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24/01 Strafgesetzbuch;Norm
FrG 1997 §36 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Schattleitner, über die Beschwerde des DS, (geboren am 7. Juli 1960), in Wien, vertreten durch Dr. Rolf Schuhmeister und Dr. Walter Schuhmeister, Rechtsanwälte in 2320 Schwechat, Bruck-Hainburger Straße 7, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 24. März 1999, Zl. SD 247/99, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 24. März 1999 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen jugoslawischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.
Der Beschwerdeführer befinde sich seit Februar 1991 im Bundesgebiet und habe zunächst nach Vorlage einer Verpflichtungserklärung einen Sichtvermerk erhalten. Im Anschluss daran habe er über weitere Sichtvermerke und über Aufenthaltsbewilligungen zum Zweck der unselbständigen Erwerbstätigkeit verfügt. Zuletzt sei ihm eine unbefristete Niederlassungsbewilligung zu jeglichem Aufenthaltszweck erteilt worden.
Am 3. April 1998 sei er vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls (§§ 127, 128 Abs. 1 Z. 4, § 130 StGB) zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von sieben Monaten rechtskräftig verurteilt worden. Wie aus der Urteilsbegründung hervorgehe, habe der Beschwerdeführer, der ab November 1997 in einer Filiale einer Lebensmittelkette gearbeitet habe, mit zwei Komplizen diverse Waren, insbesondere Lebensmittel, Getränke, Parfümerie- und Haushaltswaren, gestohlen. Er sei dabei so vorgegangen, dass er zweimal pro Woche gegen Dienstschluss seiner zwei Komplizen mit seinem PKW in Tiefgaragen gefahren sei, die gestohlenen Waren in seinen PKW eingeladen und dann abtransportiert habe. Die Schadenshöhe der durch ihn verursachten Diebstähle habe nicht genau festgestellt werden können, sie betrage aber jedenfalls über S 25.000,--. Aufgrund dieser Verurteilung sei der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt.
Bei der Beurteilung des Gesamt(fehl)verhaltens des Beschwerdeführers falle vor allem die gewerbsmäßige Tatbegehung - und dies noch dazu über einen längeren Zeitraum - zu seinen Ungunsten ins Gewicht. Sein Verhalten bringe eine beachtliche Geringschätzung fremden Eigentums zum Ausdruck. Durch sein dokumentiertes Fehlverhalten und die dadurch bewirkte Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sei die Erlassung des Aufenthaltsverbots - vorbehaltlich der §§ 37 und 38 FrG - gerechtfertigt.
Der Beschwerdeführer sei nunmehr seit acht Jahren in Österreich rechtmäßig niedergelassen. Auf Grund der Tatsache, dass seine Familie (Gattin, ein Kind und weitere Familienangehörige) im Bundesgebiet lebe, verfüge er zweifelsohne über enge familiäre Bindungen. Weiters sei er aufrecht beschäftigt. Es sei daher von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen relevanten Eingriff in sein Privat- und Familienleben im Grunde des § 37 Abs. 1 FrG auszugehen gewesen. Dessen ungeachtet sei aber die gegen ihn gesetzte fremdenpolizeiliche Maßnahme zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - hier: zur Verhinderung strafbarer Handlungen sowie zum Schutz der Rechte Dritter - dringend geboten. Sein Verhalten habe gezeigt, dass er offenbar nicht (in der Lage oder) willens ist, die zum Schutz fremden Vermögens aufgestellten Normen einzuhalten. Eine Zukunftsprognose könne für ihn insofern nicht positiv ausfallen, zumal er über einen längeren Zeitraum an seiner kriminellen Neigung festgehalten habe. Dazu komme noch, dass ihm die Ausnützung des Vertrauens seines Arbeitgebers und die mehrfache Tatwiederholung zur Last lägen. Überdies sei der seit der Verurteilung vergangene Zeitraum zu gering, um zu einer positiven Zukunftsprognose gelangen zu können. Die Art und Schwere der der gerichtlichen Verurteilung zugrunde liegenden Straftat ließen jedenfalls die Verhängung des Aufenthaltsverbots gegen ihn, insbesondere zum Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sowie zum Schutz der Rechte Dritter, dringend geboten und daher im Grunde des § 37 Abs. 1 FrG zulässig erscheinen.
