeuge waren zu diesem Zeitpunkt auch in einem stark angerosteten Zustand. Auch verloren die Fahrzeuge zum Teil augenscheinlich Betriebsflüssigkeiten.

Die Fahrzeuge lagerten auf unbefestigter Fläche. Eine abfallrechtliche Genehmigung für die Lagerung dieser Gegenstände lag nicht vor. Ein Nachweis über die Funktionsfähigkeit der gelagerten Gerätschaften und Fahrzeuge wurde nicht erbracht. Der Lagerungszustand der festgestellten Gegenstände war im festgestellten Zeitpunkt völlig systemlos und wurden die Sachen auch nicht so voneinander getrennt in einer solchen Form aufbewahrt, dass eine Beschädigung der Gegenstände durch diese unstrukturierte Lagerungsart ausgeschlossen werden kann. Ein Teil dieser Gegenstände lagerte im Freien auf unbefestigten Flächen und nicht vor eindringendem Oberflächenwasser geschützt. Dadurch kann bei diesen Fraktionen teilweise eine mehr als geringfügige Beeinträchtigung von Boden und Gewässer nicht ausgeschlossen werden. Die gelagerten Baurestmassen stammen vom Abbruch eines Gebäudes und wurde die Einhaltung von Qualitätssicherungsmaßnahmen beim Abriss nicht nachgewiesen. Auch liegen Qualitätsnachweise nicht vor, sodass eine Boden –und Gewässergefährdung durch diese Lagerungsfraktion nicht ausgeschlossen werden kann.

5.   Beweiswürdigung:

Zu diesen Feststellungen gelangt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich insbesondere auf Grund der im behördlichen Akt inneliegenden Fotodokumentation, welche im Wesentlichen mit den Angaben des bei der öffentlichen mündlichen Verhandlung als Zeuge einvernommenen umweltkundigen Organs der Polizeiinspektion *** korrespondiert. Auch wurde der Zustand der verfahrensgegenständlichen Liegenschaften im Tatzeitpunkt vom Beschwerdeführer nicht bestritten. Der Rechtsmittelwerber bringt lediglich vor, dass ein Teil der Gegenstände seinen Brüdern gehören würde. Ein Nachweis hierfür konnte nicht erbracht werden.

6.   Rechtslage:

Da die erkennende Richterin auf Grund der Geschäftsverteilung des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich nur für die Entscheidung über die Beschwerde zu den Spruchpunkten 1. und 2. des angefochtenen Straferkenntnisses zuständig ist, bezieht sich die gegenständliche Entscheidung nur auf diese Spruchpunkte und wird über die Spruchpunkte 3., 4. und 5. in einem gesonderten Erkenntnis abgesprochen.

Die Strafnorm des § 79 Abs. 1 Z 1 AWG 2002 schreibt vor:

Wer gefährliche Abfälle entgegen § 15 Abs. 1, 3 oder 4 oder entgegen § 16 Abs. 1 sammelt, befördert, lagert, behandelt oder beim sonstigen Umgang mit gefährlichen Abfällen entgegen § 15 Abs. 1 die Ziele und Grundsätze nicht beachtet oder Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen nicht vermeidet oder entgegen § 15 Abs. 2 vermischt oder vermengt, begeht – sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist – eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 850 € bis 41 200 € zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 4 200 € bedroht.

Nach § 79 Abs. 2 Z 3 AWG 2002 ist strafbar:

Wer nicht gefährliche Abfälle entgegen § 15 Abs. 1, 3 oder 4 sammelt, befördert, lagert, behandelt oder beim sonstigen Umgang mit nicht gefährlichen Abfällen entgegen § 15 Abs. 1 die Ziele und Grundsätze nicht beachtet oder die Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen nicht vermeidet oder entgegen § 15 Abs. 2 vermischt oder vermengt, begeht – sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist – eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 450 € bis 8 400 € zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 2 100 € bedroht.

Von der belangten Behörde wurde dem Beschwerdeführer angelastet, dass er entgegen dem § 15 Abs. 3 AWG 2002 Abfälle gelagert hat. Diese Norm lautet wie folgt:

Abfälle dürfen außerhalb von

1. hiefür genehmigten Anlagen oder

2. für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten

nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden. Eine Ablagerung von Abfällen darf nur in hiefür genehmigten Deponien erfolgen.