Im Rahmen der nach § 37 Abs. 2 leg. cit. erforderlichen Interessenabwägung sei auf den mehrjährigen inländischen Aufenthalt des Beschwerdeführers Bedacht zu nehmen, gleichzeitig jedoch zu berücksichtigen gewesen, dass der aus dem mehrjährigen Aufenthalt ableitbaren Integration insofern kein entscheidendes Gewicht zukomme, als die dafür erforderliche soziale Komponente durch sein strafbares Verhalten erheblich beeinträchtigt werde. Diesen - solcherart geminderten - privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers stünden die genannten - hoch zu veranschlagenden - öffentlichen Interessen, insbesondere jene an der Verhinderung der Eigentumskriminalität, entgegen. Die Auswirkungen des Aufenthaltsverbots auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie wögen keinesfalls schwerer als die gegenteiligen öffentlichen Interessen und damit die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dieser Maßnahme.
Sein Argument, dass aufgrund der Erlassung des Aufenthaltsverbots seine Ehegattin ihre Stelle als Hausbesorgerin und damit auch die Hausbesorgerdienstwohnung verlieren würde, könne nicht nachvollzogen werden, weil nicht klar sei, aus welchem Grund seine Ehegattin diese Stelle verlieren sollte, zumal er, wie er angebe, einer anderen Beschäftigung nachgehe. Zu seinem weiteren Vorbringen, dass er im Fall des Verlassens des Bundesgebietes nicht mehr den Unterhalt seiner in Österreich verbleibenden Ehegattin und seines minderjährigen Sohnes finanzieren könne und dass seine Ehegattin als Bürgin eines von ihm aufgenommenen Darlehens für S 150.000,-- hafte, sei festzuhalten, dass das Interesse der Familie des Beschwerdeführers an dessen Aufenthalt im Bundesgebiet nicht das öffentliche Interesse an der Verhinderung der Eigentumskriminalität aufwiegen könne. Außerdem könne er seiner Unterhaltspflicht, wenn auch in eingeschränkter Form, vom Ausland aus nachkommen. Darüber hinaus könne der Kontakt zu seiner Familie dadurch aufrecht erhalten werden, dass er im Ausland von dieser besucht bzw. dorthin begleitet werde.
Vor diesem Hintergrund könne ein weiterer Aufenthalt des Beschwerdeführers auch nicht im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens in Kauf genommen werden.
Was die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbots betreffe, so erscheine ein Zeitraum von fünf Jahren ausreichend. In Anbetracht des aufgezeigten Fehlverhaltens des Beschwerdeführers könne ein Wegfall des für die Erlassung dieser Maßnahme maßgeblichen Grundes, nämlich der Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, nicht vor Verstreichen des genannten Zeitraumes erwartet werden.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. In der Beschwerde bleibt die Auffassung der belangten Behörde, dass vorliegend der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG verwirklicht sei, unbekämpft. Im Hinblick auf die unbestrittene rechtskräftige Verurteilung des Beschwerdeführers bestehen gegen diese Beurteilung keine Bedenken.
2. Die Beschwerde macht indes geltend, dass die dieser Verurteilung zugrunde liegenden Vorfälle bereits im Jahr 1997 bzw. Jänner 1998 stattgefunden hätten, der Beschwerdeführer sich seither wohlverhalten habe, es sich um seine erstmalige Verurteilung gehandelt habe und die über ihn verhängte Strafe nur einen Monat über der vom Gesetzgeber "angesehenen" Grenze (des § 36 Abs. 2 Z. 1 dritter Fall FrG) liege. Auch habe er eine teilweise Schadenswiedergutmachung geleistet und sei diese im Strafurteil berücksichtigt worden. Stelle man seinen über acht Jahre dauernden Aufenthalt in Österreich in Verhältnis zu seiner einmaligen strafgerichtlichen Verurteilung, so könne von einer Geringschätzung fremden Eigentums durch ihn keine Rede sein. Die belangte Behörde hätte somit eine günstige Zukunftsprognose treffen müssen.