Gemäß § 2 Abs. 1 AWG 2002 sind Abfälle bewegliche Sachen, deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat (subjektiver Abfallbegriff), oder deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen im Sinne des § 1 Abs. 3 leg. cit. nicht zu beeinträchtigen (objektiver Abfallbegriff). Abfall liegt bereits dann vor, wenn entweder der objektive oder der subjektive Abfallbegriff erfüllt ist (VwGH 23.02.2012, 2008/07/0179). Der objektive Abfallbegriff ist erfüllt, wenn durch die gelagerten Fahrzeuge die in
§ 1 Abs. 3 AWG 2002 normierten öffentlichen Interessen beeinträchtigt werden könnten.

Ad Spruchpunkt 1.:

Aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber in § 37 Abs 1 AWG 2002 die Errichtung und den Betrieb einer Baurestmassendeponie einer Bewilligung unterwirft und der Tatsache, dass die Deponieverordnung 2008 für solche Deponien eingehende Bestimmungen darüber enthält, wie diese ausgestattet sein müssen, damit nachteilige Einflüsse auf die vom Abfallwirtschaftsgesetz 2002 erfassten Schutzgüter unterbleiben, ergibt sich, dass der Gesetz- ebenso wie der Verordnungsgeber davon ausgehen, dass mit dem ohne Einhaltung des Standes der Technik erfolgten Ablagern von Baurestmassen Gefahren für umweltrelevante Güter verbunden sind. Aufgrund dieser Rechtslage ist jedenfalls ohne Vorlage von Qualitätsnachweisen betreffend die gelagerten Baurestmassen ohne weitere Prüfung davon auszugehen, dass diese unter den objektiven Abfallbegriff des § 2 Abs 1 Z 2 AWG 2002 zu subsumieren sind (vgl. VwGH 20.03.2003, 2002/07/0134).

Von einer Entledigung im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 1 AWG 2002 kann dann

gesprochen werden, wenn die Weggabe einer Sache in erster Linie darauf abzielt,

diese loszuwerden (vgl. VwGH 22.12.2005, 2005/07/0088, mwN).

Ein starker Anhaltspunkt für das Vorliegen eines Entledigungswillens liegt darin,

wenn der Inhaber oder Vorbesitzer ausdrücklich seinen Verwendungsverzicht erklärt

oder diesen sonst zum Ausdruck bringt (VwGH 25.09.2014, Ro 2014/07/0032).

Unbestritten konnte festgestellt werden, dass im angelasteten Tatzeitpunkt vom Beschwerdeführer die festgestellten Sachen betreffend Spruchpunkt 1. auf zumindest teilweise ungedichteten Flächen im beschriebenen Zustand gelagert wurden.

Eine ungeschützte, völlig systemlos in Haufwerken durchgeführte Lagerung

von Gegenständen, einhergehend mit der großen Gefahr eines Schadens des Ladegutes durch diese Art der Lagerung, manifestiert ebenfalls einen entsprechenden Entledigungswillen.

Wenn der Beschwerdeführer einwendet, dass er Teile der Fahrzeuge noch verwenden möchte ist dem zu entgegnen, dass es nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zwar zutrifft, dass die Abfalleigenschaft eines Kfz, selbst wenn dieses Betriebsmittel verlieren sollte, dann zu verneinen sei, wenn es noch in Gebrauch stehe, dass aber nicht jede beliebige Gebrauchsform die Abfalleigenschaft ausschließen könne, sondern nur ein bestimmungsgemäßer Gebrauch im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 2 AWG 2002. So wurde etwa der Gebrauch eines Kfz zum Ausschlachten, also zum Ausbau von Bestandteilen zur Verwendung als gebrauchte Ersatzteile, nach allgemeiner Verkehrsauffassung nicht als bestimmungsgemäße Verwendung im Sinne der genannten Bestimmung beurteilt. Nichts anderes gilt im vorliegenden Fall für die Verwendung als Ersatzteilreserve. Ein nach allgemeiner Verkehrsauffassung bestimmungsgemäßer Gebrauch im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 2 AWG 2002 wird damit nicht aufgezeigt (vgl. VwGH 25.07.2013, 2013/07/0032).

Deshalb hat der Beschwerdeführer die ihm zu Spruchpunkt 1. vorgeworfene Tat in objektiver Hinsicht zu verantworten.

Ad Spruchpunkt 2.:

Es konnte festgestellt werden, dass durch die Lagerung der verfahrensgegenständlichen, nicht dem Stand der Technik entsprechend trocken gelegten Kraftfahrzeuge sowie eines Baggers auf unbefestigter Fläche eine Umweltgefährdung verursacht werden kann. Bereits daraus ergibt sich die Möglichkeit der Gefährdung von Schutzinteressen des § 1 Abs. 3 AWG 2002. So hat der Verwaltungsgerichtshof etwa erkannt, dass bereits eine Menge von 30 ml Bremsflüssigkeit, die aus einem Altfahrzeug bei auftretenden Undichtheiten in den unbefestigten Boden und ins Grundwasser sickern kann, geeignet ist, eine Gefährdung des Grundwassers und der Umwelt im Sinne des § 1 Abs. 3 AWG 2002 herbeizuführen (VwGH 18.11.2010, 2007/07/0035). Zu betonen ist dabei auch, dass für die Verwirklichung des objektiven Abfallbegriffes keine konkrete Kontamination erforderlich ist, sondern bereits die bloße Möglichkeit einer Gefährdung von Schutzgütern im Sinne des § 1 Abs. 3 AWG 2002 ausreicht (VwGH 22.12.2005, 2005/07/0088). Die verfahrensgegenständlichen Kraftfahrzeuge sind demnach als Abfall im Rechtssinn zu qualifizieren.

Laut der Legaldefinition des § 2 Abs. 4 Z 3 AWG 2002 sind „gefährliche Abfälle“ jene Abfälle, die gemäß einer Verordnung nach § 4 als gefährlich festgelegt sind.

Nach der ÖNORM S 2100 „Abfallkatalog“ mit Änderungen und Ergänzungen gemäß Anlage 5 zur Abfallverzeichnisverordnung sind die verfahrensgegenständlichen Fahrzeuge der Schlüsselnummer 35203 „Fahrzeuge, Arbeitsmaschinen- und teile, mit umweltrelevanten Mengen an gefährlichen Anteilen oder Inhaltsstoffen (z.B. Starterbatterie, Bremsflüssigkeiten, Motoröl)“ zuzuordnen und als gefährlicher Abfall anzusprechen, insbesondere weil sie im inkriminierten Zeitraum nicht dem Stand der Technik entsprechend trockengelegt waren.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat, hat der Umstand, dass in gelagerten Altfahrzeugen umweltrelevante Mengen an gefährlichen Anteilen und Inhaltsstoffen wie z. B. Bremsflüssigkeiten oder Motoröl vorhanden sind, nach der Lebenserfahrung einen so hohen Grad an Wahrscheinlichkeit, dass davon ausgegangen werden kann, dass nicht trockengelegte Autowracks gefährlicher Abfall sind. Um davon ausgehen zu können, bedarf es keiner detaillierten Untersuchung. Auf eine konkrete Kontamination kommt es bei der Beurteilung des Vorliegens von "gefährlichem Abfall" nicht an (vgl. VwGH 20.11.2014, 2012/07/0202, und 18.12.2014, 2012/07/0212, jeweils mwN).

Für die Qualifikation von Abfall im objektiven Sinn dürfen bewegliche Sachen nach allgemeiner Verkehrsauffassung auch nicht mehr neu sein (§ 2 Abs. 3 Z 1 AWG 2002) und wegen ihrer Beschaffenheit – zB Funktionsuntüchtigkeit – nicht mehr bestimmungsgemäß verwendet werden (§ 2 Abs. 3 Z 2 AWG 2002). Es muss sich also um bewegliche Sachen handeln, deren man sich üblicherweise, dh nach der Verkehrsauffassung, entledigt. Bei der allgemeinen Verkehrsauffassung im Sinne des § 2 Abs. 3 AWG 2002 kommt es auf die durchschnittliche Auffassung der in Betracht kommenden Verkehrskreise an, nicht hingegen auf die subjektive Betrachtungsweise des Inhabers der Sache. Im vorliegenden Verfahren steht unbestritten fest, dass die Kraftfahrzeuge nach allgemeiner Verkehrsauffassung weder eine neue Sache im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 AWG 2002 sind, noch, dass sie in bestimmungsgemäßer Verwendung im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 2 AWG 2002 stehen. Von einer Fahrtüchtigkeit kann keine Rede sein (vgl. VwGH 22. April 2010, 2007/07/0015).

Das Vorliegen von Abfall im objektiven Sinn hinsichtlich der verfahrensinkriminierten Fahrzeuge und des Baggers gemäß § 2 Abs. 1 Z 2 AWG 2002 steht somit fest. Da der Beschwerdeführer somit gefährlichen Abfall im angelasteten Tatzeitraum auf der festgestellten Fläche gelagert hat, hat er somit den objektiven Tatbestand der ihm zu Spruchpunkt 2. zur Last gelegten Verwaltungsübertretung erfüllt.

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG 1991 genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Nachdem es sich sohin bei den gegenständlichen Verwaltungsübertretungen um Ungehorsamsdelikte gemäß § 5 VStG handelt, hätte der Beschwerdeführer glaubhaft machen müssen, dass ihn an der Verletzung der gegenständlichen Rechtsvorschriften kein Verschulden trifft. Dieser Beweis ist dem Beschwerdeführer nicht gelungen. Es sind demnach dem Rechtsmittelwerber auch in subjektiver Hinsicht diese Verwaltungsübertretungen vorzuwerfen.