3. Dieses mit Blick auf § 36 Abs. 1 FrG erstattete Vorbringen ist nicht zielführend.
Nach den insoweit unbestrittenen Ausführungen der belangten Behörde verübte der Beschwerdeführer die Diebstähle zusammen mit zwei Komplizen gewerbsmäßig, d.h. mit der Absicht, sich durch die wiederkehrenden Diebstähle eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, wobei er die Tathandlungen zweimal pro Woche, dies über einen längeren Zeitraum, ausführte. Dieses Fehlverhalten hatte die belangte Behörde eigenständig aus dem Blickwinkel des Fremdenrechtes und somit unabhängig von den gerichtlichen Erwägungen für die Strafzumessung zu beurteilen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. September 1998, Zl. 98/18/0142). In Anbetracht der in der Begehung des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls gelegenen schwerwiegenden Gefährdung der öffentlichen Sicherheit (vgl. etwa das zum Fremdengesetz, BGBl. Nr. 838/1992, ergangene, wegen der insoweit nicht geänderten Rechtslage auch hier maßgebliche hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 1997, Zl. 97/18/0510, mwN), gelangte die belangte Behörde zutreffend zum Ergebnis, dass im vorliegenden Fall die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Selbst wenn der Beschwerdeführer sich tatsächlich seit Begehung der besagten Straftaten wohlverhalten und eine teilweise Schadenswiedergutmachung geleistet haben sollte, kann dies entgegen der Beschwerdeansicht nicht entscheidend zu seinen Gunsten ins Gewicht fallen, lag doch sein Fehlverhalten bei Erlassung des angefochtenen Bescheides noch nicht so lange zurück, dass aufgrund des seither verstrichenen Zeitraums eine zuverlässige Prognose über ein künftiges Wohlverhalten des Beschwerdeführers hätte abgegeben werden können.
4. Auch dem weiteren Beschwerdevorbringen, dass die belangte Behörde die Interessenabwägung im Grunde des § 37 FrG unrichtig getroffen habe, kann nicht gefolgt werden.
Die belangte Behörde hat im Hinblick auf den Umstand, dass die Familie des Beschwerdeführers (Ehegattin und ein Kind sowie weitere Familienangehörige) im Bundesgebiet lebt und er in Österreich beschäftigt ist, zutreffend einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen relevanten Eingriff in sein Privat- und Familienleben im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG angenommen. Wenn die belangte Behörde - unter gebührender Beachtung dieser persönlichen Interessen - die maßgeblichen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen an der Verhinderung von strafbaren Handlungen und am Schutz der Rechte Dritter für so gewichtig erachtet hat, dass die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes dringend geboten sei, so ist dieser Beurteilung beizupflichten.
Unter Zugrundelegung des dargestellten öffentlichen Interesses an der Beendigung des Aufenthalts des Beschwerdeführers erweist sich auch das Ergebnis der von der belangten Behörde nach § 37 Abs. 2 FrG vorgenommenen Abwägung als unbedenklich. Wenngleich - mit der Behörde - die für den Verbleib des Beschwerdeführers in Österreich sprechenden persönlichen Interessen nicht unbeträchtlich sind, kommt ihnen doch kein größeres Gewicht zu als dem durch das Fehlverhalten des Beschwerdeführers nachhaltig gefährdeten Allgemeininteresse. Dabei war zu berücksichtigen, dass die aus seinem Aufenthalt und seiner Beschäftigung resultierende Integration in Ansehung der für sie wesentlichen sozialen Komponente durch das besagte Fehlverhalten erheblich beeinträchtigt wurde.
Der in der Beschwerde vorgebrachte Umstand, dass sich sein ehemaliger Wohnsitz im jetzigen Kriegsgebiet der Bundesrepublik Jugoslawien befinde, vermag keine Verstärkung seiner persönlichen Interessen zu bewirken. Abgesehen davon, dass von § 37 FrG nur das in Österreich geführte Privat- und Familienleben geschützt wird (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 15. Oktober 1998, Zl. 98/18/0231), wird mit einem Aufenthaltsverbot nicht ausgesprochen, dass der Fremde in ein bestimmtes Land auszureisen habe oder dass er (allenfalls) abgeschoben werde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. November 1998, Zl. 98/18/0099). Wenn der Beschwerdeführer geltend macht, dass seine Ehegattin in Österreich allein aufgrund ihres relativ geringen Einkommens finanziell überfordert wäre, ist ihm zu entgegnen, dass er nicht gehindert ist, allfällige Beiträge zum Unterhalt seiner Familie in Geld auch vom Ausland aus zu erbringen. Im Übrigen muss die mit dem Aufenthaltsverbot verbundene Situation für die Familie des Beschwerdeführers von diesem im öffentlichen Interesse in Kauf genommen werden.
5. Entgegen der Beschwerdeansicht bestand auch keine Veranlassung für die belangte Behörde, von ihrem Ermessen im Grunde des § 36 Abs. 1 FrG zu Gunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen, sind doch weder aus dem angefochtenen Bescheid noch der Beschwerde besondere Umstände ersichtlich, die für eine derartige Ermessensübung sprächen.
6. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.
Wien, am 7. Juli 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1999180176.X00Im RIS seit
20.11.2000