7.   Zur Strafhöhe:

§ 19 VStG lautet:

(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Nach Ansicht des erkennenden Gerichtes war im konkreten Fall die Verletzung der vom Gesetz geschützten Interessen in nicht unerheblichem Ausmaß gegeben. Die Bestimmung des § 15 Abs. 3 AWG 2002 hat zum Inhalt, dass eine Behandlung von Abfällen nach den Zielen und Grundsätzen des Abfallwirtschaftsrechtes nur so sichergestellt wird. Die einschlägige Rechtsvorschrift des AWG 2002 soll garantieren, dass Abfall mit dem daraus resultierenden Gefährdungspotential für die Umwelt jedenfalls in einer solchen Weise gelagert wird, dass die Umwelt nicht beeinträchtigt wird.

Die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes, nämlich der umfangreiche Schutz der Umwelt, ist sehr hoch und die Intensität der Beeinträchtigung dieses Rechtsgutes durch die Lagerung von Abfällen als nicht unerheblich einzustufen.

Der Beschwerdeführer hat zumindest fahrlässig gehandelt. Als mildernd ist im gegenständlichen Fall die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers zu werten. Der von der belangten Behörde weiters herangezogene Milderungsgrund, nämlich die Entfernung der verfahrensgegenständlichen Fahrzeuge und teilweise auch anderer Gegenstände nach entsprechender behördlicher Verpflichtung, kann vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich als Milderungsgrund iSd § 19 VStG nicht anerkannt werden, zumal dieser Umstand lediglich dazu führt, dass der Beschuldigte nicht im strafbaren Verhalten verharrte (vgl. VwGH 12.08.2014, 2011/10/0083).

Gründe für eine außerordentliche Strafmilderung gemäß § 20 VStG und eine damit einhergehende Unterschreitung der Mindeststrafe sind im Verfahren somit nicht hervorgekommen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es nämlich nicht bloß auf das Vorliegen von Milderungsgründen an, vielmehr allein darauf, dass solche Gründe die Erschwerungsgründe erheblich überwiegen, und zwar nicht der Zahl, sondern dem Gewicht nach. Es kommt sohin nicht auf die Zahl der gegebenen Milderungs- und Erschwerungsgründe, sondern ausschließlich auf deren Bedeutung im Rahmen des konkret gegebenen Sachverhaltes an (vgl. etwa VwGH 11.05.2004, 2004/02/0005, mwH). Abgesehen von der angenommenen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers konnten keine weiteren Milderungsgründe festgestellt werden, diese können daher die Erschwerungsgründe auch nicht überwiegen.

Zu Spruchpunkt 1. und 2. sind deshalb im Rahmen der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der verhängten Strafen im gegenständlichen Fall aufgrund des Verschlechterungsverbotes im Beschwerdeverfahren die von der belangten Behörde verhängten Geldstrafen zu bestätigen, auch wenn die Bezirksverwaltungsbehörde zu Unrecht in Anwendung des § 20 VStG Strafen in der Höhe von lediglich 50 % der jeweils gesetzlich vorgesehenen Mindeststrafen verhängt hat. Ebenso schied die Anwendung des § 45 Abs. 1 letzter Satz VStG aus, da von keinem geringen Verschulden des Beschwerdeführers auszugehen ist.

Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat. Dieser Beitrag ist für das Beschwerdeverfahren mit 20 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit
10,-- Euro zu bemessen. Da der Beschwerde keine Folge zu geben ist, gelangen die im Spruch angeführten Kosten zusätzlich zur Vorschreibung.

8.   Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung einerseits nicht von der oben zitierten und einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, sich andererseits auf den eindeutigen und klaren Gesetzeswortlaut stützen kann (vgl. aus der stRsp zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision in derartigen Fällen z.B. VwGH 29.07.2015, Ra 2015/07/0095) und überdies lediglich eine einzelfallbezogene Beurteilung vorzunehmen war, zu deren Überprüfung der Verwaltungsgerichtshof im Allgemeinen nicht berufen ist (vgl. z.B. VwGH 17.10.2016, Ro 2015/03/0035).

Schlagworte

Umweltrecht; Abfallwirtschaft; Verwaltungsstrafe; Ablagerung; Abfalleigenschaft; objektiver Abfallbegriff; subjektiver Abfallbegriff; gefährlicher Abfall;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.S.1857.001.2018

Zuletzt aktualisiert am

28.01.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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